Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2012, Az. II ZR 48/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4883

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 48/11
Verkündet am:
10. Juli 2012
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

Fresenius
[X.] §§ 113, 114, 120 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 131 Abs. 1 Satz 1, §§ 161, 243 Abs. 1
Der
Vorstand einer Aktiengesellschaft handelt jedenfalls im Regelfall rechtswidrig, wenn er an ein Aufsichtsratsmitglied eine Vergütung zahlt, obwohl der Aufsichtsrat dem zugrunde liegenden Beratungsvertrag noch nicht nach §
114 Abs.
1 [X.] zugestimmt hat.

[X.], Urteil vom 10. Juli 2012 -
II ZR 48/11 -
[X.]

LG Frankfurt am Main
-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10.
Juli 2012 durch [X.]
Dr.
Bergmann,
[X.]
Strohn, die Richterinnen [X.] und Dr.
Reichart und den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der
[X.]
wird das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 15.
Februar 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben,
als
zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung -
auch über die Kosten des Revisionsver-fahrens
-
an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.

Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Aktionärin der beklagten [X.]. Sie hat -
soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung
-
Anfechtungsklage gegen die in der Hauptversammlung vom 8.
Mai 2009 gefassten Beschlüsse über die Entlastung des Vorstands
und des Aufsichtsrats
für das Geschäftsjahr 2008 erhoben.
1
-
3
-

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Vorstand gegen §
114 [X.] verstoßen habe. Dem zugrunde liegen [X.], die von der [X.]
und ihrer
Tochtergesellschaft mit der Anwaltssozietät N.

LLP geschlossen worden sind. Partner dieser Sozietät ist der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der [X.], Dr.
S.

. Die im Laufe des Jahres 2008 geschlossenen Anwaltsverträge, auf die bereits Honorare in Höhe von insgesamt etwa 1
Mio.

.

gezahlt worden waren, wurden
erst in der späteren Aufsichtsratssitzung vom 4.
Dezember 2008 genehmigt.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden [X.] zugelassene Revision, mit der die Beklagte ihr
Klageabweisungsbegehren
weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist erfolgreich und führt -
soweit zum Nachteil der [X.] entschieden worden ist
-
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 425) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die [X.] seien für nichtig zu erklären, weil der Vorstand dadurch, dass er Zahlungen an die Sozietät des [X.] Dr.
S.

geleistet habe, obwohl die zugrunde liegenden Verträge noch nicht vom Aufsichtsrat genehmigt gewesen seien, schwer und eindeutig gegen das Gesetz verstoßen habe. Indem die Sozietät diese Zahlungen entgegen genommen habe, sei auch Dr.
S.

eine 2
3
4
5
6
-
4
-

Pflichtwidrigkeit vorzuwerfen, so dass die Entlastung des Aufsichtsrats ebenfalls -
insgesamt
-
rechtswidrig sei. Nach Systematik und Regelungszweck sei §
114 Abs.
1 [X.] als Verhaltensnorm auszulegen. Danach sei unabhängig von einer späteren Genehmigung
des Aufsichtsrats die Zahlung von Vergütungen für Beratungsleistungen an ein Aufsichtsratsmitglied verboten, es sei denn, der Aufsichtsrat habe vor der Zahlung seine Zustimmung erteilt. Das gelte auch für eine Vergütung, die nicht an das Aufsichtsratsmitglied persönlich, sondern an eine Anwaltssozietät gezahlt werde, der das Aufsichtsratsmitglied angehöre, wenn der diesem persönlich zugutekommende Betrag nicht nur ganz geringfügig sei. Das könne hier angesichts des auf Dr.
S.

