Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2008, Az. I ZR 221/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3152

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 221/05 Verkündet am: 26. Juni 2008 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja 40 Jahre Garantie UWG §§ 3, 5 Abs. 1; [X.] § 202 Abs. 2 Der Abschluss eines Garantievertrages für die Haltbarkeit einer Sache mit einer Laufzeit von 40 Jahren ist mit den Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vereinbar. Die Werbung mit einer solchen Garantie ist nicht wett-bewerbswidrig, wenn sie sich auf eine Sache bezieht, die bei normaler Benut-zung eine entsprechend lange Lebensdauer hat (Abgrenzung zu [X.], [X.]. v. 9.6.1994 - [X.], [X.], 830, 831 = [X.], 732 - Zielfernrohr).
[X.], [X.]. v. 26. Juni 2008 - I ZR 221/05 - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 26. Juni 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 27. Oktober 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsge-richt dem Unterlassungsantrag hinsichtlich der Behauptung "[X.]gewährt für ihr [X.]" sowie den darauf rückbezogenen Auskunfts- und Schadensersatzfeststel-lungsanträgen stattgegeben hat. Die Berufung der Klägerin gegen das [X.]eil des [X.] - 8. Kammer für Handelssachen - vom 30. Juni 2004 wird auch im Umfang der Aufhebung zurückgewiesen. Von den Kosten erster und zweiter Instanz haben die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen. Die Kosten des [X.] fallen beiden Parteien je zur Hälfte, die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: Die Klägerin ist eine zum [X.] gehörende Gesellschaft, die unter der Marke "B. " Dachsteine und Dachziegel in [X.] vertreibt. 1 Die Beklagte stellt [X.] her und vertreibt diese. Sie hat [X.] mit einem Prospekt geworben, in dem es unter anderem heißt: 2 "[X.] weil es 40 Jahre Garantie nur auf das Material der Zukunft gibt". Die Klägerin hat diese und weitere Aussagen des Prospekts als wettbe-werbswidrig beanstandet und nach erfolgloser Abmahnung Klage erhoben. Zeitgleich hat eine "[X.]", die - wie dort vorgetragen - ebenfalls zum [X.] gehört, durch dieselben Rechtsanwälte wie die Klägerin des vorliegenden Verfahrens vor demselben [X.] eine Klage einge-reicht, mit der sie gleichlautende Klageanträge verfolgt. 3 Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, 4 wörtlich oder sinngemäß zu behaupten und/oder zu verbreiten, [X.]gewährt für ihr [X.]. - 4 - Es hat insoweit auch die Schadensersatzpflicht der [X.] [X.] und der Klägerin einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Verbreitung des Prospekts gewährt, der die Garantieaussage enthält. 5 Gegen diese Verurteilung wendet sich die Beklagte mit der vom Senat nur insoweit zugelassenen Revision. Die Klägerin beantragt, die Revision [X.]. 6 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat die Klage nicht unter dem Aspekt [X.] [X.] (§ 8 Abs. 4 UWG) für unzulässig gehalten. Für die Einreichung gleichlautender Klagen durch zwei Gesellschaften desselben Konzerns hätten sachliche Gründe gesprochen. Die Klägerin vertreibe in [X.] zwar in erheblichem Umfang Dachziegel und Dachsteine, nicht aber [X.]. Sie sei damit zwar ein großer, sachlich aber eher ent-fernter Wettbewerber der [X.]. Demgegenüber sei die Klägerin im [X.] als Herstellerin von [X.] eine unmittelbare Konkurrentin der [X.], die jedoch nach eigener Darstellung bisher nur in geringem Um-fang auf dem [X.] Markt vertreten sei. Deshalb sei zu erwarten gewesen, dass sich die Beklagte jeweils mit unterschiedlichen Argumenten gegen die [X.] der jeweiligen Klägerinnen verteidigen würde. Hätten diese in einem Verfahren als Streitgenossen geklagt, hätte unter Umständen eine Klä-gerin trotz bestehender Entscheidungsreife des sie betreffenden Teils des Rechtsstreits länger auf das [X.]eil warten müssen, wenn hinsichtlich der [X.] der