Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.04.2020, Az. VI R 32/17

6. Senat | REWIS RS 2020, 3259

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Gegenstand

Anordnung einer Außenprüfung bei Anfangsverdacht einer Steuerstraftat


Leitsatz

1. Für die (erstmalige) Anordnung einer Außenprüfung ist es unerheblich, ob hinsichtlich der betroffenen Steuerarten und Besteuerungszeiträume der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat besteht (Anschluss an BFH-Urteil vom 15.06.2016 - III R 8/15, BFHE 254, 203, BStBl II 2017, 25, Rz 20).

2. Verstöße gegen § 10 BpO, insbesondere gegen die Belehrungspflichten und damit gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit, führen nicht zur Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 22.03.2017 - 3 K 123/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung sowie deren nachträglicher Erweiterung.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Im Prüfungszeitraum war er Gesellschafter der Prozessbevollmächtigten --einer [[[[X.].].].] und zugleich bei dieser angestellt. Anfang 2002 übernahm er einen landwirtschaftlichen [X.], aus dem er seither Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärte. Die Veranlagungen zur Umsatzsteuer und zur Einkommensteuer führte zunächst das Finanzamt [[[X.].].] und ab 2011 --infolge einer Zuständigkeitsänderung bei Einzelunternehmern mit Einkünften aus Land- und [[[X.].].] das Finanzamt [X.] durch.

3

Unter dem 29.02.2008 ersuchte das Finanzamt [[[X.].].] den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Finanzamt --[X.]--), bei dem Kläger für die Jahre 2004 bis 2006 eine Außenprüfung durchzuführen. In dem Ersuchen bezog sich das Finanzamt [[[X.].].] auf einen Vermerk der Steuerfahndung aus dem Jahr 2003. Danach habe eine dritte --dem Kläger nicht bekannte-- Person darauf hingewiesen, dass der Kläger Kosten der privaten Lebensführung und Betriebsausgaben des Zuchtbetriebs in der Gewinnermittlung der Steuerberatungsgesellschaft erfasst habe.

4

Unter dem 11.11.2009 ordnete das [X.] auf Grundlage des § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung ([[[[X.].].].]) eine steuerliche Außenprüfung beim Kläger an. Geprüft werden sollten die Einkommen- und Umsatzsteuer für die Jahre 2003 bis 2006 sowie die Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft für die Wirtschaftsjahre vom 01.07.2003 bis 30.06.2007. Die Außenprüfung begann am 02.12.2009.

5

Am 14.12.2009 legte der Kläger gegen die Prüfungsanordnung Einspruch ein. Die Außenprüfung wurde dessen ungeachtet fortgesetzt.

6

Am 22.03.2012 nahm das Finanzamt für [X.] und Steuerfahndung Z (Steuerfahndung) unter Bezugnahme auf § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 [[[[X.].].].] Vorermittlungen gegen den Kläger im Zusammenhang mit dessen [X.] auf. Im Rahmen der Vorermittlungen wurden u.a. Buchführungs- und [X.] ausgewertet, die in einem gegen den Kläger bei der Staatsanwaltschaft [X.] anhängigen Strafverfahren sichergestellt worden waren. In diesem Verfahren wurde dem Kläger zur Last gelegt, als faktischer Geschäftsführer einer GmbH Umsatzsteuer hinterzogen zu haben. Über das Ergebnis der Vorermittlungen fertigte die Steuerfahndung unter dem 11.07.2012 einen Vermerk.

7

Erst im November 2013 gab die Steuerfahndung dem Kläger die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens im Zusammenhang mit seinem [X.] bekannt und durchsuchte seine Wohnung sowie das Gestüt.

8

Zeitgleich gab das [X.] dem Kläger die Erweiterung des [X.] auf die Jahre 2002 sowie 2007 bis 2011 wegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für die Wirtschaftsjahre vom 01.07.2002 bis 30.06.2003 und 01.07.2007 bis 30.06.2012 bekannt. Zur Begründung führte es aus, es bestehe der Verdacht einer Steuerstraftat.

9

Gegen die Erweiterung der Prüfungsanordnung (im Folgenden Prüfungserweiterung) vom 29.10.2013 legte der Kläger ebenfalls Einspruch ein.

Das [X.] wies die Einsprüche gegen die Prüfungsanordnung und die Prüfungserweiterung als unbegründet zurück.

