Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 08.12.2010, Az. 1 BvR 1382/10

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2010, 687

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Reichweite der Begründungserleichterungen für letztinstanzliche, unanfechtbare gerichtliche Entscheidungen - hier: Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde ohne nähere Begründung (§§ 543 Abs 2 S 1, 544 Abs 4 S 2 Halbs 2 ZPO) - keine weitergehenden Begründungsanforderungen aus Rechtsschutzgarantie oder wegen Möglichkeit einer Anhörungsrüge gem § 321a ZPO


Gründe

I.

1

Die [X.]beschwerde betrifft die dem [X.] nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO eingeräumte Möglichkeit, einen Beschluss über die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht näher zu begründen, und die Anwendung dieser Vorschrift auf die Entscheidung über eine nachfolgende Anhörungsrüge nach § 321a ZPO.

2

1. Landgericht und [X.] haben die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren verurteilt, mehr als 2 Millionen Euro an den Kläger zu zahlen, der als Insolvenzverwalter Zahlung für eine Insolvenzschuldnerin aus einem mit der Beschwerdeführerin geschlossenen [X.] begehrt hat.

3

2. Der [X.] hat die vorrangig auf Verletzungen von Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG gestützte Nichtzulassungsbeschwerde mit der an den Wortlaut der § 544 Abs. 4 Satz 2, § 543 Abs. 2 ZPO angelehnten, formelhaften Begründung zurückgewiesen, die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderten eine Entscheidung des [X.]. Die von der Beschwerdeführerin erhobene Anhörungsrüge hat der [X.] ebenfalls zurückgewiesen. Der Senat habe das von der Anhörungsrüge als übergangen gerügte Vorbringen geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer weiterreichenden Begründung werde in entsprechender Anwendung des § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.

II.

4

Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Rechts auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.

5

1. Die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde, soweit diese auf eine Gehörsverletzung durch das Berufungsgericht gestützt werde, müsse mit Rücksicht auf eine im [X.] daran in Frage kommende Anhörungsrüge nach § 321a ZPO unter Reduzierung des durch § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO eingeräumten Ermessens in einer Weise begründet werden, die eine inhaltliche Auseinandersetzung ermögliche; andernfalls werde die Durchsetzung der Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 103 Abs. 1 GG in unzumutbarer Weise erschwert.

6

Die Effektivität des Rechtsschutzes werde in unzumutbarer Weise beeinträchtigt und das [X.] ungeachtet der damit auch verfolgten Zielsetzung, das [X.] zu entlasten, zu einem bloßen "Durchlauferhitzer", wenn Anhörungsrügen im [X.] vor dem [X.] von diesem lediglich formal beschieden würden und ein Beschwerdeführer keinen Aufschluss darüber erhalte, mit welcher Begründung die von ihm erhobenen [X.]n vom [X.] für nicht durchgreifend erachtet worden seien. Die diesbezügliche Praxis des [X.]s könne nicht mit einem Hinweis auf § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO begründet werden.

7

2. Wenn der Beschluss über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde auch bei einer Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs nicht begründet werde, müsse der Beschwerdeführer das [X.] mit den gleichen [X.]n konfrontieren, die er bereits im [X.] und gegebenenfalls im [X.] erhoben habe; bei Anrufung des [X.]s stehe der Beschwerdeführer "mit leeren Händen dar".

III.

8

Die [X.]beschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen. Der [X.]beschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Die [X.]beschwerde ist teilweise unzulässig (1.) und hat im Übrigen keinen Erfolg (2.).

