Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.08.2012, Az. 3 B 27/12

3. Senat | REWIS RS 2012, 3494

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gründe

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Gebühren für amtliche veterinär- und hygienerechtliche Untersuchungen, die im Zeitraum von Juli 2001 bis Februar 2003 in ihrem Schlachthof in [X.] vorgenommen wurden. Sie hält die Gebührenbescheide für rechtswidrig, soweit sie über die in der Richtlinie 85/73/[X.] i.d.F. der [X.]/[X.] festgelegten Pauschalgebühren hinausgehen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen; die [X.]erufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.

2

Die [X.]eschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem nach § 130a VwGO ergangenen [X.]eschluss des [X.]erufungsgerichts hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 VwGO liegen nicht vor.

3

1. Der Rechtssache kommt auf der Grundlage der Darlegungen der Klägerin keine grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Die Klägerin möchte - zusammengefasst - geklärt wissen, unter welchen Voraussetzungen eine Gebührenerhebung nach Anhang [X.]. I Nr. 4 [X.]uchst. b der Richtlinie 85/73/[X.] i.d.F. der [X.]/[X.] vom 26. Juni 1996 ([X.]) zulässig ist. Sie vertritt die These, dass der [X.] in seinen Entscheidungen vom 19. März 2009 (- [X.]. C-270/07 -, Slg. 2009, [X.], und - [X.]. [X.]/07 -, Slg. 2009, [X.]) ein "Realkostengebot und Pauschalierungsverbot" angenommen habe, dem eine Gebührenerhebung nach Anhang [X.]. I Nr. 4 [X.]uchst. b der Richtlinie nur dann gerecht werde, wenn zunächst allenfalls vorläufige [X.]escheide über Vorauszahlungen ergingen und nach Ablauf des Rechnungsjahres ein endgültiger [X.]escheid mit einer "betriebsbezogenen Einzelabrechnung" der tatsächlich angefallenen Kosten erlassen werde; eine Gebührenerhebung auf der Grundlage von prognostisch ermittelten Kostenwerten und "pauschalen Kostenansätzen (Tarifverträge)" sei unzulässig. Diese Auffassung kleidet die [X.]eschwerde in verschiedene Fragen.

4

a) Die These der Klägerin trifft indes nicht zu. Der [X.] hat in den besagten Entscheidungen (noch einmal) betont, dass die Erhebung einer die Pauschalgebühr übersteigenden spezifischen Gebühr nach Anhang [X.]. I Nr. 4 [X.]uchst. b der Richtlinie unter der einzigen Voraussetzung steht, dass die Gebühr die tatsächlichen Kosten nicht überschreitet (- [X.]. [X.]/07 -, a.a.[X.] Rn. 20); sie darf ferner nicht die Form eines Pauschalbetrages annehmen (- [X.]. [X.]/07 -, a.a.[X.] Rn. 21 und - [X.]. C-270/07 -, a.a.[X.] Rn. 30 ff.). Das letztgenannte Kriterium, auf das sich die Klägerin maßgeblich stützt, diente dem [X.] ersichtlich nur zur Abgrenzung der spezifischen Gebühr von den [X.]-Pauschalbeträgen sowie von einer durch Anhebung der Pauschalbeträge gebildeten Gebühr nach Anhang [X.]. I Nr. 4 [X.]uchst. a der Richtlinie. Er sah sich zu dieser Klarstellung durch Ausführungen der [X.] veranlasst, die seiner Rechtsprechung meinte entnehmen zu können, dass eine Gebühr nach Anhang [X.]. I Nr. 4 [X.]uchst. b der Richtlinie die Form eines Pauschalbetrages annehmen müsse. Dem ist der [X.] mit den erwähnten Ausführungen entgegengetreten. Vor dem Hintergrund des Streitgegenstandes jener Verfahren, der jeweils den Ansatz für Kosten bestimmter Fleischuntersuchungen betraf, ist damit ersichtlich nur gemeint, dass eine solche Gebühr nicht wie die [X.]-Pauschalbeträge unbeschadet des konkreten Untersuchungsumfangs (also pauschal) erhoben werden darf, sondern Kostenanteile für bestimmte Fleischuntersuchungen nur dann in die Gebühr einfließen dürfen, wenn sie tatsächlich angefallen sind.

5

Diese Vorgabe ändert aber nichts daran, dass es sich um eine "Gebühr" handelt, deren Höhe auf der Grundlage einer Kostenkalkulation ermittelt wird und nicht etwa durch eine nachträgliche Kostenabrechnung jedes Einzelfalls. Die Vorstellungen der Klägerin sind mit der [X.] und nach innerstaatlichem Recht vorgesehenen Möglichkeit der Kostendeckung im Wege der Gebührenerhebung nicht vereinbar; sie laufen darauf hinaus, eine Erhebung von Gebühren oberhalb der [X.]-Pauschalbeträge praktisch unmöglich zu machen (siehe auch [X.], [X.]eschlüsse vom 21. Dezember 2010 - [X.] 3 [X.] 72.10 -, vom 6. Juni 2011 - [X.] 3 [X.] 29.11 - und vom 18. Juni 2012 - [X.] 3 [X.] 63.11 -, jeweils veröffentlicht in juris).

