Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.03.2019, Az. XII ZB 530/17

12. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 9150

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AUSLAND BUNDESGERICHTSHOF (BGH) FAMILIENRECHT FAMILIE LEIHMUTTERSCHAFT

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Gegenstand

Aufenthaltsstatut: Gewöhnlicher Aufenthalt eines in der Ukraine von einer Leihmutter geborenen und von den Wunscheltern nach Deutschland verbrachten Kindes


Leitsatz

Der gewöhnliche Aufenthalt eines im Ausland (hier: in der Ukraine) von einer Leihmutter geborenen Kindes, das entsprechend dem übereinstimmenden Willen aller an der Leihmutterschaft beteiligten Personen alsbald nach der Geburt rechtmäßig nach Deutschland verbracht wird, ist in Deutschland. Ein vorheriger gewöhnlicher Aufenthalt im Geburtsland bestand dann nicht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats des [X.] vom 26. September 2017 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Berichtigung einer Eintragung im Geburtenregister.

2

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind in [X.] lebende Ehegatten [X.] Staatsangehörigkeit. Nach den Feststellungen des [X.] wurde in der [X.] eine mit dem Sperma des Ehemanns (Beteiligter zu 1) befruchtete Eizelle der Ehefrau (Beteiligte zu 2) der [X.] Leihmutter (Beteiligte zu 5) eingesetzt. Diese gebar im Dezember 2015 in [X.] das betroffene Kind.

3

Bereits vor der Geburt hatte der Ehemann vor der [X.] in [X.] die Vaterschaft mit Zustimmung der Leihmutter anerkannt. Zudem hatten diese Sorgeerklärungen nach § 1626 a BGB abgegeben. Nach der Geburt gab die Leihmutter vor einer Privatnotarin in [X.] eine Erklärung ab, nach der das Kind mit Hilfe der zusätzlichen reproduktiven Technologien mittels Ersatzmutterschaft geboren sei und genetische Ähnlichkeit mit den Beteiligten zu 1 und 2 als seinen genetischen Eltern habe. Das [X.] Standesamt registrierte sodann die Beteiligten zu 1 und 2 als Eltern und stellte eine entsprechende Geburtsurkunde aus.

4

Nachdem die Beteiligten zu 1 und 2 mit dem Kind nach [X.] zurückgekehrt waren, wurde auf ihren Antrag im Januar 2016 die [X.] entsprechend der [X.] Geburtsurkunde beurkundet. Erst aufgrund eines später eingegangenen und ebenfalls auf die Beurkundung der [X.] gerichteten Antrags der [X.] in [X.] ergab sich für das Standesamt (Beteiligter zu 3), dass das Kind von einer Leihmutter geboren wurde.

5

Auf Antrag der Standesamtsaufsicht (Beteiligter zu 4) hat das Amtsgericht das Standesamt angewiesen, den Eintrag im Geburtenregister zu berichtigen und anstelle der Ehefrau die Leihmutter als Mutter des Kindes einzutragen. Das [X.] hat - nach Beteiligung der Leihmutter am Verfahren - die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen. Dagegen richten sich deren zugelassene Rechtsbeschwerden.

II.

6

Die Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg.

7

1. Nach Auffassung des [X.] ist die Eintragung im Geburtenregister unrichtig, weil die Beteiligte zu 2 nach dem hier anzuwendenden [X.] Recht gemäß § 1591 BGB nicht die Mutter des Kindes sei. Sowohl nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB als auch nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB finde für die Beurteilung der Abstammung des Kindes [X.] Recht Anwendung.

8

Eine vorrangige Anerkennung der Eintragung der Beteiligten zu 2 in der vom [X.] Standesamt ausgestellten Geburtsurkunde komme nicht in Betracht. Die vom [X.]er Standesamt vorgenommene Eintragung im dortigen Geburtenregister und die entsprechende Ausstellung der Geburtsurkunde seien keine anerkennungsfähige Entscheidung im Sinne von § 108 FamFG. Diese gingen funktional nicht über die Eintragung in einem [X.] Personenstandsregister hinaus.