9

1. Mangels einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] genügenden Begründung unzulässig ist die [X.]beschwerde, soweit die Beschwerdeführerin sich nach ihrem Antrag auch gegen die Entscheidungen der Instanzgerichte wendet. Eine Verletzung spezifischen [X.]rechts durch das angegriffene Urteil des [X.] behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin zwar ausgeführt, dass sie mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verstoß gegen [ref=6c0c12dc-e5df-42ee-819e-0c845716e36c]Art. 103 Abs. 1 [X.]] gerügt habe. Der [X.] lässt sich eine hinreichende Darstellung einer Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör durch das [X.] jedoch nicht entnehmen. Die Beschwerdeführerin hat hierzu auch nicht ausdrücklich auf die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung verwiesen. Selbst wenn man ihr Vorbringen aber in diesem Sinne auslegte, genügte dies den Anforderungen an eine substantiierte Begründung nicht, weil es nicht Aufgabe des [X.]s ist, aufgrund eines undifferenzierten Hinweises auf Schriftsätze im Ausgangsverfahren den dortigen Vortrag auf verfassungsrechtlich relevante Lebenssachverhalte hin zu untersuchen (vgl. [X.] 80, 257 <263>; 83, 216 <228>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 5. Januar 2010 - 1 BvR 2973/06 -, juris, Rn. 4; Beschluss der [X.] des [X.] vom 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, S. 780 <781 f.>).

2. Dass der [X.] die angegriffenen Beschlüsse nicht näher begründet hat, verletzt weder den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip noch ihr Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.

a) Der [X.] ist auch in Ansehung dieser grundgesetzlichen Gewährleistungen nicht gehalten gewesen, seine Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde über einen formelhaften Hinweis auf die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO hinaus näher zu begründen. § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO räumt diese Möglichkeit ausdrücklich ein.

aa) In der Rechtsprechung des [X.]s ist geklärt, dass eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung von [X.] wegen regelmäßig keiner Begründung bedarf (vgl. [X.] 50, 287 <289 f.>; 65, 293 <295>; 71, 122 <135 f.>; 81, 97 <106>; 86, 133 <146>; 94, 166 <210>; 104, 1 <7 f.>; 118, 212 <238>; [X.]K 2, 213 <220>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 6. September 1996 - 1 BvR 1485/89 -, NJW 1997, [X.]93). Dies gilt auch für Entscheidungen des [X.]s, mit denen - wie hier - eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 544 Abs. 4 ZPO zurückgewiesen wird (vgl. [X.]K 2, 213 <220>).

bb) Ausnahmsweise ist eine Begründung geboten, wenn von dem eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewichen werden soll und der Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. [X.] 71, 122 <136>) oder ein im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde bestehender Zulassungsgrund vor der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde wegfällt und deswegen eine Prüfung der Erfolgsaussichten auf der Grundlage anderer als der von der Vorinstanz für tragend erachteten Gründe erforderlich ist (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 29. September 2010 - 1 BvR 2649/06 -, juris, Rn. 25 f.). Eine solche Ausnahme ist jedoch weder dargetan noch anderweitig ersichtlich.

cc) An diesen Grundsätzen zur Begründung letztinstanzlicher Entscheidungen ändert sich auch dann nichts, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz gerügt wird. Dass die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 ZPO mit einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO angefochten werden kann, wenn mit dieser eine nicht nur sekundäre, sondern neue und eigenständige Gehörsverletzung gerügt wird (vgl. hierzu [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 5. Mai 2008 - 1 BvR 562/08 -, NJW 2008, [X.]), bleibt ohne Einfluss auf die [X.] bei Beschlüssen über die Nichtzulassungsbeschwerde.

(1) In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass der für Zivilverfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgende Anspruch auf Justizgewährung die Möglichkeit einer einmaligen Kontrolle einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör garantiert, auch wenn diese erstmals in einem Rechtsmittelverfahren geschieht (vgl. [X.] 107, 395 <406 f., 410 f.>). Die Prüfung einer behaupteten Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG kann im allgemeinen Rechtsmittelsystem oder im Rahmen eines Sonderrechtsbehelfs ohne Anrufung einer weiteren Instanz erfolgen (vgl. [X.] 107, 395 <411 f.>). Dem Gesetzgeber steht bei der näheren Ausgestaltung ein Spielraum offen, bei dessen Ausfüllung auch die Interessen der anderen Verfahrensbeteiligten und Anforderungen an die Funktionsfähigkeit der Gerichte zu beachten sind (vgl. [X.] 107, 395 <412>).

