Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2005, Az. II ZR 240/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5233

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/02 Verkündet am: 31. Januar 2005 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

GmbHG §§ 30, 31, 32 a, 32 b; KO § 32 a a) Die mietweise Überlassung eines Grundstücks an eine GmbH kann eine eigenkapitalersetzende Leistung des Gesellschafters sein. In der Insolvenz über das Vermögen der GmbH hat der Insolvenzverwalter dann das Recht, das Grundstück für den vertraglich vereinbarten [X.]raum - bei einer [X.] [X.]bestimmung für den angemessenen [X.]raum - unentgelt-lich zu nutzen (Bestätigung von [X.] 109, 55).
b) Wird dem Insolvenzverwalter dieses Recht durch eine Beschlagnahme des Grundstücks im Rahmen einer Zwangsverwaltung entzogen, hat der [X.] den Wert des Nutzungsrechts zu ersetzen (Bestätigung von [X.] 127, 1; 127, 17).
c) Das gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter das Grundstück an den Zwangsverwalter vor Ablauf der Mietzeit herausgibt.
d) Der Ersatzanspruch setzt aber voraus, daß der Insolvenzverwalter das Grundstück, hätte er es nicht herausgegeben, tatsächlich hätte nutzen [X.], etwa im Wege der Untervermietung (Bestätigung von [X.] 127, 1; 127, 17).
[X.], Urteil vom 31. Januar 2005 - [X.]/02 - OLG Dresden

LG Dresden

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 31. Januar 2005 durch [X.] h.c. Röhricht und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 10. Juli 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagten gründeten im Jahre 1990 die [X.] Zugleich vermiete-ten sie das in ihrem Miteigentum stehende Grundstück L.straße 22 in [X.] an die Gesellschaft. Die Miete sollte 18.000,00 DM pro Monat betragen, wurde aber bis auf einen Betrag von 40.000,00 DM nicht gezahlt. Am 20. Januar 1998 über-trugen die Beklagten zu 3 und 4 ihre Geschäftsanteile auf die Beklagten zu 1 und 2. - 3 - Am 30. Juli 1999 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Auf Antrag eines Grundpfandrechtsgläubigers wurde am 30. März 2000 die Zwangsverwal-tung des der Schuldnerin überlassenen Grundstücks angeordnet. Der [X.] verlangte von dem Kläger Zahlung der laufenden Miete. Daraufhin kündigte der Kläger das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2000 und [X.] anschließend eine Vertragsaufhebung zum 15. Juli 2000. Miete zahlte er nicht. Wohl einigte er sich mit dem Zwangsverwalter auf eine noch offene Miet-forderung für die [X.] vom 1. Mai bis zum 15. Juli 2000 i.H.v. 39.500,00 DM, die er in die Insolvenztabelle einstellte.
Der Kläger verlangt von den Beklagten Rückzahlung der 40.000,00 DM Miete und Zahlung weiterer 306.000,00 DM als Ersatz für den Wegfall der Nut-zungsmöglichkeit an dem Grundstück in der [X.] vom 1. Mai 2000 bis zum 30. September 2001, dem nächsten ordentlichen Kündigungstermin nach dem Mietvertrag. Er meint, die Überlassung des Grundstücks habe Eigenkapital er-setzt, mit der Beschlagnahme des Grundstücks sei die unentgeltliche Nut-zungsmöglichkeit entfallen und deshalb seien die Beklagten zum Ersatz des [X.] - in Höhe der vereinbarten Miete - verpflichtet.
Das [X.] hat der Klage i.H.v. 40.000,00 DM stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die auf Beschwerde zugelassene [X.] des [X.]. - 4 - Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Klageabweisung aus-geführt: Die mietweise Überlassung des [X.] habe eigenkapi-talersetzenden Charakter gehabt, weil die Schuldnerin jedenfalls seit dem 31. Dezember 1998 in der Krise gewesen sei. Ob das auch schon für den [X.]-punkt des Ausscheidens der Beklagten zu 3 und 4 aus der Gesellschaft gelte, könne offen bleiben. Mit dem Wirksamwerden des [X.] im Rahmen der Zwangsverwaltung habe das unentgeltliche Nutzungsrecht des [X.] geendet. Dennoch seien die Beklagten nicht zum Ersatz des Wertes der Nutzungsmöglichkeit verpflichtet. Das Grundstück sei nämlich schon vor dem Beginn der Krise mit den Grundpfandrechten belastet gewesen, die zu der Zwangsverwaltung geführt hätten. Dann aber sei die Möglichkeit der Grund-stücksnutzung von vornherein durch das Risiko einer Zwangsvollstreckung be-lastet gewesen. Eine Ersatzpflicht der Beklagten würde gegen den Grundsatz verstoßen, daß die Gesellschafter lediglich gehindert seien, eigenkapital[X.]des Vermögen abzuziehen, nicht aber auch die Pflicht hätten, zusätzliches Kapital nachzuschießen.
I[X.] Dem kann nicht in allen Punkten gefolgt werden.

