Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2006, Az. 4 StR 87/06

4. Strafsenat | REWIS RS 2006, 2594

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 87/06 vom 13. Juli 2006 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen schweren Bandendiebstahls u.a.- 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 13. Juli 2006, an der teilgenommen haben: Vorsitzende [X.]in am [X.] [X.], [X.] am [X.] Prof. Dr. [X.], [X.], [X.]in am [X.] [X.], [X.] am [X.] [X.]

als beisitzende [X.], [X.]

als Vertreter der [X.]schaft, Rechtsanwältin als Verteidigerin für den Angeklagten [X.] , Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten [X.] , Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten [X.], Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - 1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 29. August 2005 a) im Schuldspruch dahin berichtigt, dass die Ange-klagten [X.] und [X.] im Fall I[X.] 11. der Urteils-gründe des schweren Bandendiebstahls schuldig sind, b) mit den Feststellungen aufgehoben im Ausspruch über die im Fall I[X.] 11. der Urteilsgründe festgesetz-ten Einzelstrafen sowie in den die Angeklagten [X.] , [X.] und [X.] betreffenden [X.]. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. 3. Die Revisionen der Angeklagten [X.] und [X.] werden verworfen. Die Angeklagten [X.] und [X.] haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Von Rechts wegen - 4 - Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten [X.] des vollendeten (fünf Fälle) und versuchten (drei Fälle) schweren Bandendiebstahls in insgesamt acht Fäl-len sowie eines versuchten und eines vollendeten [X.] für schuldig befunden, die Angeklagten [X.] und [X.] ebenfalls des vollendeten bzw. versuchten schweren Bandendiebstahls in insgesamt acht Fällen sowie des Bandendiebstahls in einem weiteren Fall. Es hat deswegen den Angeklagten [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten ([X.] von einem Jahr bis zu zwei Jahren und vier Monaten), den Angeklagten [X.] zu einer solchen von drei Jahren (Einzelfrei-heitsstrafen von einem Jahr bis zu zwei Jahren und zwei Monaten) und den Angeklagten [X.] schließlich zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten ([X.] von neun Monaten bis zu zwei Jah-ren) verurteilt. Hiergegen wenden sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zu [X.] der drei Angeklagten eingelegten Revisionen sowie die Angeklagten [X.] und [X.] mit ihren Rechtsmitteln. Die auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft sind ausweislich der [X.] auf die Verurteilung der Angeklagten [X.] und [X.] im Fall I[X.] 11. der Urteilsgründe und darüber hinaus auf die Aussprüche über die Gesamtstrafen beschränkt. Die Angeklagten [X.] und [X.] rügen allgemein die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel der [X.] haben Erfolg, die der Angeklagten erweisen sich hingegen als un-begründet. 1 - 5 - [X.] Revisionen der Staatsanwaltschaft 2 1. Die inhaltsgleich erhobenen Verfahrensrügen zu §§ 33, 261 StPO grei-fen nicht. 3 a) Ihnen liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: 4 Bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung wurden telefonische Gespräche zwischen dem Vorsitzenden, dem Verteidiger des Angeklagten [X.] und einem der [X.] der Staatsanwaltschaft über die Möglichkeit einer verfah-rensbeendenden Absprache geführt. In diesen stellte der Verteidiger ein Ges-tändnis des Angeklagten [X.] bei Zusage einer Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren und elf Monaten in Aussicht. Über das Ergebnis dieser Vorgespräche liegen unterschiedliche dienstliche Äußerungen vor. Unmittelbar nach Beginn der Hauptverhandlung am 18. August 2005 fand im [X.] eine Besprechung statt, an der die Mitglieder der [X.], sämtli-che Verteidiger sowie die beiden [X.] der Staatsanwaltschaft [X.]