Der Anspruch auf Justizgewährung garantiert neben dem Recht auf Zugang zu den Gerichten effektiven Rechtsschutz durch eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands sowie eine verbindliche richterliche Entscheidung (vgl. [X.] 54, 277 <291>; 107, 395 <401>; 108, 341 <347>). Die gebotene wirksame gerichtliche Kontrolle darf nicht in einer für den [X.] unzumutbaren, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. [X.] 88, 118 <123 f.>; 101, 397 <408>; 107, 395 <413>). Ein in der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel darf das Gericht nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. [X.] 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>).

(2) Mit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 1 ZPO kann eine Verletzung rechtlichen Gehörs seitens des Berufungsgerichts mit Erfolg gerügt werden, weil bei einer Verletzung von [X.] die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen ist (vgl. nur [X.], 288 <295 f.>); nach § 544 Abs. 7 ZPO kann das Revisionsgericht im Falle einer begründeten [X.] auch schon im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen. Die Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet auf diese Weise die verfassungsrechtlich gebotene Möglichkeit zur einmaligen Kontrolle einer Gehörsverletzung.

Die Effektivität dieser Kontrolle der Entscheidung des Berufungsgerichts auf eine Gehörsverletzung wird jedoch nicht davon beeinflusst, ob der Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde näher begründet wird. Da die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde als letztinstanzliche Entscheidung nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden kann, ist eine nähere Begründung dieser Entscheidung auch nicht geeignet, die Wirksamkeit des Rechtsschutzes im fachgerichtlichen [X.]weiter zu beeinflussen. Eine Begründung mag daher zwar aus Gründen der Nachvollziehbarkeit für die Parteien wünschenswert sein (vgl. [X.], NJW 2007, S. 2363 <2365>), der aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gebietet eine solche jedoch nicht (vgl. [X.] 50, 287 <289 f.>); ebensowenig folgt aus der Gewährleistung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG ein Anspruch der Beteiligten auf eine mit Gründen versehene letztinstanzliche Entscheidung (vgl. [X.] 104, 1 <7 f.>).

(3) Eine ausführlichere Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde ist auch nicht deswegen geboten, weil gegen sie - im Übrigen unabhängig davon, ob die Beschwerde auf eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör gestützt wurde - eine Anhörungsrüge nach § 321a ZPO erhoben werden kann, wenn damit eine nicht nur sekundäre, sondern neue und eigenständige Gehörsverletzung durch den [X.] gerügt wird (vgl. [X.]K 13, 496 <499>; [X.], Beschluss vom 20. November 2007 - [X.]/07 -, NJW 2008, [X.]).

(a) Die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt eine letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidung, weil die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO als außerordentlicher Rechtsbehelf keine weitere Instanz eröffnet.