intern entfallenden Honoraranteils von 10.000

Aufsichtsratstätigkeit in Höhe von 149.000

m Jahr 2008 nicht angenommen werden.
II.
Diese Ausführungen enthalten in einem entscheidenden Punkt einen Rechtsfehler. Die [X.] sind nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht anfechtbar.
1.
Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass sich die Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung der [X.] nach den Regeln des [X.] Aktiengesetzes
richtet. Zwar ist die Beklagte als [X.] ([X.], [X.]) verfasst. Da aber weder die Verordnung ([X.]) Nr.
2157/2001 des Rates vom 8.
Oktober 2001 über das Statut der [X.] ([X.]) ([X.].
L
294 vom 10.
November 2001, S.
1) noch
das [X.] [X.]-Ausführungsgesetz ([X.]AG) eine Regelung zur Anfechtung
von Aufsichtsratsbeschlüssen enthält und auch keine entsprechenden Satzungsbestimmungen zulässt, unterliegt die Beklagte gemäß Art.
9 Abs.
1 Buchst.
c
ii der [X.]-Verordnung insoweit den nationalen Rechtsvorschriften, die auf eine nach dem Recht des Sitzstaats der Societas 7
8
-
5
-

Europaea gegründete Aktiengesellschaft Anwendung finden würden, mithin
den Regeln
des [X.] Aktiengesetzes.
2.
Ein Beschluss der Hauptversammlung über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats verstößt gegen §
120 Abs.
2 Satz
1 [X.] und ist deshalb nach §
243 Abs.
1 [X.] anfechtbar, wenn
damit ein Verhalten gebilligt wird, das einen
schwerwiegenden und eindeutigen Gesetzes-
oder [X.] darstellt ([X.], Urteil vom 25.
November 2002 -
II
ZR 133/01, [X.]Z 153, 47, 51; Urteil vom 18.
Oktober 2004 -
II
ZR 250/02, [X.]Z 160, 385, 388; Beschluss vom 9.
November 2009 -
II
ZR 154/08, [X.], 2436
f.). Ein Verstoß gegen das Gesetz (§
114 [X.]) lag hier nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt in der Zahlung der [X.] an die Sozietät des Dr.
S.

, obwohl der Aufsichtsrat den zugrunde liegenden Verträgen nicht zugestimmt hatte. Der Aufsichtsrat hat sich danach ebenfalls rechtswidrig verhalten, indem er diese Praxis nicht beanstandet hat. Dieses Verhalten war aber kein schwerer und eindeutiger Verstoß
und führt deshalb nicht zur Anfechtbarkeit der [X.].
Deshalb
kann offen bleiben, ob die Zahlung eines Beratungshonorars an ein Aufsichtsratsmitglied vor Zustimmung des Aufsichtsrats
ausnahmsweise dann rechtmäßig ist, wenn -
wie die Beklagte behauptet hat
-
bei ihr die Übung besteht, dass am Anfang eines jeden Jahres vom Aufsichtsrat eine Obergrenze für Mandate an bestimmte Aufsichtsratsmitglieder oder deren Sozietäten festgelegt wird
und die einzelnen Verträge dann am Ende des Jahres dem Aufsichtsrat zur Genehmigung vorgelegt werden. Denn in diesem Fall
würde es erst recht an einem eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzesverstoß gefehlt haben.
a)
Auch insoweit gelten die
Regeln des
[X.] Aktiengesetzes. Denn weder die [X.]-Verordnung noch das [X.]-Ausführungsgesetz enthalten eine 9
10
11
-
6
-

Regelung zu Verträgen mit den Mitgliedern des Aufsichtsrats oder lassen insoweit eine Regelung durch die Satzung zu.
b)
Ein Vorstand darf
gemäß §
114 Abs.
1 [X.] grundsätzlich keine Honorare an ein Aufsichtsratsmitglied oder seine
Sozietät zahlen, bevor die zugrunde liegenden [X.] vom Aufsichtsrat genehmigt worden sind.
(1)
Wie der [X.] bereits mehrfach ausgeführt hat, ist der Regelungszweck des §
114 [X.] in Zusammenhang mit demjenigen des §
113 [X.] zu sehen. Nach §
113 [X.] hat die Hauptversammlung über die Höhe der Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder zu entscheiden -
soweit das
nicht bereits in der Satzung geschehen
ist. Der Zweck des §
114 [X.] besteht zum einen darin, Umgehungen des §
113 [X.] zu verhindern, indem es dem Aufsichtsrat ermöglicht wird, den vom Vorstand geschlossenen Beratungsvertrag präventiv darauf zu überprüfen, ob er tatsächlich in Übereinstimmung mit dem gesetzlichen Gebot des §
113 [X.] nur Dienstleistungen außerhalb der organschaftlichen Tätigkeit zum Gegenstand hat. Der dadurch bewirkte Zwang, den Beratungsvertrag offenzulegen und dem Aufsichtsrat zur Zustimmung zu unterbreiten, soll diesem zugleich
die Möglichkeit
eröffnen, sachlich ungerechtfertigte Sonderleistungen der Aktiengesellschaft an einzelne Aufsichtsratsmitglieder -
etwa in Form überhöhter Vergütungen
-
und damit eine denkbare unsachliche, der Erfüllung seiner Kontrollaufgabe abträgliche Beeinflussung
des [X.]
durch den Vorstand zu verhindern
([X.], Urteil vom 4.
Juli 1994 -
II ZR 197/93, [X.]Z 126, 340, 346 ff.; Urteil vom 3.
Juli 2006 -
II
ZR 151/04, [X.]Z 168, 188 Rn.
9; Urteil vom 20.
November 2006 -
II
ZR 279/05, [X.]Z 170, 60 Rn.
9).
Diese Kontrolle ist auch dann geboten, wenn der Beratungsvertrag nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied persönlich, sondern mit einer Gesellschaft -
wie 12
13
14
-
7
-

