Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2018, Az. 3 StR 13/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11237

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:050418U3STR13.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
3 StR 13/18

vom
5. April 2018

Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:
nein
Veröffentlichung:
ja

StGB §
306a Abs.
1 Nr.
1

Zerstören im Sinne des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB setzt bei gemischt
genutzten Ge-bäuden eine durch die [X.]legung hervorgerufene Einwirkung auf die Sachsub-stanz einer selbständigen Wohneinheit voraus.

[X.], Urteil vom 5.
April 2018 -
3 StR 13/18 -
LG Hannover

in der Strafsache
gegen

wegen [X.]stiftung u.a.

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 5.
April 2018, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
[X.]

als Vorsitzender,

[X.]in
am [X.]
Dr. [X.],
die [X.] am [X.]
Dr. [X.],
[X.],
Dr. Leplow

als beisitzende [X.],

Staatsanwalt

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 1.
September 2017 im Ausspruch über die Gesamtstrafe dahin geändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt wird.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen [X.]stiftung in Tateinheit mit fahrlässigem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und [X.] (Fall
1 der Urteilsgründe) sowie wegen Vortäuschens einer Straftat (Fall
2 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verur-teilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft dagegen, dass der Angeklagte im Fall
1 der Urteils-gründe nicht der schweren [X.]stiftung (§
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB) sowie des vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion (§
308 Abs.
1 StGB) schuldig gesprochen worden ist; außerdem beanstandet sie die Höhe der in diesem Fall verhängten [X.] und die Strafaussetzung zur Bewährung. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang 1
-
4
-
zugunsten des Angeklagten Erfolg (vgl. §
301 [X.]); im Übrigen ist es unbe-gründet.
I.
Das [X.] hat zu Fall
1 der Urteilsgründe folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte fasste den Entschluss, eine Bar, die er in den von ihm gepachteten Geschäftsräumen im Erdgeschoss eines Hauses betrieb, in [X.] zu setzen, um Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen. In dem Ge-bäude befanden sich außer der Gaststätte vier Wohnungen, eine davon eben-falls im Erdgeschoss, zwei im Obergeschoss und eine im Dachgeschoss. Die zum Tatzeitpunkt vermieteten Wohnungen waren über einen separaten Haus-eingang zugänglich. Zu dem Haus gehörte außerdem [X.], der in einen Bereich für die Mieter der Wohnungen und einen davon durch eine Verbin-dungstür abgetrennten Bereich für die Gaststätte unterteilt war. Im [X.] verlie-fen die Gas-, Wasser-
und Stromleitungen, die der Versorgung der Wohnungen dienten. Der [X.]bereich der Gaststätte war vom Schankraum aus über eine Holztür mit einer dahinter liegenden Holztreppe zugänglich. Vom Mieterbereich des [X.]s führte eine Metalltür aus dem [X.] in den Garten.
Der Angeklagte wollte sich anderen gegenüber als Opfer unbekannter bewaffneter Täter darstellen, die von ihm
Geld erpresst, ihn gefesselt sowie im [X.] der Gaststätte eingesperrt und schließlich die Bar in [X.] gesetzt [X.]. Seinem Tatplan entsprechend schüttete er am 14.
März 2017 gegen [X.] zwei Liter Dieselkraftstoff als [X.]beschleuniger auf der
Holztheke aus und zündete ihn mittels eines Feuerzeugs an. Dabei war ihm bewusst, dass 2
3
4
-
5
-
der [X.] nicht nur die Bareinrichtung, sondern auch den Innenausbau des [X.] einschließlich der Decke, des Fußbodens und der Türen erfassen oder zumindest erheblich beschädigen werde; dies nahm er jedoch in Kauf. Mit einer Ausweitung des Feuers über die Räume der Bar hinaus auf die [X.] oder die Hausfassade rechnete der Angeklagte hingegen ebenso wenig wie damit, durch den [X.] einen der Hausbewohner zu verletzen.
Der in [X.] gesetzte Dieselkraftstoff erzeugte eine Stichflamme, bei de-ren Anblick der Angeklagte seine Tat sofort bereute. Er versuchte deshalb, das Feuer mit einer Decke zu löschen, was jedoch misslang. Da sich das Feuer rasch über das hölzerne Mobiliar ausbreitete, flüchtete der Angeklagte aus dem Schankraum in den [X.] und dort über die Zwischentür sowie den [X.]be-reich der Mieter zu der verschlossenen Außentür zum Garten, für die er keinen Schlüssel besaß. Dort fesselte er entsprechend seinem Tatplan seine Füße mit einem Panzerband und fing an, laut um Hilfe zu schreien.
Währenddessen erzeugte der brennende Dieselkraftstoff -
für den Ange-klagten gänzlich unerwartet
-
im Schankraum ein explosives Luft-Gas-Gemisch, das mit einer erheblichen Druckwelle verpuffte, wodurch das Feuer noch mehr an Stärke gewann. Die Einrichtung der Bar brannte bis auf einige Möbelreste komplett aus. Zudem griff das Feuer auch auf die Holztür mitsamt dem [X.] sowie die dahinterliegende Holztreppe zum [X.]
über, die ebenfalls zum Teil abbrannten. Sonstige Bestandteile des Gebäudes brannten nicht.
Durch die Hitzeeinwirkung wurden im Schankraum die Bodenfliesen, der Wandputz und die Gips-Karton-Deckenverkleidung völlig zerstört. Außerdem wurden die im [X.] verlaufenden Versorgungsleitungen für Gas, Strom und Wasser beschädigt, so dass die vier Wohnungen im Haus für einen Zeitraum 5
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-
6
-
von rund zweieinhalb Monaten ohne Grundversorgung blieben, wobei die Min-destreparaturzeit zwei Wochen betragen hätte. Im Übrigen
wurden die [X.] nur durch geringfügige Rußanhaftungen betroffen, die leicht durch eine Reinigung beseitigt werden konnten. Obwohl der [X.] erst nach mindestens 30
Minuten von der Feuerwehr gelöscht wurde, bestand keine Gefahr des Übergreifens auf die Hausfassade oder die Wohnungen, weil in dem unmittel-bar brandbetroffenen Schankraum nicht genügend Brennmaterial für eine der-artige Ausbreitung vorhanden war. An dem Gebäude entstand ein Sachscha-den in Höhe von 130.000