. Zu Beginn des Gespräches gab der Vorsitzende bekannt, dass in [X.] der schwierigen Beweislage seitens der [X.] für die Angeklag-ten [X.] , [X.] und [X.] im Falle eines umfassenden Geständnisses [X.] von jeweils zwei Jahren und elf Monaten angedacht seien. Die [X.] der Staatsanwaltschaft waren hiermit nicht einverstanden. Sie hielten gestaffelte [X.] zwischen fünf Jahren und fünf Jahren und sechs Monaten für sachgerecht; eine Einigung kam nicht zustande. In der Fort-setzungsverhandlung vom 25. August 2005, vor Eintritt in die Beweisaufnahme, baten die Verteidiger der Angeklagten um Mitteilung der —Strafmaßvorstellun-genfi der [X.] für den Fall eines Geständnisses. Nach einer Unterbre-chung der Hauptverhandlung gab der Vorsitzende bekannt, dass angesichts der 5 - 6 - nach Aktenlage —für die Angeklagten nicht in allen Anklagepunkten ungünstige Beweislagefi ein Geständnis zu einer nicht unerheblichen Strafmilderung führen würde, wobei die [X.] folgende Strafobergrenze nicht überschreiten würde: zwei Jahre zehn Monate hinsichtlich des Angeklagten [X.] , drei Jahre zwei Monate hinsichtlich des Angeklagten [X.] und drei Jahre hinsichtlich des Angeklagten [X.]. Eine Erklärung der Staatsanwaltschaft hierzu erfolgte nicht. Im [X.] gaben die Angeklagten sodann über ihre Verteidiger geständige Einlassungen ab. In der fortgesetzten Hauptverhandlung vom 29. August 2005 erklärte die [X.]in der Staatsanwaltschaft, dass die vom Gericht genannten Strafen nicht den Vorstellungen der Staatsanwaltschaft entsprächen, sie seien daher —nicht Gegenstand einer Absprachefi. b) Die Rüge der Staatsanwaltschaft, das [X.] habe gegen § 33 StPO verstoßen, da ihr vor Bekanntgabe der [X.] in der [X.] vom 25. August 2005 keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben [X.] sei, geht bei diesem Geschehensablauf schon im Ansatz fehl. Die Be-schwerdeführerin hatte bereits anlässlich der Besprechung vom 18. August 2005 Gelegenheit, ihre Vorstellungen zu den bei Geständnissen der Angeklag-ten in Betracht kommenden Strafrahmen zu äußern und hat hiervon auch ganz konkret Gebrauch gemacht. Darüber hinaus stand es den [X.]n der Staatsanwaltschaft frei, nachdem die Verteidigung in der Hauptverhandlung ihre Bitte um Bekanntgabe der [X.] vorgetragen hatte und bevor das Gericht dem entsprach, ihren Standpunkt hierzu nochmals darzulegen. Schließlich hätte es sich schon aus Gründen der [X.] angeboten, jedenfalls nach der Bekanntgabe der Strafmaßvorstellungen des Gerichts und vor Abgabe der geständigen Einlassungen der Angeklagten, klarzustellen, dass seitens der Staatsanwaltschaft mit einer verfahrensbeendenden Absprache auf der Basis der mitgeteilten [X.] kein Einverständnis besteht. [X.] - 7 - weit unterscheidet sich der Sachverhalt hier grundlegend von dem, der der Ent-scheidung [X.], 102 zugrunde lag, auf die sich die Beschwerdeführerin maßgeblich stützt. Dort war außerhalb der Hauptverhandlung eine Verständi-gung zwischen Gericht und Verteidigung erfolgt, an der die Staatsanwaltschaft nicht beteiligt war und von der sie auch in der Folgezeit nicht unterrichtet wurde. c) Zudem ist nicht erkennbar, dass hier bereits die Bekanntgabe der [X.] in der Hauptverhandlung geeignet war, einen Vertrauenstat-bestand zu schaffen, der in Anwendung des Grundsatzes des § 33 StPO die vorherige Anhörung der Beschwerdeführerin hätte erforderlich machen können (vgl. [X.], 102, 105; 42, 46, 49/50). Ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine (wirksame) Verständigung ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft oder gar gegen ihren Widerspruch getroffen werden kann (vgl. hierzu [X.], 481; [X.]/Goßner StPO 49. Aufl. vor § 213 Rdn. 12; vgl. auch § 257 c Abs. 3 Satz 2 des [X.] des [X.] zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren [Stand 18. Mai 2006]: keine Wirksamkeit bei Widerspruch der Staatsanwaltschaft), hat vorliegend der Vorsitzende lediglich auf Bitten der Verteidiger als Ergebnis einer Zwischenbe-ratung mitgeteilt, dass die erkennende [X.] im Fall von Ge-ständnissen bestimmte [X.] nicht überschreiten werde. Darin wird regelmäßig nur ein Vorschlag des Gerichts an die Verfahrensbeteiligten zur inhaltlichen Ausgestaltung einer (möglichen) Verständigung zu sehen sein, zu dem diese sich äußern können, den sie annehmen, ablehnen oder aber auch inhaltlich modifizieren können und der nicht zur vorherigen Anhörung der Beteiligten zwingt (vgl. auch [X.], 395, 396). 