9

Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB sei der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes zu dem Zeitpunkt maßgebend, in dem seine Abstammung festgestellt werden solle. Das [X.] sei danach wandelbar. Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes sei derzeit [X.]. Zwar könne ein nach ausländischem Recht begründetes Abstammungsverhältnis den mit dem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts verbundenen [X.] überdauern. Für das Kind sei aber hinsichtlich des Zeitpunkts der Geburt kein nach internationalem Recht zu beachtendes Abstammungsverhältnis begründet worden, das im Ergebnis von der Anwendung [X.] Rechts abweiche.

Das [X.] internationale Privatrecht enthalte keine ausdrückliche Regelung für die Abstammung eines Kindes von seiner Mutter. Die darin enthaltenen Regelungen zur Abstammung vom Vater und zu Rechten und Pflichten von Eltern und Kindern zeigten jedoch, dass das [X.] internationale Privatrecht insoweit an das Personalstatut des Kindes anknüpfen wolle. Dieses richte sich nach der Staatsangehörigkeit und im Fall doppelter Staatsangehörigkeit nach dem Recht des Staates, mit dem die Person am engsten verbunden sei, in dem sie insbesondere ihren Wohnsitz habe. Das Kind habe aufgrund der vor der Geburt abgegebenen Vaterschaftsanerkennung durch den Beteiligten zu 1 in jedem Fall die [X.] Staatsangehörigkeit erworben. Ob es daneben auch die [X.] Staatsangehörigkeit erworben habe, könne offenbleiben, weil das Kind aufgrund des von vornherein feststehenden Wechsels des Aufenthalts nach [X.] mit der [X.] Rechtsordnung am engsten verbunden sei.

Nach dem danach maßgeblichen Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB komme eine Verweisung auf das materielle [X.] Recht nur dann in Betracht, wenn das Kind im Zeitpunkt seiner Geburt seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] gehabt habe. Das sei zu verneinen, weil dessen von vornherein nur zeitlich beschränkt geplanter Auslandsaufenthalt keinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Land seiner Geburt begründe. Bei sämtlichen an der Leihmutterschaft beteiligten Personen habe von vornherein der übereinstimmende Wille bestanden, dass die Beteiligten zu 1 und 2 mit dem Kind zeitnah nach [X.] ausreisen und dort am Wohnsitz der Beteiligten zu 1 und 2 leben würden. Dieses Vorhaben sei auch entsprechend umgesetzt worden.

Demnach sei die Leihmutter als Mutter einzutragen. Auch wenn in Bezug auf ihre Person nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB das [X.] Recht Anwendung finde, das ihre rechtliche Mutterschaft ausschließe, komme im Rahmen der zwischen den widersprüchlichen Statuszuweisungen vorzunehmenden Günstigkeitsprüfung das [X.] Recht zur Anwendung, weil das Kind nur bei dessen Anwendung überhaupt eine Mutter habe.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Berichtigung des Eintrags im Geburtenregister nach §§ 47, 48 PStG nicht wegen einer - vorrangig zu prüfenden - verfahrensrechtlichen Anerkennung der in der [X.] erfolgten Eintragung im Geburtenregister gehindert ist. Weil diese wie auch die Ausstellung der entsprechenden Geburtsurkunde keine einer Gerichtsentscheidung vergleichbaren Wirkungen entfalten, handelt es sich nicht um anerkennungsfähige Entscheidungen im Sinne von § 108 Abs. 1 FamFG (vgl. Senatsbeschluss vom 20. März 2019 - [X.] 320/17 - zur Veröffentlichung bestimmt).

b) Wie das [X.] zu Recht angenommen hat, ist auf die im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Frage der rechtlichen Abstammung des betroffenen Kindes [X.] Recht anzuwenden.

aa) Nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie kann im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ist die Mutter verheiratet, so kann die Abstammung ferner nach dem Recht bestimmt werden, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Artikel 14 Abs. 2 EGBGB unterliegen (Art. 19 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz EGBGB).