Der Angeklagte wurde nach einigen Minuten von Personen gerettet, die sich in der Nähe des Gebäudes aufgehalten hatten. Er hatte bereits eine erheb-liche Rauchgasintoxikation erlitten und schwebte in akuter Lebensgefahr.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft führt lediglich zu einer
Verringerung der gegen den Angeklagten ausgesprochenen Gesamtstrafe.
1.
Zum Schuldspruch im Fall
1 der Urteilsgründe hat die auf die Revision der Staatsanwaltschaft gebotene Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Vorteil oder zum Nachteil (§
301 [X.]) des
Angeklagten ergeben.
a)
Das [X.] hat mit [X.] Begründung davon abgese-hen, den Angeklagten im Fall
1 der Urteilsgründe wegen schwerer [X.]stif-tung (§
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB) zu verurteilen. Die Annahme der [X.], wonach der Angeklagte ein der Wohnung von Menschen dienendes Gebäude
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11
-
7
-
weder in [X.] gesetzt noch durch [X.]legung teilweise zerstört hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
aa)
Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Tatbe-stand des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB in der [X.] des Inbrandset-zens
in Fällen, in denen -
wie hier
-
ein einheitliches, teils gewerblich und teils zu Wohnzwecken genutztes Gebäude betroffen ist, nicht schon dann erfüllt ist, wenn allein für die gewerbliche Nutzung wesentliche Gebäudeteile in [X.] gesetzt werden und auszuschließen ist, dass das Feuer auf Gebäudeteile über-greift, die für das Wohnen wesentlich sind ([X.], Beschluss vom 26.
Janu-ar
2010 -
3
StR
442/09, [X.], 452). Die Feststellungen der [X.], wonach diese Gefahr hier nicht bestand und der Angeklagte auch nicht mit
einer Ausweitung des [X.]es auf die Wohnungen rechnete, beruhen auf einer Beweiswürdigung, die keinen durchgreifenden Rechtsfehler aufweist.
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§
261 [X.]). Ihm ob-liegt es, sich ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu [X.]. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung hat sich darauf zu [X.], ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze verstößt oder gesicherten Erfahrungs-sätzen widerspricht (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 31.
Mai 2016
-
3
StR
86/16, juris Rn.
11). Die Beweiswürdigung, die der Feststellung des [X.]s zugrunde liegt, dass die Gefahr eines Übergreifens des Feuers auf die Wohnungen nicht bestand, lässt solche Mängel nicht erkennen.
12
13
-
8
-
Das [X.] ist insoweit dem Gutachten des Sachverständigen ge-folgt, wonach in der Bar nicht genügend brennbares Material für eine Auswei-tung des [X.]es auf die Hausfassade und/oder die Wohnungen vorhanden war. Soweit die Revision beanstandet,
das Urteil lasse nähere Ausführungen dazu vermissen, worauf diese Annahme des Sachverständigen und -
ihm fol-gend
-
der [X.] beruhe,
lassen sich die für die revisionsgerichtliche Nachprüfung erforderlichen Umstände jedenfalls dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe in hinreichendem Maße entnehmen. Insbesondere breitete sich das Feuer danach zwar innerhalb der Bar schnell aus und führte dazu, dass deren Einrichtung nahezu vollständig ausbrannte. Es griff aber nicht auf andere
Gebäudebestandteile über, obwohl die Feuerwehr den [X.] erst nach Ablauf von mindestens 30
Minuten löschte.
Aus dem festgestellten [X.]verlauf ergeben sich mithin schon die Umstände, die die Annahme des [X.] belegen.
Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die Feststellung des Landge-richts, dass der Angeklagte nicht mit einer Ausweitung des [X.]es auf die Wohnungen rechnete, als rechtsfehlerfrei. Sie gründet ebenfalls darauf, dass es in der Bar an genügend brennbarem Material fehlte.
bb)
Aufgrund der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat das [X.] den Tatbestand des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB in der Taterfolgs-variante der teilweisen Zerstörung durch [X.]legung ebenfalls zu Recht als nicht erfüllt angesehen.
14
15
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-
9
-
(1)
Dazu gilt:
Diese [X.] liegt bei einem -
wie hier
-
gemischt, das heißt teils gewerblich und teils zu Wohnzwecken genutzten Gebäude vor, wenn ein zum selbständigen Gebrauch bestimmter, dem Wohnen dienender Teil des [X.] durch die [X.]legung
nach den allgemein an die teilweise Zerstörung zu stellenden Anforderungen zum Wohnen unbrauchbar geworden ist ([X.], Beschlüsse vom 6.
März 2013 -
1
StR
578/12, [X.], 647, 648; vom 14.
Januar 2014 -
1
StR
628/13, NJW 2014, 1123; Urteil vom 5.
Septem-ber
2017 -
5
StR
222/17, NJW 2018, 246, 247). Das ist der Fall, wenn infolge der brandbedingten Einwirkung das Tatobjekt einzelne von mehreren der auf das Wohnen gerichteten Zweckbestimmungen nicht mehr erfüllen kann, wobei hierzu insbesondere der Aufenthalt, die Nahrungsversorgung und das Schlafen zählen ([X.], Beschluss vom 6.
März 2013 -
1
StR
578/12, [X.], 647, 648; Urteil vom 5.
September 2017 -
5
StR
222/17, NJW 2018, 246, 247). [X.] ist insoweit die Vorstellung eines "verständigen [X.]" ([X.], Beschluss vom 6.
März 2013 -
1
StR
578/12, [X.], 647, 648; Urteil vom 5.
September 2017 -
5
StR
222/17, NJW 2018, 246, 247), wobei Unbrauchbar-keit zu Wohnzwecken erst anzunehmen ist, wenn eine Wohnung infolge des [X.]es für eine nicht unbeträchtliche Zeit nicht mehr zu diesem Zweck genutzt werden kann. Ob die Zeitspanne der Nutzungseinschränkung oder -aufhebung für eine teilweise Zerstörung durch [X.]legung ausreicht, ist objektiv, ebenfalls anhand des Maßstabs eines "verständigen [X.]" zu beurteilen ([X.], Beschlüsse vom 6.
März 2013 -
1
StR
578/12, [X.], 647, 648; vom 14.
Januar
2014 -
1
StR
628/13, NJW 2014, 1123; Urteil vom 5.
Septem-ber
2017 -
5
StR
222/17, NJW 2018, 246, 247). Demnach liegt eine teilweise Zerstörung durch [X.]legung im Sinne des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB bei
einem gemischt genutzten Gebäude nicht vor, wenn die brandbedingte Unbe-17
18
-
10
-
nutzbarkeit nur einen kurzen Zeitraum andauert
-
Stunden oder ein Tag reichen nicht aus ([X.], Urteil vom 12.
September 2002 -
4
StR
165/02, [X.]St 48, 14, 20
f.; Beschluss vom 10.
Januar 2007 -
5
StR
401/06, [X.], 270, 271)
-
oder lediglich solche Teile des Gebäudes betrifft, die nicht selbst dem Wohnen dienen, sondern nur funktional auf die Wohnnutzung bezogen sind, wie dies bei [X.]räumen typischerweise der Fall ist ([X.], Beschlüsse vom 6.
März 2013
-
1
StR
578/12, [X.], 647, 648; vom 10.
Januar 2007 -
5
StR
401/06, [X.], 270, 271).
Die [X.] der teilweisen Zerstörung durch [X.]legung im Sinne des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB ist nach der Rechtsprechung des [X.] allerdings nicht auf Fälle einer unmittelbaren [X.]einwirkung
in der Wohnung selbst beschränkt ([X.], Urteil vom 5.
September
2017
-
5
StR
222/17, NJW 2018, 246, 248). Sie ist vielmehr auch dann gegeben, wenn die Unbrauchbarkeit zu Wohnzwecken mittelbar auf die [X.]legung zu-rückzuführen ist, etwa auf eine erhebliche Verrußung infolge eines im gewerb-lichen Teil eines gemischt genutzten Gebäudes gelegten [X.]es ([X.], [X.] vom 6.
März 2013 -
