Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2006, Az. IX ZR 133/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 889

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 9. November 2006 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 49, 110, 129 Abs. 1, § 140 Abs. 1 BGB § 1123 Abs. 1 a) [X.] erwirbt mit dem Grundpfandrecht ein Absonderungs-recht auch an den mithaftenden Miet- und Pachtzinsforderungen. b) Verrechnet der Grundschuldgläubiger, dem der Schuldner die Mietzinsforderungen abgetreten hat, bis zur Insolvenzeröffnung eingehende Mietzahlungen mit einer Forderung gegen den Schuldner, so werden die Gläubiger hierdurch nicht benach-teiligt, wenn der Grundschuldgläubiger das [X.] zuvor unanfecht-bar erworben hat. [X.], [X.]eil vom 9. November 2006 - [X.] - [X.] [X.] - 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2006 durch [X.] [X.], [X.], Dr. [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] und die [X.] der [X.] gegen das [X.]eil des 27. Zivilsenats des [X.] vom 14. Juni 2005 werden zurückgewiesen. Von den in der Revisionsinstanz angefallenen Kosten tragen der Kläger 57 % und die [X.] 43 %. Von Rechts wegen Tatbestand: [X.]und die Rechtsvorgängerin der [X.] (fortan nur: die [X.]) schlossen im Jahr 1995 einen Kreditvertrag zur [X.] des Erwerbs eines Grundstücks in [X.]. Zur Besicherung des Darlehens wurde eine Grundschuld in das Grundbuch eingetragen; ferner trat [X.]sämtliche künftigen Ansprüche aus der Vermietung des finanzierten Objekts an die [X.] ab. Der Kreditnehmer verstarb am 13. Februar 2000. Aufgrund eines Antrags vom 3. Juli 2001 wurde am 2. November 2001 das In-solvenzverfahren über den Nachlass eröffnet und der Kläger zum Insolvenz-verwalter bestellt. Am 9. April 2002 ordnete das Vollstreckungsgericht auf [X.] der [X.] die Zwangsverwaltung des Grundstücks an. 1 - 4 - In der [X.] vom 1. Mai 2001 bis zum 8. April 2002 gingen auf einem bei der [X.] eingerichteten Konto der Erben Mieteinnahmen ein; nach Abzug [X.] Nebenkosten verblieb ein Betrag von 70.570,29 •, den die [X.] mit ihrer Darlehensforderung verrechnete. 2 Die auf Rückzahlung dieses Betrags gerichtete Anfechtungsklage hat das [X.] abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die [X.] verurteilt, die Mieten für die Monate Dezember 2001 bis (anteilig) April 2002 in Höhe von 30.242,59 • zurückzuzahlen; im Übrigen hat es die Berufung des [X.] zu-rückgewiesen. Hiergegen richten sich im Umfang ihrer jeweiligen Beschwer die zugelassene Revision des [X.] und die [X.] der [X.]. 3 Entscheidungsgründe: A. Das Berufungsgericht, dessen [X.]eil u.a. in [X.], 433 veröffentlicht ist, hat gemeint, der Kläger könne die Rückgewähr der bis zur Insolvenzeröff-nung eingegangenen und von der [X.] verrechneten Mieten nicht verlan-gen. Es fehle an einer Gläubigerbenachteiligung. Zwar ergebe sich dies weder aus der Vorausabtretung der [X.] noch aus der "[X.]". Jedoch habe die [X.] mit den Erben den Einzug der Mieten und die anschließende Verrechnung vereinbart; ohne diese Abrede hätte die [X.] rechtzeitig die Anordnung der Zwangsverwaltung des Grundstücks erwirkt. Auf die seit Dezember 2001 eingegangenen, um die objektbezogenen Ausgaben 4 - 5 - bereinigten Mieten habe der Kläger einen Anspruch entweder aus dem [X.] oder aus ungerechtfertigter Bereicherung. B. Das Berufungsurteil hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. 