Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.07.2010, Az. 9 B 104/09

9. Senat | REWIS RS 2010, 4945

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Gegenstand

Fernstraßenrechtliche Planfeststellung; Änderung einer Bundesfernstraße


Leitsatz

Die Änderung einer Bundesfernstraße kann nur dann zulässigerweise Gegenstand der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung sein, wenn es sich bei der Straße auch nach ihrer Umgestaltung weiterhin materiell um eine Bundesfernstraße handeln wird.

Gründe

1

Die [X.]eschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

2

Als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig wirft die [X.]eschwerde die Frage auf,

ob § 17 Satz 1 [X.], wonach [X.] nur gebaut oder geändert werden dürfen, wenn der Plan vorher festgestellt ist, im Falle der Änderung einer vorhandenen [X.] bei jeder wesentlichen Änderung gilt oder - wie das Oberverwaltungsgericht im angefochtenen Urteil annimmt - nur für den Fall, dass die bisherige [X.] auch nach der Änderung eine [X.] bleiben soll.

3

Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich ohne Weiteres anhand des Gesetzes und der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] beantworten lässt.

4

Das Grundgesetz trifft eine differenzierte Regelung der Verwaltungskompetenzen für das Straßenwesen. Nach Art. 90 Abs. 2 GG verwalten die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften die [X.]undesautobahnen und sonstigen [X.]undesstraßen des Fernverkehrs im [X.]. Für andere öffentliche Straßen gehört der Gesetzesvollzug nach Art. 30 GG zu den eigenen Angelegenheiten der Länder. Zur Auftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG zählt insbesondere auch die Planung des Neu- und Umbaus von [X.] ([X.], Urteil vom 3. Juli 2000 - 2 [X.] - [X.]E 102, 167 <173>). § 17 Satz 1 [X.] regelt die Zulassung diesbezüglicher Planvorhaben, indem er den [X.]au und die Änderung von [X.] der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung mit ihren spezifischen formell- und materiellrechtlichen Vorgaben unterwirft.

5

Daraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, [X.], die bestehende [X.] betreffen, seien ungeachtet der künftigen [X.] und der dadurch bestimmten Straßengruppe der veränderten Straße nach den fernstraßenrechtlichen [X.]estimmungen durchzuführen. Planung ist ein zukunftsgerichteter Vorgang, mit dem bestimmte ([X.] erreicht werden sollen. Fachplanungen haben sich deshalb auf die Ziele des jeweiligen [X.] auszurichten. Im Falle der [X.] sind dies die mit dem [X.]gesetz allgemein verfolgten Ziele, die in § 1 Abs. 1 [X.] mit seiner Definition der [X.] Ausdruck gefunden haben, namentlich die Steigerung der Leistungsfähigkeit des dem weiträumigen Verkehr dienenden Straßennetzes (vgl. Urteil vom 24. November 1989 - [X.]VerwG 4 C 41.88 - [X.]VerwGE 84, 123 <133>). Dem entsprechend hat das [X.] mehrfach entschieden, dass das [X.]gesetz den [X.]au einer Straße, die nach ihrer bei der Planung vorausgesetzten [X.] die für eine spätere Widmung zur [X.] maßgebenden Qualifikationsmerkmale des § 1 Abs. 1 [X.] erfüllen soll, ausschließlich den dafür einschlägigen planungsrechtlichen Vorschriften des [X.]rechts unterwirft und sie damit zugleich der landesrechtlichen Planfeststellung entzieht (Urteil vom 23. Januar 1981 - [X.]VerwG 4 C 4.78 - [X.]VerwGE 61, 295 <297>; [X.]eschluss vom 23. Dezember 1992 - [X.]VerwG 4 [X.] 188.92 - [X.]uchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 20 S. 35). Umgekehrt kann sich eine auf die Herstellung einer Straße mit der [X.] einer Landes-, Kreis- oder Gemeindestraße gerichtete Planung nicht auf die [X.]efugnis zur fernstraßenrechtlichen Planfeststellung nach § 17 Satz 1 [X.] stützen (vgl. [X.]eschluss vom 8. Oktober 1999 - [X.]VerwG 4 [X.] 53.99 - [X.]uchholz 11 Art. 28 GG Nr. 123 S. 5). Gleiches gilt auch dann, wenn es sich nicht um ein Neubau-, sondern ein Änderungsvorhaben handelt; denn die dem finalen Charakter von Planung entsprechende Ausrichtung auf die Ziele des jeweiligen [X.] ist jeder Ermächtigung zur Planfeststellung eigen. Sie findet deutlichen Ausdruck in dem Erfordernis der Planrechtfertigung, die besagt, dass das Vorhaben gemessen an den jeweiligen Zielvorgaben des [X.] vernünftigerweise geboten sein muss (vgl. Urteile vom 22. März 1985 - [X.]VerwG 4 C 15.83 - [X.]VerwGE 71, 166 <168> und vom 24. November 1989 a.a.[X.]). Diesem Erfordernis muss jedes Planvorhaben entsprechen, gleichviel, ob es sich um ein Neubau- oder ein Änderungsvorhaben handelt. Demgemäß kann auch die Änderung einer [X.] nur dann zulässigerweise Gegenstand der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung sein, wenn es sich bei der Straße auch nach ihrer plangemäßen Umgestaltung weiterhin materiell um eine [X.] handeln wird.