1. Richtig und von der Revision nicht angegriffen ist allerdings die An-nahme des Berufungsgerichts, die mietweise Überlassung eines Grundstücks an eine GmbH stelle eine eigenkapitalersetzende Leistung des Gesellschafters dar, wenn sie während einer Krise der Gesellschaft erfolge oder nach Eintritt - 5 - der Krise nicht beendet werde, obwohl das möglich sei. Der Gesellschafter ist dann verpflichtet, der Gesellschaft das Grundstück zur unentgeltlichen Nutzung für den vertraglich vereinbarten [X.]raum - bei einer mißbräuchlichen [X.]be-stimmung für den angemessenen [X.]raum - zu belassen. Nach Insolvenzeröff-nung hat der Insolvenzverwalter das Recht, das Grundstück unentgeltlich wei-terzunutzen, sei es im Rahmen einer Fortführung des Unternehmens der Schuldnerin, sei es durch Vermietung oder Verpachtung ([X.] 109, 55, 57 ff.; 127, 1, 7 ff.; 127, 17, 21 ff.; 140, 147, 149 f.). Diese Überlassungspflicht trifft auch den nach Eintritt der Krise ausgeschiedenen Gesellschafter ([X.].Urt. v. 9. Oktober 1986 - [X.], NJW 1987, 1080, 1081; [X.] 127, 1, 6 f.). Ab wann die Voraussetzungen einer Krise bei der Schuldnerin vorgelegen haben, hat das Berufungsgericht offen gelassen. Für das Revisionsverfahren ist daher davon auszugehen, daß diese Voraussetzungen schon bei Ausscheiden der Beklagten zu 3 und 4 erfüllt waren.
Ebenfalls zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß im Falle einer Zwangsverwaltung des Grundstücks das Recht der Gesellschaft bzw. des Insolvenzverwalters zur unentgeltlichen Nutzung des Grundstücks mit dem Wirksamwerden der Beschlagnahme gemäß §§ 148, 152 Abs. 2, § 22 [X.], §§ 1123, 1124 Abs. 2 BGB endet ([X.] 140, 147, 150 ff.; [X.].Urt. v. 31. Januar 2000 - [X.], [X.], 455). Danach war der Kläger in dem hier maßgeblichen [X.]raum ab Mai 2000 verpflichtet, die vertraglich vereinbarte Miete an den Zwangsverwalter zu zahlen.
2. [X.] ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Wegfall der unentgeltlichen Nutzungsmöglichkeit des [X.] führe nicht zu einem Ersatzanspruch gegen die Beklagten. - 6 - a) Nach der Rechtsprechung des [X.]ats und den darauf aufbauenden Regeln der §§ 32 a, [X.] und 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] soll durch die Umquali-fizierung von [X.] in haftendes Kapital ausgeschlossen werden, daß sich der Gesellschafter im Falle eines wirtschaftlichen Zusammen-bruchs der Gesellschaft vorrangig vor oder gleichrangig mit den Gläubigern aus dem noch vorhandenen Gesellschaftsvermögen befriedigt. Zugleich soll verhin-dert werden, daß eine Krise der Gesellschaft durch [X.] verschleppt und das verbliebene Vermögen zu Lasten der Gläubiger weiter ver-ringert wird. Wenn der Gesellschafter die GmbH in der Krise fortführen will, muß er ihr zusätzliches Eigenkapital zuführen. Tut er das nicht, sondern beschränkt er sich darauf, sonstige Leistungen zu gewähren oder stehen zu lassen, werden diese Leistungen in Eigenkapital umqualifiziert ([X.] 109, 55, 57). Der [X.] ist nicht verpflichtet, Kapital nachzuschießen, wohl aber darf er das gewährte Kapital nicht abziehen ([X.] 127, 17, 23, 30).
Daraus folgt für den Fall der Nutzungsüberlassung, daß der [X.] in der Krise verpflichtet ist, der Gesellschaft das Wirtschaftsgut unentgeltlich zu belassen. Diese Pflicht erfüllt er nicht, wenn die Gesellschaft oder der [X.] nach Anordnung der Zwangsverwaltung Miete oder Pacht an den Zwangsverwalter zahlen muß. In diesem Fall ist der Gesellschafter daher nach allgemeinen Grundsätzen verpflichtet, der Gesellschaft oder dem [X.] die gezahlte Miete oder Pacht zu erstatten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dieser Fall nicht vergleichbar mit der unentgeltlichen Übereignung eines mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücks an die [X.]. Bei einer Übereignung verliert der Gesellschafter das Eigentum an dem Grundstück. Bei der Nutzungsüberlassung behält er dagegen das Eigen-tum und wird durch die Miet- oder Pachtzahlungen an den Zwangsverwalter insofern begünstigt, als er dadurch von seinen Schulden gegenüber den - 7 - Grundpfandrechtsgläubigern in entsprechendem Umfang befreit wird. Eine Er-stattung dieser Zahlungen an die Gesellschaft oder den Insolvenzverwalter stellt sich deshalb auch nicht als eine Zuführung zusätzlichen Kapitals dar. Der Gesellschafter gleicht lediglich den Vorteil aus, den er durch die Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen erlangt hat.