5 [X.] Revision des [X.] 6 Der Kläger hat keinen Anspruch aus Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff, 143 [X.] auf Rückgewähr der Mieten für die Monate Mai bis [X.] 7 Die Anfechtung scheitert daran, dass die Insolvenzgläubiger infolge der Einziehung und Verrechnung der bis einschließlich November 2001 eingegan-genen Mieten nicht benachteiligt worden sind. Jede erfolgreiche Anfechtung setzt voraus, dass ihr Gegenstand ohne die Rechtshandlung gerade zum [X.] Vermögen des Insolvenzschuldners - hier des Nachlasses - gehört, also dem Zugriff der Insolvenzgläubiger offen gestanden hätte ([X.] 72, 39, 42 f; [X.], [X.]. v. 17. Juni 2004 - [X.] ZR 124/03, [X.], 1509, 1510). Ist ein Ab-sonderungsrecht nicht anfechtbar entstanden, kann die anschließende [X.] durch Zahlung nicht angefochten werden, weil sie die Gläubiger nicht be-nachteiligt ([X.] 157, 350, 353; [X.], [X.]. v. 11. Juli 1991 - [X.] ZR 230/90, [X.], 1014, 1017; v. 21. März 2000 - [X.] ZR 138/99, [X.], 898). 8 - 6 - 1. Die [X.] ist Inhaberin einer Grundschuld an dem zum Nachlass gehörenden vermieteten Grundstück. Gemäß § 1123 Abs. 1, § 1192 BGB er-streckt sich das Grundpfandrecht auf die Mietforderungen. Verfügungen des Schuldners über mithaftende Forderungen aus seinem Grundstück zugunsten von Grundpfandgläubigern benachteiligen die Insolvenzgläubiger grundsätzlich nicht. Denn eine solche Maßnahme bewirkt lediglich, dass die gesetzliche Haf-tung und Rangfolge aufrechterhalten wird. Daher bewirkt die mit Beginn des jeweiligen Monats wirksam werdende Vorausabtretung (§ 140 Abs. 1 [X.]; vgl. [X.], [X.]. v. 30. Januar 1997 Œ [X.] ZR 89/96, [X.], 513, 514) für die Monate Mai bis November 2001 (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 [X.]) keine Gläubigerbenachteiligung. Dann kann auch die Einziehung der Mietzinsen und die Verrechnung des um die Betriebskosten bereinigten Betrages mit der [X.] der [X.] eine solche Benachteiligung nicht herbeiführen (vgl. [X.]. 1914, 11 f; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 129 Rn. 158; [X.]/[X.], [X.]. § 29 Rn. 62; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 129 Rn. 121; [X.] Z[X.] 2006, 742, 749 f; s. auch [X.]. 1907, 1107, 1110; [X.], 176 zum Nießbrauch; a.A. [X.]. 1914, 12; [X.] 2006, 258 f). Anders verhält es sich nur, wenn und soweit die Einkünfte aus dem Grundstück die dinglich gesicherten Forderungen übersteigen (vgl. MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO); dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte. 9 Die Auffassung des Berufungsgerichts, Voraussetzung für das Entstehen eines solchen [X.]s sei die [X.]agnahme des Grundstücks aufgrund des dinglichen Anspruchs, trifft nicht zu (so bereits [X.] 1914, 1378, 1379). 10 - 7 - Die Grundschuldhaftung begründet ein gegenwärtiges Pfandrecht an den Mietzinsforderungen ([X.]/[X.], [X.]. 2002 § 1123 Rn. 11). Dies folgt aus § 1123 Abs. 1 BGB und § 49 [X.]. Nach der letzteren Vor-schrift sind Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus Gegenständen "zusteht", die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unter-liegen, nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. Damit überein-stimmend sieht § 1124 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, dass die Haftung der Forderung unter den dort bezeichneten Voraussetzungen erlischt. Die [X.]agnahme, die das [X.] eines persönlichen Gläubigers erst entstehen lässt (§ 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]), leitet beim dinglichen Gläubiger lediglich die Befrie-digung aus dem belasteten Recht ein ([X.] 163, 201, 208); sein Absonde-rungsrecht entsteht jedoch zuvor nach Maßgabe der jeweiligen materiell-rechtlichen Bestimmungen (vgl. [X.] aaO). Der persönliche Gläubiger hat folglich keinen Anspruch auf vorrangige Befriedigung, wenn der dingliche Gläu-biger vor einer Pfändung durch den persönlichen Gläubiger sich zum Schutz seines dinglichen Rechts eine im Erfolg der Zwangsverwaltung gleichkommen-de Sicherungszession hat geben lassen (vgl. RG aaO). 