Am 16.01.2014 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er die Aufhebung der Prüfungsanordnung und der Prüfungserweiterung begehrt.

Aufgrund der Aktivitäten der Steuerfahndung stellte das [X.] seine Prüfungstätigkeit während des laufenden Klageverfahrens ein. Einen Bericht über das Ergebnis der (erweiterten) Außenprüfung gemäß § 202 Abs. 1 Satz 1 [[[[X.].].].] erstellte es nicht.

Die Steuerfahndung vertrat in ihrem Bericht vom 01.02.2016 die Auffassung, der Kläger habe den [X.] nicht mit Gewinnerzielungsabsicht, sondern als "verdeckten Liebhabereibetrieb" geführt. Die bei den Einkommensteuerveranlagungen berücksichtigten Verluste aus Land- und Forstwirtschaft seien daher nicht anzuerkennen.

Das Finanzamt [X.] folgte dem Steuerfahndungsbericht und änderte unter dem 28.11.2016 die Einkommensteuerbescheide des [X.] und seiner Ehefrau für die Jahre 2002 bis 2011. Der Kläger hat gegen die Bescheide Einspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.

Bereits zuvor hatte das [X.] dem Kläger mit Schreiben vom 23.06.2016 mitgeteilt, die Außenprüfung sowie deren Erweiterung würden im Hinblick auf den inzwischen ergangenen steuerlichen Bericht der Steuerfahndung vom 01.02.2016 für beendet erklärt.

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage, mit der der Kläger nunmehr im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung und der Prüfungserweiterung begehrte, mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 1705 veröffentlichten Gründen ab.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Prüfungsanordnung und Prüfungserweiterung seien insbesondere wegen eines Verstoßes gegen § 393 Abs. 1 [[[[X.].].].], § 10 der Betriebsprüfungsordnung ([X.]) rechtswidrig. Das [X.] habe ihn schon bei Erlass der Prüfungsanordnung aufgrund der falschen Anschuldigung eines [X.] einer Steuerstraftat verdächtigt und ihn bei Beginn der Prüfung hierüber weder in Kenntnis gesetzt noch steuer(strafrecht)lich belehrt. Damit sei der verfassungsmäßig garantierte Grundsatz der [X.] des [X.] unterlaufen worden.

Er beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] aufzuheben und festzustellen, dass die Anordnung der steuerlichen Außenprüfung betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer für 2003 bis 2006 sowie betreffend die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für die Zeiträume 01.07.2003 bis 30.06.2007 vom 11.11.2009 und die Anordnung der Erweiterung des Prüfungszeitraumes/-umfangs auf die Jahre 2002 und 2007 bis 2011 (betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer) sowie auf die Zeiträume 01.07.2002 bis 30.06.2003 und 01.07.2007 bis 30.06.2012 (betreffend Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) vom 29.10.2013 rechtswidrig gewesen sind,
hilfsweise festzustellen,
dass die Prüfungsanordnung und die Prüfungserweiterung auf die Prüfung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft einzuschränken gewesen seien,
sowie
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorfahren für notwendig zu erklären.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

[X.] Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([[X.].]O). Der [[X.].] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Das [[X.].] hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 und die Prüfungserweiterung vom 29.10.2013 rechtmäßig sind. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

1. Das [[X.].] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft ist. Die Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 und die Prüfungserweiterung vom 29.10.2013 --jeweils in der Gestalt der [[X.].] vom 13.12.2013-- haben sich erledigt. Zwar hat das [[X.].] die (erweiterte) [X.]ußenprüfung nicht gemäß § 202 [X.]bs. 1 Satz [[X.].] mit einem entsprechenden Prüfungsbericht abgeschlossen, es hat aber die [X.]ußenprüfung im finanzgerichtlichen Klageverfahren ausdrücklich für beendet erklärt. Damit ist die auf der Prüfungsanordnung und der Prüfungserweiterung beruhende Pflicht des [[X.].], die Durchführung der [X.]ußenprüfung durch das [[X.].] (weiterhin) zu dulden, entfallen.

