Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2008, Az. 4 StR 617/07

4. Strafsenat | REWIS RS 2008, 4217

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[X.] vom 29. April 2008 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 29. April 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 2. April 2007 aufgehoben, a) soweit der Angeklagte Abil [X.]

in den Fällen [X.], 3 und 8 der Urteilsgründe, b) der Angeklagte Servet [X.]

in den Fällen [X.] und 9 der Urteilsgründe, c) der Angeklagte Fuat [X.] in den Fällen [X.], 5, 7, 10 und 11 der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ver-urteilt worden sind, mit den jeweils zur Gefährdung ande-rer Personen, zum Wert der durch die jeweiligen [X.] gefährdeten fremden Sachen und zu den [X.] zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen; die übrigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zur absichtlichen Herbeiführung der Verkehrsunfälle durch die Angeklagten bleiben jedoch aufrechterhalten; d) im Ausspruch über die gegen die vorbezeichneten Angeklagten verhängten Gesamtstrafen mit den zugehörigen Feststellungen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der - 3 - Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen. Gründe: Das [X.] hat die Angeklagten unter anderem wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, und zwar die Angeklagten Abil [X.] und Ser-vet [X.] jeweils in drei Fällen und den Angeklagten Fuat [X.] in fünf Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Ferner hat es gegen die Angeklagten Maßre-geln nach §§ 69, 69 a StGB angeordnet. Die Angeklagten rügen mit ihren [X.] die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel der Angeklagten haben in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang [X.]; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 1. Die Verurteilungen der Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in den Fällen [X.] bis 5 und 7 bis 11 der [X.] keinen Bestand. 2 a) Zwar haben die Angeklagten nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Verkehrsunfälle jeweils absichtlich herbeigeführt (§ 315 b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 a StGB) und dadurch die Sicherheit des [X.] entweder durch Hindernisbereiten (§ 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB) o-der durch einen "ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff" (§ 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB) beeinträchtigt (vgl. [X.]St 48, 233; [X.], 157). Der [X.] des § 315 b Abs. 1 StGB setzt darüber hinaus aber voraus, dass durch 3 - 4 - den tatbestandsmäßigen Eingriff Leib oder Leben eines anderen Menschen o-der fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet werden. b) Dass in den genannten [X.] eines anderen Men-schen konkret gefährdet worden sind, lässt sich den Urteilsgründen nicht ent-nehmen. Die zu den einzelnen Unfällen getroffenen Feststellungen geben [X.] keinen hinreichenden Anhalt, insbesondere fehlen Angaben zu den einge-haltenen Geschwindigkeiten und der Intensität des Aufpralls zwischen den be-teiligten Fahrzeugen. Ersichtlich sind bei unfallbeteiligten [X.] auch keine Verletzungen eingetreten. Die Gefährdung von Teilnehmern an der Tat genügt nicht (vgl. [X.], 233 f.; [X.], 317). 4 c) Aber auch die konkrete Gefährdung einer fremden Sache von bedeu-tendem Wert ist nicht belegt. 5 aa) Hierbei muss über den Gesetzeswortlaut hinaus der fremden Sache von bedeutendem Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht haben (vgl. [X.], Beschluss vom 27. September 2007 - 4 StR 1/07 - insoweit in [X.] NStZ-RR 2008, 83 nicht abgedruckt). Es sind daher stets zwei Prüfschritte [X.], zu denen im Strafurteil entsprechende Feststellungen zu treffen sind: [X.] ist zu fragen, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert handelt, was etwa bei älteren oder bereits vorgeschädigten Fahrzeugen fraglich sein kann. Handelt es sich um eine Sache von bedeuten-dem Wert, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ihr auch ein bedeuten-der Schaden gedroht hat, wobei ein tatsächlich entstandener Schaden geringer sein kann als der maßgebliche [X.]. Der Wert der Sache ist hierbei nach dem Verkehrswert ([X.] NStZ 1999, 350, 351), die Höhe des (drohenden) Schadens nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung 6 - 5 - ([X.] aaO) zu berechnen. Der Grenzwert für Sachwert und Schadenshöhe ist einheitlich zu bestimmen und lag hier zu den Gefährdungszeitpunkten bei [X.] 750 • ([X.]St 48, 14, 23). [X.]) Ob in den genannten Fällen nach Maßgabe dieser Grundsätze den geschädigten Unfallopfern ein Schaden in Höhe von mindestens 750 • drohte, kann der Senat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht nach-prüfen. Angaben zu den Fahrzeugen der Geschädigten, die den verlässlichen Schluss rechtfertigen könnten, dass ihr Verkehrswert zum Unfallzeitpunkt [X.] den Grenzwert erreichte, fehlen bereits weitgehend. Im Übrigen kann der Senat weder anhand der mitgeteilten Schadensbilder noch aufgrund der Feststellungen zu den einzelnen Unfallabläufen beurteilen, ob den Fahrzeugen der Geschädigten infolge der von den Angeklagten provozierten [X.] ein Schaden von mindestens 750 • drohte. Zu keinem der betroffenen Fälle wird die Höhe eines eventuell tatsächlich entstandenen Schadens mitgeteilt. Allein aus der Höhe der von den Angeklagten bei den gegnerischen Haftpflicht-versicherern für die Beschädigung der eigenen Fahrzeuge betrügerisch erlang-ten oder geforderten Beträge kann nicht mit der für eine Verurteilung erforderli-chen Sicherheit der Schluss gezogen werden, dass den jeweils beteiligten Fahrzeugen der anderen Unfallbeteiligten ein bedeutender Sachschaden [X.]. Dies gilt hier umso mehr, als die Angeklagten für die provozierten Unfällen teilweise innerhalb weniger Tage dieselben Fahrzeuge eingesetzt (vgl. die Fälle [X.] und 5 sowie 8 und 9) und damit Schadensersatz für vorgeschädigte Fahr-zeuge verlangt haben. 7 2. Die danach gebotene Aufhebung der Verurteilung der Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in den genannten Fällen lässt jedoch die Verurteilung der Angeklagten wegen der zum Nachteil der 8 - 6 - Haftpflichtversicherungen der jeweiligen Unfallgegner begangenen Betrugstaten unberührt. Sie zieht nur die Aufhebung der zur Gefährdung von Leib und Leben anderer Personen, zur Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert und der insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen nach sich. Im Übrigen halten die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, zur absichtli-chen Herbeiführung der Verkehrsunfälle und zum Schädigungsvorsatz des [X.] rechtlicher Nachprüfung stand und können deshalb bestehen bleiben. 3. Mit den Teilaufhebungen entfällt auch die Grundlage für die gegen die Angeklagten jeweils verhängten Gesamtstrafen. Die Maßregelaussprüche kön-nen hingegen bestehen bleiben, da sie durch die aufrechterhaltenen [X.] zu den Unfallgeschehen und die Verurteilung wegen der übrigen, durch die Urteilaufhebung nicht betroffenen Taten getragen werden. 9 Tepperwien Maatz Kuckein Athing Ernemann

Meta

4 StR 617/07

29.04.2008

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2008, Az. 4 StR 617/07 (REWIS RS 2008, 4217)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4217

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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