Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2017, Az. BLw 3/16

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2017, 13092

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:300317BBLW3.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 3/16

vom

30. März 2017

in der Landwirtschaftssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 141 Abs. 3 Satz 1
Ist eine juristische Person [X.] eines Rechtsstreits, darf ein Ordnungsgeld gemäß §
141 Abs.
3 Satz
1 ZPO nur gegen sie, nicht jedoch gegen ihren gesetzlichen Vertreter festgesetzt werden.
[X.], Beschluss vom 30. März 2017 -
BLw 3/16 -
OLG Rostock

[X.]

-
2
-

Der [X.], [X.], hat am
30. März 2017 durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin Dr.
Brückner und [X.]
Göbel -
gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 [X.] ohne Zuziehung [X.] -

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Be-schluss des Oberlandesgerichts Rostock -
Senat für Landwirt-schaftssachen
-
vom 12.
Juli 2016 aufgehoben, soweit zu
seinem Nachteil entschieden worden ist.
Der Ordnungsmittelbeschluss des [X.] vom 18.
März 2016 wird insgesamt aufgehoben.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 200

Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer (weiterer Beteiligter) ist Geschäftsführer der [X.] mit beschränkter Haftung. Diese wird von den Klägern nach Kündigung eines Landpachtvertrages auf Nutzungsentschädigung in [X.] genommen.
Das Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht) bestimmte für den 18.
März 2016 einen Termin zur Güteverhandlung und für den Fall des [X.] oder Erfolglosigkeit der Güteverhandlung einen
unmittel-bar anschließenden frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung. In der 1
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-

Terminsverfügung wurde zum Zwecke der Aufklärung des Sachverhalts und eines Güteversuchs das persönliche Erscheinen der Kläger sowie der [X.] angeordnet. Für die Beklagte wurde der Beschwerdeführer geladen.
Zu dem Verhandlungstermin erschien für die Beklagte ein in Untervollmacht auftre-tender Rechtsanwalt, der über kein Mandat für einen
Vergleichsabschluss ver-fügte. Der Beschwerdeführer erschien zu dem Termin nicht.
Das Amtsgericht hat gegen den Beschwerdeführer wegen des [X.] im Termin ein Ordnungsgeld in Höhe von 200

Ordnungshaft, verhängt und ihm die durch sein Nichterscheinen entstandenen Mehrkosten auferlegt. Das Oberlandesgericht -
Senat für Landwirtschaftssa-chen -
hat den Ordnungsmittelbeschluss des Amtsgerichts insoweit aufgeho-ben, als hierin ersatzweise Ordnungshaft verhängt und dem Beschwerdeführer die Mehrkosten auferlegt worden sind. Im Übrigen hat es die Beschwerde zu-rückgewiesen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der zugelasse-nen Rechtsbeschwerde, mit der er die vollständige Aufhebung des Ordnungs-mittelbeschlusses erreichen möchte.
II.
Nach Auffassung des [X.] hat das Amtsgericht gegen den Beschwerdeführer zu Recht ein Ordnungsgeld in Höhe von 200

Die Voraussetzungen des §
141 Abs.
3 Satz
1
ZPO lägen vor, da der Be-schwerdeführer
trotz ordnungsgemäßer Ladung unter Hinweis auf die Folgen seines Ausbleibens nicht erschienen sei. Das
Ordnungsgeld sei auch zu Recht gegen den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Beklagten und nicht ge-gen die beklagte juristische Person verhängt worden.
Der insoweit abweichen-den herrschenden Meinung werde nicht gefolgt. Zwar spreche der Wortlaut der Vorschrift dafür, dass das Ordnungsgeld gegen die [X.] festgesetzt werden müsse. Für jeden Vertreter einer juristischen Person sei aber erkennbar, dass 2
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nicht diese,
sondern er als gesetzlicher Vertreter Adressat der Anordnung des persönlichen Erscheinens sei. Er müsse deshalb damit rechnen, dass das Ord-nungsgeld gegen ihn und nicht gegen die juristische Person verhängt werde. Dem stehe nicht entgegen, dass die Prozessförderungspflicht nur die [X.] treffe und die Folgen einer nicht sorgfältigen Prozessführung deshalb die juristi-sche Person als [X.] zu tragen habe. Hier gehe es nämlich um eine Sanktio-nierung, die unmittelbar keinen Einfluss auf den Ausgang des Rechtsstreits ha-be. Nur diese Auslegung entspreche Sinn und Zweck des §
141 ZPO, nämlich durch Anwesenheit der [X.] die Sachaufklärung und eine gütliche Einigung zu erleichtern.
III.
Die nach §
48 Abs.
1 [X.] i.V.m. §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2,
Abs.
3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige

575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Beurteilung des [X.] hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil es für die
Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der [X.] an einer Rechtsgrundlage fehlt.
1. Gemäß §
141 Abs.
3 Satz
1 ZPO kann gegen eine [X.], die im [X.] ausbleibt, ein Ordnungsgeld wie gegen einen
im Vernehmungstermin nicht erschienenen
Zeugen festgesetzt werden. Ob bei der Anordnung des persönli-chen Erscheinens einer juristischen Person -
hier der Beklagten als Gesell-schaft mit beschränkter Haftung
-
diese Adressat eines Ordnungsgeldbeschlus-ses ist oder aber ihr
gesetzlicher
Vertreter -
hier der Beschwerdeführer
-,
wird in Rechtsprechung und Literatur
nicht einheitlich beurteilt.
a) Nach der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Lite-ratur kann insbesondere im Hinblick auf den Wortlaut des § 141 Abs. 3 Satz 1 4
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5
-

ZPO ein Ordnungsgeld ausschließlich gegen die juristische Person verhängt werden
([X.], MDR
2006, 170; KG, NJOZ
2007, 3484; [X.], MDR
2012, 543; [X.], NJW-RR 2013, 575; [X.], MDR
2014, 50; [X.]/[X.], ZPO, 31.
Aufl., §
141 Rn.
14; PG/Prütting, ZPO, 7.
Aufl., §
141 Rn.
11; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 37.
Aufl., §
141 Rn.
5; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 14.
Aufl., §
141 Rn.
12; [X.], 6.
Aufl., §
141 Rn.
6; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 4.
Aufl., §
141 Rn.
60; [X.] ZPO/von [X.] [Stand
1.12.2016], §
141 Rn.
16).
b) Nach der Gegenmeinung, der sich das Beschwerdegericht ange-schlossen hat, ist
wegen des Zwecks des Ordnungsgelds und der Strafähnlich-keit der Sanktion das Ordnungsgeld nicht gegen die juristische Person, sondern gegen den geladenen und nicht erschienen gesetzlichen Vertreter festzusetzen ([X.], MDR
2001, 954; [X.], NZA-RR
2008, 491; [X.], BeckRS
2008, 54676; [X.], BeckRS
2010, 65621;
Stein/[X.], ZPO, 22.
Aufl., §
141 Rn.
252; siehe auch bereits [X.], JR
1925, 127).
2. Richtig ist die zuerst genannte Auffassung. Ist eine juristische Person [X.] eines
Rechtsstreits, darf ein Ordnungsgeld gemäß §
141 Abs.
3 Satz
1 ZPO nur gegen sie, nicht jedoch gegen ihren gesetzlichen Vertreter festgesetzt werden.
a) Hierfür spricht schon der eindeutige Wortlaut der
Vorschrift.
Die [X.] soll die jeweilige [X.]

treffen, die in dem Termin trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens ausbleibt. Hierfür spielt es keine Rolle, ob es sich um eine natürliche oder juristische Person handelt, eine Differenzierung erfolgt in-soweit nicht. Sämtliche Folgen der Prozessführung treffen stets nur die [X.]. Dass sich bei einer juristischen Person die Terminsladung [X.]. §
141 Abs.
2 Satz
2 ZPO an den gesetzlichen Vertreter richtet
(vgl. auch 7
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6
-

