Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2011, Az. V ZR 242/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5179

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR 242/10
Verkündet am:

1. Juli 2011

Langendörfer-Kunz,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-
2
-

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juli 2011 durch [X.]
Dr.
Krüger, die Richter Dr.
Lemke und Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr.
Stresemann und den Richter Dr.
Czub

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 18.
November 2010 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Anspruchsberechtigung des [X.] nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz an einem von ihm und seiner Ehefrau genutzten 803 qm großen Grundstück (Flurstück 4/5), dessen Eigentümer die [X.] aufgrund eines seit Mai 2003 bestandskräftigen [X.] sind. Es ist Teil eines ursprünglich ca. 6.000
qm großen Grundstücks, welches seit 1952 unter staatlicher Verwaltung stand. [X.] wurde das Grundstück in Volkseigentum überführt; Rechtsträger war der Rat der Gemein-de. Aufgrund Teilung entstanden im Jahr 1980 die jetzigen Flurstücke 4/1 bis 4/5.
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Am 26.
April 1983 schlossen der [X.] und die heutige Ehe-frau des [X.] einen "Pachtvertrag", mit welchem ihr ab dem 1.
Januar 1983 ein 1.120
qm großes Grundstück "zur Nutzung für Ferien-
und Wochenendzwe-cke" überlassen wurde. Gemeint waren und genutzt wurden die Flurstücke 4/4 und 4/5. Auf letzterem errichtete die Ehefrau des [X.] einen Bungalow mit Wohn-
und Schlafraum, Küche, Bad, Diele und Terrasse, welcher eine Fläche von 45
qm hatte.
Am 6. März 1990 einigten sich der [X.], der Kläger und seine Ehefrau schriftlich darüber, dass alle Rechte und Pflichten aus dem "Pachtvertrag" mit Wirkung vom 1.
März 1990 auf den Kläger übergingen. Nach der Kündigung des Vertrags hinsichtlich des Flurstücks 4/4 gab der Kläger des-sen Nutzung zum 31.
Dezember 2005 auf.
Mit der Behauptung, der Bungalow habe von Anfang an eine [X.], einen Stromanschluss und eine Abwasserentsorgung gehabt, im [X.] sei eine Veranda angebaut worden und von Oktober 1989 bis Juli 1990 habe er -
mit Einverständnis seiner Ehefrau
-
aufgrund einer Genehmi-gung der [X.] Anbauten in massiver Bauweise errichtet, welche zu einer Gesamtfläche des Hauses von ca. 100 qm geführt hätten, und am 2.
Oktober 1990 hätten seine Ehefrau und er in dem Haus gewohnt, hat der Kläger die Feststellung seiner Anspruchsberechtigung nach dem [X.] an dem Flurstück 4/5 beantragt. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolgreich gewesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision wollen die [X.] ihre Abweisung erreichen. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

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4
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Klage für zulässig und begründet. Das Flurstück 4/5 sei vor dem 2.
Oktober 1990 mit Billigung staatlicher Stellen mit einem als Wohnhaus geeigneten Gebäude bebaut gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt sei allerdings nicht der Kläger, sondern seine Ehefrau Nutzer im [X.] des [X.] gewesen; denn sie sei trotz der Überleitung des "Pachtvertrags" auf den Kläger Eigentümerin des Gebäudes geblieben. Rechtlich sei sie deshalb unabhängig davon, wer die Baugenehmi-gung beantragt und die Anbauten errichtet habe, als diejenige anzusehen, die die Bebauung vorgenommen habe. Diese sei aufgrund des Pachtvertrags er-folgt. Schließlich sei davon auszugehen, dass sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau am 2.
Oktober 1990 ihren Lebensmittelpunkt auf dem Grundstück be-gründet hätten.

II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Fehlerfrei -
und von den [X.] nicht angegriffen
-
hat das [X.] die Klage als zulässig angesehen (vgl. §
108 Abs.
1 Sachen-RBerG).
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die Anspruchsberech-tigung des [X.] bejaht.
a) Die Ansprüche nach §
3 Abs.
1 Satz
1, §
15 Abs. 1 SachenRBerG setzen voraus, dass das Grundstück in einer nach §
5 SachenRBerG bereini-5
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-
5
-