Die in Art. 19 Abs. 1 EGBGB aufgeführten Alternativen stehen in keinem Rangverhältnis zueinander, sondern sind einander gleichwertig (Senatsbeschlüsse [X.], 59 = [X.], 1251 Rn. 28 und vom 3. August 2016 - [X.] 110/16 - [X.], 1847 Rn. 8 mwN). Während die beiden erstgenannten Alternativen (Aufenthaltsstatut und Heimatrecht der Eltern) grundsätzlich wandelbar sind, ist die dritte Alternative ([X.]) auf einen festen Zeitpunkt, nämlich den Zeitpunkt der Geburt des Kindes, bezogen. Daraus folgt, dass die Voraussetzungen der ersten beiden Alternativen bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung zu beurteilen sind (Senatsbeschluss vom 5. Juli 2017 - [X.] 277/16 - [X.], 1682 Rn. 15). Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 13/4899 S. 137).

bb) Das [X.] der Eltern und das [X.] führen in der vorliegenden Fallkonstellation im Hinblick auf eine gesetzliche Elternschaft der Beteiligten zu 1 und 2 unzweifelhaft zur Anwendbarkeit des [X.] Rechts. Etwas anderes kann sich mithin nur aus der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ergeben.

(1) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist der gewöhnliche Aufenthalt der Schwerpunkt der Bindungen der betroffenen Person, ihr Daseinsmittelpunkt (Senatsbeschluss [X.], 293 = FamRZ 1981, 135, 136 f. zum [X.] Minderjährigenschutzabkommen; [X.] Urteil vom 5. Februar 1975 - [X.] - FamRZ 1975, 272, 273 zum [X.] Unterhaltsübereinkommen). Dieser ist aufgrund der gegebenen tatsächlichen Umstände zu beurteilen und muss auf eine gewisse Dauer angelegt sein. Ein bloß vorübergehender Aufenthalt in einem Staat begründet dort noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt ([X.] FamRZ 2011, 617 Rn. 51 - [X.]). Bei minderjährigen Kindern, insbesondere bei Neugeborenen, ist vorwiegend auf die Bezugspersonen des Kindes, die es betreuen und versorgen, sowie deren [X.]s und familiäres Umfeld abzustellen (vgl. [X.] FamRZ 2011, 617 Rn. 53 ff. - [X.]; vgl. auch [X.] [X.], 1506). Befindet sich das Kind bei seinen Eltern, wird es regelmäßig deren gewöhnlichen Aufenthalt teilen. Ausnahmsweise können allerdings der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes und der seiner - auch sorgeberechtigten - Eltern auseinanderfallen (vgl. Art. 10 [X.] [X.] - [X.] trotz Kindesentführung; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] und IPR [2018] S. 95, 115 f. - minderjährige unbegleitete Flüchtlinge). Im Regelfall lassen aber neben der tatsächlichen Integration des Kindes in sein jeweiliges Umfeld die rechtlichen Gegebenheiten (rechtliche Abstammung, Staatsangehörigkeit, Sorgerecht; vgl. [X.] FamRZ 2011, 617 Rn. 23, 48 - [X.]) einen Schluss darauf zu, ob das Kind den gewöhnlichen Aufenthalt seiner Eltern oder sonstiger Bezugspersonen teilt oder ob es ausnahmsweise einen von diesen getrennten Daseinsmittelpunkt hat. Steht nach allen in Betracht kommenden Rechtsordnungen ein rechtlicher Elternteil des Kindes fest, kommt dessen Elternstellung wie auch einer sich daraus etwa ergebenden Staatsangehörigkeit des Kindes Bedeutung zu, welche in Fällen der vorliegenden Art vor allem Voraussetzung für eine (rechtmäßige) Einreise nach [X.] ist.