hier der N.

LLP
-
geschlossen wird, an der das Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist, und ihm dadurch mittelbare Zuwendungen zufließen, bei denen es sich nicht nur um -
abstrakt betrachtet
-
ganz geringfügige Leistungen handelt oder die im Vergleich zu der von der Hauptversammlung festgesetzten Aufsichtsratsver-gütung einen vernachlässigenswerten Umfang haben ([X.], Urteil vom 20.
November 2006 -
II
ZR 279/05, [X.]Z 170, 60 Rn.
8; Urteil vom 2.
April 2007 -
II
ZR 325/05, [X.],
1056 Rn.
11). Danach fallen die Beratungs-verträge hier in den Anwendungsbereich des §
114 [X.].
Dabei kann offen bleiben, ob die Überlegung des Berufungsgerichts zutrifft, die Aufträge im Volumen einer jährlichen
Honorarsumme in Höhe von etwa 1

.

in der Anwaltssozietät stärken und begründeten schon deshalb ein beachtliches Eigeninteresse. Denn jedenfalls betrug der intern auf Dr.
S.

entfallende Honoraranteil schon nach dem Vortrag der [X.]
-
die Klägerin hat demgegenüber einen höheren Honoraranteil behauptet
-
etwa 10.000

pro Jahr. Das ist weder absolut noch im Vergleich zu seiner Aufsichtsratsvergütung in Höhe von 149.000

-
bei einer Festvergütung in Höhe von 20.000

-
eine zu
vernachlässigende Leistung, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat.
Nach dem Schutzzweck des §
114 [X.] ist dabei auf die Gesamthöhe der gezahlten Vergütungen abzustellen und nicht auf den Umfang des einzelnen Auftrags.
Eine Ausnahme von der Anwendbarkeit des §
114 [X.] ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass nach dem Vortrag der [X.] etwa zwei Drittel der [X.]
nicht mit ihr, sondern
mit einer von ihr
abhängigen
Gesellschaft geschlossen
worden sind. Dabei kann offen bleiben, ob das Berufungsgericht diesen Vortrag zu Recht nach §
531 Abs.
2 ZPO nicht zugelassen hat. Ebenfalls offen bleiben kann, ob [X.] mit verbundenen Unternehmen grundsätzlich -
etwa analog §
115 Abs.
1 Satz
2 15
16
-
8
-