7 - 8 - 2. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben jedoch mit der Sachrü-ge Erfolg. 8 a) Zu Recht rügt die Beschwerdeführerin, dass das [X.] die An-geklagten [X.] und [X.] im Fall I[X.] 11. der Urteilsgründe nicht wegen schwe-ren Bandendiebstahls, sondern nur wegen Bandendiebstahls verurteilt hat. Nach den Feststellungen drangen die beiden Angeklagten als Mitglieder einer [X.] stämmigen Tätergruppe, die sich mit dem Ziel zusammengeschlos-sen hatte, [X.] zu begehen, mit einem weiteren Mittäter in die Geschäftsräume eines [X.] ein, indem sie ein Rolltor gewaltsam [X.]. Anschließend brachen sie mit einer Spitzhacke eine Kasse auf. Aus die-ser und einer weiteren Kasse entnahmen sie 450 Euro Bargeld. Damit haben die Angeklagten nicht nur den Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirk-licht, sondern sich, da die Tat unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 StGB genannten Voraussetzungen begangen worden ist, eines schweren Ban-dendiebstahls gemäß § 244 a StGB schuldig gemacht. Der [X.] berichtigt die Schuldsprüche entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da ausge-schlossen werden kann, dass sich die geständigen Angeklagten anders vertei-digt hätten als geschehen. Die Berichtigung der Schuldsprüche führt zur Aufhe-bung der gegen die Angeklagten [X.] und [X.] im Fall I[X.] 11. der Urteils-gründe verhängten [X.] von einem Jahr ([X.] ) und einem Jahr und zwei Monaten ([X.]). Der [X.] kann angesichts des höheren (unteren) Strafrahmens des § 244 a Abs. 1 StGB (Mindeststrafe: 1 Jahr Freiheitsstrafe) nicht ausschließen, dass das [X.] insoweit bei zutreffender rechtlicher Einordnung auf höhere Einzelstrafen erkannt hätte. Dies zieht die Aufhebung der gegen die Angeklagten [X.] und [X.] erkannten Gesamtstrafen nach sich. 9 - 9 - b) Die gegen den Angeklagten [X.] verhängte Gesamtstrafe hat ebenfalls keinen Bestand. Das angefochtene Urteil lässt [X.] wie die Beschwerdeführerin zutreffend rügt - nicht erkennen, ob das Urteil des [X.] vom 17. Januar 2005, durch das der Angeklagte wegen fahrlässiger Körperver-letzung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt worden ist, zum Zeit-punkt des Erlasses des angefochtenen Urteils gesamtstrafenfähig im Sinne des § 55 StGB war. Den Urteilsgründen lässt sich insbesondere nicht entnehmen, ob die dort verhängte Strafe bereits vollstreckt oder anderweitig erledigt war. Dies zwingt zur Aufhebung der gegen den Angeklagten [X.] verhängten [X.], da bei [X.] das Urteil vom 17. Januar 2005 [X.] entfalten würde mit der Folge, dass aus den Einzelstrafen zu den Taten zu I[X.] 1. [X.] 8. der Urteilsgründe ([X.] vor dem 17. Januar 2005) eine Gesamtstrafe und in den Fällen I[X.] 9. und 10. der Urteilsgründe ([X.] nach dem 17. Januar 2005) eine weitere Gesamtstrafe zu bilden wäre, und zwar auch dann, wenn von der Möglichkeit der Aufrechterhaltung der Geldstrafe nach §§ 55, 53 Abs. 2 Satz 2 StGB Gebrauch gemacht würde (vgl. zu all dem [X.]/[X.] 53. Aufl. § 55 Rdn. 9 und 9a). Durch die Verhängung ei-ner einheitlichen Gesamtstrafe wird hier der Angeklagte begünstigt, da bei Bil-dung von zwei Gesamtstrafen bereits die insoweit maßgeblichen Einsatzstrafen - zwei Jahre und vier Monaten sowie zwei Jahre Freiheitsstrafe - in der Addition die vom [X.] verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 2 [X.] übersteigen würden. 10 - 10 - I[X.] Revisionen der Angeklagten [X.] und [X.] 11 Die Revisionen der Angeklagten [X.] und [X.] erweisen sich als un-begründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtferti-gungen keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben hat. 12 Tepperwien [X.] [X.] [X.] Ernemann

Meta

4 StR 87/06

13.07.2006

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2006, Az. 4 StR 87/06 (REWIS RS 2006, 2594)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2594

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