Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2016, Az. 3 StR 440/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 913

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:131216B3STR440.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 440/16
vom
13. Dezember
2016
in der Strafsache
gegen

wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
und der
Beschwerdeführerin
am 13.
Dezember
2016
gemäß §
349 Abs.
2 [X.] einstimmig beschlossen:

Die Revision der
Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4.
August 2016
wird verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s transportierte die Ange-klagte in der [X.] von August 2008 bis zum 29. September 2009 in vier Fällen Kokain in einer Menge von jeweils mindestens einem Kilogramm auf dem Luft-wege von [X.] nach [X.], wo sie die zum gewinnbringenden [X.] bestimmten Drogen noch vor ihrer Einreise in die [X.] übergab. Am 11. April 2010 begab sich die Angeklagte nach [X.], wo sie rund 2,5
kg Kokain zum Weitertransport nach [X.] übernahm. Die Drogen wurden indes am 20. April 2010 bei der Kontrolle am [X.] vor 1
2
-
3
-
ihrem Rückflug von der [X.] Polizei entdeckt. Wegen dieser letzten Tat wurde die Angeklagte in [X.] zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten sowie einer Geldstrafe verurteilt. Von der Freiheitsstrafe verbüßte sie drei Jahre im geschlossenen und sieben Monate im sogenannten halboffenen Vollzug, bevor ihr im April 2016 die Ausreise gelang. Die Tat von April 2010 ist im Ermittlungsverfahren Gegenstand des Haftbefehls des [X.] vom 12. April 2010 gewesen. In ihrer Abschlussverfügung hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren insoweit gemäß §
154 Abs.
1 [X.] einge-stellt und sodann wegen der vier im [X.]raum von August 2008 bis zum 29.
September 2009 durchgeführten [X.] erhoben. Im Hinblick auf die in [X.] vollstreckte Freiheitsstrafe hat
die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung einen Härteausgleich vorgenommen; eine Ent-scheidung über den Maßstab, in dem der in [X.] erlittene Freiheitsentzug auf die von ihr verhängte Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen ist, hat sie nicht getroffen.
2. Die auf die Sachrüge gebotene
umfassende materiellrechtliche Über-prüfung des Urteils hat zum Schuld-
und Strafausspruch aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben

349 Abs. 2
[X.]). Der vom [X.] be-antragten Zurückverweisung der Sache zur Entscheidung über den Maßstab, in dem die in [X.] erlittene Haft auf die Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen ist, bedarf es nicht.
a) Allerdings ist die in [X.] erlittene Auslandshaft gemäß §
51 Abs.
3 Satz
1 StGB
auf die von der Strafkammer erkannte Freiheitsstrafe
anzurech-nen. Hiernach
wird auf eine inländische Strafe eine im Ausland vollstreckte Strafhaft angerechnet, wenn der Angeklagte im Ausland wegen derselben Tat bestraft worden ist. Dies ist entgegen der Auffassung des [X.]s
nicht 3
4
-
4
-
nur der Fall, wenn das ausländische und das inländische Urteil dieselbe Tat im Sinne des prozessualen Tatbegriffs gemäß § 264 [X.] betreffen (vgl. [X.], Urteile vom 22.
Dezember
1987 -
1
StR 423/87, [X.]St 35, 172, 177;
vom 7.
Februar 1990 -
2 StR 601/89, [X.], 231, 232).
Nach der ratio legis des §
51 Abs.
3 Satz 1 [X.] ist eine erweiternde Auslegung geboten. Durch die Regelung soll zunächst verhindert werden, dass der Täter durch eine Doppel-verurteilung, zu der es kommt, weil ein früher ergangenes Strafurteil im Ausland nicht zum Strafklageverbrauch im Inland geführt hat, schlechter gestellt wird, als wäre er für die Tat (im prozessualen Sinne) nur einmal im inländischen Verfah-ren verurteilt worden.
Andererseits soll der Angeklagte durch die Anrechnung der ausländischen Strafvollstreckung aber auch nicht besser stehen, als er ge-standen hätte, wenn das gesamte Tatgeschehen im Inland abgeurteilt worden wäre.
Dem
lässt sich der [X.] entnehmen, den
Täter allgemein so zu stellen, als habe
der gesamte Freiheitsentzug im Inland stattgefunden. Dies bedingt die Auslegung des §
51 Abs. 3 Satz 1 StGB nach dem Vorbild des §
51 Abs.
1 Satz 1 StGB, der -
in Ausgestaltung des Aufopferungsgedankens (vgl. [X.], StGB, 2.
Aufl., §
51 Rn.
1)
-
die Anrechnung früher im Inland erlittener Freiheitsentziehung regelt. Danach setzt die Anrechnung (nur) voraus, dass der Täter den Freiheitsentzug
aus Anlass einer Tat erlitten hat, die
Ge-genstand des Verfahrens ist
oder gewesen ist
(sog. Grundsatz der [X.]). Für die
Annahme eines einheitlichen -
über §
264 [X.] hinausgehen-den
-
Tatbegriffs in § 51 Abs. 1 und Abs. 3 StGB spricht zudem der Verweis in Absatz
3 Satz 2 auf Absatz 1 der Vorschrift; für eine ungleiche Behandlung von im Ausland vollstreckten Freiheitsstrafen gegenüber sonstigen ausländischen Freiheitsentziehungen, die keine Strafvollstreckung darstellen, besteht kein sachlicher Grund ([X.], Urteil vom 5. November 2014 -
1 [X.], [X.]R StGB §
51 Abs.
4 Anrechnung 5
mwN). Die nach alledem für eine Tatidentität im Sinne des §
51 Abs. 3 Satz 1 StGB ausreichende funktionale Verfahrensein--
5
-
heit ([X.], Beschluss vom 26. Juni 1997 -
StB 30/96, [X.]St 43, 112, 115 ff.) liegt etwa dann vor, wenn die der ausländischen Strafvollstreckung zugrunde liegende Tat
-
wie hier -
Gegenstand eines im inländischen Ermittlungsverfah-ren
erlassenen Haftbefehls gewesen und das Verfahren insoweit später gemäß §
154 [X.] eingestellt worden ist ([X.], Urteil vom 22. Dezember 1987 -
1
StR 423/87, [X.]St 35, 172, 178; Beschluss vom 26. Juni 1997 -
StB 30/96, [X.]St 43, 112, 120).
b) Der vom [X.] beantragten Zurückverweisung der Sache zur Entscheidung über den Anrechnungsmaßstab hinsichtlich der in [X.] erlittenen Strafhaft bedarf es nicht. Die dort vollstreckte Strafe ist gemäß §
51 StGB bereits kraft Gesetzes auf die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe anzu-rechnen. Konstitutive Wirkung kommt im Rahmen des §
51 StGB allein der Ent-scheidung über den Anrechnungsmaßstab gemäß Abs.
4 Satz 2 der Vorschrift zu ([X.], Beschluss vom 2. November 2000 -
4 StR 471/00, [X.]R StGB §
51 Abs.
1 Anrechnung 2 mwN; Urteil vom 5.
November 2014 -
1
[X.], [X.]R StGB §
51 Abs. 4 Anrechnung 5). Deren Unterbleiben beschwert die Angeklagte im Hinblick auf die durch das [X.] verhängte Rechtsfolge nicht, da der Umfang der von ihr in [X.] verbüßten Strafhaft auch bei Zu-grundelegung des Mindestanrechnungsmaßstabs von 1:1 (vgl. [X.], Urteil vom 5.
November 2014
-
1 [X.], [X.]R StGB §
51 Abs.
4 Anrechnung 5) die vom [X.] erkannte Gesamtfreiheitsstrafe übersteigt; diese ist daher als bereits vollständig verbüßt zu werten. Sollten im Vollstreckungsverfahren aus anderen Gründen Zweifel über die Berechnung der gegenständlichen Freiheits-strafe entstehen, wird die Vollstreckungsbehörde im Rahmen des [X.] eine gerichtliche Entscheidung über den Anrechnungs-maßstab gemäß §
39 Abs.
5 Satz
3 StVollstrO i.V.m. §
458 Abs.
1, §
462 [X.] herbeiführen können (vgl. [X.], [X.], 7.
Aufl., §
458 Rn.
7; [X.]/[X.], 5
-
6
-
44. EL, §
458 Rn.
6; LR/Graalmann-Scheerer, [X.], 26. Aufl., §
458 Rn.
3;
SK-[X.]/[X.], 4.
Aufl., §
458 Rn.
6).
3. Da die Zurückverweisung der Sache zur Entscheidung über die Be-stimmung des [X.] [X.] erlittenen Strafhaft -
wie dargelegt -
nicht veranlasst ist, steht der sich ausschließlich auf die [X.] Entscheidung nach §
51 Abs.
4 Satz 2 StGB beziehende Aufhebungsantrag des [X.] einer Entscheidung des Senats im [X.] nach §
349 Abs. 2 [X.] nicht entgegen.
[X.] Gericke Spaniol

Tiemann

Berg
6

Meta

3 StR 440/16

13.12.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2016, Az. 3 StR 440/16 (REWIS RS 2016, 913)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 913

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 440/16 (Bundesgerichtshof)

Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe: Anrechnung von in Brasilien verbrachter Haftzeit wegen funktionaler Verfahrenseinheit bei Betäubungsmitteldelikten


1 StR 299/14 (Bundesgerichtshof)


1 StR 299/14 (Bundesgerichtshof)

Strafzumessung bei Betäubungsmitteldelikt: Gewährung eines Härteausgleichs neben der Anrechnung bereits vollstreckter Auslandshaft


2 Ws 1103/20 (OLG München)

Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begünstigung - Anrechnung der in Österreich erlittenen Untersuchungshaft


4 StR 580/19 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 StR 299/14

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.