Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.11.2015, Az. I-7 U 148/14

7. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 1982

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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 20.06.2014 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Entscheidungsgründe

 G r ü n d e:

I.

Die Klägerin ist die Testamentsvollstreckerin über den Nachlass der am 20.02.2015 verstorbenen vormaligen Klägerin A H, die mit der Klage gegen die Beklagte einen Vermächtnisanspruch auf Übertragung eines Grundstücksteils in G, Gemarkung P geltend gemacht hat.

Die Beklagte ist die Schwester der Klägerin und Alleinerbin der im Dezember 2012 verstorbenen J J, die ihrerseits Vertragserbin der am 12.08.1984 verstorbenen W J war. Diese schloss am 03.02.1958 mit der vormaligen Klägerin - ihrer Tochter - sowie den weiteren Töchtern G R und J J einen notariellen Erbvertrag.

In dem Erbvertrag vom 03.02.1958 heißt es unter anderem:

Ich, Witwe A J, berufe hiermit meine miterschienene Tochter J J zu meiner alleinigen unbeschränkten Erbin meines gesamten Nachlasses. Weiter vermache ich meinen Töchtern A J und G J von meinem in P gelegenen Grundbesitz je eine Fläche von 100 Ruten. Meine Alleinerbin J ist verpflichtet, den beiden berechtigten Töchtern A und G J die vermachten Grundstücksflächen auf deren Verlangen jederzeit zum Eigentum zu übertragen.

Die Grundstücksvermächtnisse zu Gunsten meiner Töchter A und G sind nicht vererblich. Sie erlöschen also mit deren Tod.

Meiner Tochter J mache ich die ausdrückliche Auflage, dass sie 30 Jahre lang, gerechnet von meinem Tode ab, im Falle des ganzen oder teilweisen Verkaufs meines Grundbesitzes jeweils 1/3 des erzielten Kaufpreises an ihre sämtlichen übrigen Geschwister und deren Erben bei Fälligkeit des Kaufpreises heraus zahlen muss.

Weiter verpflichtet sie sich, die vorstehend festgelegten Vermächtnisse zu Gunsten ihrer Schwestern A und G auf Verlangen durchzuführen und im Falle des ganzen oder teilweisen Verkaufs des ererbten Grundbesitzes jeweils 1/3 des erzielten Kaufpreises an ihre Geschwister zu gleichen Teilen oder deren Erben auszuzahlen. Diese Verpflichtung übernimmt J J auf 30 Jahre, gerechnet vom Todestage der Mutter.

Die mit erschienenen Töchter A und G J stimmen der in diesem Vertrag festgelegten Erbregelung ihrer Mutter ausdrücklich zu. Sie verzichten mit Rücksicht auf die in diesem Vertrag festgelegten Vermächtnisse gegenüber ihrer Mutter Witwe A J für sich und ihre Abkömmlinge auf jegliches gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht.

Am 09.09.1982 schlossen die Parteien des Erbvertrags von 1958 und zudem Herr G J einen geänderten Erbvertrag und Wilhelmine und J J überdies einen Übertragungsvertrag, mit dem der streitgegenständliche Grundbesitz, auf den sich die Vermächtnisse beziehen, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf J J übertragen wurde. Die Eigentumsübertragung wurde im Grundbuch eingetragen.

In dem Erbvertrag vom 09.09.1982 heißt es unter anderem:

„Weiter sind zu Gunsten der Töchter A und G Grundstücksvermächtnisse festgelegt worden. Diese Grundstücksvermächtnisse bleiben unverändert bestehen.“

In dem Übertragungsvertrag vom 09.09.1982 heißt es unter anderem:

„Die Grundstücksübertragungsansprüche zu Gunsten der Frau A H geborene J und Frau G R geborene J sind nicht vererblich. Sie erlöschen also mit deren Tod.“

Mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 17.06.2013 und 19.06.2013 machte die vormalige Klägerin den Vermächtnisanspruch gegen die Beklagte geltend. G R machte ihren Vermächtnisanspruch mit anwaltlichem Schreiben (ebenfalls des klägerischen Prozessbevollmächtigten) vom 18.07.2013 geltend.