6

b) Die These der Klägerin wird auch nicht durch die von ihr angeführte Rechtsprechung des [X.] für das [X.] gestützt, das - in Übereinstimmung mit dem angefochtenen [X.]eschluss - davon ausgeht, dass die Erhebung einer spezifischen Gebühr nach Anhang [X.]. I Nr. 4 [X.]uchst. b der Richtlinie eine speziell auf den Einzelbetrieb bezogene - nachträgliche - Ermittlung und Abrechnung der tatsächlich entstandenen Untersuchungskosten nicht voraussetzt (vgl. [X.], Urteile vom 30. September 2009 - 17 A 2609/03 - [X.] 2010, 16 = juris Rn. 92 ff. und vom 27. Januar 2010 - 17 A 2509/03 - [X.] 2010, 78 = juris Rn. 62 ff.). Ebenfalls in Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung erachtet das Oberverwaltungsgericht eine Gebührenerhebung auf der Grundlage prognostischer Werte ausdrücklich für zulässig ([X.], Urteil vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] m.w.[X.]). Soweit es bei der Überprüfung einer konkreten Gebührenkalkulation für den Sonderfall einer nachträglichen Neuberechnung von Gebühren für abgelaufene Zeiträume nicht die durch Zeitablauf obsolet gewordenen Prognosewerte der ursprünglichen Kalkulation, sondern die bereits feststehenden tatsächlich angefallenen Kosten für maßgeblich gehalten hat ([X.], Urteil vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] Rn. 66), ergibt sich keine Abweichung zu der [X.]erufungsentscheidung, die eine Zulassung wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache rechtfertigen könnte. Ob prognostische Werte überholt sind und deshalb einer Kalkulation, die sich an den tatsächlichen Kosten orientieren muss, nicht mehr zugrunde gelegt werden dürfen, ist keine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage, sondern eine Frage der Tatsachenwürdigung im Einzelfall. Hier hat das [X.]erufungsgericht angenommen, dass die der Kalkulation des [X.]eklagten zugrunde gelegten Kostenanteile und -werte nach wie vor die tatsächlichen Kosten der Schlachttieruntersuchungen widerspiegelten, weil weder ersichtlich noch von der Klägerin geltend gemacht worden sei, dass die dem [X.]eklagten entstehenden Kosten bis zum Erlass der Gebührenbescheide etwa gesunken wären. Eine sich daraus ergebende fallübergreifende Rechtsfrage zeigt die Klägerin nicht auf.

7

c) Auch mit ihren übrigen Ausführungen zur "einzelbetrieblichen Abrechnung" wirft die Klägerin keine grundsätzlich bedeutsame Frage auf. In der Rechtsprechung des [X.]s ist geklärt, dass nach Anhang [X.]. I Nr. 4 [X.]uchst. b der Richtlinie eine Gebühr erhoben werden kann, die nach der Größe des [X.]etriebs und der Zahl der geschlachteten Tiere unterscheidet, wenn feststeht, dass diese Faktoren sich auf die Kosten auswirken (Urteil vom 19. März 2009 - [X.]. [X.]/07 -, a.a.[X.] Rn. 22). Wenn der [X.] eine "einzelbetriebliche Abrechnung" nach den Vorstellungen der Klägerin für erforderlich gehalten hätte, hätte er nicht eine solche Gebührenstaffelung ausdrücklich gebilligt.

8

2. Die Verfahrensrügen greifen ebenfalls nicht durch.

9

a) Der geltend gemachte absolute Revisionsgrund der nicht mit Gründen versehenen Entscheidung (§ 138 Nr. 6 VwGO) liegt nicht vor. Nicht mit Gründen versehen im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO ist eine Entscheidung zwar nicht nur, wenn der Entscheidungsformel überhaupt keine Gründe beigegeben sind, sondern auch dann, wenn die [X.]egründung nicht erkennen lässt, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend gewesen sind, weil die angeführten Gründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst wie völlig unzureichend sind (vgl. [X.], Urteil vom 28. November 2002 - [X.] 2 C 25.01 - [X.]E 117, 228 <230 f.> = [X.]uchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 41; [X.]eschluss vom 28. April 2010 - [X.] 3 [X.] 94.09 - juris Rn. 7 m.w.[X.]). Davon kann hier aber nicht die Rede sein. Die Klägerin hält die [X.]egründung des angefochtenen [X.]eschlusses für unzureichend und unverständlich, soweit es die Folgerungen aus der Rechtsprechung des [X.]s betrifft. Im [X.] kreisen auch diese Ausführungen der Klägerin um die von ihr vertretenen Thesen zur Erhebung einer spezifischen Gebühr, die sie vom [X.]erufungsgericht nicht richtig gewürdigt sieht. Damit lässt sich der behauptete Revisionsgrund nicht belegen. Es steht im Übrigen außer Frage, dass sich das [X.]erufungsgericht im Einzelnen mit der besagten Rechtsprechung des [X.]s befasst hat (vgl. [X.]eschlussabdruck S. 10 f., 12 f., 14). Ebenso wenig ergibt sich ein [X.]egründungsmangel hinsichtlich der von der Klägerin angesprochenen Rechtsprechung des [X.] für das [X.]. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs hierzu sind ohne Weiteres verständlich (vgl. [X.]eschlussabdruck S. 13).