b) Darin erschöpft sich die Ausgleichspflicht des Gesellschafters indes nicht. Auch wenn die Gesellschaft oder der Insolvenzverwalter - wie hier - keine Miete zahlt, wohl aber das Grundstück wegen der Zwangsverwaltung vorzeitig an den Zwangsverwalter herausgibt, schuldet der Gesellschafter einen Aus-gleich. Eine derartige Ausgleichspflicht hat der [X.]at bereits für den Fall fest-gestellt, daß dem Insolvenzverwalter das Grundstück ohne seinen Willen aus in der Sphäre des Gesellschafters liegenden Gründen entzogen wird, obwohl es ihm nach den [X.] weiter hätte überlassen werden müssen. Dann ist der Gesellschafter nach den Regeln über Leistungsstörungen bei Sacheinlagen verpflichtet, den nicht verbrauchten Wert der Nutzung zu [X.] ([X.] 127, 1, 14 f.; [X.] 127, 17, 31). Dem steht der Fall gleich, daß - wie hier - der Insolvenzverwalter das Grundstück vorzeitig herausgibt, um nicht den [X.] weiter ausgesetzt zu sein. Zwar beruht das auf einer Handlung des Insolvenzverwalters. Der Grund dafür - die sonst bestehende Pflicht zur Mietzahlung aus der Insolvenzmasse - fällt aber in die [X.]. Dem Insolvenzverwalter ist es nicht zumutbar, die [X.] mit [X.] zu belasten in der vagen Aussicht auf eine Freistellung durch den Gesellschafter.
c) Wenn und soweit der Insolvenzverwalter dagegen weder Miete oder Pacht an den Zwangsverwalter zahlt noch das Grundstück an diesen heraus-gibt, besteht auch kein Ausgleichsanspruch gegen den Gesellschafter. Dabei - 8 - kommt es nicht darauf an, ob der Insolvenzverwalter das Nutzungsrecht an dem Grundstück in dieser [X.] wirtschaftlich verwerten konnte. Das Risiko der Un-verwertbarkeit trägt der Insolvenzverwalter und nicht der Gesellschafter ([X.] 127, 1, 14; [X.] 127, 17, 31).
Der danach von dem Gesellschafter auszugleichende Wert des Nut-zungsrechts bestimmt sich nach einem objektiven Maßstab ([X.] 127, 1, 15), wobei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von der Vereinbarung in dem Miet- oder Pachtvertrag ausgegangen werden kann. Wird das [X.] von dem Insolvenzverwalter - wie hier - nicht fortgeführt und hat die Überlassung des Grundstücks auch sonst - etwa als Lagerfläche für die durch den Insolvenzverwalter zu verwertenden Wirtschaftsgüter - keinen Wert für die Insolvenzmasse, so bemißt sich der Ausgleichsanspruch nach der Miet- oder Pachthöhe, die der Insolvenzverwalter bei einer Untervermietung oder -verpachtung hätte erzielen können, wenn er das Grundstück nicht an den Zwangsverwalter herausgegeben hätte. Wäre das Grundstück in dieser Weise nicht zu nutzen gewesen - wie die Beklagten behaupten -, entfällt eine Aus-gleichspflicht des Gesellschafters.
3. Die dazu erforderlichen Feststellungen zu treffen, hat das Berufungs-gericht in der neuen Verhandlung Gelegenheit. Dabei ist davon auszugehen, daß die bloße Einigung des [X.] mit dem Zwangsverwalter auf eine aus der Insolvenzmasse zu zahlende Miete - 39.500,00 DM für 2 ½ Monate - noch nicht zu einem Zahlungs-, wohl aber zu einem Freistellungsanspruch gegen die Gesellschafter führen kann. Zu klären ist auch, ob der Kläger wenigstens aus dem Mietvertrag zwischen der Schuldnerin und der [X.]. GmbH vom 1. August 1996 über eine Teilfläche des Grundstücks eine Miete - 9 - hätte erzielen können oder ob die Mietansprüche, wie die Beklagten behauptet haben, an die Bank abgetreten sind.

Röhricht Goette [X.]

Strohn [X.]

Meta

II ZR 240/02

31.01.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2005, Az. II ZR 240/02 (REWIS RS 2005, 5233)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5233

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