Die vormalige Klägerin hat behauptet, sie habe das Vermächtnis vor ihrer Schwester G geltend gemacht. Verjährung sei nicht eingetreten, denn bereits im Erbvertrag von 1958 sei vereinbart, dass die Verpflichtung aus den Vermächtnis 30 Jahre habe bestehen sollen. Der Gesamtzusammenhang der am gleichen Tag geschlossenen Verträge vom 09.09.1982 könne nur so verstanden werden, dass die Vermächtnisse fortbestehen sollten.

Die Parteien haben in 1. Instanz darüber gestritten, welcher Quadratmeter-Fläche 100 Ruten entsprechen. Das Landgericht hat hierüber ein Sachverständigengutachten eingeholt.

Nachdem die vormalige Klägerin ursprünglich behauptet hatte, 100 Ruten entsprächen 2.114,2 m², hat sie aufgrund des von ihr nicht angegriffenen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen F - dem Vortrag der Beklagten entsprechend – zugrundegelegt, dass 100 Ruten einer Fläche von 1.418,4 m² entsprechen.

Die vormalige Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr eine auf ihre Kosten noch zu vermessende Teilfläche von 100 Ruten des Grundstücks Flur Flurstück  des Grundbuchs G, Gemarkung P zu übereignen, wobei diese Teilfläche sich an die Parzelle  Gemarkung P des Eigentümers B anschließt und von dem Privatweg, der entlang des Grundstücks Flur  Flurstück  der Gemarkung P verläuft, die ganze Tiefe des Grundstücks erfasst, welches auf dem Auszug aus dem Liegenschaftskataster des Kreises K mit dem Buchstaben A bezeichnet ist mit den Eckpunkten D, C, E, F.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, aus dem Vertrag von 1958 ergebe sich, dass lediglich die Zahlungspflicht bei Verkauf des Grundstücks 30 Jahre habe bestehen sollen, nicht aber der Vermächtnisanspruch auf Übertragung. Die Schwester der vormaligen Klägerin, Frau G R, habe zudem durch ihre Tochter B den Anspruch als erste geltend gemacht.

Der Vermächtnisanspruch sei aufgrund der lebzeitigen Verfügung der W J 1982 erloschen, ohne dass sie gemäß § 2288 BGB Wertersatz schulde. Es sei ein schuldrechtlicher Anspruch entstanden, der aber verjährt sei. Die ursprünglichen Vermächtnisse seien aufgrund des Übertragungsvertrages vom 09.09.1982 gegenstandslos, weil der Grundbesitz aus dem Nachlass entfernt worden sei.

Zudem habe die vormalige Klägerin gegenüber der Beklagten wie auch bereits 2012 gegenüber J J und im August 2012 gegenüber ihrem Ehemann auf die Übertragung des Grundbesitzes verzichtet.

Das Landgericht hat mit dem am gleichen Tag zugestellten Urteil vom 20.06.2014 die Beklagte verurteilt, das näher bezeichnete Grundstück mit einer Größe von 1.418,40 qm an die vormalige Klägerin herauszugeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten zu 67 % und der vormaligen Klägerin zu 33 % auferlegt, wobei ihr auch die Kosten der Einholung des Sachverständigengutachtens auferlegt wurden.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die vormalige Klägerin habe mit dem Schriftsatz vom 08.05.2014 die Klage teilweise zurückgenommen, soweit sie ursprünglich die Übertragung eines 2.114,20 m² großen Grundstücks begehrt habe und aufgrund des Sachverständigengutachtens des Sachverständigen F vom 31.01.2014 nur noch die Übertragung einer Fläche von 1.418,4 m² beantragt. Der Anspruch auf Übertragung der im Tenor bezeichneten Fläche ergebe sich aus §§ 1939, 2147 BGB i.V.m. den beiden Erbverträgen aus den Jahren 1958 und 1982, denn die W J habe durch bindenden Erbvertrag der vormaligen Klägerin und ihrer Schwester G ein Vermächtnis zugewendet, woraufhin diese auf ihren Erb- und Pflichtteil verzichtet hätten. Die Erbin J J habe sich verpflichtet, die Vermächtnisse zu Gunsten ihrer Schwestern für 30 Jahre ab dem Tod der Erblasserin zu erfüllen. Diese Verpflichtung habe die Beklagte im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß §§ 1922, 1967 BGB übernommen.

