Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2015, Az. 3 StR 29/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 13878

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 29/15
vom
18. März 2015
in der Strafsache
gegen

wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 1. und 3. auf dessen Antrag -
am 18.
März 2015 gemäß §
44 Satz 1, § 349 Abs. 2 und 4 [X.] einstimmig
beschlossen:

1. Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur vollstän-digen Begründung der Verfahrensrüge gegen das Urteil des [X.] vom 16.
Oktober 2014 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.

2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Ur-teil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine
andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.

3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

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3
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Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungs-mitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge gestützten Revision, die die Nichtanwendung des §
64 StGB nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen hat (vgl. hierzu [X.], [X.], 7.
Aufl., §
344 Rn. 11 mwN). Die [X.] bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] ohne Erfolg. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuld-
und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht (§
349 Abs. 2 [X.]). Das Urteil hat indes keinen Bestand, soweit das [X.] die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß §
64 StGB abgelehnt hat.

Die -
sachverständig beratene -
Strafkammer hat ihre Entscheidung [X.] begründet, bei dem Angeklagten bestehe zwar eine derart ihn treibende Neigung, Heroin in einem Maße zu sich zu nehmen, dass von einer Abhängig-keit auszugehen sei; diese Suchterkrankung habe aber im Hinblick auf die von dem Angeklagten konsumierten Mengen sowie der Häufigkeit und Art der Ein-nahme (rauchen) nach medizinischer Einschätzung noch nicht dazu geführt, dass er Rauschmittel in einem solchen
Übermaß konsumiere, dass seine Ge-sundheit, Arbeits-
und Leistungsfähigkeit hierdurch erheblich beeinträchtigt
seien.

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Diese Argumentation begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Nach den bisherigen Feststellungen führte
der Angeklagte die Beschaffungs-fahrt in die [X.] und die Einfuhr der Drogen nach [X.] durch, weil der Mitangeklagte versprochen hatte, ihm von der zu erwerbenden [X.] von rund 125 Gramm einige Gramm kostenlos zur Deckung seines Eigenkonsums zu überlassen. Zudem erwarb der Angeklagte bei dieser Gele-genheit von dem Lieferanten in [X.] selbst zwei Kleinmengen Heroin von insgesamt rund 13 Gramm zum Eigenkonsum und führte auch diese Menge ein. Vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte sich seit dem [X.] in ei-nem Substitutionsprogramm befindet und es sich daher bei dem gerauchten Heroin um einen zusätzlich zu dem verabreichten Subutex betriebenen [X.] handelte, legen diese Umstände einen Hang des Angeklagten im Sinne von §
64 StGB nahe.

Dieser verlangt eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende [X.] oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition be-ruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Ausreichend für die Annahme eines Hangs zum übermäßigen Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls, dass der Betroffene aufgrund seiner Konsumgewohnheiten sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Insoweit kann dem Umstand, dass durch den Rauschmit-telgenuss die Gesundheit,
Arbeits-
und Leistungsfähigkeit erheblich [X.] sind, zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs zukommen; das Fehlen dieser Beeinträchtigungen schließt indes nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hangs aus (vgl. [X.], Urteil vom 15.
Mai 2014 -
3 StR
386/13, juris Rn. 10 mwN). Dass der Angeklagte in der Lage war, seiner Tätig-keit als Kundenberater in einem Baumarkt nachzugehen, steht daher einem 3
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Hang ebenso wenig zwingend entgegen wie auch seine sonstigen Lebensver-hältnisse.

Angesichts der einschlägigen Vorstrafen des 31jährigen Angeklagten, der bereits während der [X.] seiner Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann auch mit Heroin in Kontakt kam, sowie der weiteren von der Kammer festge-stellten Verhaltensweisen des Angeklagten in der Vergangenheit liegt es nicht fern, dass die von §
64 StGB vorausgesetzte Gefahr erheblicher künftiger
Taten infolge des Hangs festgestellt werden wird. Es bestehen zuletzt auch
keine sicheren Anhaltspunkte dafür, dass die Maßregel nicht die erforderliche Erfolgsaussicht im Sinne des §
64 Satz 2 StGB haben könnte.

Über die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt muss des-halb neu verhandelt und entschieden werden. Dass nur der Angeklagte [X.] eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§
358 Abs. 2 Satz 3 [X.]; [X.], Urteil vom 10. April 1990 -
1 StR 9/90, [X.]St 37, 5).

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Der Senat kann ausschließen, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf eine geringere Freiheitsstrafe erkannt hätte. Der [X.] kann deshalb bestehen bleiben.
[X.] Hubert

Mayer Gericke
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Meta

3 StR 29/15

18.03.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2015, Az. 3 StR 29/15 (REWIS RS 2015, 13878)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13878

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