(b) Zwar wird es einem Beschwerdeführer durch das Fehlen einer näheren Begründung zu den Zulassungsvoraussetzungen erschwert, die Entscheidung des [X.]s auf eine neue und eigenständige Gehörsverletzung zu überprüfen (vgl. [X.], in: Festschrift für [X.], 2009, S. 43 <56 f.>; Zuck, NJW 2008, [X.]). Eine solche Erschwerung lässt die von [X.] wegen zu gewährleistende einmalige fachgerichtliche Kontrolle auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus [ref=53492804-2612-[X.]. 103 Abs. 1 [X.]] weder "leerlaufen" noch ist diese unzumutbar. Mit der Begründungserleichterung in § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO hält sich der Gesetzgeber vielmehr innerhalb seines weiten Spielraums bei der Ausgestaltung der Kontrolle (vgl. [X.] 107, 395 <411>), wobei er auch die Anforderungen an die Funktionsfähigkeit der Gerichte zu beachten hat (vgl. [X.] 107, 395 <412>). Die dem [X.] eingeräumte Arbeitserleichterung, von einer näheren Begründung nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abzusehen, ist mit Blick auf die besonderen Aufgaben eines obersten Gerichts des [X.] sachgerecht, dient der Erhaltung seiner Funktionsfähigkeit und damit der Effektivität der Rechtsverfolgung im Interesse aller [X.] (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 6. September 1996 - 1 BvR 1485/89 -, NJW 1997, [X.]93, zu [ref=98ebc24f-6a4c-4503-8d93-be7b314bc942]§ 115 Abs. 5 FGO[/ref] a.F.; vgl. auch BTDrucks V/2849, [X.], zum Entwurf des späteren Gesetzes zur Entlastung des [X.]es in Zivilsachen vom 15. August 1969, [X.]). Von [X.] wegen geboten ist lediglich eine einmalige Kontrolle gerichtlichen Verfahrenshandelns auf eine Gehörsverletzung, nicht aber eine Begründung der hierauf ergehenden Entscheidung (vgl. [X.] 107, 395 <411>; [X.]K 2, 213 <217, 220>).

(4) Die [X.]beschwerde selbst ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf außerhalb des fachgerichtlichen Verfahrens, der der Abwehr von Eingriffen der öffentlichen Gewalt und der Durchsetzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten dient (vgl. [X.] 107, 395 <413 f.>). Der Anspruch auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verlangt deswegen nicht, dass das [X.]beschwerdeverfahren durch eine ausführliche Darlegung der fachgerichtlichen Auffassung zu einer möglichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG für die Beschwerdeführerin gleichsam vorbereitet und erleichtert wird, auch wenn es zunächst den Fachgerichten obliegt, die Grundrechte zu wahren und durchzusetzen (vgl. [X.] 107, 395 <414>), denn Letzteres geschieht unabhängig von einer Begründung der fachgerichtlichen Entscheidungen.

Die mit der Einführung der Anhörungsrüge bezweckte Entlastung des [X.]s durch Eröffnung der Möglichkeit einer Selbstkorrektur auch bei [X.] des [X.]s wird dadurch hinreichend gewahrt, dass die Anhörungsrüge, wenn trotz der Begründungserleichterung genügend Anhaltspunkte für einen eigenständigen Gehörsverstoß durch den [X.] vorliegen, eröffnet bleibt, so dass der [X.] die angegriffene Entscheidung auf einen solchen überprüfen und gegebenenfalls korrigieren kann. Ohne solche Anhaltspunkte und bei einer nur "sekundären [X.]" besteht hingegen keine Veranlassung für eine Anhörungsrüge gegen die Entscheidung des [X.]s und kann sofort [X.]beschwerde erhoben werden (vgl. [X.]K 13, 496 <499>; [X.], Beschluss vom 20. November 2007 - [X.]/07 -, NJW 2008, [X.]).

b) Die Auslegung und Anwendung des § 321a Abs. 4 Satz 5 ZPO durch den [X.], nach der auf eine Begründung der Entscheidung über die Anhörungsrüge in entsprechender Anwendung des § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO verzichtet werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Juli 2005 - [X.]/04 -, NJW-RR 2006, [X.]; BTDrucks 15/3706, [X.]), ist vom [X.] grundsätzlich hinzunehmen. Sie steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen effektiven Rechtsschutzes und rechtlichen Gehörs, da die vorgenannten Gründe für die Begründungserleichterung bei der Entscheidung über die Anhörungsrüge erst recht gelten.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1382/10

08.12.2010

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BGH, 20. April 2010, Az: VIII ZR 319/08, Beschluss

Art 103 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 2 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 321a Abs 4 S 5 ZPO, § 543 Abs 2 ZPO, § 544 Abs 4 S 2 Halbs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 08.12.2010, Az. 1 BvR 1382/10 (REWIS RS 2010, 687)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 687

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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