Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.08.2013, Az. VII B 188/12

7. Senat | REWIS RS 2013, 3524

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Gegenstand

Rückforderung einer auf ein Rechtsanwaltsanderkonto eingegangenen Fehlüberweisung


Leitsatz

1. NV: Zahlungen, die auf ein von einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter eingerichtetes Anderkonto eingehen, fallen weder in das Schuldnervermögen noch in die Masse, sondern stehen ausschließlich dem Anwalt zu und können von diesem - bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen - nach § 37 Abs. 2 AO zurückgefordert werden (Anschluss an BGH-Urteile vom 18. Dezember 2008 IX ZR 192/07, Zeitschrift für Insolvenzrecht und Insolvenzpraxis --ZIP-- 2009, 531; vom 12. Mai 2011 IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220; vom 15. Dezember 2011 IX ZR 118/11, ZIP 2012, 333) .

2. NV: Aus der rechtlichen Ausgestaltung der Anderkonten als offene Vollrechtstreuhandkonten, aus denen ausschließlich der das Konto eröffnende Rechtsanwalt persönlich berechtigt und verpflichtet ist, während wirtschaftlich die auf dem Konto verwalteten Gelder dem Schuldnervermögen bzw. der Masse zugehören, folgt, dass der Anwalt gegen eine Vollstreckung seiner eigenen Gläubiger in das Anderkonto Widerspruchsklage nach § 771 ZPO erheben kann (so schon BGH-Urteil IV ZR 95/53 vom 5. November 1953, BGHZ 11, 37) .

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vorgetragenen Gründe rechtfertigen die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) nicht.

2

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen, "ob Zahlungen auf ein oder Guthaben auf einem [X.] in die Insolvenzmasse fallen und Insolvenzmasse nach § 35 [X.] sind oder ob Gelder auf für die Insolvenzschuldnerin geführten Rechtsanwaltsanderkonten persönlich und unter Ausschluss der Insolvenzmasse dem Rechtsanwalt zustehen bzw. seinem Privatvermögen zuzuordnen sind", sind höchstrichterlich geklärt bzw. stellen sich im Streitfall nicht.

3

Wie das Finanzgericht ([X.]) bereits zutreffend ausgeführt hat, entspricht es ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]), dass Zahlungen, die auf ein von einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter eingerichtetes [X.] eingehen, weder in das Schuldnervermögen noch in die Masse fallen, sondern ausschließlich dem Anwalt zustehen und von diesem nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückgefordert werden können ([X.]-Urteile vom 18. Dezember 2008 IX ZR 192/07, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und [X.] --ZIP-- 2009, 531; vom 12. Mai 2011 IX ZR 133/10, [X.], 1220; vom 15. Dezember 2011 IX ZR 118/11, [X.], 333).

4

Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, weshalb diese Rechtsprechung auf den abgabenrechtlichen Rückzahlungsanspruch aus § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung nicht übertragbar sein sollte, zumal der [X.] im Falle von [X.] grundsätzlich denjenigen als rückzahlungspflichtig ansieht, der den Betrag tatsächlich erhalten hat [X.]/ Ratschow, [X.], 11. Aufl., § 37 Rz 78, m.w.N.).

5

Die Frage, ob die auf dem [X.] eingehenden Gelder dem Privatvermögen des Anwalts zuzuordnen sind mit der Folge, dass dessen Gläubiger darauf zugreifen können, stellt sich im Streitfall nicht. Sie beantwortet sich im Übrigen aus der rechtlichen Ausgestaltung der Anderkonten als offene Vollrechtstreuhandkonten, aus denen ausschließlich der das Konto eröffnende Rechtsanwalt persönlich berechtigt und verpflichtet ist, während wirtschaftlich die auf dem Konto verwalteten Gelder dem Schuldnervermögen bzw. der Masse zugehören. Daraus folgt, dass der Kläger gegen eine Vollstreckung seiner eigenen Gläubiger in das [X.] Widerspruchsklage nach § 771 der Zivilprozessordnung erheben kann (so schon [X.]-Urteil vom 5. November 1953 IV ZR 95/53, [X.]Z 11, 37).

6

2. Entgegen der Auffassung des [X.] ist die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

7

a) Die vermeintliche Divergenz des [X.]-Urteils zu den [X.] vom 23. Juli 1996 VII R 88/94 ([X.], 202, [X.] 1996, 511) und vom 11. April 2001 VII B 304/00 ([X.], 338, [X.] 2001, 525) besteht nicht. Zwar hat der Senat dort die Vollstreckung in ein "Konkurs-[X.]" für unzulässig erklärt, weil sich die Masseunzulänglichkeit herausgestellt hatte. Der Kläger schließt daraus zwar zutreffend, dass der Senat dieses Konto der Konkursmasse zugeordnet hat. Allerdings ist weder dem Urteil noch dem Beschluss zu entnehmen, dass jene "[X.]" dem Rechtsanwalts-[X.] des Streitfalls vergleichbar sind und nicht vielmehr als Sonderkonto für die Masse eingerichtet waren, für welche der Verwalter nicht als Vollrechtstreuhänder, sondern als Ermächtigungstreuhänder berechtigt war (vgl. [X.]-Urteil vom 15. Dezember 1994 IX ZR 252/93, [X.], 225). Mangels vergleichbarer Sachverhalte ist eine Divergenz somit nicht gegeben.

8

b) Zur Notwendigkeit der Rechtsfortbildung hat der Kläger nichts vorgetragen. Sie ist auch angesichts der geklärten Rechtsfrage (s.o. 1.) nicht ersichtlich.

Meta

VII B 188/12

12.08.2013

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 25. September 2012, Az: 8 K 8094/10, Urteil

§ 37 Abs 2 AO, § 771 ZPO, § 35 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.08.2013, Az. VII B 188/12 (REWIS RS 2013, 3524)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3524

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