2. [X.]uch hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung und der Prüfungserweiterung. Denn ungeachtet der Frage, ob und in welchem Umfang in einem Besteuerungsverfahren ein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Prüfungsfeststellungen besteht, die im Rahmen einer rechtswidrigen [X.]ußenprüfung erlangt worden sind, setzt ein solches Verwertungsverbot nach ständiger Rechtsprechung des [[X.].] ([[X.].]) voraus, dass die Rechtswidrigkeit der Prüfung im Wege der [X.]nfechtung der Prüfungsanordnung festgestellt worden ist (z.B. [[X.].]-Urteil vom 25.01.2017 - I R 70/15, [[X.].]E 257, 66, [[X.].], 780, Rz 19, m.w.[[X.].]). Hiervon gehen mittlerweile auch die Beteiligten übereinstimmend aus. Der [[X.].] sieht daher insoweit von weiteren [X.]usführungen ab.

3. Gleichwohl ist die Revision unbegründet. Denn die Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 und die Prüfungserweiterung vom 29.10.2013 sind rechtmäßig gewesen. Sie waren auch nicht --was der Kläger mit dem Hilfsantrag begehrt-- auf die Prüfung seiner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu beschränken.

Ob und in welchem Umfang bei einem Steuerpflichtigen nach § 193 [[X.].] eine [X.]ußenprüfung angeordnet wird, ist eine Ermessensentscheidung, die vom Gericht nach § 102 [[X.].]O nur darauf zu prüfen ist, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten wurden und ob die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen unter Beachtung des Gesetzeszwecks (§ 5 [[X.].]) fehlerfrei ausgeübt hat ([[X.].]-Urteil vom 28.09.2011 - VIII R 8/09, [[X.].]E 235, 298, [[X.].], 395, Rz 20).

a) Die Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 entspricht diesen Vorgaben. Sie wurde vom zuständigen [[X.].] erlassen (dazu unter aa). Zudem hat das [[X.].] die gesetzlichen Grenzen des Ermessens beachtet und frei von [[X.].] entschieden (dazu unter bb).

aa) [X.]ußenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt (§ 195 Satz [[X.].]).

(1) Die Zuständigkeit des [[X.].] für den Erlass der angefochtenen Prüfungsanordnung ergibt sich aus § 20 i.V.m. § 23 der Verordnung über die Zuständigkeiten der Finanzämter des [[X.].] ([[X.].]-ZVO). Danach ist abweichend von der Bezirksgliederung des § 2 bei Betrieben aller Größenklassen der Konzerne im [[X.].] B des Wirtschaftsabschnitts "Land- und Forstwirtschaft" in den Bezirken der Finanzämter [X.] und [X.] das beklagte Prüfungsfinanzamt für die [X.]nordnung von [X.]ußenprüfungen zuständig. In diesem Umfang verdrängt die Prüfungszuständigkeit des [[X.].] die Zuständigkeit der ihm zugewiesenen Finanzämter. Der in [X.] ansässige land- und forstwirtschaftliche Betrieb durfte deshalb weder gemäß der Bezirksgliederung vom Finanzamt [X.] (§ 2 [[X.].]-ZVO) noch vom Finanzamt [X.] als [X.] für [X.] mit Einkünften aus Land und Forstwirtschaft (§ 3 [X.]bs. 1 [[X.].]-ZVO) geprüft werden.

(2) Die Zuständigkeit des [[X.].] aus § 20 i.V.m. § 23 [[X.].]-ZVO ist --entgegen der [X.]uffassung des [[X.].]-- auch nicht auf die Prüfung seiner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beschränkt.

Dies wäre nur der Fall, wenn die Einkünfte des [[X.].] gemäß § 180 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. [[X.].] gesondert festzustellen wären, weil das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt (§ 18 [X.]bs. 1 Nr. [[X.].]) nicht auch für die Steuern vom Einkommen (§ 19 [X.]bs. 1 Satz [[X.].]) zuständig ist. Eine gesonderte Feststellung von Einkünften steht vorliegend jedoch nicht in Rede. Denn der Kläger hatte während des [X.] sowohl seinen Wohnsitz als auch den Sitz seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in [X.].

Im Übrigen darf --worauf das [[X.].] zutreffend hingewiesen [X.] sich eine [X.]ußenprüfung gemäß § 193 [X.]bs. [[X.].] nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich auch auf die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen erstrecken (so bereits [[X.].]-Urteil vom 28.11.1985 - IV R 323/84, [[X.].]E 145, 311, [X.] 1986, 437).

bb) Das [[X.].] hat die gesetzlichen Grenzen des Ermessens beim Erlass der Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 nicht überschritten.