1
StR
578/12, [X.], 647, 648; Urteil vom 5.
September 2017 -
5
StR
222/17, NJW 2018, 246, 247) oder auf den Ein-satz
von Löschmitteln ([X.], Urteil vom 14.
November 2013 -
3
StR
336/13,
[X.], 404, 405; Urteil vom
5.
September 2017 -
5
StR
222/17, NJW 2018, 246, 247).
Dies entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Tatbestands-alternative des [X.] durch [X.]legung ist durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts (6.
StrRG) vom 26.
Januar 1998 ([X.]
I,
S.
164) er-gänzend zu der bis dahin alleinigen Tatbestandshandlung des Inbrandsetzens in die [X.]stiftungstatbestände (§§
306, 306a StGB) aufgenommen worden, 19
20
-
11
-
weil die zunehmende Verwendung feuerbeständiger und feuerhemmender Baustoffe und Bauteile dazu führen kann, dass bei [X.]legungen zwar we-sentliche Gebäudebestandteile selbst nicht brennen, gleichwohl aber durch große Ruß-, Gas-
und Rauchentwicklung sowie durch starke Hitzeeinwirkung Gefährdungen für Leben und Gesundheit der Bewohner, aber auch für bedeu-tende Sachwerte entstehen (BT-Drucks. 13/8587,
S.
26; [X.], Urteil vom 12.
September 2002 -
4
StR
165/02, [X.]St 48, 14, 19). Der Gesetzgeber hielt die Tatbestandsergänzung für erforderlich, um auch in solchen Fällen "erheb-licher Menschengefährdung und hoher Sachschäden" eine "angemessene Ahndung der Tat" sicherzustellen, weil ihm die sonst möglicherweise einschlä-gigen Bestimmungen der §§
303, 305 StGB insoweit nicht ausreichend [X.]
(BT-Drucks. 13/8587,
S.
26; [X.], Urteil vom 12.
September 2002
-
4
StR
165/02, [X.]St 48, 14, 19).
(2)
An diesen Maßstäben gemessen hat die [X.] die mittelbar auf die [X.]legung zurückzuführende Verrußung der Wohnungen zutreffend nicht als teilweise Zerstörung im Sinne des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB gewertet. Die [X.] hatten nicht zur Folge, dass die Wohnungen für eine nicht unbeträchtliche Zeit nicht mehr genutzt werden konnten. Denn es handelte sich lediglich um geringfügige Rußanhaftungen, die leicht zu beseitigen waren.
Auch in der brandbedingten Beschädigung der im [X.] des Gebäudes verlaufenden Versorgungsleitungen für Gas, Strom und Wasser hat das Land-gericht zutreffend keine teilweise Zerstörung der Wohnungen gesehen. Die Be-schädigung der Versorgungsleitungen hatte zwar zur Folge, dass die [X.] für eine nicht unbeträchtliche Zeit unbenutzbar waren. Insoweit fehlt es aber an der für
ein "Zerstören" im Sinne des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB [X.] brandbedingten Einwirkung auf die [X.] der Wohnungen.
21
22
-
12
-
Der [X.] hat -
soweit ersichtlich
-
bislang nicht entschie-den, ob über die bisherige Rechtsprechung hinausgehend bei gemischt, auch wohnlich genutzten Gebäuden der Taterfolg der vollständigen oder teilweisen Zerstörung durch [X.]legung im Sinne von §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB bereits darin liegen kann, dass ausschließlich nicht dem Wohnen selbst dienende
Gebäudeteile -
etwa in den [X.]räumen verlaufende Versorgungsleitungen
-
von den [X.]folgen betroffen sind, die brandbedingte Zerstörung dort aber eine Nutzung der im Objekt gelegenen Wohnungen für eine ausreichende
Zeitspanne aufhebt (offengelassen in [X.], Beschluss vom 6.
März 2013
-
1
StR
578/12, [X.], 647, 649). Die Frage ist zu verneinen. Die [X.] der vollständigen oder teilweisen Zerstörung durch [X.]legung im Sinne des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB setzt bei gemischt genutzten Gebäuden stets eine unmittelbar oder mittelbar durch die [X.]legung hervorgerufene Einwirkung auf die [X.] einer selbständigen Wohneinheit voraus.
