Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2020, Az. XII ZR 46/19

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11963

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:150120UXIIZR46.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
XII ZR 46/19
Verkündet am:

15. Januar 2020

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 578, 550
Zur Wahrung der Schriftform nach § 550 Satz 1 BGB bei einem Stellplatzmiet-vertrag (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 17. Juni 2015 -
XII ZR 98/13 -
NJW 2015, 2648).

[X.], Urteil vom 15. Januar 2020 -
XII ZR 46/19 -
LG [X.]

[X.]

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Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember
2019
durch [X.] Dr. [X.], [X.], Dr. Nedden-Boeger
und Dr. Botur
und die Richterin Dr. Krüger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen
das Urteil der
83. Zivilkammer
des Landge-richts [X.]
vom 1. April
2019
wird auf Kosten der [X.] zu-rückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der [X.], es bei Meidung eines [X.] zu unterlassen, die Nutzung des Pkw-Stellplatzes der Klägerin zu stören, insbesondere durch Abstellen eines Kraftfahrzeugs.
Die Klägerin erwarb
im September 2016 eine Eigentumswohnung, die mit einem Sondernutzungsrecht an dem in der Teilungserklärung mit der [X.] 4 bezeichneten oberirdischen PKW-Stellplatz verbunden ist.
Der inzwischen verstorbene Ehemann der [X.] war Mieter einer anderen Wohnung im gleichen Anwesen. Er
hatte im November 1990 zusätzlich einen "Einstellplatz"
gemietet, der im schriftlichen Mietvertrag mit "1"
bezeichnet wurde. In die Mietwohnung zog die Beklagte nach der Heirat im Jahr 1993 mit ein. Der Ehemann der [X.] verstarb im Jahr
2005. Seitdem nutzt die [X.] die Mietwohnung und den in der Teilungserklärung mit der Nummer 4 bezeichneten oberirdischen PKW-Stellplatz.
Ob dieser Stellplatz mit dem im 1
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schriftlichen Mietvertrag aus dem [X.] mit "1"
bezeichneten Stellplatz identisch ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Im August und im Oktober 2017 kündigte die Klägerin einen etwa beste-henden [X.] vorsorglich fristlos wegen Zahlungsverzugs. [X.] hinaus erklärte sie mit Schriftsatz vom 31. Januar 2018 die ordentliche Kündigung.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das [X.] die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, die Nutzung des Pkw-Stellplatzes Nummer 4 durch die Klägerin zu stören, insbesondere durch Abstellen eines Kraftfahrzeugs; ferner hat es die
Beklagte verurteilt, die . Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt, die Klägerin habe das Sondernutzungsrecht an dem in der Teilungserklä-rung mit der Nummer 4 bezeichneten Stellplatz erworben. Selbst wenn der ver-storbene Ehemann der [X.] Mieter dieses Stellplatzes gewesen
sei,
[X.] nicht davon ausgegangen werden, dass der Wohnungsmietvertrag des Ehemanns der [X.] und der [X.] eine rechtliche Einheit bildeten. Daher sei nur der Wohnungsmietvertrag nach § 563 BGB auf die [X.] übergegangen, nicht aber der [X.].
Allerdings sei von einem konkludenten Abschluss eines [X.]es zu den mit dem 4
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Ehemann der [X.] vereinbarten Bedingungen auszugehen, da die [X.] weiterhin den Stellplatz genutzt, die Miete gezahlt und auch als Mieterin an-geschrieben worden sei. Der [X.] sei entsprechend §§
578, 567 BGB auf die Klägerin als Sondernutzungsberechtigte übergegangen und von ihr ordentlich gekündigt worden. Die ordentliche Kündigung sei weder dadurch ausgeschlossen gewesen, dass die Parteien die Möglichkeit einer au-ßerordentlichen Kündigung mit verkürzter Frist geregelt hätten,
ohne die Mög-lichkeit einer ordentlichen Kündigung zu erwähnen, noch dadurch, dass die Dauer des Stellplatzmietverhältnisses
an die Dauer des zwischen denselben Vertragsparteien geschlossenen Wohnungsmietvertrags gekoppelt worden sei und der [X.] ohne besondere Kündigung zum gleichen Termin wie der Wohnungsmietvertrag enden sollte.
2. Dies
hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis
stand.

