Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.07.2017, Az. XII ZB 515/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 7376

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:260717BXIIZB515.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 515/16

vom

26. Juli
2017

in der
Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 1837 Abs. 3 Satz 1, 1890 Satz 1, 1892 Abs. 1, 1908 i Abs. 1 Satz
1, 1922
Endet das Betreueramt durch den Tod des Betreuers, kann gegen dessen Erben
wegen Nichterfüllung der betreuungsgerichtlichen Anordnung, gemäß §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1892 Abs.
1 BGB eine Schlussrechnung einzureichen, kein Zwangsgeld nach §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1837 Abs.
3 BGB festgesetzt werden.
[X.], Beschluss vom 26. Juli 2017 -
XII ZB 515/16 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 26.
Juli
2017
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose, [X.]
Dr.
Klinkhammer, Dr.
Günter
und
Dr.
Nedden-Boeger
und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu
2
wird der
Beschluss der 6.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 29.
Sep-tember
2016
aufgehoben.
Auf die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu
2
wird der Be-schluss des [X.] vom 29.
Juni 2016 aufgeho-ben.
Gerichtsgebühren werden für die Beschwerdeverfahren nicht er-hoben. Die außergerichtlichen Kosten des weiteren Beteiligten zu
2
werden der Staatskasse auferlegt.
Wert: 500

Gründe:
I.
Der
Beteiligte zu
2
ist Alleinerbe
seiner Ehefrau, die bis zu ihrem Tod im Januar 2016 zur Betreuerin der Betroffenen bestellt war.
Mit Schreiben vom 7.
April 2016 hat das Amtsgericht den Beteiligten zu
2
aufgefordert, innerhalb von drei Wochen einen Rechenschaftsbericht nebst Vermögensverwaltung vorzulegen. Mit Schreiben vom 30.
Mai 2016 hat das
Amtsgericht den Beteiligten zu
2
daran
erinnert, die Schlussabrechnung für den 1
2
-
3
-

Zeitraum vom 1.
Juni 2015 bis zum 7.
Januar 2016 einzureichen,
und ein Zwangsgeld in Höhe von 500

für den Fall angedroht, dass
der Beteiligte zu
2
seinen Pflichten nicht binnen drei Wochen ab Bekanntgabe des Schreibens vollständig nachkomme. Nachdem der Beteiligte zu
2
darauf hingewiesen hatte, dass er sämtliche Unterlagen und das vorhandene Vermögen
der Betroffenen bereits herausgegeben habe und die Abgabe eines Rechenschaftsberichts
ablehne,
hat das Amtsgericht
ein Zwangsgeld in Höhe von 500

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu
2
ist erfolglos geblie-ben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte er
die Aufhebung der Zwangsgeldfestsetzung erreichen.

II.
Die Rechtsbeschwerde
ist begründet.
1.
Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt,
der Beteiligte zu
2
sei gemäß §
1892 Abs.
1 BGB
verpflichtet, dem Betreuungs-gericht eine formal ordnungsgemäße Schlussrechnung über die Vermögens-verwaltung
für die Betroffene
für den gesamten Zeitraum einzureichen. Zwar sei der Beteiligte
zu
2
nicht selbst Betreuer gewesen. Er trete jedoch gemäß §
1922 BGB
als Gesamtrechtsnachfolger in die bestehenden Verbindlichkeiten der verstorbenen früheren Betreuerin ein. Dies gelte auch hinsichtlich der [X.] des Mündels gegen einen Vormund
oder einen Betreuer. Sei der [X.] gestorben, träfen die Pflichten aus §
1890 BGB seine Erben. Deshalb gehe auch die Pflicht auf den Erben über, das verwaltete Vermögen [X.] und die Abrechnung darüber vorzunehmen. Das gleiche gelte für die Pflichten des Vormunds
oder Betreuers
nach §
1892 BGB gegenüber dem Fa-milien-
oder Betreuungsgericht. Denn es ergäben sich keinerlei Unterschiede 3
4
-
4
-