[X.]
-
in den Anwendungsbereich des §
114 [X.] fallen (zum Meinungsstand s. MünchKomm[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
114 Rn.
16
f.; [X.], [X.], 10.
Aufl., §
114 Rn.
2b). Denn jedenfalls bedürfen nach dem Schutzzweck des §
114 [X.] [X.] von Aufsichtsratsmitgliedern oder deren Sozietäten mit von der Gesellschaft abhängigen Unternehmen einer Zustimmung des Aufsichtsrats, wenn der Vorstand in der Lage ist, den Vertragsschluss mit dem abhängigen Unternehmen zu beeinflussen ([X.]/[X.] in GroßKomm[X.], 4.
Aufl. §
114 Rn.
41;
[X.], [X.], 10.
Aufl., §
114 Rn.
2b; MünchKomm[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
114 Rn.
17; Henssler in Henssler/
Strohn, Gesellschaftsrecht, [X.] §
114 Rn.
14; [X.] in [X.], [X.], 2.
Aufl., §
114 Rn.
14; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2.
Aufl., §
114 Rn.
7; [X.]/[X.], [X.] 1992, 87, 105
f.; [X.], [X.] 1993, 77, 87
f.; [X.], [X.], 1, 9; [X.], [X.] 2007, 881, 885; [X.], [X.] 2012, 658, 659; aA
Mertens in KK-[X.], 2.
Aufl., §
114 Rn.
8; s. auch [X.], [X.], 814, 818). Davon ist nach §§
17
f. [X.] im Regelfall auszugehen. Dass hier etwas anderes gelten würde, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und macht auch die Revision nicht geltend.
(2)
Mit der Zahlung von Honoraren an die Sozietät N.

zu einem
Zeitpunkt, zu dem der Aufsichtsrat seine Zustimmung zu den
Beratungs-verträgen
noch nicht erteilt hatte,
verstieß der Vorstand jedenfalls nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt gegen §
114 Abs.
1 [X.].
Allerdings ergibt sich schon aus
§
114 Abs.
2 Satz
1 [X.], dass der Aufsichtsrat den Vertrag auch (nachträglich) genehmigen kann, und zwar auch
noch nach Zahlung der Vergütung. Ob eine Genehmigung auch dann möglich ist, wenn ein wegen ungenauer Bezeichnung der Vertragspflichten gegen §
113 [X.] verstoßender Beratungsvertrag nachträglich konkretisiert wird, hat der [X.] bisher offengelassen (Urteil vom 20.
November 2006 -
II
ZR 279/05,
17
18
-
9
-

[X.]Z 170, 60 Rn.
15). Die Frage kann auch hier offen bleiben, weil das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, dass die geschlossenen [X.] nicht ausreichend konkretisiert waren, sondern im Gegenteil unterstellt hat, dass sie sich nur auf Tätigkeiten außerhalb der Pflichten des Dr.
S.

als Aufsichtsrat bezogen haben.
Aus der Möglichkeit, einen Beratungsvertrag zu genehmigen, folgt aber entgegen einer in der Literatur vertretenen Meinung ([X.], [X.], 427
ff.; [X.], Der Konzern 2011, 233, 234
f.;
[X.], NJW 2011, 1234; [X.]/[X.], [X.] 2011, 116
ff.; vgl. auch [X.], EWiR 2011, 203, 204; [X.], [X.] 2012, 658, 660
ff.) nicht, dass der Vorstand pflichtgemäß handelt, wenn er dem Aufsichtsratsmitglied oder der Sozietät, an der
das Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist, schon vor der Genehmigung des Vertrages durch den Aufsichtsrat eine Vergütung zahlt. Der Vertrag ist bis zur Entscheidung über die Genehmigung schwebend unwirksam. Ein Zahlungsanspruch aus dem Vertrag besteht daher noch nicht. Die präventive Kontrolle, die eine Umgehung des §
113 [X.] und eine Beeinflussung der Unabhängigkeit des [X.] verhindern soll, hat noch nicht stattgefunden.
Ob der Aufsichtsrat dem Vertragsschluss zustimmen wird, steht noch nicht fest. Deshalb ist es dem Vorstand regelmäßig untersagt, auf die bloße Erwartung
hin, dass der Vertrag genehmigt wird, schon eine Vergütung zu zahlen.
An der Rechtswidrigkeit einer solchen Vergütungszahlung ändert sich -
wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat
-
nichts, wenn der Aufsichtsrat den Vertrag anschließend genehmigt ([X.], [X.] 2011, 334, 336
f.; wohl auch [X.]/[X.] in Großkomm. [X.], 4.
Aufl., §
114 Rn.
47). Er gilt dann zwar nach §
184 Abs.
1 BGB als von Anfang an wirksam. Das ändert aber nichts daran, dass sich der Vorstand grundsätzlich regelwidrig verhalten hat, indem er eine Vergütung gezahlt hat, bevor der [X.] genehmigt 19
20
-
10
-