Eine [X.]ußenprüfung ist nach § 193 [X.]bs. [[X.].] u.a. zulässig bei Steuerpflichtigen, die --wie der [X.] einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten. Weitere [X.]nforderungen enthält die Norm nicht; es handelt sich um eine tatbestandlich voraussetzungslose Prüfungsermächtigung. Im Rahmen des § 193 [X.]bs. [[X.].] sind daher [X.]ußenprüfungen in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips und des Willkürverbots grundsätzlich unbeschränkt zulässig (z.B. [[X.].]-Urteile in [[X.].]E 235, 298, [[X.].], 395, Rz 21, 25; vom 16.12.2014 - VIII R 52/12, [[X.].]E 250, 1, Rz 20, und vom 15.06.2016 - III R 8/15, [[X.].]E 254, 203, [[X.].], 25, Rz 17, jeweils m.w.[[X.].]).

(1) Für die [X.]nordnung einer [X.]ußenprüfung ist unerheblich, ob hinsichtlich der betroffenen Steuerarten und Besteuerungszeiträume der [X.]nfangsverdacht einer Steuerstraftat besteht ([[X.].]-Urteil in [[X.].]E 254, 203, [[X.].], 25, Rz 20, m.w.[[X.].]). Dies gilt auch, soweit die erstmalige [X.]nordnung einer [X.]ußenprüfung in Rede steht. Insoweit ist nicht zwischen erstmaligen Prüfungen und [X.]nschlussprüfungen zu unterscheiden ([[X.].]-Urteil in [[X.].]E 254, 203, [[X.].], 25 – zum fehlenden Vorrang einer Prüfung an [X.]mtsstelle bei einer [X.]ußenprüfung gemäß § 193 [X.]bs. [[X.].]). Denn die [X.]nordnung einer [X.]ußenprüfung ist auch zulässig, soweit ausschließlich festgestellt werden soll, ob und inwieweit Steuerbeträge hinterzogen oder leichtfertig verkürzt worden sind. Eine sich insoweit gegenseitig ausschließende Zuständigkeit von [X.]ußenprüfung und Steuerfahndung besteht nicht. Es ist möglich und zulässig, dass Ermittlungsmaßnahmen des [X.]ußenprüfers eine Doppelfunktion haben: die Ermittlung des steuerlichen und die des strafrechtlichen Sachverhalts (ständige Rechtsprechung, z.B. [[X.].]-Urteil vom 04.11.1987 - II R 102/85, [[X.].]E 151, 324, [X.] 1988, 113, unter [X.], m.w.[[X.].], sowie [[X.].]-Beschlüsse vom [X.]; vom 13.01.2010 - [X.] B 113/09, und vom 29.12.2010 - IV B 46/09).

Deshalb war das [[X.].], selbst für den Fall, dass bei Erlass der Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 gegen den Kläger ein [X.]nfangsverdacht einer Steuerstraftat vorgelegen haben sollte, zur [X.]nordnung der [X.]ußenprüfung befugt.

(2) Dem Einwand des [[X.].], das [[X.].] sei zum Erlass der Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 nicht berechtigt gewesen, weil es ihn aufgrund der falschen [X.]nschuldigung eines [X.] einer Steuerstraftat verdächtigt und hierüber weder in Kenntnis gesetzt noch steuerstrafrechtlich belehrt habe, vermag der [[X.].] nicht zu folgen. Zwar sind gemäß § 393 [X.]bs. 1 Sätze 2 und 3 [[X.].] im Besteuerungsverfahren Zwangsmittel (§ 328 [[X.].]) gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn der Steuerpflichtige dadurch gezwungen wäre, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Ist gegen den Steuerpflichtigen ein Strafverfahren eingeleitet worden, ist er gemäß § 393 [X.]bs. 1 Satz 4 [[X.].] darüber zu belehren, soweit dazu [X.]nlass besteht. Entsprechendes regelt § 10 [X.] Verstöße hiergegen --insbesondere gegen die [X.] und damit gegen den Grundsatz der [X.] führen jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung. Denn die vorgenannten Regelungen betreffen nicht die Voraussetzungen, unter denen eine [X.]ußenprüfung angeordnet werden kann, und damit das "ob", sondern bestimmen, nach welchen rechtstaatlichen Grundsätzen und damit "wie" eine zuvor angeordnete Prüfung durchzuführen ist. Zudem richten sich die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Besteuerungsverfahren und Steuerstrafverfahren stehen grundsätzlich unabhängig und gleichrangig nebeneinander ([[X.].]-Urteil vom 23.01.2002 - [X.]I R 10, 11/01, [[X.].]E 198, 7, [X.] 2002, 328, unter [X.]2.a).