Ist die rechtliche Abstammung des Kindes von keinem Elternteil zweifelsfrei feststellbar, weil die in Betracht kommenden Rechtsordnungen in dieser Frage zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, so ist aufgrund anderer, gesicherter Umstände zu prüfen, ob das Kind etwa seinen Aufenthalt alsbald wechseln oder voraussichtlich an seinem gegenwärtigen Aufenthalt verbleiben wird. Dabei kommt es auf die [X.] Integration des Kindes an, wobei diese neben den tatsächlichen auch von rechtlichen Faktoren abhängen kann, wenn diese den künftigen Aufenthalt des Kindes wirksam bestimmen. Insbesondere ist darauf Rücksicht zu nehmen, welche Personen faktisch über den Aufenthalt des Kindes bestimmen und wo dieses sich voraussichtlich künftig aufhalten wird.

(2) Nach diesen Maßstäben ist das [X.] im vorliegenden Fall mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das betroffene Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] hat.

Es entsprach von vornherein der übereinstimmenden Absicht aller an der Leihmutterschaft Beteiligten, dass das Kind alsbald nach der Geburt mit den Beteiligten zu 1 und 2 nach [X.] gelangen und dort dauerhaft bleiben sollte. Zudem ist die rechtliche Vaterstellung des Beteiligten zu 1 nach beiden in Betracht kommenden Rechtsordnungen gesichert. Denn dieser ist sowohl nach [X.]m als auch nach [X.]m Recht als rechtlicher Vater des Kindes anzusehen, was von der - insoweit nicht verfahrensgegenständlichen - Eintragung des Beteiligten zu 1 als Vater des Kindes im Geburtenregister bestätigt wird (§ 54 PStG; vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 2019 - [X.] 265/17 - juris Rn. 18 zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt). Aufgrund der rechtlichen Vaterschaft des Beteiligten zu 1 besitzt das Kind nach § 4 Abs. 1 [X.] zumindest auch die [X.] Staatsangehörigkeit und hält sich somit rechtmäßig in [X.] auf. Da der Beteiligte zu [X.] ist, wäre es der Leihmutter - ihre rechtliche Mutterschaft unterstellt - selbst im Fall eines Sinneswandels nicht möglich, das Kind gegen den Willen des Beteiligten zu 1 in die [X.] zu verbringen (vgl. Senatsbeschluss [X.]Z 185, 272 = FamRZ 2010, 1060 Rn. 16; Kropholler FS Jayme S. 471 ff.).

cc) Das [X.] ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass aufgrund des [X.] Rechts keine rechtliche Abstammungszuordnung des Kindes zur Beteiligten zu 2 hergestellt worden ist, die einen [X.] gegebenenfalls hätte überdauern können.

Ob eine nach einer früher anwendbaren Rechtsordnung bereits begründete [X.] den aufgrund der Wandelbarkeit der Anknüpfung eröffneten [X.] überdauern kann, musste vom Senat bislang nicht entschieden werden. Der [X.] ist in verschiedenen Fallgestaltungen zwar von der Möglichkeit des [X.] wohlerworbener Rechte ausgegangen ([X.]Z 63, 107 = FamRZ 1975, 24, 25 - Ehename; [X.] Urteil vom 27. Oktober 1976 - [X.] - FamRZ 1977, 46, 47 - Befugnis zur Vaterschaftsfeststellungsklage).

Die Frage kann hier aber offenbleiben, weil eine Begründung der rechtlichen Abstammung des Kindes von der Beteiligten zu 2 als Wunschmutter durch das [X.] Recht im Ergebnis nicht erfolgt ist. Allerdings bedurfte es in diesem Zusammenhang der vom [X.] durchgeführten isolierten Prüfung des [X.] internationalen Privatrechts nicht (vgl. auch [X.] Leihmutterschaft im [X.] [2015] S. 46 f. mwN). Da der vorliegende Fall schon aufgrund der [X.] Staatsangehörigkeit der Beteiligten zu 1 und 2 als Wunscheltern einen starken Inlandsbezug aufweist, findet das [X.] Kollisionsrecht schon auf die Rechtslage bei Geburt des Kindes unmittelbare Anwendung (vgl. auch Senatsbeschluss [X.], 59 = [X.], 1251 Rn. 28).