worden ist. Dass der Aufsichtsrat den Vertrag nachträglich als unbedenklich bezeichnet, schafft einen Rechtsgrund für die Vergütungszahlung, vermag aber nichts daran zu ändern, dass
die nach
dem Gesetzeszweck erforderliche präventive Kontrolle durch den Aufsichtsrat zum Zeitpunkt der Vergütungs-zahlung noch nicht stattgefunden hat. Schon die Zahlung einer zum Zahlungszeitpunkt rechtsgrundlosen Vergütung stellt jedenfalls regelmäßig eine Privilegierung des [X.] dar, die durch §
114 [X.] gerade verhindert werden soll.
Dagegen kann nicht eingewandt werden, das Erfordernis der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats sei angesichts seiner geringen Sitzungsfrequenz unpraktikabel
und führe dazu, dass keine [X.] mit Aufsichtsratsmitgliedern oder deren Sozietäten geschlossen werden würden. Zum einen kann der Aufsichtsrat die Zuständigkeit für Entscheidungen nach §
114 [X.] auf einen Ausschuss übertragen, wie ein Umkehrschluss aus §
107 Abs.
3 Satz
3 [X.] ergibt ([X.], [X.], 10.
Aufl., §
114 Rn.
6). Zum anderen verbietet §
114 [X.] nicht, einen Beratungsvertrag ohne vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats zu schließen und seitens des [X.] zu erfüllen. Dadurch entsteht noch keine Verflechtung zwischen Vorstand und Aufsichtsratsmitglied, wie sie von §
114 [X.] verhindert werden soll. Dazu kann es erst kommen, wenn der Vorstand auch die Vergütung vor der Entscheidung des Aufsichtsrats zahlt. Die sich aus der Anwendung des §
114 [X.] gegebenenfalls ergebende
zeitliche Verzögerung der Honorarzahlung ist der Preis, den ein Aufsichtsratsmitglied zahlen muss, wenn es
von der [X.] ([X.], Urteil vom 20.
November 2006 -
II
ZR 279/07, [X.]Z 170, 60 Rn.
9).
c)
Wegen dieses -
jedenfalls unter Zugrundelegung des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts gegebenen
-
Gesetzesverstoßes sind die [X.] der [X.] aber entgegen der Auffassung 21
22
-
11
-

des Berufungsgerichts nicht
anfechtbar. Es fehlt an einem eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzes-
oder [X.].
Die Rechtsfrage, von der die Rechtmäßigkeit der Zahlungen abhängt, war keineswegs -
wie das Berufungsgericht angenommen hat
-
eindeutig zu beantworten. Soweit ersichtlich, hatte
zum Zeitpunkt der Hauptversammlung vom 8.
Mai 2009 lediglich das [X.]
München in einem Urteil vom 24.
September 2008 ([X.], 1667, 1668 mit insoweit offener Anmerkung von Ziemons, [X.] 2008, 269757) die Meinung vertreten, Zahlungen an [X.] oder deren Sozietäten
ohne vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats blieben auch dann rechtswidrig, wenn die Genehmigung später erteilt werde. Diese Meinung war im rechtswissenschaftlichen Schrifttum
nicht vertreten worden
(siehe etwa [X.]/[X.] in Festschrift für [X.], 2003, S.
381, 396
f.). Die nach
Veröffentlichung des Berufungsurteils in der vorliegenden Sache zahlreich erschienenen gegenteiligen Literaturbeiträge zeigen, dass es durchaus als vertretbar angesehen werden konnte, die Rückwirkung der Genehmigung des Aufsichtsrats nach §
184 Abs.
1 BGB nicht nur auf den Rechtsgrund für die Zahlung, sondern auch auf die Frage zu beziehen, ob das Verhalten des Vorstands noch als rechtswidrig angesehen werden kann. Solange diese Frage nicht höchstrichterlich geklärt war, konnten die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats nicht von einer eindeutigen Rechtslage ausgehen
(vgl. [X.], Der Aufsichtsrat 2011, 59).
III.
Das angefochtene Urteil lässt sich auch nicht aus anderen Gründen aufrechterhalten.
1. Die [X.] sind nicht wegen Verletzung des §
161 [X.] anfechtbar.
a) §
161 [X.] ist auf die [X.] anwendbar ([X.] in KK-[X.], 3.
Aufl., §
161 Rn.
32).
23
24
25
26
-
12
-

