Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.11.2020, Az. II R 36/18

2. Senat | REWIS RS 2020, 3744

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Gegenstand

Auslegung einer Vermächtnisanordnung


Leitsatz

1. NV: Die Auslegung einer Vermächtnisanordnung ebenso wie die Ermittlung, ob ein Vermächtnis angenommen wurde, obliegt dem Tatsachengericht und ist für die Revisionsinstanz grundsätzlich bindend.

2. NV: Ob begünstigtes Vermögen durch Vermächtnis mit dem Tode des Erblassers erworben wurde (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), richtet sich nach dem Gegenstand des Vermächtnisses und nicht danach, was an Erfüllungs statt geleistet wird.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 28.06.2018 - 7 K 926/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Vermächtnisnehmerin aus dem Nachlass ihres am ...[X.] (Erblasser). Der Erblasser war zu diesem Zeitpunkt als Kommanditist mit einem Anteil von 1 % an einer [X.] beteiligt. Außerdem war er im gleichen Umfang an der Komplementär-GmbH beteiligt, die an der [X.] nicht vermögensmäßig beteiligt war. Alleinerbe ist der Bruder der Klägerin und [X.] (Erbe).

2

In einem Testament hatte der Erblasser der Klägerin einen Quotennießbrauch an seiner [X.]-Beteiligung von 2,97 % bezogen auf das gesamte Kapital vermacht. Dieses Vermächtnis war zivilrechtlich mit einem Verzicht der Klägerin auf die Geltendmachung etwaiger Pflichtteilsansprüche gegen den Nachlass des Erblassers verknüpft. Bei einer Vermächtnisänderung zuungunsten der Klägerin wäre dieser Verzicht hinfällig geworden.

3

Dieses Testament wurde durch einen zwischen dem Erblasser und seiner Ehefrau geschlossenen Ehe- und Erbvertrag widerrufen.

4

In diesem Erbvertrag setzte der Erblasser zugunsten der Klägerin mehrere Vermächtnisse aus. Hierzu gehörte der lebenslange unentgeltliche Nießbrauch an der Kommanditbeteiligung des Erblassers an der [X.] sowie seiner Beteiligung an der [X.] Mitgliedschaftsrechte sollten mit dem Nießbrauch nicht verbunden sein, insbesondere kein Stimmrecht. Da sich die Beteiligungen des Erblassers bis zum Abschluss des [X.] zwischenzeitlich auf 1 % reduziert hatten, verpflichtete er seinen Erben in dem Erbvertrag zudem wie folgt:

"Um eine Schlechterstellung meiner Tochter durch diese Veränderungen zu vermeiden und die Bedingung, unter der sie ihren Pflichtteilsverzicht erklärt hat, nicht auszulösen, verpflichte ich meinen Erben, den meiner Tochter durch die Reduktion meiner beiden Beteiligungen entstandenen finanziellen Nachteil auszugleichen."

5

Am 20.08.2013 schlossen der Erbe und die Klägerin eine "Vereinbarung von [X.]" zur Erfüllung des [X.] und des im Erbvertrag angeordneten Nachteilsausgleichs. Es wurde vereinbart, dass abweichend von den Bestimmungen im Erbvertrag die Klägerin jeweils einen Quotennießbrauch an den dem Erben bereits vor dem Erbfall gehörenden Gesellschaftsbeteiligungen in Höhe von 2,97 % erhalten sollte und dass mit diesem Nießbrauch auch Stimmrechte begründet werden sollten. Hiermit sollten alle Ansprüche der Klägerin, insbesondere auch Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche, abgegolten sein.

6

Die Klägerin wurde durch Bescheid vom 17.07.2014 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Erbschaftsteuer veranlagt. Für den Nießbrauch an 1 % der Gesellschaftsbeteiligungen ermittelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) einen Kapitalwert von 1.358.726 €, den er nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 des [X.] in der zum Zeitpunkt des Erbfalls gültigen Fassung ([X.]) neben einem Grundstücksvermächtnis der Erbschaftsteuer unterwarf.

