Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.06.2018, Az. 4 StR 116/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 7080

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Gegenstand

Tateinheit bei Aufbewahrung unterschiedlicher Betäubungsmittel


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 5. Dezember 2017

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;

b) im Strafausspruch dahin geändert, dass unter Wegfall der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und der Einzelstrafen eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten festgesetzt wird.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Angeklagte wendet sich mit der Sachrüge gegen seine Verurteilung. Sein Rechtsmittel hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Zutreffend hat der [X.] ausgeführt:

"Die Annahme zweier rechtlich selbständiger Taten hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Ausweislich der Urteilsgründe ist die Kammer zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass die Messer in dem vergleichsweise kurzen Zeitraum, in dem das Kokain gemeinsam mit dem längere Zeit dort befindlichen Heroin in der Wohnung gelagert war, 'zufällig anderweitig verwahrt waren oder benutzt wurden' ([X.]). Sie hat deshalb unter Anwendung des [X.] den Angeklagten für das Kokaingeschäft (Tat [X.])) nicht wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sondern wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Bei der konkurrenzrechtlichen Beurteilung hat sie indes übersehen, dass der [X.] auch hier (erneut) zur Anwendung gelangen muss ([X.]R StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1 bis 4).

Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist schon dann verwirklicht, wenn der zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte gefährliche Gegenstand in einem Stadium des Tathergangs zur Verfügung steht (vgl. [X.], Urteil vom 12. Januar 2017 - 1 [X.], [X.], 714, 715; Urteil vom 8. Dezember 2016 - 4 StR 246/16, Rn. 13; st. Rspr.). Durch das Bereithalten der Messer in der Wohnung während der gemeinsamen Lagerung des noch nicht vollständig abverkauften Heroins aus der Tat [X.]) der Urteilsgründe und des Kokains aus der Tat [X.]) der Urteilsgründe wäre der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG jeweils durch ein und dieselbe Tathandlung erfüllt. Diese Teilidentität der tatbestandlichen Ausführungshandlung führte zur Annahme von Tateinheit (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 2017 - 4 StR 562/17; [X.], Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, [X.], 218, 219 mwN).

Dies zugrunde gelegt, ist bei der konkurrenzrechtlichen Beurteilung zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass sich die Messer - in der festgestellten Art und Weise ([X.] f.) - auch während der gemeinsamen Lagerung des Heroins und des Kokains in der Wohnung befanden. Damit stehen beide Taten im Verhältnis der Tateinheit zueinander.“

3

Der [X.] hat den Schuldspruch entsprechend umgestellt. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldspruch nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

4

Die Änderung des Schuldspruchs hat den Wegfall der vom [X.] festgesetzten Einzelstrafen zur Folge. Der [X.] kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als einzige Strafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass das [X.] allein aufgrund der geänderten [X.] eine niedrigere Strafe verhängt hätte, weil eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung des [X.]s bei - wie hier - unverändertem Schuldumfang kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 [X.], [X.]St 49, 177, 184; Beschlüsse vom 9. März 2005 - 2 [X.], [X.], 199, 200 und vom 2. Dezember 2014 - 4 StR 473/14).

5

2. Die Begründung, mit der das [X.] eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat, weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Das [X.] hat bei der Ausübung seines Ermessens zu Recht bedacht, dass eine spätere Integration des Angeklagten in [X.] nicht zu erwarten ist (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Juni 2017 - 4 [X.], [X.], 283; vgl. auch Urteil vom 6. Juli 2017 - 4 [X.], [X.]R StGB § 64 Satz 2 Erfolgsaussicht 4). Zwar sind die von der [X.] in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen zu einer Ausweisung des Angeklagten nach den §§ 53, 54 des [X.]es insoweit rechtsfehlerhaft, als das [X.] auf den Angeklagten als Unionsbürger unmittelbar keine Anwendung findet (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 [X.], § 11 Freizügigkeitsgesetz/[X.]). Rechtsgrundlage für die Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts von [X.]-Bürgern ist vielmehr § 6 Freizügigkeitsgesetz/[X.]. Soweit es hierzu im Urteil heißt: „Zwar darf er nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 [X.] ausgewiesen werden, der die Ausweisung eines Unionsbürgers nur erlaubt, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist ...“ ([X.]), handelt es sich bei der Angabe des Paragraphen aber wohl lediglich um einen Missgriff. Denn die von der [X.] genannten Voraussetzungen sind in § 6 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/[X.] enthalten, während § 53 Abs. 2 [X.] einzelne Kriterien für die Abwägung bei einer Ausweisung nach § 53 Abs. 1 [X.] aufzählt, der für Unionsbürger gerade nicht gilt. Inhaltlich ist die [X.] jedenfalls von zutreffenden Voraussetzungen der Ausweisung eines Unionsbürgers ausgegangen.

6

3. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise zu entlasten.

Sost-Scheible     

        

Roggenbuck     

        

Cierniak

        

Bender     

        

Feilcke     

        

Meta

4 StR 116/18

27.06.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bielefeld, 5. Dezember 2017, Az: 10 KLs 19/17

§ 30a Abs 2 Nr 2 BtMG, § 52 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.06.2018, Az. 4 StR 116/18 (REWIS RS 2018, 7080)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7080

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