gungsfähigen Weise genutzt wird, die Ehefrau des [X.] Nutzerin des Grund-stücks im Sinne von §
9 SachenRBerG war und der Kläger ihr Rechtsnachfol-ger ist oder dass der Kläger selbst Nutzer war. Die bereinigungsfähige Nutzung nach §
5 SachenRBerG wiederum erfordert eine den Anforderungen des §
12 SachenRBerG entsprechende Bebauung des Grundstücks.
b) Diese liegt nach §
12 Abs.
1 SachenRBerG entweder bei der Neuer-richtung eines Bauwerks auf dem Grundstück oder bei Baumaßnahmen an ei-nem bestehenden Bauwerk vor, welche den Umfang einer Neuerrichtung ange-nommen (§
12 Abs.
1 Halbsatz 2 Nr.
1 SachenRBerG) oder zu einer Verände-rung der Nutzungsart geführt (§
12 Abs.
1 Halbsatz 2 Nr.
2 SachenRBerG) ha-ben. Eine solche bauliche Investition ist hier zu bejahen. Das Berufungsgericht hat -
durch Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts
-
festgestellt, dass die Ehefrau des [X.] den Bungalow im Jahr 1983 und damit in den zeitlichen Grenzen des §
8 SachenRBerG errichtet hat. Damit liegt eine bauliche Investiti-on in der Form der Neuerrichtung eines Gebäudes vor. Weitere Anforderungen an die Bebauung stellt §
12 SachenRBerG nicht. Ob die vorgenommene Be-bauung zu einer bereinigungsfähigen Nutzung
führt, bestimmt sich somit nicht nach dieser Vorschrift, sondern nach den §§
5
bis
7 SachenRBerG (Senat, Ur-teil vom 20.
November 2009 -
V
ZR 175/08, NJW-RR
2010, 740, 741 f. Rn.
14), hier nach §
5 Abs. 1 Nr.
3 Satz
2 Buchst.
e SachenRBerG.
c) Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger oder seine Ehefrau die neben der Bebauung erforderlichen Voraussetzungen für eine bereinigungsfähige Nut-zung, hier die Eignung des Gebäudes zum Dauerwohnen und die Nutzung als Lebensmittelpunkt, geschaffen hat. Anspruchsberechtigt ist nach §
9 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz
2 SachenRBerG nämlich nicht nur der Nutzer, der das [X.] errichtet hat und damit nach §
9 Abs.
1 Satz
1 Nr.
3 SachenRBerG an-spruchsberechtigt ist, sondern auch sein Rechtsnachfolger. Das Gebäude muss 10
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6
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nicht schon
bei seiner Errichtung zum Dauerwohnen geeignet sein, sondern kann auch später in diesen Zustand versetzt werden. Das führt dazu, dass eine Anspruchsberechtigung auch dann besteht, wenn nicht der ursprüngliche [X.], der das Gebäude errichtet hat, sondern
sein Rechtsnachfolger die neben der Bebauung erforderlichen Voraussetzungen für eine bereinigungsfähige Nut-zung geschaffen hat. Für den mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Zweck, die am 2.
Oktober 1990 vorhanden gewesenen Investitionen des Nutzers zu
schützen, stellt das Gesetz allein auf das an diesem Stichtag erreichte Ergebnis ab; wann und durch den Beitrag welchen Nutzers die Nutzung [X.] geworden ist, ist danach unerheblich (siehe zu allem Senat, Urteil vom 20.
November 2009 -
V
ZR 175/08 aaO, Rn.
15 mwN).
d) Die Vereinbarung zwischen dem Kläger, seiner Ehefrau und dem [X.] vom 6.
März 1990 ist -
was das Berufungsgericht unterlassen hat
-
dahingehend auszulegen, dass -
wie von allen Beteiligten gewollt
-
der Kläger nicht nur anstelle seiner Ehefrau Berechtigter des "Pachtvertrags", son-dern auch Eigentümer der Baulichkeiten geworden ist. Damit ist er Nutzer im Sinne von §
9 Abs. 1 Satz 1 Nr.
3 SachenRBerG geworden. Sämtliche An-spruchsvoraussetzungen für eine bereinigungsfähige Nutzung liegen in seiner Person vor. Er hat den Bungalow in ein als Wohnhaus geeignetes Gebäude umgebaut; der Umbau erfolgte aufgrund des "Pachtvertrags", die [X.] waren nach den von den [X.] nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bis zum 2.
Oktober
1990 fertig gestellt, und der Kläger hatte nach der ebenfalls von den [X.] nicht angegriffenen Feststellung des Be-rufungsgerichts dort an diesem Stichtag seinen Lebensmittelpunkt. Schließlich erfolgten die Baumaßnahmen entgegen der Ansicht der [X.] auch mit Billigung staatlicher Stellen. Das folgt aus den von dem Kläger vorgelegten Bauzeichnungen, auf denen die Baugenehmigung der [X.] angebracht ist, und der Zustimmung der [X.] zu der Veränderung eines 12
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7
-

Bauwerks vom 13.
Juni 1990. Dass der Kläger entgegen der hierin enthaltenen Aufforderung die Fertigstellung der Baumaßnahme nicht der [X.] ange-zeigt hat, hat den rechtlichen Bestand der Zustimmung nicht berührt. Zum einen ist die Anzeigepflicht nicht als Bedingung der Baugenehmigung ausgestaltet. Zum anderen ist mangels gegenteiliger Feststellungen davon auszugehen, dass die Baumaßnahmen in der Weise ausgeführt wurden, wie sie beantragt und genehmigt worden sind. Die unterlassene Fertigstellungsanzeige konnte sich deshalb auf die Wirksamkeit der von der [X.] erteilten Genehmigung nicht auswirken.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
97 Abs.
1 ZPO.
Krüger
Lemke
Schmidt-Räntsch

Stresemann
Czub

Vorinstanzen:
[X.] (Oder), Entscheidung vom 18.12.2008 -
14 [X.]/06 -

OLG [X.], Entscheidung vom 18.11.2010 -
5 U 15/09 -

13

Meta

V ZR 242/10

01.07.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2011, Az. V ZR 242/10 (REWIS RS 2011, 5179)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5179

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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