a) Die Anforderungen an ein Berufungsurteil nach §
540 Abs.
1 Satz
1 Nr. 1 ZPO sind noch erfüllt. Danach
muss ein Berufungsurteil zwar keinen [X.] enthalten, grundsätzlich ist aber eine Bezugnahme auf die tatsächli-chen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil mit einer Darstellung etwai-ger Änderungen oder Ergänzungen
erforderlich, wozu
zumindest auch die [X.] Wiedergabe der [X.]
gehört (vgl. etwa [X.] Urteile vom 14. Januar 2005 -
V [X.] -
FamRZ 2005, 701; [X.]Z 156, 216, 218
= [X.], 265 und [X.]Z 154, 99, 100 f. = FamRZ 2003, 747). Obwohl das Berufungsgericht hier lediglich auf die tatbestandlichen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen hat,
lässt sich dem angefochtenen Urteil eine sinngemäße Wiedergabe der [X.] noch entnehmen. Denn das Berufungsgericht hat das klagabweisende Urteil des Amtsgerichts dahingehend abgeändert, dass der Klage
vollumfänglich stattgegeben wird. Daraus ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Klägerin ihr ur-8
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sprüngliches Begehren im Berufungsverfahren weiterverfolgt hat
(vgl. Senats-urteil vom 11. August 2010 -
XII ZR 102/09 -
FamRZ 2010, 1637 Rn. 20 ff.).
b) Zu Recht haben weder das Amts-
noch das Berufungsgericht die Pro-zessführungsbefugnis der Klägerin in Frage gestellt, da
die Klägerin hinsichtlich des in der Teilungserklärung mit der Nummer 4 bezeichneten oberirdischen PKW-Stellplatzes in der Hauptsache ausschließlich
Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB geltend macht (vgl. [X.] Urteil vom 13. Oktober 2017 -
V ZR 45/17 -
NJW-RR 2018, 333 Rn. 5 ff. mwN).
c) Ob der in der Teilungserklärung mit der Nummer 4 bezeichnete ober-irdische PKW-Stellplatz mit dem im schriftlichen Mietvertrag aus dem [X.] mit "1"
bezeichneten Stellplatz identisch ist, hat das Berufungsgericht offen ge-lassen. Diese Identität im Revisionsverfahren zu Gunsten der [X.] unter-stellt, ist die Klägerin als Sondernutzungsberechtigte an dem in der Teilungser-klärung mit der Nummer 4 bezeichneten Stellplatz nach §§ 578, 567 BGB als Vermieterin in den mit der [X.] bestehenden [X.] einge-treten.
Denn
für den Fall, dass der Eigentümer, der zugleich Vermieter einer Wohnung und eines Stellplatzes im Rahmen eines einheitlichen Mietvertrags ist, einen Teil des Mietobjekts abtrennt und veräußert, hat der [X.] bereits entschieden, dass der Erwerber des Stellplatzes gemäß §§ 580, 571 Abs. 1 BGB a.F. (jetzt: §§ 578, 566 Abs. 1 BGB) in den Mietvertrag eintritt ([X.] Urteil vom 28. September 2005 -
VIII ZR 399/03 -
NJW 2005, 3781 Rn.
8
f. mwN).
Dasselbe gilt, wenn der Mieter -
wie hier -
seine
Wohnung und seinen
Stellplatz
von vornherein durch getrennte Verträge von einem Vermieter ange-mietet hat
und die Wohnung und der Stellplatz dann
vom Vermieter getrennt
veräußert werden.