Das folgt bereits aus dem Wortsinn des Begriffs der "Zerstörung". Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist darunter zu verstehen, dass etwas sehr stark beschädigt und dadurch unbrauchbar bzw. unbenutzbar gemacht wird (vgl. www.duden.de, "zerstören").
Dem entspricht der juristische Sprachgebrauch. Das verdeutlicht ein Blick auf die im Siebenundzwanzigsten Abschnitt des StGB normierten Sach-beschädigungsdelikte, welche die Beschädigung oder Zerstörung von Sachen mit Strafe bedrohen. Der in §
303 Abs.
1, §
303b Abs.
1 Nr.
3
und §
304 Abs.
1 StGB verwendete Begriff des "Beschädigens" erfasst jede nicht ganz unerheb-liche körperliche Einwirkung auf die Sache, durch die die stoffliche Zusammen-setzung der Sache verändert oder ihre Unversehrtheit derart aufgehoben wird, dass die Brauchbarkeit für ihre Zwecke gemindert ist (vgl. RG, Beschluss vom 23
24
25
-
13
-
18.
Dezember 1939 -
2
D
646/39, [X.], 13, 14; [X.], Beschluss vom 13.
November 1979 -
5
StR
166/79, [X.]St 29, 129, 132; Urteil vom 12.
Febru-ar 1998 -
4
StR
428/97, [X.]St 44, 34, 38; vgl. ferner MüKoStGB/[X.], 2.
Aufl., §
303 Rn.
24; §
303b Rn.
15; §
304 Rn.
23). Der in §
303 Abs.
1, §
303b Abs.
1 Nr.
3 und §
304 Abs.
1 sowie außerdem in §
305 Abs.
1 sowie §
305a Abs.
1 StGB verwendete Begriff des "[X.]" wird im Vergleich zum Beschädigen als graduelle Steigerung verstanden: Eine Zerstörung liegt vor, wenn die Sache für ihren bestimmungsgemäßen Zweck völlig unbrauchbar ge-worden ist (vgl. LK/[X.], StGB, 12.
Aufl., §
303 Rn.
21 mwN; §
303b Rn.
22; §
304 Rn.
16; §
305 Rn.
11; §
305a Rn.
3). In jedem Fall setzt das Zerstören ebenso wie das Beschädigen einer Sache zwar keine Substanzverletzung, aber eine Einwirkung auf die [X.] voraus; das Bewirken einer Funktions-einbuße oder die gänzliche Aufhebung der [X.] einer Sache, ohne überhaupt auf deren [X.] einzuwirken -
beispielsweise durch Unterbrechung der Stromzufuhr bei elektrischen Geräten
-
stellt keine Beschä-digung bzw. Zerstörung dar (vgl. [X.], Beschluss vom 13.
November 1979
-
5
StR
166/79, [X.]St 29, 129, 132; MüKoStGB/[X.], aaO, §
303 Rn.
24, 26; LK/[X.], aaO, §
303 Rn.
11, jeweils mwN).
Schließlich entspricht es dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Rege-lung, eine (vollständige oder teilweise) Zerstörung durch [X.]legung im Sinne des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB bei gemischt genutzten Gebäuden nur dann als gegeben anzusehen, wenn die Unbewohnbarkeit einer selbständigen Wohnein-heit Folge einer brandbedingten Einwirkung auf die [X.] der Wohnung ist. Das ergibt sich aus der Intention des Gesetzgebers, die der [X.] des §
306a Abs.
1 StGB durch das 6.
StrRG zugrunde lag, wonach "eine angemessene Ahndung der Tat" auch dann sichergestellt werden sollte, wenn die [X.]legung infolge der Verwendung feuerbeständiger oder [X.]
-
14
-
hemmender Baumaterialien zwar nicht dazu führt, dass wesentliche Gebäude-bestandteile selbst brennen, gleichwohl aber "infolge großer Ruß-, Gas-
und Rauchentwicklung sowie durch starke Hitzeeinwirkung" eine "erhebliche Men-schengefährdung" sowie "hohe Sachschäden" entstehen
können (BT-Drucks. 13/8587, S.
26). Das Anliegen des Gesetzgebers, "Leben und Gesundheit der Bewohner" (BT-Drucks. 13/8587, S.
26) sowie "hohe Sachschäden" in solchen Fällen gleichermaßen zu schützen wie in Fällen, in denen wesentliche Gebäu-debestandteile brennen, lässt erkennen, dass er brandbedingte Einwirkungen auf die [X.] des Wohnobjekts im Blick hatte, nicht dagegen allein ein Hervorrufen der [X.]. Denn bei bloßen Funktionsbeeinträchtigun-gen ohne Einwirkung auf die [X.] sind Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Bewohner regelmäßig nicht zu erwarten. Entsprechendes gilt im Hinblick auf "hohe Sachschäden" infolge "großer Ruß-, Gas-