Damit hat das [X.]erufungsgericht auch nicht gegen seine Verpflichtung aus § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO verstoßen, in der Entscheidung die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Es hat ausführlich seine Annahme begründet, dass die Gebührenregelungen des Landesrechts nicht in Widerspruch zu den Vorgaben der Richtlinie 85/73/[X.] stehen. Dabei ist es auf den von der Klägerin geltend gemachten Gesichtspunkt einer unzulässigen Pauschalierung ebenso eingegangen wie auf den von ihr gerügten Verstoß gegen das "Realkostengebot" und das Erfordernis einer "einzelbetrieblichen Abrechnung". Desgleichen hat das [X.]erufungsgericht im Einzelnen dargelegt, weshalb es die Kostenkalkulation des [X.]eklagten im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.]s zur Festlegung einer Gebühr nach Anhang [X.]. I Nr. 4 [X.]uchst. b der Richtlinie sieht.

b) Die Klägerin rügt ohne Erfolg, das [X.]erufungsgericht habe gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 VwGO, gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO sowie gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen. All diese [X.] beruhen auf der Prämisse der Klägerin, dass das [X.]erufungsgericht sich nicht mit der Kalkulation des [X.]eklagten hätte begnügen dürfen, sondern - im Sinne ihrer Thesen - eine nachträgliche einzelbetriebliche Abrechnung der tatsächlich angefallenen Kosten der jeweiligen Amtshandlungen hätte anfordern müssen. Maßgeblich für die Frage, ob das [X.]erufungsgericht einen Verfahrensfehler begangen hat, ist jedoch dessen [X.] Standpunkt. Davon ausgehend hat der Verwaltungsgerichtshof die von dem [X.]eklagten erstellte und im Verfahren erläuterte Kalkulation kontrolliert und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gebühren den [X.]en Anforderungen genügen (vgl. [X.]eschlussabdruck S. 11 ff.). Dabei hat er sich entgegen dem [X.]eschwerdevorbringen davon leiten lassen, dass mit der Anknüpfung der [X.] an die tarifvertraglichen Regelungen die tatsächlichen Kosten der Schlachttieruntersuchungen im [X.]etrieb der Klägerin abgebildet würden (vgl. S. 11 f., 14). Hiernach hat das [X.]erufungsgericht ohne Verfahrensfehler davon abgesehen, eine weitergehende Kostenermittlung und -überprüfung vorzunehmen.

c) Der Verwaltungsgerichtshof hat auch nicht verfahrensfehlerhaft im Wege des [X.]eschlusses nach § 130a VwGO entschieden. Ist das [X.] erfüllt und die nach § 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO vorgeschriebene Anhörung ordnungsgemäß durchgeführt worden, hat das [X.]erufungsgericht bei der Entscheidung über die Anwendung des vereinfachten [X.]erufungsverfahrens ein weites Ermessen. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob das [X.]erufungsgericht von seinem Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Der Verzicht auf mündliche Verhandlung ist nur zu beanstanden, wenn er auf sachfremden Erwägungen oder auf grober Fehleinschätzung beruht (vgl. Urteil vom 9. Dezember 2010 - [X.] 10 C 13.09 - [X.]E 138, 289 Rn. 22 m.w.[X.]; [X.]eschluss vom 23. Juni 2010 - [X.] 3 [X.] 89.09 - [X.]uchholz 451.16 § 9 [X.]JagdG Nr. 9 Rn. 23). Einen solchen Ermessensfehler zeigt die [X.]eschwerde nicht auf. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die Rechtssache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht einen außergewöhnlich hohen Schwierigkeitsgrad aufweist (vgl. hierzu Urteil vom 30. Juni 2004 - [X.] 6 C 28.03 - [X.]E 121, 211 <214 ff.>). Mit den aufgeworfenen Streitfragen hat sich das [X.]erufungsgericht bereits im Einzelnen in mehreren zuvor ergangenen Entscheidungen befasst, auf die die Klägerin mit dem [X.] vom 13. Januar 2012 (nochmals) hingewiesen worden ist.

Von einer weiteren [X.]egründung seines [X.]eschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

Meta

3 B 27/12

31.08.2012

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 22. Februar 2012, Az: 5 A 1206/11, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.08.2012, Az. 3 B 27/12 (REWIS RS 2012, 3494)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3494

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 B 26/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Gebührenerhebung für Fleischhygieneuntersuchungen; Kostenkalkulation


3 B 28/12 (Bundesverwaltungsgericht)


3 B 75/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Gebührenerhebung für Hygieneuntersuchungen von Frischfleisch; rückwirkende Richtlinienumsetzung


3 B 65/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Gebührenerhebung für Hygieneuntersuchungen von Frischfleisch aufgrund Kostenkalkulation


Au 6 K 17.1312 (VG Augsburg)

Berechnung von Fleischhygienegebühren


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.