7

Mit ihrem Einspruch vom 25.07.2014 gegen diesen Bescheid beantragte die Klägerin für den Nießbrauch an den Gesellschaftsbeteiligungen die Gewährung der Begünstigung nach §§ 13a, 13b [X.]. Am 17.03.2015 änderte das [X.] im Rahmen der Einspruchsentscheidung die Erbschaftsteuerfestsetzung und unterwarf neben dem bislang angesetzten Nießbrauch zusätzlich den Nachteilsausgleich mit 2.676.690 € nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] der Erbschaftsteuer. Die Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b [X.] gewährte es nicht und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

8

Mit Änderungsbescheid vom 28.01.2016 setzte das [X.] aus im Revisionsverfahren nicht streitigen Gründen die Erbschaftsteuer herab.

9

Das Finanzgericht ([X.]) wies die dagegen gerichtete Klage als unbegründet ab. Die Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b [X.] sei nicht zu gewähren, da der Erwerb von Todes wegen durch die Klägerin sich nicht auf begünstigtes Vermögen erstrecke. Nach Beweisaufnahme --u.a. durch Vernehmung von zwei Zeugen und der schriftlichen Einlassung des beurkundenden Notars-- war das [X.] davon überzeugt, dass der Erbvertrag nach dem Willen des Erblassers darauf gerichtet gewesen sei, der Klägerin einen Quotennießbrauch an 1 % der dem Erblasser im Zeitpunkt seines Todes zuzurechnenden Gesellschaftsanteile und zudem einen Nachteilsausgleich zu vermachen. Der Nachteilsausgleich sei in Geld oder in Form einer weiteren Gewinnbeteiligung an der [X.] im Wege des Nießbrauchs zu erfüllen gewesen. Beides habe nicht mit einer Mitunternehmerstellung für die Klägerin verknüpft sein sollen. Außerdem war das [X.] davon überzeugt, dass die Klägerin die Mitunternehmeranteile an der [X.] nicht zur Abfindung eines ausgeschlagenen Vermächtnisses erworben habe. Sie habe das Vermächtnis gerade nicht ausgeschlagen, sondern angenommen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2019, 449 veröffentlicht.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, das [X.] habe bei seiner Auslegung der "Vereinbarung von [X.]" sowie des [X.] allgemeine Erfahrungssätze verletzt und die Begleitumstände --insbesondere die Interessenlage der [X.] nicht hinreichend ermittelt.

Die Klägerin beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und den Erbschaftsteuerbescheid vom 17.07.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.03.2015, zuletzt geändert durch Bescheid vom 28.01.2016, dahingehend zu ändern, dass hinsichtlich der durch notarielle Vereinbarung vom 20.08.2013 bestellten Nießbrauchsrechte an den Gesellschaftsbeteiligungen die Optionsverschonung gemäß §§ 13a Abs. 8, 13b Abs. 1 Nr. 2 [X.] gewährt wird.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Ausgehend von seinen Feststellungen, an die der [X.] ([X.]) gebunden ist, hat das [X.] zu Recht entschieden, dass eine Begünstigung gemäß §§ 13a, 13b [X.] von der Klägerin nicht in Anspruch genommen werden konnte.

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] unterliegt der Erbschaftsteuer der Erwerb von Todes wegen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] gilt als Erwerb von Todes wegen u.a. der Erwerb durch Vermächtnis (§§ 2147 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs --[X.]--).

a) Was Gegenstand eines Vermächtnisses ist, richtet sich nach dem Inhalt der letztwilligen Verfügung ([X.]-Urteil vom 06.12.2000 - II R 28/98, [X.]/NV 2001, 601, unter [X.]). Gegenstand eines Vermächtnisses kann gemäß §§ 1030, 1069 ff. [X.] auch der Nießbrauch an einem Anteil an einer Personengesellschaft sein. Ob mit dem vermachten Nießbrauch auch eine Mitunternehmerstellung verbunden ist, hängt davon ab, ob dem Nießbraucher Mitunternehmerinitiative und [X.] zukommen soll (vgl. [X.]-Urteile vom 01.09.2011 - II R 67/09, [X.]E 239, 137, [X.], 210, Rz 22, und vom 06.11.2019 - II R 34/16, [X.]E 267, 440, [X.], 465, Rz 34, jeweils m.w.N.).

b) Von dem Erwerb "durch Vermächtnis" (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) ist der Erwerb "aufgrund Vermächtnisses", d.h. was der Vermächtnisnehmer zu dessen Erfüllung letztlich erhält, zu unterscheiden (vgl. zum Grundstückserwerb von Todes wegen nach § 3 Nr. 2 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes: [X.]-Urteil vom 29.09.2015 - II R 23/14, [X.]E 251, 485, [X.], 104, Rz 20).