anderen Klägerin eine Beweisaufnahme erforderlich geworden wäre. Die Werbung mit der 40-jährigen Garantie sei irreführend, da eine ent-sprechende Verpflichtung gegen § 202 Abs. 2 [X.] verstoße und deshalb nicht wirksam eingegangen werden könne. Eine Haltbarkeitsgarantie ergänze ledig-lich die Gewährleistungshaftung des Verkäufers, weshalb die Garantiefrist wie eine Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche zu behandeln sei. Dies gelte unabhängig davon, ob eine solche Garantie vom Verkäufer oder von ei-nem Dritten, etwa dem Hersteller, übernommen werde. Die durch die Werbung mit einer unwirksamen [X.] hervorgerufene Täuschung der Abneh-mer sei auch eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung. Ein Dach sei ein besonders langlebiges Erzeugnis, bei dem von der Ankündigung einer mehr als 30-jährigen Garantie eine nicht unerhebliche Anlockwirkung ausgehe. 8 I[X.] Die Revision ist in dem Umfang, in dem der Senat sie zugelassen hat, begründet. 9 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Unterlassungsklage nicht als rechtsmissbräuchlich i.S. von § 13 Abs. 5 UWG a.F., § 8 Abs. 4 UWG angesehen. 10 Nach der Rechtsprechung des [X.] kann die zeitgleiche Verfolgung desselben wettbewerbsrechtlichen Anspruchs durch zwei Konzern-unternehmen in zwei gesonderten Verfahren zwar missbräuchlich sein. Dies gilt jedoch nur, wenn kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich ist, den Anspruch in zwei getrennten Verfahren geltend zu machen ([X.] 144, 165, 170 - [X.] - 6 - bräuchliche [X.]; [X.], [X.]. [X.] - I ZR 67/98, [X.], 82, 83 = [X.], 1263 - Neu in [X.]). Die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Missbrauch scheide im [X.] Fall aus, weil die jeweils als Kläger auftretenden Unternehmen durch die beanstandeten Verletzungshandlungen unterschiedlich betroffen seien, hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vertreibt die Klägerin des vorliegenden Verfahrens in [X.] in großem Umfang herkömmliche Dachziegel und Dachsteine, sie stellt jedoch keine Metalldächer her. Demgegenüber ist die Klägerin des [X.]s nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt als Herstellerin von [X.] eine unmittelbare Konkurrentin der [X.], die jedoch nach eigener Darstellung nur in geringem Umfang auf dem deut-schen Markt tätig ist. Danach bestand die Möglichkeit, dass sich die Klagen auch bei Streitgenossenschaft unterschiedlich entwickelten und möglicherweise in dem einen Fall eine Beweisaufnahme hinsichtlich des [X.] zu der [X.] erforderlich werden konnte, in dem anderen jedoch nicht. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, dass das [X.] einen vernünftigen Grund für die getrennte Verfolgung des be-haupteten Wettbewerbsverstoßes in zwei Parallelverfahren angenommen hat. 12 2. Nicht gefolgt werden kann jedoch der Rechtsansicht des Berufungs-gerichts, die Werbung mit der 40-jährigen Garantie sei irreführend, weil eine entsprechende Verpflichtung gegen § 202 Abs. 2 [X.] verstoße und deshalb nicht wirksam eingegangen werden könne. 13 a) Nach § 202 Abs. 2 [X.] kann die Verjährung durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem [X.] - rungsbeginn hinaus erschwert werden. Diese Vorschrift hat nur für Ansprüche Bedeutung, die gemäß § 194 Abs. 1 [X.] der Verjährung unterliegen. Mit der beanstandeten Werbung bietet die Beklagte für ihre [X.] jedoch den Abschluss eines Garantievertrags an, der als solcher nicht der Verjährung unterliegt. [X.]) Die Beklagte wirbt mit einer Haltbarkeitsgarantie, die sie als Herstel-lerin der [X.] abgibt. Eingebaut werden die Dächer von [X.], gegen die dem Bauherrn die werkvertraglichen [X.] zustehen. Die Beklagte will also eine von gesetzlichen Gewährleis-tungsansprüchen unabhängige, selbständige Garantie übernehmen, die auf einer eigenständigen vertraglichen Grundlage beruht. 