6

Entgegen der Auffassung der [X.]eschwerde wird dieses Ergebnis nicht dadurch in Frage gestellt, dass das [X.] die Aufhebung bzw. den Rückbau von [X.]ahnanlagen als möglichen Gegenstand eines bahnrechtlichen Planfeststellungsverfahrens nach § 36 [X.][X.]ahnG angesehen hat (vgl. Urteil vom 16. Dezember 1988 - [X.]VerwG 4 C 48.86 - [X.]VerwGE 81, 111 <115>; [X.]eschluss vom 7. Januar 1992 - [X.]VerwG 7 [X.] 153.91 - [X.]uchholz 442.08 § 36 [X.][X.]ahnG Nr. 20). Keine der vorgenannten Entscheidungen trifft Aussagen zu der Frage, ob sich bei der geplanten Umgestaltung eines Verkehrsweges in einen Verkehrsweg einer anderen Kategorie das Planfeststellungsverfahren nach dem für den bisherigen oder den künftigen Verkehrsweg geltenden Fachplanungsrecht richtet. Außerdem wird in keiner der beiden Entscheidungen das Erfordernis in Zweifel gezogen, dass Vorhaben der Fachplanung auf die Ziele des jeweiligen [X.] ausgerichtet sein müssen.

7

Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf ergibt sich auch nicht aus der von der [X.]eschwerde geltend gemachten [X.]esonderheit, dass der von dem geplanten Vorhaben umfasste Rückbau der bisherigen [X.]undesstraße zu einer Gemeindestraße eine als naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme für den Autobahnbau dienende Teilflächenentsiegelung einschließt. Dieser Konstellation wird man zwar eine fallübergreifende [X.]edeutung nicht absprechen können. An sie knüpfen sich aber keine Fragen, die nicht unmittelbar aus dem Gesetz beantwortet werden können. Die Ermächtigung zur fernstraßenrechtlichen Planfeststellung verschafft der Planfeststellungsbehörde zwar auch die [X.]efugnis, nach Maßgabe der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen anzuordnen. Für solche Maßnahmen kann namentlich auf Land zurückgegriffen werden, das nicht mehr als öffentliche Verkehrsfläche benötigt wird; ggf. ist die Einziehung der betreffenden Flächen zu verfügen. Es liegt aber auf der Hand, dass die [X.]efugnis zur Entwicklung eines naturschutzrechtlichen [X.] nicht zugleich die Möglichkeit einschließt, abweichend von den gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen Planvorhaben mit zu erledigen, die anderen Fachplanungsgesetzen unterfallen.

Meta

9 B 104/09

13.07.2010

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. September 2009, Az: 11 D 33/08.AK, Urteil

§ 17 S 1 FStrG, § 1 Abs 1 FStrG, Art 90 Abs 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.07.2010, Az. 9 B 104/09 (REWIS RS 2010, 4945)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4945

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2 BvG 1/96

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