Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.05.2018, Az. 4 StR 584/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 8792

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Beweisaufnahme im Strafverfahren: Zulässigkeit der Verlesung eines polizeilichen Vernehmungsprotokolls


Tenor

1. Die Revision des Angeklagten Z.    gegen das Urteil des [X.] vom 8. Juni 2017 wird als unbegründet verworfen.

Der Angeklagte Z.      hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

2. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.], [X.]     und [X.]  wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Angeklagten betrifft.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen schweren Bandendiebstahls in 19 Fällen unter Einbeziehung einer anderen Verurteilung und unter Auflösung der dortigen Freiheitsstrafe zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, den Angeklagten Z.     wegen Diebstahls sowie wegen schweren Bandendiebstahls in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, den Angeklagten [X.]  wegen schweren Bandendiebstahls in 18 Fällen und wegen „besonders schweren“ Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und den Angeklagten [X.]  wegen Diebstahls, wegen schweren Bandendiebstahls in 19 Fällen und wegen „besonders schweren“ Diebstahls in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es ein Fahrzeug des Angeklagten [X.]    eingezogen. Die Revisionen der Angeklagten gegen dieses Urteil rügen die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts. Während die Revisionen der Angeklagten [X.] , [X.]   und [X.]    mit einer Verfahrensrüge Erfolg haben, ist die Revision des Angeklagten Z.    unbegründet.

2

1. Die Revisionen der Angeklagten [X.] , [X.]   und [X.]   beanstanden mit Recht die Verlesung der Protokolle der polizeilichen Vernehmungen der Angeklagten [X.]  und [X.]    unter Verstoß „gegen §§ 254, 250 StPO“.

3

Die Kammer hat „ergänzend zu der umfassenden Vernehmung der Vernehmungsbeamten zum Zwecke der Zusammenfügung der Vielzahl berichteter Taten, Tatorte, Geschehensabläufe und Details gem. §§ 249, 250 S. 2 StPO“ zwei Niederschriften über polizeiliche Vernehmungen des Angeklagten [X.]und „ergänzend zur Vernehmung des [X.].  zur Erfüllung ihrer Sachaufklärungspflicht zum Zwecke der Zusammenfügung der Vielzahl berichteter Taten und Details gem. §§ 249, 250 S. 2 StPO“ auch die Niederschrift der polizeilichen Vernehmung des Angeklagten [X.]   verlesen. Eine solche Verlesung lässt das Gesetz aber nur bei Niederschriften über die richterliche Vernehmung des Beschuldigten zu (§ 254 StPO). Die Verlesung ist ausdrücklich nicht zum Zwecke des [X.] an die Vernehmungsbeamten oder an den in der Hauptverhandlung abweichend aussagenden Angeklagten [X.]erfolgt. Danach war die Verwertung der im Urteil in indirekter Rede wiedergegebenen Angaben, die der in der Hauptverhandlung schweigende Angeklagte [X.]    und der Angeklagte [X.]  jeweils bei der Polizei gemacht haben, unzulässig (vgl. [X.], Urteile vom 31. Mai 1960 - 5 [X.], [X.]St 14, 310 ff.; vom 28. Juni 1995 - 3 [X.], [X.]R StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Verwertungsverbot 4; Beschluss vom 23. August 1994 - 5 StR 447/94, [X.], 47; [X.], Beschluss vom 3. Juni 1982 - 1 Ss 323/82, [X.] 1983, 97).

4

Der Senat vermag nicht sicher auszuschließen, dass der Tatrichter sich bei seiner Überzeugungsbildung neben den weiteren Beweisergebnissen auch von den fehlerhaft berücksichtigten polizeilichen Einlassungen der Angeklagten hat leiten lassen. Dies nötigt zur Aufhebung des Urteils insgesamt.

5

2. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Eigentumsverhältnisse an dem eingezogenen Fahrzeug näher zu klären (vgl. [X.], Urteile vom 29. Oktober 1963 - 1 [X.], [X.]St 19, 123, 124; vom 8. November 2016 - 1 [X.], [X.], 84 [[X.].]). Auch wird er bei einer erneuten Einziehungsanordnung den Wert des Fahrzeugs festzustellen und gegebenenfalls bei der Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe zu berücksichtigen haben (st. Rspr., vgl. [X.], Beschlüsse vom 16. Februar 2012 - 3 [X.], [X.], 169; vom 3. Mai 2017 - 2 StR 364/16 Rn. 9 f.; Urteil vom 8. November 2016 - 1 [X.], Rn. 10 [insofern nicht abgedruckt in [X.], 84], jeweils mwN).

6

3. Die auch vom Angeklagten Z.      erhobene Rüge der Verletzung der §§ 250, 254 StPO ist aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] vom 29. November 2017 nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Nachprüfung des Urteils auf die allgemeine Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

Sost-Scheible     

        

Roggenbuck     

        

Quentin

        

Feilcke      

        

Paul      

        

Meta

4 StR 584/17

23.05.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hagen (Westfalen), 8. Juni 2017, Az: 51 KLs 18/16

§ 250 S 2 StPO, § 254 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.05.2018, Az. 4 StR 584/17 (REWIS RS 2018, 8792)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8792

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 584/17 (Bundesgerichtshof)


6 StR 388/21 (Bundesgerichtshof)

Schwerer Bandendiebstahl: Anforderungen an das Vorliegen einer Bandenabrede


5 StR 67/21 (Bundesgerichtshof)

Ermittlungsrichterliche Zeugenvernehmung: Verwertbarkeit bei Ausschluss des Angeklagten und des Verteidigers von der Vernehmung


4 StR 566/16 (Bundesgerichtshof)

Schwerer Bandendiebstahl: Konkurrenzverhältnisse bei mittäterschaftlich begangener Deliktsserie


5 StR 123/20 (Bundesgerichtshof)

Revisionsverfahren: Anforderungen an einer Verfahrensrüge wegen eines Beweisverwertungsverbots


Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 584/17

Zitiert

1 StR 325/16

3 StR 470/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.