b)
Gemäß §
161 Satz
1 [X.]
in der am 8.
Mai 2009, dem Tag der Hauptversammlung, geltenden Fassung (jetzt §
161 Abs.
1 Satz
1 [X.]) haben Vorstand und Aufsichtsrat einer -
wie hier
-
börsennotierten Gesellschaft jährlich zu erklären, dass den Empfehlungen der "Regierungskommission Deutscher Corporate Governance [X.]" ([X.]) entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewandt wurden oder werden. Ist die Entsprechenserklärung von vornherein in einem nicht unwesentlichen Punkt unrichtig oder wird sie bei einer später eintretenden Abweichung von den [X.]-Empfehlungen in einem solchen Punkt nicht umgehend berichtigt, so liegt darin ein Gesetzesverstoß, der dazu führen kann, dass eine unter Verstoß gegen §
120 Abs.
2 Satz
1 [X.] dennoch erteilte Entlastung anfechtbar ist im
Sinne des §
243 Abs.
1 [X.]
([X.], Urteil vom 21.
September 2009 -
II
ZR 174/08, [X.]Z 182, 272
Rn.
16 -
Umschreibungsstopp; Urteil vom 16.
Februar 2009 -
II
ZR 185/07, [X.]Z 180, 9 Rn.
19 -
Kirch/[X.]).
Nach Nr.
5.5.3 Satz
1 [X.] ist der Aufsichtsrat verpflichtet, über aufgetretene Interessenkonflikte und ihre Behandlung im Bericht an die Hauptversammlung zu informieren. Unterbleibt ein solcher Hinweis, ohne dass erklärt wird, die Verwaltung folge der Empfehlung in Nr.
5.5.3 Satz
1 [X.] nicht, führt das aber nur dann zur Anfechtbarkeit der [X.], wenn es sich dabei -
wie auch sonst (siehe oben Rn.
9)
-
um einen eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzesverstoß handelt. Dafür muss die Unrichtigkeit der Entsprechenserklärung über einen Formalverstoß hinausgehen
und auch im konkreten Einzelfall Gewicht haben. Zudem ist die hier in Betracht kommende Informationspflichtverletzung -
nämlich die fehlende Erwähnung des [X.] im Bericht an die Hauptversammlung
-
nach der Wertung
des §
243 Abs.
4 Satz
1 [X.] nur dann von Bedeutung, wenn ein objektiv urteilender
Aktionär die Informationserteilung als Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seines Teilnahme-
und Mitgliedschaftsrechts 27
28
-
13
-

ansähe ([X.], Urteil vom 21.
September 2009
-
II
ZR 174/08, [X.]Z 182, 272
Rn.
18
-
Umschreibungsstopp).
Nach diesen Grundsätzen sind die [X.] nicht wegen eines Verstoßes gegen §
161 [X.] anfechtbar.
Die Entsprechenserklärung des Vorstands und des Aufsichtsrats, die nach der Feststellung des Berufungsgerichts insoweit keine Besonderheiten enthielt,
war nicht in diesem Sinne unrichtig.
a)
Zwar hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass auf den durch die Auftragserteilung an die Sozietät des [X.] Dr.
S.

ausgelösten Interessenkonflikt und seine Behandlung -
wie in Nr.
5.5.3 Satz
1 [X.] an sich vorgesehen
-
in dem Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung nach §
171 [X.] berichtet worden ist. Es wird darauf aber in dem [X.] der [X.] hingewiesen. Das stellt keine berichtspflichtige Abweichung vom [X.] dar.
b)
In dem im Geschäftsbericht enthaltenen [X.]
für das Jahr 2008 heißt es
dazu:
Ein Mitglied des Aufsichtsrats ist Mitglied einer Anwaltskanzlei, die für den Konzern rechtsberatend tätig ist. Der Aufsichtsrat hat dieser Mandatierung

