Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2017, Az. 4 StR 142/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 4688

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Gegenstand

Revisionsbegründung: Anforderungen an die Inbegriffsrüge bei unterbliebener Erörterung einer Sacheinlassung des Angeklagten im Urteil


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Dezember 2016, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten „wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei Fällen, Betruges in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zum Missbrauch von [X.], wegen Anstiftung zum Missbrauch von [X.] sowie wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchtem Betrug“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

2

Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge der Verletzung von § 261 StPO Erfolg. Die weiteren Verfahrensrügen sowie die Sachrüge bedürfen daher keiner näheren Erörterung.

3

Die Revision beanstandet zu Recht, dass das [X.] in seiner Beweiswürdigung davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe sich „zur Sache nicht eingelassen“, obwohl er sich, was durch das [X.] bewiesen ist, am 10. Hauptverhandlungstag zur Sache eingelassen hat.

4

1. Die Rüge ist zulässig erhoben.

5

Entgegen der Ansicht des [X.] gehört der Inhalt der Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht zu den den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und musste deshalb in der [X.] auch nicht vorgetragen werden. Den Inhalt der Sacheinlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung festzustellen - in welcher Form auch immer diese erfolgt ist - ist Sache des Tatrichters, der dafür bestimmte Ort sind die Urteilsgründe (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. Dezember 2008 - 3 [X.], [X.]R StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; vom 10. Dezember 2014 - 3 StR 489/14, [X.], 473).

6

2. Die Rüge hat auch in der Sache Erfolg.

7

a) Angesichts der durch das [X.] bewiesenen Tatsache (§ 274 StPO), dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 15. Dezember 2016 „weiter zur Sache“ aussagte, sind die Urteilsgründe lückenhaft. Sie ermöglichen dem Senat nicht die Nachprüfung, ob der Tatrichter bei der Urteilsfindung alles verwertet hat, was Gegenstand der Hauptverhandlung war. Vielmehr ist zu besorgen, dass das [X.] bei der Beweiswürdigung die Einlassung des Angeklagten nicht mit berücksichtigt hat und seiner Überzeugungsbildung deshalb eine tragfähige Grundlage fehlt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 10. August 2007 - 2 [X.], [X.], 235; vom 22. Juni 2017 - 1 [X.]/17).

8

b) Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Verstoß gegen § 261 StPO beruht. Der Inhalt der Einlassung des Angeklagten ist wegen des Verbots, den Inhalt der Hauptverhandlung zu rekonstruieren, der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht zugänglich (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. August 2003 - 3 StR 17/03, [X.]R StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 8; vom 27. März 2008 - 3 StR 6/08, [X.]St 52, 175, 180; vom 9. Dezember 2008 - 3 [X.], [X.]R StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; im Ergebnis ebenso [X.], Beschluss vom 22. Juni 2017 - 1 [X.]/17).

Sost-Scheible     

       

Cierniak     

       

[X.]

       

Bender     

       

Quentin     

       

Meta

4 StR 142/17

27.09.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hannover, 20. Dezember 2016, Az: 31 KLs 9/15

§ 261 StPO, § 267 StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2017, Az. 4 StR 142/17 (REWIS RS 2017, 4688)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4688


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 4 StR 142/17

Bundesgerichtshof, 4 StR 142/17, 27.09.2017.

Bundesgerichtshof, 4 StR 142/17, 27.09.2017.


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4 StR 142/17 (Bundesgerichtshof)


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