§
170 ZPO), beruht darauf, dass die juristische Person nur durch ihre gesetzli-chen Vertreter handeln kann.
b) Der Zweck einer Anordnung des persönlichen Erscheinens einer juris-tischen Person vermag eine von dem Wortlaut der Norm abweichende Ausle-gung nicht zu rechtfertigen.
Zweck des § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist nämlich
nicht -
dies im Unterschied zu den sitzungspolizeilichen Maßnahmen gemäß den §§ 177 und 178 GVG, die auch gegen gesetzliche Vertreter einer [X.] verhängt werden können (vgl. nur [X.]/Lückemann, ZPO,
31. Aufl., § 177 GVG
Rn. 2) -
eine (vermeintliche)
Missachtung des Gerichts zu ahnden, son-dern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. [X.], NJW 1998, 892, 893; [X.], Beschluss vom 12. Juni 2007 -
VI ZB
4/07, NJW-RR 2007, 1364 Rn.
16
mwN; [X.], Beschluss vom 22. Juni 2011 -
I [X.], NJW-RR 2011, 1363 Rn. 16; [X.], Beschluss vom 20. August 2007 -
3 [X.] 50/05, [X.], 252 Rn. 6; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., § 141 Rn. 12). Diese
Pflicht
obliegt der Prozesspartei, im vorliegenden Zusammenhang also der juristischen Person. Sie hat die Nachteile zu tragen, wenn sie ihrer Prozessförderungspflicht nicht nachkommt. Entsprechend ist sie auch Adressatin etwaiger Sanktionsmittel
[X.]. § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
c) Es trifft auch nicht zu, dass
der Sanktionszweck des § 141
Abs. 3 Satz
1 ZPO, wie
das Beschwerdegericht meint, allein durch die persönliche In-anspruchnahme des gesetzlichen Vertreters erreicht werden
kann.
aa) Leistet der gesetzliche Vertreter einer juristischen Person der Anord-nung des persönlichen Erscheinens der [X.] nicht Folge und wird gegen die juristische Person (zu Recht) ein Ordnungsgeld verhängt, kann die juristische Person den pflichtwidrig handelnden gesetzlichen Vertreter in Regress nehmen
(vgl. [X.], [X.], 170, 171; [X.], [X.], 543, 544). Dies hat wiederum zur Folge, dass
auch der gesetzliche
Vertreter selbst 10
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ein Interesse daran hat, die Pflichten zu erfüllen, die der von ihm vertretenen juristischen Person obliegen.
[X.]) Der Hinweis des [X.], die Sanktionsmöglichkeit ge-gen eine juristische Person laufe ins Leere, wenn diese
-
wie hier -
nicht über hinreichendes Vermögen verfüge, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Eine solche Gefahr besteht in gleicher Weise bei [X.] gegen eine nicht zahlungsfähige natürliche Person. Ein
Grund, insoweit juristische und na-türliche Personen unterschiedlich zu behandeln, besteht nicht.
IV.
Danach ist der angefochtene Beschluss des [X.], soweit der Beschwerdeführer beschwert ist, aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (§
577 Abs.
5 Satz
1 ZPO), ist der Beschluss des [X.] über die Verhängung eines Ordnungsgeldes insgesamt aufzuheben.
13
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8
-

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Juni 2007 -
VI
ZB 4/07, NJW-RR 2007, 1364 Rn.
23; Beschluss vom 22.
Juni 2011 -
I
[X.], NJW-RR 2011, 1363 Rn.
23).

[X.] Brückner

Göbel

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.03.2016 -
14 XV 2/16 -

OLG Rostock, Entscheidung vom 12.07.2016 -
14 [X.]/16 -

15

Meta

BLw 3/16

30.03.2017

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2017, Az. BLw 3/16 (REWIS RS 2017, 13092)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13092

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