und Rauch-entwicklung sowie durch starke Hitzeeinwirkung"; die Intention des Gesetz-gebers, auch in diesen Fällen eine angemessene Ahndung der Tat sicherzustel-len, bezieht sich ersichtlich auf materielle Einbußen, die aufgrund von [X.] entstehen, nicht hingegen wegen bloßen Nutzungsausfalls.
b)
Die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten im Fall
1 der Urteils-gründe wegen lediglich fahrlässigen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion (§
308 Abs.
1, Abs.
5 StGB) ist aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu [X.]. Insoweit wird auf die Ausführungen in der Zuschrift des [X.] Bezug genommen.
2.
Der Ausspruch über die im Fall
1 der Urteilsgründe verhängte Frei-heitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten hält rechtlicher Überprüfung ebenso stand wie die Strafaussetzung zur Bewährung.
27
28
-
15
-
a)
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts.
Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle durch das Revisionsgericht ist ausge-schlossen. Es ist auch insoweit auf die Überprüfung von [X.], die namentlich darin bestehen können, dass das Tatgericht von einem falschen Strafrahmen ausgegangen ist, seine Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, es gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen hat oder sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, ge-rechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. zuletzt [X.], Urteil vom 14.
März 2018 -
2
StR
416/16, juris Rn.
12 mwN).
Von
diesen Maßstäben ausgehend hält der Strafausspruch im Fall
1 der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung stand. Insbesondere
ist es aus [X.] nicht zu beanstanden, dass die [X.] das Vorliegen eines min-der schweren Falles der [X.]stiftung im Sinne des §
306 Abs.
2 StGB bejaht hat. Sie hat insoweit ersichtlich alle wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände berücksichtigt und zumindest vertretbar gewürdigt. Die Annahme eines minder schweren Falles hält sich dementsprechend ebenso innerhalb des dem Tatgericht zustehenden Beurteilungsspielraums
wie die im Fall
1 der
Urteilsgründe verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist nicht erkennbar, dass die-se
das vertretbare Maß einer schuldangemessenen Sanktion unterschreitet.
b)
Die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung gemäß §
56 Abs.
1 und 2 StGB ist ebenso wie die Strafzumessung Aufgabe des [X.]. Ihm kommt auch insoweit ein weiter Beurteilungsspielraum zu, in [X.] Rahmen das Revisionsgericht jede rechtsfehlerfrei begründete Entschei-dung hinzunehmen hat (st. Rspr.;
vgl. etwa [X.], Urteil vom 13.
Juli 2016
-
1
StR
128/16, juris Rn.
38).
29
30
31
-
16
-
Nach diesem eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab ist die Strafaussetzung zur Bewährung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die [X.] hat insbesondere das Vorliegen
besonderer Umstände im Sinne des §
56 Abs.
2 StGB mit vertretbarer Begründung bejaht.
3.
Keinen Bestand hat dagegen der Ausspruch über die Gesamtstrafe. Die [X.] hat die Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten rechts-fehlerhaft bemessen. Sie hat die Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren aus der im Fall
1 der Urteilsgründe verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie einer Geldstrafe von 60
Tagessätzen in Höhe von jeweils 10