zwischen den Pflichten aus §
1890 BGB gegenüber dem Mündel
oder dem Be-treuten und denen aus §
1892 BGB gegenüber dem Familien-
oder Betreu-ungsgericht.
2.
Diese Ausführungen halten rechtlicher
Nachprüfung nicht stand.
Endet das
Betreueramt
durch den Tod des Betreuers,
kann gegen des-sen Erben wegen Nichterfüllung der betreuungsgerichtlichen Anordnung,
ge-mäß §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1892 Abs.
1 BGB eine Schlussrechnung einzu-reichen, kein Zwangsgeld nach §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1837 Abs.
3 BGB fest-gesetzt werden.
a) Nach §
1837 Abs.
3 BGB, der in [X.] nach §
1908
i Abs.
1 Satz
1 BGB entsprechende Anwendung findet, kann das Betreuungsge-richt den Betreuer zur Befolgung seiner Anordnungen durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten.
Diese Ermächtigung zur zwangsweisen Durchsetzung betreuungsgerichtlicher Anordnungen findet ihre Rechtfertigung darin, dass
das Betreuungsgericht gemäß §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1837 Abs.
2 Satz
1 BGB zur Aufsicht über die Rechtmäßigkeit der Führung der Betreuung verpflichtet ist ([X.]/[X.] BGB [2013]
§
1908
i Rn.
259; [X.]/von Crailsheim Betreuungsrecht 5.
Aufl. §
1837 BGB Rn.
2) und eine effektive Wahrnehmung dieser Aufgabe ohne die Möglichkeit, gegebenenfalls
zwangsweise auf den Betreuer
mit einem solchen [X.] einzuwirken,
nicht möglich wäre
([X.]/[X.] BGB [2014]
§
1837 Rn.
49). Die gerichtliche Aufsichtspflicht und die damit verbundene Befugnis des Betreuungsgerichts zur Festsetzung eines Zwangsgelds enden
allerdings
grundsätzlich mit der Beendigung der
Be-treuung oder der Beendigung des Amts
des Betreuers (vgl. [X.]/[X.] BGB [2014] §
1837 Rn.
52 mwN; [X.]/Kroll-Ludwigs 7.
Aufl. §
1837 Rn.
11). Nur soweit zur Abwicklung der Betreuung noch Tätigkeiten des 5
6
7
-
5
-

ehemaligen Betreuers
erforderlich sind, bleiben
die Aufsichtspflicht
und die [X.] verbundenen Befugnisse des Betreuungsgerichts bestehen. Deshalb kann das Betreuungsgericht insbesondere den
ehemaligen Betreuer
durch Zwangs-geld dazu anhalten, gemäß §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1892 Abs.
1 BGB
eine formal ordnungsgemäße Schlussrechnung einzureichen
(BayObLG BtPrax 2001, 39, 40; OLG Jena
FamRZ 2001, 579, 581).
b) Eine derartige Aufsichtspflicht des Betreuungsgerichts, an die seine
Befugnis zur Festsetzung von Zwangsgeld gemäß §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1837 Abs.
3 BGB anknüpft, besteht gegenüber
dem Erben eines Betreuers [X.] nicht.
Aufgrund seiner Personenbezogenheit ist das Amt des Betreuers un-vererblich
([X.]/[X.] BGB [2017]
§
1922
Rn.
373). Folglich tritt der
Erbe mit dem Tod des Betreuers nicht in dessen
Rechtsstellung ein
([X.]/
[X.] BGB [2014] §
1894 Rn.
2). Ihn treffen daher weder die mit dem Be-treueramt
verbundenen Rechte und Pflichten,
noch ist der Erbe berechtigt oder
verpflichtet, die
Tätigkeiten des verstorbenen Betreuers

auch nur einst-
weilig

weiterzuführen
(vgl. [X.]/[X.] 7.
Aufl. §
1894 Rn.
1; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1894 Rn.
4). Lediglich die aus der Amtsführung erwachsenen Ansprüche und Verbindlichkeiten des Betreuers sind vererblich ([X.]/[X.] 7.
Aufl. §
1922 Rn.
73). Nach §§
1908 Abs.
1 Satz
1, 1894 Abs.
1 BGB ist der
Erbe nur verpflichtet, den Tod des Betreuers unverzüg-lich gegenüber dem Betreuungsgericht anzuzeigen.
Entgegen der Auffassung des [X.] trifft den Erben da-
her auch nicht die Verpflichtung, gemäß §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1892 Abs.
1 BGB eine Schlussrechnung beim Betreuungsgericht einzureichen. Diese [X.] steht im Zusammenhang mit der Aufsichtspflicht des Betreuungsgerichts 8
9
10
-
6
-