Nimmt der Vermächtnisnehmer eine andere als die geschuldete Leistung an [X.] statt an, so führt dies zu einem Erlöschen des ursprünglichen Schuldverhältnisses (§ 364 Abs. 1 [X.]). Der ursprüngliche --im Zeitpunkt der Entstehung des Erbschaftsteueranspruchs gegebene und damit maßgebliche-- Inhalt des durch das Vermächtnis begründeten Schuldverhältnisses wird davon jedoch nicht berührt ([X.]-Urteil vom 25.10.1995 - II R 5/92, [X.]E 179, 148, [X.] 1996, 97, unter [X.]a). Die nach der Entstehung des Steueranspruchs zwischen dem Erben und dem Vermächtnisnehmer getroffenen [X.]abreden können den einmal entstandenen Steueranspruch daher weder aufheben noch verändern (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 179, 148, [X.] 1996, 97, unter [X.]a; vom 10.07.2002 - II R 11/01, [X.]E 199, 28, [X.] 2002, 775, unter [X.], und vom [X.] - II R 1/05, [X.]E 213, 122, [X.] 2006, 718, unter [X.], m.w.N.). Etwas anderes gilt nur, wenn objektiv zweifelhaft ist, was Gegenstand eines Vermächtnisses ist. Hierüber können sich die Beteiligten --z.B. durch einen Vergleich-- verständigen. Ein solcher ernstgemeinter Vergleich hat seinen Rechtsgrund im Erbrecht und ist daher auch bei der Erbschaftsbesteuerung zugrunde zu legen (vgl. [X.]-Urteil in [X.]/NV 2001, 601, unter [X.], m.w.N.).

2. Als vom Erblasser zugewendet gilt u.a. auch, was als Abfindung für die Ausschlagung eines Vermächtnisses gewährt wird (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 [X.]).

a) Die Anwendung dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Vermächtnisnehmer das ihm ausgesetzte Vermächtnis (gegen Abfindung) ausgeschlagen hat ([X.]-Urteil vom 07.10.1998 - II R 52/96, [X.]E 187, 50, [X.] 1999, 23, unter II.2.), so dass nach § 2180 Abs. 3 i.V.m. § 1953 Abs. 1 [X.] der Anfall des Vermächtnisses --rückbezogen auf den Zeitpunkt des [X.] als nicht erfolgt anzusehen ist. Die Ausschlagung eines Vermächtnisses ist an keine Frist gebunden (Urteil des [X.] --BGH-- vom 12.01.2011 - IV ZR 230/09, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 2011, 468, Rz 12) und kann auch in einem schlüssigen Verhalten des Bedachten erblickt werden ([X.]-Urteil vom 18.05.1966 - II 167/62, [X.]E 86, 652; [X.] vom 18.10.2000 - IV ZR 99/99, [X.], 88, unter 4.).

b) Die Abfindung, die der Erbe dem Bedachten für die Ausschlagung des Vermächtnisses gewährt, ist nicht mit der Erfüllung des Vermächtnisses durch Leistung eines anderen Gegenstandes (§ 364 Abs. 1 [X.]) gleichzusetzen. Das folgt daraus, dass beim Erwerb durch Vermächtnis und im Falle der Ausschlagung des Vermächtnisses die Erbschaftsteuer zu unterschiedlichen Zeitpunkten entsteht. Beim "Erwerb durch Vermächtnis" (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) entsteht die Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 [X.] mit dem Tode des Erblassers. Bei "Abfindung für die Ausschlagung des Vermächtnisses" (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 [X.]) entsteht die Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f [X.] erst mit der Ausschlagung ([X.]-Urteile in [X.]E 86, 652, und vom 18.07.1973 - II R 34/69, [X.]E 110, 196, [X.] 1973, 798).