Ob danach im Streitfall für das [[X.].] [X.]nlass zur steuer(straf)rechtlichen Belehrung des [[X.].] bestand, bedarf daher vorliegend keiner Entscheidung. Hierüber ist ebenso wie über die Frage, welche Rechtsfolgen gegebenenfalls aus einem Verstoß gegen die [X.] zu ziehen wären, im Besteuerungsverfahren bzw. im Strafverfahren zu entscheiden.

(3) [X.]uch im Übrigen lässt der Erlass der Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 keine Ermessensfehler erkennen. Derartiges wird vom Kläger im Revisionsverfahren auch nicht (mehr) gerügt.

(4) [X.]nhaltspunkte für eine willkürliche oder schikanöse Belastung des [[X.].] durch den Erlass der angefochtenen Prüfungsanordnung (vgl. dazu z.B. [[X.].]-Urteil in [[X.].]E 235, 298, [[X.].], 395) sind ebenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere ist nach den gemäß § 118 [X.]bs. 2 [[X.].]O bindenden Feststellungen des [[X.].] nicht erkennbar, dass sich das [[X.].] bei Erlass der Prüfungsanordnung maßgeblich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen und der Zweck der Prüfung der steuerlichen Verhältnisse in den Hintergrund getreten ist.

b) Die [X.]nordnung des [[X.].] vom 29.10.2013, die Prüfung auf die Einkommen- und Umsatzsteuer der Jahre 2002 sowie 2007 bis 2011 und bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auf die Wirtschaftsjahre vom 01.07.2002 bis 30.6.2003 sowie 01.07.2007 bis 30.06.2012 zu erweitern, entspricht ebenfalls den gesetzlichen Vorgaben. Die Erweiterung der Prüfungsanordnung auf die bereits mit [X.]blauf des Jahres 2007 regelverjährte Einkommen- und Umsatzsteuer für 2002 sowie die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Wirtschaftsjahr 01.07.2002 bis 30.06.2003 konnte das [[X.].] ohne Weiteres darauf stützen, "dass nunmehr auch der konkrete Tatverdacht der Steuerhinterziehung begründet war". Hierauf hat das [[X.].] zu Recht hingewiesen. Einwände hiergegen hat der Kläger nur insoweit vorgebracht, als aus der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 die Rechtswidrigkeit der Prüfungserweiterung vom 29.10.2013 folge. Da die Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 --wie dargelegt-- rechtmäßig ist, sieht der [[X.].] insoweit von einer weiteren Begründung ab.

4. Die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge hat der [[X.].] geprüft. Sie ist jedenfalls unbegründet. Der [[X.].] sieht insoweit ebenfalls von einer Begründung ab (§ 126 [X.]bs. 6 Satz 1 [[X.].]O).

5. Der [X.]ntrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 [X.]bs. 3 Satz 3 [[X.].]O), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 [X.]bs. 3 Satz 3 [[X.].]O gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist deshalb das Gericht des ersten [X.], im Streitfall das [[X.].] ([[X.].]surteil vom 15.02.2017 - VI R 30/16, [[X.].]E 257, 96, [[X.].], 644, Rz 28, m.w.[[X.].]).

6. [X.] folgt aus § 135 [X.]bs. 2 [[X.].]O.

Meta

VI R 32/17

14.04.2020

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 22. März 2017, Az: 3 K 123/14, Urteil

§ 100 Abs 1 S 4 FGO, § 126 Abs 6 S 1 FGO, § 126a FGO, § 139 Abs 3 S 3 FGO, § 5 AO, § 18 Abs 1 Nr 1 AO, § 19 Abs 1 S 1 AO, § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst b AO, § 193 AO, § 195 S 1 AO, § 202 Abs 1 S 1 AO, § 393 Abs 1 AO, § 10 BpO, § 2 FÄZustV NW, § 3 Abs 1 FÄZustV NW, § 20 FÄZustV NW, § 23 FÄZustV NW

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.04.2020, Az. VI R 32/17 (REWIS RS 2020, 3259)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3259

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