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Dabei kann dahinstehen, ob das Sondernutzungsrecht im Ergebnis ge-nauso wie Sondereigentum zu behandeln ist (so im Ergebnis [X.] Urteil vom 28. September 2005 -
VIII ZR 399/03 -
NJW 2005, 3781 Rn. 8 f. mwN) oder dem umstrittenen Rechtscharakter des Sondernutzungsrechts als dingliches oder bloß schuldrechtliches Rechtsinstitut (zu den in der Literatur vertretenen Auffassungen vgl. [X.]/Streyl
Mietrecht
14.
Aufl. §
566 BGB Rn.
83 mwN) Rechnung getragen werden muss. Denn nach allen Auffassungen tritt der Erwerber des Sondernutzungsrechts (nach §§ 566, 567 BGB direkt oder analog
iVm § 578 BGB) als Vermieter in den Vertrag hinsichtlich des Stellplat-zes ein.
d) Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellun-gen des Amtsgerichts ist der isolierte [X.] nicht kraft Gesetzes auf die Beklagte übergegangen. Vielmehr ist von einem konkludenten Ab-schluss eines (neuen) [X.]s zu den in dem mit dem verstorbe-nen Ehemann der [X.] im November 1990 geschlossenen Mietvertrag niedergelegten Bedingungen auszugehen.
e) Entgegen der von der [X.] erstmalig in der mündlichen Verhand-lung im Revisionsverfahren vorgetragenen Behauptung hat das Berufungsge-richt nicht festgestellt, dass die Beklagte als Erbin ihres verstorbenen Ehe-manns in den [X.] eingetreten ist. Zur
Erbfolge nach dem Ehemann der [X.] hat
die Beklagte in den Vorinstanzen
nichts vorgetra-gen. Dass das Berufungsgericht die Unterzeichner des [X.]s aus dem [X.] als "die jeweiligen Rechtsvorgänger der derzeitigen Miet-parteien"
bezeichnet
hat, kann nicht die Schlussfolgerung rechtfertigen, die [X.] sei als Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemanns in den Mietvertrag ein-getreten.
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f) Damit
ist das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend
davon [X.], dass der [X.] jedenfalls durch die ordentliche Kündi-gung der Klägerin vom 31. Januar 2018 wirksam beendet worden ist. Denn der konkludent geschlossene neue Mietvertrag wahrte
nicht die nach §§
578, 550 BGB erforderliche Schriftform und war daher gemäß §
580
a BGB ordentlich kündbar.
Dass der schriftliche Mietvertrag aus dem [X.] über einen längeren Zeitraum als ein Jahr geschlossen worden ist, hat das Berufungsgericht aus der Staffelung der Miete über acht Jahre in § 5 des Vertrags geschlossen. Dies wird von der Revision nicht in Frage gestellt.
Anders als die Revision meint, wahrte
der mit der [X.] neu [X.] auch nicht etwa deswegen die Schriftform der
§§
578,
550 BGB, weil er inhaltsgleich mit den in der äußeren Form niedergelegten [X.] konkludent abgeschlossen worden ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 17. Juni 2015 -
XII ZR 98/13 -
NJW 2015, 2648 Rn. 33). Denn im Gegen-satz zu dem von der Revision in Bezug genommenen Senatsurteil liegt hier schon keine von beiden Parteien unterzeichnete [X.] vor.

g) Im Übrigen wäre die ordentliche Kündigung der Klägerin auch dann wirksam, wenn man davon ausgehen wollte, dass der mit der [X.] auf der Grundlage des formularmäßigen Mietvertrags aus dem [X.] konkludent geschlossene Mietvertrag die Schriftform der §§ 578, 550 BGB wahrt. Denn die vertragliche Regelung betrifft in deren §
2 Nr. 3 ausdrücklich nur den Fall, dass Wohnungs-
und [X.] von denselben Vertragsparteien abge-schlossen wurden.
Es widerspräche offensichtlich den redlicherweise zu be-rücksichtigenden beiderseitigen Interessen, die Beendigung des [X.] auch dann noch untrennbar an die Beendigung des Wohnraummiet-15
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vertrages zu binden, wenn -
wie hier -
Wohnungseigentum und Sondernut-zungsberechtigung auseinanderfallen
und damit auf der Vermieterseite keine personelle Identität besteht.
h) Soweit das Berufungsgericht die Beklagte schließlich verurteilt hat, die von der Revision nicht angegriffen.
[X.]
Günter
Nedden-Boeger

Botur
Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.06.2018 -
7 [X.]/17 -

LG [X.], Entscheidung vom 01.04.2019 -
83 S 13/18 -

19

Meta

XII ZR 46/19

15.01.2020

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2020, Az. XII ZR 46/19 (REWIS RS 2020, 11963)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11963

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XII ZR 46/19

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XII ZR 102/09

V ZR 45/17

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