Damit waren
der Interessenkonflikt, in dem sich das Aufsichtsratsmitglied befunden hat, und seine Behandlung ausreichend offen gelegt. Es bedurfte weder der Bekanntgabe des Namens noch der Mitteilung, ob das betroffene Aufsichtsratsmitglied an der Beschlussfassung über die Zustimmung mitgewirkt hat. Insoweit konnte davon ausgegangen werden, dass sich das Aufsichtsratsmitglied gesetzmäßig verhalten und das in diesen Fällen geltende Stimmverbot ([X.], Urteil vom 2.
April 2007 -
II
ZR 325/05, [X.], 1056 Rn.
13) beachtet hatte. Wenn ein Aktionär insoweit Zweifel hatte, stand es ihm 29
30
31
32
-
14
-

frei, in der Hauptversammlung vom Vorstand
Auskunft zu verlangen, die ihm nach §
131 Abs.
1 Satz
1 [X.] hätte erteilt werden müssen
(vgl. [X.] in KK-[X.], 3.
Aufl., §
131 Rn.
221).
c)
Ob in dem [X.] hätte mitgeteilt werden müssen, dass die Vergütungen an die Sozietät des [X.] schon vor der Zustimmung des Aufsichtsrats gezahlt worden sind, bedarf keiner Entscheidung. Auch wenn das angenommen würde, läge in der dann falschen Entsprechenserklärung aus den oben genannten Gründen jedenfalls keine eindeutige und schwerwiegende Rechtsverletzung, die zur Anfechtbarkeit der [X.] führen würde.
2.
Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich aber nicht beurteilen, ob die [X.] wegen Verstoßes gegen §
131 [X.] anfechtbar sind.
a)
Auch §
131 [X.] ist auf die [X.] anwendbar, weil weder die [X.]-Verordnung noch das [X.] [X.]-Ausführungsgesetz eine Regelung über das Auskunftsrecht enthält
oder eine entsprechende Regelung in der Satzung zulässt.
b)
Dass die Klägerin in der Hauptversammlung nicht selbst Fragen gestellt hat, schließt eine auf die Verletzung des Auskunftsrechts gestützte Anfechtungsklage nicht aus. Es genügt, dass die Klägerin in der Hauptversammlung gegen die [X.] Widerspruch zur
Niederschrift erklärt hat (vgl. [X.], Urteil vom 15.
Juni 1992 -
II
ZR 18/91, [X.]Z 119, 1, 13).
c)
Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist
ein Entlastungsbeschluss wegen Verletzung des Informationsrechts eines Aktionärs (§
131 [X.]) rechtswidrig und daher gemäß §
243 Abs.
1 [X.] anfechtbar, wenn
das nicht 33
34
35
36
37
-
15
-

oder nicht ausreichend beantwortete Auskunftsbegehren auf Vorgänge von einigem Gewicht gerichtet ist, die für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der Verwaltung von Bedeutung sind ([X.], Urteil vom 18.
Oktober 2004 -
II
ZR 250/02, [X.]Z 160, 385, 389
f.).
Das
trifft auf die Fragen 1 bis 3 und 5 zu, die sich auf die [X.] mit der Sozietät N.

beziehen. Es wurde gefragt, wann welches Mandat zugunsten welcher Konzerngesellschaft erteilt worden ist, wann und in welcher Höhe insoweit Zahlungen erfolgt sind, wann und auf welcher Tatsachengrundlage die Mandate genehmigt worden sind und wie der Aufsichtsrat geprüft hat, ob das einzelne Mandat genehmigt werden kann. Weiter von Bedeutung sein können die Frage zu 4, die auf Verträge mit dem Beratungsunternehmen des [X.] Prof. Dr.
R.

B.

abzielt, und die Fragen zu 9 bis 12, die
sich auf Bewertungsfragen, Schmiergeldzahlungen und Tantiemeberechnungen beziehen.
38
-
16
-

Ob die dazu gegebenen Antworten ausreichend sind, hat das Berufungsgericht -
von seinem Standpunkt aus folgerichtig
-
nicht festgestellt. Das nachzuholen, hat es in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung Gelegenheit.
Bergmann

Strohn

[X.]

Reichart

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.02.2010 -
3-5 O 178/09 -

O[X.], Entscheidung vom 15.02.2011 -
5 [X.] -

39

Meta

II ZR 48/11

10.07.2012

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2012, Az. II ZR 48/11 (REWIS RS 2012, 4883)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4883

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II ZR 48/11

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