Ein Verzicht oder Erlass der vormaligen Klägerin auf ihren Vermächtnisanspruch liege nicht vor, denn die Beklagte habe keine Tatsachen vorgetragen, die den Schluss auf den Willen zu einem Erlass zugelassen hätten. Ein Verzicht gegenüber der Erblasserin vor dem Erbfall habe zudem notarieller Form gemäß § 2348 BGB bedurft, da ein solcher Verzicht einem Pflichtteilsverzicht gleichgekommen sei.

Die vormalige Klägerin habe auch die richtige Teilfläche eingeklagt, denn die Beklagte habe nicht vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt die Schwester G R, als erste ihren Anspruch geltend gemacht habe. Aufgrund der Bindungswirkung des Erbvertrages gemäß §§ 2289 Abs. 1, 2290 BGB sei der Anspruch nicht durch die vorweggenommene Erbfolge erloschen, sondern durch die Vereinbarung aus dem Jahr 1982 ausdrücklich aufrechterhalten worden. Die Beklagte könne sich auch nicht auf Verjährung berufen, denn im Erbvertrag von 1958 sei ausdrücklich eine dreißigjährige Verjährung vorgesehen, der alle dort getroffenen Vereinbarungen bezüglich des Vermächtnisses unterfielen. An dieser Regelung sei auch durch die Vereinbarung von 1982 nichts geändert worden.

Hiergegen richtet sich die am 18.07.2014 eingelegte und mit dem Schriftsatz vom 19.09.2014 begründete Berufung der Beklagten.

Sie trägt im Wesentlichen vor, das Landgericht habe verkannt, dass J J das Grundstück nicht von Todes wegen erworben habe, so dass es nicht zum Nachlass gehört habe. Die Verfügungen zu Lebzeiten hätten die Vermächtnisnehmer nicht benachteiligt und seien auch nicht in der Absicht erfolgt, diese zu benachteiligen. Der Vermächtnisanspruch sei mithin erloschen und an seine Stelle sei ein schuldrechtlicher Anspruch aus dem Übertragungsvertrag 1982 getreten, der aber verjährt sei. Das Landgericht habe verkannt, dass die vormalige Klägerin auf den schuldrechtlichen Anspruch gegen die Beklagte wirksam verzichtet habe. Formvorschriften seien hierauf nicht anwendbar.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 20.06.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Kleve, Aktenzeichen 3 O 176/13, die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt als Testamentsvollstreckerin den Rechtsstreit fort und verteidigt auch in Anbetracht der dem Senat kurz vor der mündlichen Berufungsverhandlung mitgeteilten Tatsache, dass die Klägerin A H am 20.02.2015 verstorben ist, das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft das erstinstanzliche Vorbringen. J J habe durch die Vereinbarung von 1982 eine eigene Verpflichtung zur Vermächtniserfüllung übernommen. Die Urkunde nehme ausdrücklich Bezug auf den Erbvertrag von 1958, so dass die dort vereinbarte dreißigjährige Frist habe fortgelten sollen. Die vormalige Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt und niemandem gegenüber jemals erklärt, dass sie auf das Vermächtnis verzichte.

Die vormalige Klägerin habe den Vermächtnisanspruch noch zu Lebzeiten geltend gemacht und damit alles in ihrer Macht stehende getan, um ihn durchzusetzen. Dass sie nun im Laufe des Gerichtsverfahrens verstorben sei, könne nicht zu ihren Lasten gehen, da sie auf die Dauer des Verfahrens keinen Einfluss gehabt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das erstinstanzliche Urteil ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg und führt zur vollumfänglichen Klageabweisung.

Nach dem während des Berufungsverfahrens eingetretenen Tod der Frau A H ist die Parteibezeichnung auf die Testamentsvollstreckerin als Rechtsnachfolgerin zu berichtigen gewesen.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übertragung des im Tenor des Urteils erster Instanz bezeichneten Grundstücks gemäß §§ 1922, 2212, 2174, 2170, 2169, 1939, 2147 BGB i.V.m. den Erbverträgen vom 03.02.1958 und 09.09.1982, denn der Vermächtnisanspruch der vormaligen Klägerin ist mit ihrem Tod am 20.02.2015 erloschen. Der begehrte Anspruch ergibt sich zudem aus keiner anderen Anspruchsgrundlage.