Eine Anwendbarkeit des [X.] Rechts auf die Abstammung des Kindes von der Beteiligten zu 2 käme in der vorliegenden Fallkonstellation allenfalls aufgrund der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in Betracht. Ein gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes in der [X.] bestand jedoch zu keinem Zeitpunkt. Wie bereits ausgeführt, entsprach es der Absicht aller an der Leihmutterschaft Beteiligten, dass das Kind alsbald nach der Geburt mit den Beteiligten zu 1 und 2 nach [X.] gelangen und dort dauerhaft bleiben sollte. Da diese Absicht auch umgesetzt wurde, hatte das Kind in der [X.], wo es nur kurzzeitig verbleiben sollte, nie einen gewöhnlichen Aufenthalt. Die gegenteilige Auffassung, das neugeborene Kind habe in der vorliegenden Fallkonstellation seinen gewöhnlichen Aufenthalt stets dort, wo auch die Frau, die es geboren hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (so [X.] 2015, 258, 266 mwN), widerspricht demgegenüber sowohl den tatsächlichen als auch den im [X.] bestehenden rechtlichen Gegebenheiten.

Eine rechtliche Mutterschaft der Beteiligten zu 2 konnte wegen des insoweit allein anwendbaren [X.] Rechts mithin nicht begründet werden.

3. Als rechtliche Mutter ist stattdessen die Leihmutter im Geburtenregister einzutragen. Das [X.] hat zutreffend ausgeführt, dass die alternative Anknüpfung in Art. 19 Abs. 1 EGBGB hinsichtlich der Leihmutter sowohl auf das [X.] Recht (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) als auch das [X.] Recht (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) verweist. Da insoweit aber nur das [X.] Recht zur Feststellung einer [X.] führt, ist es im vorliegenden Fall entsprechend Sinn und Zweck der in Art. 19 Abs. 1 EGBGB enthaltenen Mehrfachanknüpfung anzuwenden. Dass diese dem Kind möglichst zur Zuordnung eines rechtlichen Vaters verhelfen soll (vgl. Senatsbeschluss [X.]Z 215, 271 = [X.], 1687 Rn. 19 mwN - zur Vaterschaft), bleibt nicht auf die Vaterschaft beschränkt, sondern ist auch in Bezug auf die rechtliche Mutterschaft anzuwenden. Dass die Leihmutter die Übernahme der Elternstellung ablehnt, ist aufgrund der bewusst getroffenen gegenläufigen gesetzgeberischen Entscheidung, wie sie in der Regelung des § 1591 BGB zum Ausdruck kommt (vgl. Senatsbeschluss [X.]Z 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 35), nicht ausschlaggebend. Um die gewünschten Rechtswirkungen auch für die Beteiligte zu 2 zu erzielen, sind die Beteiligten zu 1 und 2 somit auf ein Adoptionsverfahren zu verweisen (vgl. [X.] [X.], 976).

Dose     

      

[X.]     

      

Günter

      

Botur     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZB 530/17

20.03.2019

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Hamm, 26. September 2017, Az: 15 W 413/16

§ 1591 BGB, Art 19 Abs 1 BGBEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.03.2019, Az. XII ZB 530/17 (REWIS RS 2019, 9150)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 610-612 NJW 2019, 1605 REWIS RS 2019, 9150


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. XII ZB 530/17

Bundesgerichtshof, XII ZB 530/17, 20.03.2019.


Az. 15 W 413/16

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 413/16, 26.09.2017.


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