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Misshandlung von Schutzbefohlenen: Massives Schütteln eines Kleinkindes als rohe Misshandlung
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16. Mai 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung von [X.] zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
I.
Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte ist der leibliche Vater des am 14. Februar 2015 geborenen [X.] . Zusammen mit der Kindsmutter hat er das gemeinsame Sorgerecht für das Kind und wohnte zum Zeitpunkt der Tat mit der Familie in einer gemeinsamen Wohnung. [X.]war bis zum Tattag ein ruhiges und im Wesentlichen ziemlich pflegeleichtes Kind und vollkommen gesund. Nur die operativ behandelten Verformungen der Füße führten dazu, dass er Spezialschuhe tragen und den größten Teil des Tages anbehalten sollte.
Am 24. August 2015 vertraute die Mutter gegen 17.00 Uhr den gemeinsamen [X.] dem Angeklagten an und begab sich für circa zwei Stunden außer Haus. Der Angeklagte sollte dem Kind den Rest des Fläschchens geben und ihm seine Spezialschuhe anziehen. Als der Angeklagte gegen 18.00 Uhr begann, dem Kind diese Schuhe anzuziehen, wehrte es sich dagegen, so dass dies geraume Zeit dauerte. In der Folge wurde das Kind weinerlich, so dass der Angeklagte gegen 18.30 Uhr das Kind auf den Arm nahm, um es zu beruhigen, was aber nicht gelang. Das Kind machte plötzlich eine Vorwärtsbewegung mit dem Kopf, wobei es versehentlich den Angeklagten mit dem Kopf an der Nase traf, was diesem geringe Schmerzen zufügte. Der Angeklagte, der durch die vorherigen Probleme mit dem Kind schon aufgebracht und überfordert war, geriet nun in [X.], packte es mit beiden Händen unter den Achseln und schüttelte es mehrfach mit ganz erheblichem Krafteinsatz in schneller Abfolge, wobei er das Kind heftig, ruckartig und sehr schnell vor seinem eigenen Körper hin und her bewegte. Durch dieses unkontrollierte Vor- und Zurückschlagen und durch Rotationsbewegungen des Kopfes kam es bei dem Kind zu einem schweren [X.] mit Subduralblutungen, einer Hirnschwellung, schweren Substanzverletzungen des Gehirns und Netzhautblutungen an beiden Augen. Dem Angeklagten war zuvor bekannt, dass ein solches heftiges Schütteln von Kindern lebensgefährlich ist und zu schwersten Verletzungen bis hin zum Tod führen kann.
Nachdem sich der Angeklagte nach wenigen Sekunden des [X.] wieder beruhigt hatte, bemerkte er, dass sein [X.] leblos war, nur noch Schnappatmung aufwies und unkontrolliert mit den Extremitäten zuckte. Daraufhin stellte der Angeklagte sich mit seinem [X.] gegen 18.40 Uhr unter die kalte Dusche, um diesen wieder zu beleben und begann mit Herzdruckmassage und Mund-zu-Nase-Beatmung. Nachdem diese Maßnahmen keinen Erfolg zeigten, verständigte er den Rettungsdienst, der das Kind in die Klinik einlieferte, wo wegen akuter Lebensgefahr auf Grund der durch Blutungen verursachten Gehirnschwellung eine Notoperation durchgeführt wurde. Durch das [X.] kam es beim Kind zu irreversiblen Schädigungen mit einem vollständigen Verlust des Sehvermögens, des Sprechvermögens, einer erheblichen Verminderung des Hörvermögens sowie zu schweren spastischen Lähmungen, einer schweren geistigen Behinderung und einer durch die Hirnschädigung weiter hervorgerufene Epilepsie, so dass das Kind für den Rest seines Lebens ein voller Pflegefall mit 24-stündiger Betreuungsnotwendigkeit bleiben wird.
II.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
1. Der Schuldspruch wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung von [X.] ist rechtsfehlerfrei. Der Erörterung bedarf allein die Frage der Verurteilung des Angeklagten wegen Misshandlung von [X.].
a) Eine rohe Misshandlung im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB ist anzunehmen, wenn der Täter einem anderen eine Körperverletzung aus gefühlloser Gesinnung zufügt, die sich in erheblichen Handlungsfolgen äußert ([X.], Urteil vom 23. Juli 2015 - 3 [X.], [X.], 369, 370 f.; Beschlüsse vom 19. Januar 2016 - 4 StR 511/15, [X.], 472; vom 28. Februar 2007 - 5 StR 44/07, [X.], 405 und vom 22. April 1997 - 4 StR 140/97 Rn. 8 mwN), wobei sich diese Tatalternative - anders als das Quälen - auf ein einzelnes Körperverletzungsgeschehen bezieht. Eine solche für die rohe Misshandlung notwendige gefühllose Gesinnung liegt nur vor, wenn der Täter bei der Misshandlung das notwendig als Hemmung wirkende Gefühl für das Leiden des Misshandelten verloren hat, das sich bei jedem menschlich und verständlich Denkenden eingestellt haben würde ([X.], Urteil vom 23. Juli 2015 - 3 [X.], [X.], 369, 371 und Beschluss vom 28. Februar 2007 - 5 StR 44/07, [X.], 405; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 225 Rn. 13).
b) Gemessen daran kann aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe den Feststellungen und Wertungen des [X.]s noch zweifelsfrei entnommen werden, dass der Angeklagte die Tat aus einer gefühllosen Gesinnung heraus begangen hat.
Insbesondere ist der vom [X.] gezogene Schluss, dass es dem Angeklagten bei seinem sich nur über einen Zeitraum von wenigen Sekunden heftigen [X.] hinziehenden Vorgehens ([X.]) in subjektiver Hinsicht darum ging, "das Kind zu maßregeln und ohne Rücksicht auf Verluste zur Ruhe zu bringen, ohne dass eine besonders belastende Situation für den Angeklagten selbst vorgelegen hätte" ([X.]), nicht zu beanstanden. Den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Schreien und dem unmittelbar darauf folgenden Schütteln des Kindes mit massivster Gewalt aus einem relativ nichtigen Anlass, ohne dass es nach den Feststellungen des [X.]s ([X.]) - anders als im Fall von [X.], Beschluss vom 28. Februar 2007 - 5 StR 44/07, [X.], 405, Rn. 8 - zuvor zu einem dauerhaften Einwirken auf das Nervenkostüm des Angeklagten mit einer besonders belastenden Situation der Überforderung über einen längeren Zeitraum gekommen war, durfte das [X.] als Zeichen dafür werten, dass der Angeklagte bei der Tatausführung das als Hemmung wirkende Gefühl für das Leiden seines [X.]es verloren hatte. Er handelte mithin aus gefühlloser Gesinnung, was eine rohe Misshandlung kennzeichnet (vgl. [X.] aaO Rn. 6).
2. Auch der Strafausspruch weist, wie im Antrag des [X.] näher ausgeführt, keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
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Jäger |
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Meta
21.03.2018
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Urteil
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Traunstein, 16. Mai 2017, Az: 6 KLs 402 Js 35521/15
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.03.2018, Az. 1 StR 404/17 (REWIS RS 2018, 11899)
Papierfundstellen: REWIS RS 2018, 11899
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
1 StR 404/17 (Bundesgerichtshof)
6 StR 462/21 (Bundesgerichtshof)
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