11 Der Senat hat damit übereinstimmend ein [X.] des Grundpfandgläubigers an den mithaftenden Miet- und Pachtzinsforderungen bereits in seinem [X.]uss vom 13. Juli 2006 ([X.] ZB 301/04, [X.], 1685, 1686 f) angenommen. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus dem Senatsurteil vom 8. Dezember 1988 ([X.] ZR 12/88, NJW-RR 1989, 200). Der dort verwandte Be-griff der "potentielle(n) Haftung" bezeichnete lediglich den Umstand, dass die von der Grundschuldhaftung umfassten Mietzinsforderungen vor der [X.]ag-nahme enthaftet worden waren. 12 - 8 - 2. Anhaltspunkte dafür, dass die [X.] im Jahre 1995 die [X.] in anfechtbarer Weise erlangt hat, bestehen nicht. 13 I[X.] [X.] der [X.] 14 Die zulässige, insbesondere statthafte (vgl. [X.], [X.]. v. 23. Februar 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 651; Hk/[X.], ZPO § 554 Rn. 4, 5 m.w.N.) [X.] der [X.] ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die [X.] einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Heraus-gabe der ab Dezember 2001 eingegangenen Mieten abzüglich der [X.] Ausgaben. 15 Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die [X.] mit Ablauf des Monats November 2001 gemäß § 91 Abs. 1, § 110 [X.] weder aufgrund der Vorausabtretung noch aufgrund der Abrede mit den Erben Rechte an den Mietzinsforderungen erlangen konnte (so auch [X.] aaO S. 259). Zu keinem anderen Ergebnis führt die Behauptung der [X.], sie habe ihr Recht zur abgesonderten Befriedigung aus den [X.] im [X.] mit dem Kläger ausgeübt: 16 Der Senat hat in seinem [X.]uss vom 13. Juli 2006 (aaO S. 1686) ausgeführt, dass "nur die Zwangsverwaltung den [X.] und Pachten zugunsten absonderungsberechtigter Grundpfandgläubiger überwindet." Damit ist jedoch nichts darüber gesagt, ob 17 - 9 - und unter welchen Voraussetzungen der Insolvenzverwalter mit Absonderungs-berechtigten gesonderte Vereinbarungen schließen kann. In der [X.] wurde wiederholt eine Verwertungsvereinbarung der von der [X.] behaupteten Art anerkannt ([X.], 118, 120 ff; [X.] WM 1993, 434, 435 f). Hierauf bedarf es jedoch keines [X.]. Denn das Berufungsgericht hat eine Vereinbarung der Parteien über die Durchführung einer abgesonderten Befriedigung der [X.] aus den [X.] rückwirkend ab Dezember 2001 ausgeschlossen. Seine Würdigung, das Schreiben des [X.] vom 25. Februar 2002 enthalte kein dahin gehendes Angebot, hält sich im Rahmen des dem Tatrichter zukommenden [X.]. Mit ihren Angriffen auf die Tatsachenwürdigung des Berufungsgerichts versucht die - 10 - Revision lediglich, ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen; damit kann sie im Revisionsverfahren keinen Erfolg haben. [X.] Raebel [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.03.2004 - 4 O 654/02 - [X.], Entscheidung vom 14.06.2005 - 27 U 85/04 -

Meta

IX ZR 133/05

09.11.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2006, Az. IX ZR 133/05 (REWIS RS 2006, 889)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 889

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Insolvenzanfechtung: Verpflichtung des Vollstreckungsgläubigers zur Rückgewähr von anfechtbaren Zahlungen des späteren Insolvenzschuldners an den Zwangsverwalter


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