Zwar hat das Landgericht im Ansatz zu Recht einen – unverjährten – Anspruch der vormaligen Klägerin gegen die Beklagte auf Übertragung einer Teilfläche von 1418,40 m² des Grundbesitzes in P bejaht.

Bei dem Vermächtnisanspruch der vormaligen Klägerin gegen die Beklagte handelte es sich um ein sogenanntes Verschaffungsvermächtnis, in den das in dem Erbvertrag vom 03.02.1958 angeordnete Vermächtnis durch den weiteren Erbvertrag vom 09.09.1982 umgewandelt worden ist, §§ 2170, 2169 BGB. Der Anspruch gegen die Beklagte hat sich somit unmittelbar aus § 2174 BGB ergeben, weil sie selbst Eigentümerin des Grundstücks ist, auf den sich das Vermächtnis bezog.

Die mit der Berufung vertretene Auffassung der Beklagten, der Vermächtnisgegenstand habe nicht mehr zum Nachlass gehört, weshalb der diesbezügliche Anspruch der vormaligen Klägerin erloschen sei, trifft nicht zu.

Dem Vermächtnisanspruch der vormaligen Klägerin stand auch nicht § 2288 Abs. 2 BGB entgegen (vgl. Tanck, ErbR 2003, 198), denn es handelte sich aufgrund der klaren Formulierung im Erbvertrag vom 09.09.1982 schon nach den Grundregeln der §§ 2169, 2170 BGB um ein Verschaffungsvermächtnis, so dass die vormalige Klägerin des weitergehenden Schutzes des § 2288 Abs. 2 BGB nicht bedurfte und das Vorliegen der Voraussetzungen dahinstehen kann.

Der Vermächtnisanspruch der vormaligen Klägerin war auch nicht verjährt, so dass auch die diesbezügliche Berufungsrüge der Beklagten nicht begründet ist.

Allerdings hat der Senat erhebliche Zweifel, ob das Landgericht nicht den Beweisantritten der Beklagten zu ihrem Vortrag, die vormalige Klägerin habe mehrfach auf ihren Vermächtnisanspruch verzichtet, hätte nachgehen müssen. Diese Frage kann jedoch offen bleiben, weil in 2. Instanz ein veränderter Sachverhalt zu beurteilen ist.

Denn der unstreitig bislang nicht erfüllte Vermächtnisanspruch ist mit dem Tod der vormaligen Klägerin am 20.02.2015 erloschen.

Zwar gilt grundsätzlich, dass ein Vermächtnis veräußerlich und vererblich eingeräumt wird (vgl. Damrau/Tanck-Linnartz, Praxiskommentar Erbracht, 3. Auflage, 2014, § 2174, Rn. 43 m.w.N.), sofern der Erblasser nichts anderes bestimmt, die Veräußerlichkeit und die Vererblichkeit also kein „Mehr“ gegenüber dem gesetzlichen Inhalt eines Vermächtnisses ist. Vorliegend war der Vermächtnisanspruch aber auflösend befristet im Sinne der §§ 163, 158 Abs. 2 BGB auf den Tod der vormaligen Klägerin.

In Abgrenzung zur Bedingung versteht man unter einer Befristung die vertragliche Bestimmung, die die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem gewissen, zukünftigen Ereignis abhängig macht. Entsprechend der Terminologie bei der Bedingung kann man auch bei der Befristung danach unterscheiden, ob das Rechtsgeschäft mit dem Eintritt des Ereignisses wirksam werden soll - aufschiebende Befristung, §§ 163, 158 Abs. 1 BGB - oder ob die Wirkung des Rechtsgeschäft mit dem Eintritt des Ereignisses enden soll - auflösende Befristung, §§ 163, 158 Abs. 2 BGB.