auf die sie im Fall
2 erkannt hat, gebildet und dabei nicht beachtet, dass die Gesamtstrafe die Summe der [X.]n nicht erreichen darf (§
54 Abs.
2 Satz
1 StGB). Das ist hier der Fall, weil die Gesamtstrafe aus einer Freiheits-
und einer Geldstrafe zu bilden war und bei der Bestimmung der Summe der [X.]n ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe entspricht (§
54 Abs.
3 StGB).
Da eine Freiheitsstrafe von längerer Dauer als einem Jahr nach vollen Monaten und Jahren zu bemessen ist (§
39 StGB) und die Gesamtstrafe ge-mäß §
54 Abs.
1 Satz
2
StGB durch Erhöhung der [X.] höchsten Strafe
-
hier mithin der Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten
-
zu bilden ist, kommt als gegen den Angeklagten zu verhängende Gesamtstrafe allein
32
33
34
-
17
-
eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten in Betracht. Der Senat hat den Ausspruch über die Gesamtstrafe deshalb entsprechend §
354 Abs.
1 [X.] geändert.
[X.]

s-bedingt gehindert zu unterschrei-ben.
[X.]
[X.]
[X.]
Ri[X.] Dr.
Leplow ist urlaubs-bedingt gehindert zu unterschrei-ben.
[X.]

Meta

3 StR 13/18

05.04.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2018, Az. 3 StR 13/18 (REWIS RS 2018, 11237)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11237

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