15 Dieses Garantieverhältnis, das für die Dauer von 40 Jahren abgeschlos-sen werden soll, unterliegt anders als ein aus einem Kauf- oder Werkvertrag fließender Gewährleistungsanspruch nicht der Verjährung. Ähnlich einem [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 23.1.2002 - [X.], NJW-RR 2002, 946, 947) handelt es sich bei dem selbständigen Garantievertrag um ein Dau-erschuldverhältnis, das - anders als die aus ihm erwachsenden Ansprüche - unverjährbar ist ([X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 194 Rdn. 2; [X.]/Hein-richs, [X.], 67. Aufl., § 194 Rdn. 7; [X.]/[X.], [X.] [2004], § 194 Rdn. 15; [X.], jurisPK-[X.], § 194 Rdn. 4). Ebenso wie die von der Gewährleistung des Verkäufers unabhängige kaufvertragliche Haltbarkeitsga-rantie eines Dritten nach § 443 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.] in [X.]/Medicus, [X.], [X.]. 5 Rdn. 394) hat eine entsprechende Garantie des [X.] für seine von Werkunternehmern bei Bestellern eingebauten Produkte nichts mit der Verjährung zu tun. Nur die Ansprüche verjähren, die sich [X.] der vereinbarten Garantiezeit aus dem Garantieverhältnis ergeben. Dabei 16 - 8 - kann hier dahingestellt bleiben, ob diese Ansprüche aus der Garantie der ge-setzlichen Gewährleistungsfrist des § 438 [X.] oder der regelmäßigen Verjäh-rungsfrist des § 195 [X.] unterliegen (vgl. [X.].[X.]/Westermann, 5. Aufl., § 443 Rdn. 22; [X.]/[X.] [X.]O § 443 Rdn. 14; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 443 Rdn. 31 und 36). [X.]) Der Abschluss eines Garantievertrags für die Haltbarkeit einer Sache mit einer Laufzeit von 40 Jahren ist daher mit den Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vereinbar. Dem steht die Entscheidung des Senats vom 9. Juni 1994 ([X.], [X.], 830, 831 = [X.], 732 - Ziel-fernrohr) nicht entgegen. In jenem Fall wurde die unbefristet erteilte Garantie-zusage als Verlängerung der kaufvertraglichen Gewährleistung und der wer-bende Hinweis hierauf als irreführend angesehen, weil eine entsprechende Verpflichtung wirksam nicht eingegangen werden konnte. Im Streitfall geht es dagegen nicht um die Verlängerung der Verjährungsfrist für gesetzliche Ge-währleistungsansprüche, sondern um die Gewährung einer selbständigen Ga-rantie. 17 b) Die [X.] ist auch nicht aus anderen Gründen als wettbe-werbswidrig anzusehen. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist eine langjährige Garantieübernahme wettbewerbsrechtlich im Allgemeinen nicht zu beanstanden, wenn sich die Gewährleistung auf die Haltbarkeit eines Mate-rials oder Werks bezieht, das bei normaler Abnutzung eine entsprechend lange Lebensdauer besitzt, und die [X.] für den Besteller nicht praktisch bedeutungslos ist ([X.], [X.]. v. 26.9.1975 - I ZR 72/74, [X.], 146, 147 = [X.], 735 - Kaminisolierung; [X.]. v. 31.1.1958 - I ZR 182/56, [X.], 455, 457 = WRP 1958, 151 - Federkernmatratzen). So liegt es hier. Eine Halt-barkeit von 40 Jahren kommt bei [X.] ohne weiteres in Betracht. Für 18 - 9 - einen Hauseigentümer ist eine langfristige Garantie für ein Dach auch offen-sichtlich von Interesse. 3. Da die Klägerin hinsichtlich der Werbung mit einer 40-jährigen Garan-tie keinen Unterlassungsanspruch hat, stehen ihr insoweit auch keine Scha-densersatz- oder Auskunftsansprüche zu. 19 4. [X.] beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO. 20 Bornkamm Ri[X.] Pokrant ist in Urlaub

Büscher und kann daher nicht unter- schreiben. Bornkamm

Schaffert [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.06.2004 - 3/8 O 153/03 - O[X.], Entscheidung vom 27.10.2005 - 6 U 185/04 -

Meta

I ZR 221/05

26.06.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2008, Az. I ZR 221/05 (REWIS RS 2008, 3152)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3152

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6 U 185/04

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