So liegt der Fall hier:

Der eindeutige Wille der Erblasserin, der sich aus der expliziten Regelung im Erbvertrag 1958 ergibt und im Erbvertrag 1982 unverändert aufrechterhalten worden ist, findet zudem Bestätigung in dem Übertragungsvertrag aus 1982, in dem der dortige Anspruch auf Übertragung der Grundstücke als „Vermächtnisabfindung“, der von der Beklagten als zusätzlicher schuldrechtlicher aber verjährter Anspruch eingeordnet wird, ebenfalls ausdrücklich nur der vormaligen Klägerin und ihrer Schwester eingeräumt wurde und nicht vererbbar sein sollte.

Die Bestimmung des Bedachten ist Sache der Erblasserin (vgl. Staudinger/Gerhard Otte (2013) BGB § 2174, Rn. 10). Dass diese das streitgegenständliche Vermächtnis ausschließlich der vormaligen Klägerin und gerade nicht ihren Rechtsnachfolgern einräumen wollte, unterliegt nach dem Inhalt der vertraglichen Regelungen keinen Zweifeln. Gegenteilige Anhaltspunkte sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

Allein die Tatsache, dass die vormalige Klägerin den Vermächtnisanspruch bereits vor ihrem Tod geltend gemacht hat, führt zu keiner anderen Bewertung, denn die dargelegten Regelungen der Verträge aus 1958 und 1982 enthalten gerade keine Bestimmung, die von der ausgeschlossenen Vererblichkeit für den Fall eine Ausnahme annehmen würde, dass der Anspruch zwar bereits zu Lebzeiten geltend gemacht aber noch nicht erfüllt war. Es war auch kein Anwartschaftsrecht begründet, das den Ablauf der Befristung auf den Tod der vormaligen Klägerin überdauert hätte.

Das Bestreiten des von der vormaligen Klägerin geltend gemachten Vermächtnisanspruchs durch die Beklagte verstieß auch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, denn zum einen hat bereits die von der vormaligen Klägerin nicht angefochtene teilweise erstinstanzliche Klageabweisung gezeigt, dass diese die Übertragung einer um 1/3 zu großen Fläche begehrt hatte und zum anderen war auch die von der Beklagten vorgetragene Einwendung eines Verzichts der vormaligen Klägerin auf den Anspruch nicht offensichtlich unbegründet oder gar rechtsmissbräuchlich, sondern auf konkret vorgetragene Vorkommnisse gestützt, unabhängig davon, ob eine Beweisaufnahme darüber tatsächlich erforderlich gewesen wäre und die Beklagte den ihr obliegenden Beweis letztlich hätte führen können.

Das Ergebnis ist vorliegend auch nicht unbillig, denn die zum Zeitpunkt der außergerichtlichen Geltendmachung des Vermächtnisanspruchs bereits 89-jährige vormalige Klägerin kannte die eindeutigen erbvertraglichen Regelungen seit 1958 und hätte ihren Anspruch, von dem sie wusste, dass die Erblasserin ihn ausdrücklich als nicht vererbliches Vermächtnis eingeräumt hatte, bereits seit 1984 geltend machen können. Trotz des drohenden Risikos des Anspruchsuntergangs hat sie die Durchsetzung aber bis 2013 und damit bis kurz vor Ablauf der – unabhängig von der Frage der Verjährung – ebenfalls in den Verträgen von 1958 und 1982 ausdrücklich geregelten Frist von 30 Jahren nicht betrieben.

Das Risiko, dass im Laufe eines Rechtsstreits Ereignisse eintreten können, die zur Veränderung oder gar dem Untergang eines Anspruchs führen können, besteht regelmäßig und trifft denjenigen, der einen Anspruch geltend macht. Die Zivilprozessordnung stellt insoweit Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung, um jedenfalls nicht mit den Kosten des Rechtsstreits belastet zu werden, sofern der Anspruch ursprünglich bestand. Hiervon hat die Klägerin jedoch keinen Gebrauch gemacht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Streitwert II. Instanz: bis 80.000,00 EUR

Meta

I-7 U 148/14

20.11.2015

Oberlandesgericht Düsseldorf 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: U

Zitier­vorschlag: Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.11.2015, Az. I-7 U 148/14 (REWIS RS 2015, 1982)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1982

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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