3. Nach § 13a Abs. 1, Abs. 8 Nr. 4 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.] bleiben 100 % des Erwerbs von begünstigten Vermögen bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen für Zwecke der Erbschaftsteuer außer Ansatz. Zu dem begünstigten Vermögen gehört gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 2 [X.] insbesondere das Betriebsvermögen bei dem Erwerb eines Mitunternehmeranteils i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft. Der Erwerber einer Beteiligung an einer Personengesellschaft muss aufgrund des Erwerbs Mitunternehmer geworden sein ([X.]-Urteile in [X.]E 239, 137, [X.], 210, Rz 54 ff., und vom 06.05.2015 - II R 34/13, [X.]E 250, 197, [X.] 2015, 821, Rz 20 ff., m.w.N.). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen. Danach gehört auch ein Nießbrauch an einem Anteil an einer Personengesellschaft, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, zu dem begünstigten Vermögen i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 2 [X.], wenn der Nießbrauch aufgrund seiner Ausgestaltung die Mitunternehmerstellung des [X.] in der Personengesellschaft begründet (vgl. hierzu [X.]-Urteile in [X.]E 239, 137, [X.], 210, Rz 64, und in [X.]E 267, 440, [X.], 465, Rz 24 ff., jeweils m.w.N.).

4. An die vom [X.] aufgrund der festgestellten Tatsachen getroffene Würdigung ist der [X.] im Revisionsverfahren nach § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden.

a) Die Auslegung von Verträgen und Willenserklärungen --z.B. eines Testaments oder [X.] gehört zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen und bindet den [X.] gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 [X.] entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, d.h. jedenfalls möglich ist. Das Revisionsgericht prüft, ob das [X.] die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände erforscht und rechtlich zutreffend gewürdigt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 11.07.2019 - II R 4/17, [X.]E 265, 447, [X.], 319, Rz 13, und vom 05.12.2019 - II R 37/18, [X.]E 267, 524, [X.], 236, Rz 15, jeweils m.w.N.).

Insbesondere die Würdigung von Unterlagen und [X.] ist grundsätzlich dem [X.] vorbehalten, das hierbei gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheiden muss (vgl. [X.]-Urteil vom 05.11.2019 - II R 15/17, [X.]E 267, 280, [X.] 2021, 30, Rz 40). Dagegen ist die rechtliche Einordnung des von den Vertragspartnern Gewollten am Maßstab der jeweils einschlägigen Normen für das Revisionsgericht nicht nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindend, sondern in vollem Umfang nachprüfbare Rechtsanwendung (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Urteil vom 30.01.2019 - II R 26/17, [X.]E 264, 47, [X.], 733, Rz 31, und in [X.]E 267, 524, [X.], 236, Rz 15).

b) Bei einem Vermächtnis ist durch Auslegung zu ermitteln, was der vermachte Gegenstand ist. Diese Auslegung obliegt grundsätzlich dem [X.] ([X.]-Urteil vom 16.01.2019 - II R 7/16, [X.]E 263, 465, [X.] 2019, 617, Rz 14, m.w.N.). Genauso muss das [X.] als Tatsacheninstanz aufklären und die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen dazu treffen, ob ein Vermächtnis angenommen (und möglicherweise an [X.] statt erfüllt wurde) oder ausdrücklich bzw. durch schlüssiges Verhalten ausgeschlagen wurde (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 86, 652; [X.]-Beschluss vom 04.03.2008 - II B 28/07, [X.]/NV 2008, 983, unter [X.]c). Erst aufgrund dieser tatsächlichen Feststellungen kann rechtlich beurteilt werden, ob ein Erwerb durch Vermächtnis (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) oder ein Erwerb aufgrund Ausschlagung eines Vermächtnisses (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 [X.]) vorliegt (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 110, 196, [X.] 1973, 798).