über die Amtsführung des Betreuers und bildet eine über die Dauer des Amts des Betreuers hinausgehende Aufsichtsbefugnis des Betreuungsgerichts, die Erfüllung
der Pflicht zur Rechnungslegung nach §§
1908
i Abs.
1 Satz
1,
1890 Abs.
1 BGB, gegebenenfalls auch zwangsweise, durchzusetzen (vgl. [X.]/[X.] BGB [2014] §
1892 Rn.
1
f.). Bei der Pflicht zur Einreichung einer Schlussrechnung
nach §§
1908 Abs.
1 Satz
1, 1892 Abs.
1 BGB handelt es sich daher nicht um eine Verbindlichkeit, die sich aus der Amtsführung des verstorbenen Betreuers
ergibt und die gemäß §
1922 BGB auf den Erben über-gehen könnte, sondern um eine mit dem Betreueramt verbundene Pflicht, die nicht auf den Erben übergeht.
Etwas anderes
ergibt sich auch nicht daraus, dass nach allgemei-
ner Meinung der Erbe des Betreuers in die Pflichten aus §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1890 Satz
1 BGB eintritt
([X.]/[X.] BGB [2014] §
1890 Rn.
4; [X.]/[X.] 7.
Aufl. §
1890 Rn.
2; [X.]/Götz BGB 76.
Aufl. §
1890 Rn.
1; [X.] BGB/[X.] [Stand: 1.
Februar 2017] §
1890 Rn.
2). Nach diesen Vorschriften hat der Betreuer nach der Beendigung seines Amtes dem Betreuten das verwaltete Vermögen herauszugeben und über die Verwal-tung Rechenschaft abzulegen.
Hierbei handelt es sich indes um privatrechtliche Ansprüche des Betreuten gegen den ehemaligen Betreuer, für deren Erfüllung dessen
Erben nach §
1922 BGB eintreten müssen ([X.]/[X.] BGB [2014] §
1890 Rn.
1
und 20; [X.]/[X.] 7.
Aufl. §
1890 Rn.
1).
Auf-grund des
privatrechtlichen Charakters dieser Ansprüche kann das Betreu-ungsgericht jedoch deren
Erfüllung gegenüber einem nicht mehr im Amt befind-lichen Betreuer nicht zwangsweise durchsetzen. Die Androhung und [X.] von Zwangsgeld wäre danach unzulässig ([X.]/[X.] BGB [2014] §
1890 Rn.
2). Dies muss erst recht gelten, wenn nach dem Tod eines Betreu-ers dessen Erben den Verpflichtungen aus §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1890 Satz
1 BGB nicht nachkommen. In diesem Fall muss der Betreute seine Ansprüche
11
-
7
-

durch Erhebung einer Klage vor dem Prozessgericht durchsetzen ([X.]/[X.] BGB [2014] §
1890 Rn.
20).
3. Die angegriffene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache abschließend
entscheiden, weil die Voraussetzungen für die Verhängung eines Zwangsgelds gemäß §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1837 Abs.
3 Satz
1 BGB nicht vorliegen und die Sache somit zur Endentscheidung reif ist (vgl. §
74 Abs.
6 Satz
1 FamFG).

Dose

Klinkhammer

Günter

Nedden-Boeger

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.06.2016 -
73 [X.]/07 -

LG [X.], Entscheidung vom 29.09.2016 -
6 [X.]/16 -

12

Meta

XII ZB 515/16

26.07.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.07.2017, Az. XII ZB 515/16 (REWIS RS 2017, 7376)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7376

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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