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das [X.] zutreffend entschieden, dass sich der Erwerb von Todes wegen durch die Klägerin nicht auf nach §§ 13a, 13b [X.] begünstigtes Vermögen erstreckt hat. Der Gegenstand des Vermächtnisses umfasste nicht die Einräumung einer Mitunternehmerstellung. Die Klägerin hat diese --wie vom [X.] festgestellt-- vielmehr als Leistung an [X.] statt angenommen. Dafür kann die Begünstigung nach §§ 13a, 13b [X.] nicht gewährt werden.

a) Nach den o.g. Maßstäben sind die Feststellungen des [X.] bindend, sowohl hinsichtlich des Inhalts des Vermächtnisses als auch hinsichtlich der Feststellung, dass das Vermächtnis nicht ausgeschlagen, sondern durch eine Leistung an [X.] statt erfüllt wurde.

Das [X.] hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Klägerin das Vermächtnis nicht ausgeschlagen hat. Dabei hat es zu Recht den Wortlaut der "Vereinbarung von [X.]", die schriftliche Einlassung des Notars sowie die Aussagen beider Zeugen berücksichtigt und sich damit auseinandergesetzt, dass eine deutliche inhaltliche Abweichung von der Vermächtnisanordnung vorliegt.

Das [X.] hat dabei nicht gegen Erfahrungssätze verstoßen. Ob eine konkludente Vermächtnisausschlagung vorliegt, ist anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls zu entscheiden. Diese können je nach Einzelfall auch dazu führen, dass sich aus dem Abschluss verschiedener [X.]verträge mit dem Erben eine konkludente Annahme ergeben kann (vgl. Beschluss des [X.] vom 18.04.2017 - 9 W 4/17, [X.], 1975, Rz 28). Dabei ist --entgegen des Vortrags der [X.] unbeachtlich, dass die Klägerin möglicherweise die rechtlichen Voraussetzungen eines Vermächtnisses und dessen Annahme nicht im Einzelnen gekannt hat, denn dieses hindert die Annahme des Vermächtnisses durch schlüssiges Verhalten nicht (vgl. [X.] vom 08.10.1997 - IV ZR 328/96, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 1998, 24).

b) Auch die Auslegung des Inhalts des Vermächtnisses ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das [X.] hat es zwar dahinstehen lassen, ob der Anspruch auf Nachteilsausgleich nach dem Willen des Erblassers auf Geld gerichtet sein sollte oder auf die Bestellung eines weiteren Nießbrauchs an nicht nachlasszugehörigen [X.] oder ob der Erblasser womöglich der Klägerin und dem Erben durch Anordnung eines Wahl-, Gattungs- oder Zweckvermächtnisses die exakte Bestimmung des Vermächtnisgegenstandes überlassen wollte. Jedoch ist das [X.] zu der Überzeugung gelangt, dass der Inhalt des Anspruchs auf Nachteilsausgleich vom Erblasser in jedem Fall insoweit eingeschränkt wurde, als dieser "gleichartig" und somit nicht mit einer Mitunternehmerstellung i.S. des § 13b Abs. 1 Nr. 2 [X.], § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG für die Klägerin verknüpft sein sollte.

Soweit die Klägerin insofern geltend macht, die Vermächtniserfüllung sei hinsichtlich Art und Weise nicht vorgegeben gewesen, meint sie, es sei typischerweise davon auszugehen, dass der Erblasser die unternehmerische Entscheidung, in welcher Form der Nachteilsausgleich erfüllt werden solle (und dementsprechend auch, ob die Klägerin mitunternehmerisch beteiligt wird), dem Erben überlassen habe. Dies stellt jedoch keinen allgemeingültigen Erfahrungssatz dar, gegen den das [X.] hätte verstoßen können, sondern lediglich eine konkrete Annahme für diesen Einzelfall.

6. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 36/18

25.11.2020

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 28. Juni 2018, Az: 7 K 926/15, Urteil

§ 3 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, § 3 Abs 2 Nr 4 ErbStG 1997, § 13a Abs 8 ErbStG 1997, § 13b Abs 1 Nr 2 ErbStG 1997, § 364 Abs 1 BGB, § 1939 BGB, § 2147 BGB, § 1953 BGB, § 2180 Abs 3 BGB, § 118 Abs 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.11.2020, Az. II R 36/18 (REWIS RS 2020, 3744)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3744

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