2. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14408
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Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) bis 4) vom 23.12.2014 gegen den am 03.12.2014 erlassenen Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts – Grundbuchamtes – Bonn vom 02.12.2014, FS-726-9, werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerdeverfahren haben die Beteiligten zu 2) bis 4) jeweils zu 1/3 zu tragen.
Gründe:
I.
Die am 09.03.2012 verstorbene O (im Folgenden: Erblasserin) ist im Grundbuch als Eigentümerin des im Rubrum genannten Grundbesitzes eingetragen (Stand 29.01.2015). Die Beteiligte zu 2) ist die Enkelin des vorverstorbenen Ehemannes der Erblasserin, die Beteiligten zu 3) und 4) sind die Kinder der Beteiligten zu 2) und des Herrn Q.
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 06.05.2003 – UR.Nr. 1xx0/2003 des Notarassessors Dr. C als amtlich bestellter Vertreter des Notars Dr. T – schenkte die Erblasserin (u.a.) den im Rubrum genannten Grundbesitz den Beteiligten zu 2) bis 4) zu gleichen Teilen unter dem Vorbehalt eines Nießbrauchrechts auf Lebenszeit. Zugleich einigten sich die Erblasserin und die Beteiligten zu 2) bis 4) über den Übergang des Eigentums an dem im Rubrum genannten Grundbesitz. Bei dem Vertragsschluss wurden der am 25.04.1998 geborene Beteiligte zu 3) und die am 01.07.1995 geborene Beteiligte zu 4) von ihren Eltern, der Beteiligten zu 2) und Herrn Q, vertreten.
Die Erblasserin verstarb am 09.03.2012. Das Amtsgericht – Nachlassgericht – Bonn hat Nachlasspflegschaft angeordnet, 39 VI 702/13, und den Beteiligten zu 1) am 13.02.2014 zum Nachlasspfleger bestellt (Bl. 139 d. A.). Am 25.08.2011 hatte die Erblasserin der Beteiligten zu 2) eine Generalvollmacht über den Tod hinaus erteilt, die der Beteiligte zu 1) am 24.06.2014 widerrief.
Am 28.11.2013 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2) bis 4) als Teilvollzug seiner Urkunde vom 06.05.2003 - UR.Nr. 1xx0/2003 - die Umschreibung des Eigentums an dem im Rubrum genannten Grundbesitz auf die Beteiligten zu 2) bis 4) beantragt (Bl. 94 ff. d. A.).
Das Grundbuchamt wies die Antragsteller mehrmals auf das Erfordernis einer familiengerichtlichen Genehmigung für den Vertrag vom 06.05.2003 hin. Die Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung ist daraufhin beim Familiengericht beantragt worden.
Das Amtsgericht Neuwied hat am 07.05.2014 Herrn Hansjörgen Michels zum Ergänzungspfleger für den Beteiligten zu 3) mit dem Wirkungskreis „der Vertretung des Beteiligten zu 3) in dem Verfahren betreffend familiengerichtlicher Genehmigung der Erklärungen der Eltern Q2 und Q in der Urkunde vom 06.05.2014, UR.Nr. 1xx0/2003 des Notars Dr. T in C2 und der Ergänzungsurkunde vom 06.12.2013, UR.Nr.2xx9/2013 des Notars Dr. L in C2 inklusive Entgegennahme der in dem Genehmigungsverfahren zu ergehenden Entscheidung“ bestellt (Bl. 171 d. A.). Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 23.05.2014 hat der Ergänzungspfleger u. a. den Vertrag vom 06.05.2003 und die darin abgegebenen Erklärungen der Eltern des Beteiligten zu 3) genehmigt (Bl. 171 d. A.).
Durch Zwischenverfügung vom 10.06.2014 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass der Erledigung des Antrags vom 28.11.2013 entgegenstehe, dass die Genehmigung des Familiengerichts zur Urkunde Nr. 1xx0/2003 nebst Rechtskraftbescheinigung und Zugangsnachweis noch ausstehe, und eine Frist zur Behebung des Hindernisses bis zum 04.07.2014 gesetzt (Bl. 133 f. d. A.).
Mit Schreiben vom 29.08.2014 forderte der Beteiligte zu 1) die Beteiligte zu 4) unter Hinweis auf § 1829 Abs. 2 und Abs. 3 BGB auf, den Vertrag vom 06.05.2003 zu genehmigen und die entsprechende Genehmigung nachzuweisen (Bl. 151 d. A.), und die Beteiligte zu 2) und Herrn Q unter Hinweis auf § 1829 Abs. 2 BGB auf, die erforderliche familiengerichtliche Genehmigung für den Vertrag vom 06.05.2003 beizubringen (Bl. 154, 156 d. A.). Diese Schreiben wurden am 30.08.2014 zugestellt (Bl. 153, 155, 157 d. A.).
Durch Beschluss vom 09.10.2014 hat das Amtsgericht Linz am Rhein, 9 F 44/14, die Erklärungen der Eltern als gesetzliche Vertreter des Beteiligten zu 3) in der Urkunde vom 06.05.2003 (UR.Nr. 1xx0/2003) und der Urkunde vom 06.12.2013 (UR.Nr. 2xx9/2013) familiengerichtlich genehmigt (Bl. 171 R ff. d. A.). Am 03.11.2014 ist die Rechtkraft dieses Beschlusses bescheinigt worden (Bl. 173 R ff. d. A.).
Mit Schreiben vom 17.11.2014 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2) bis 4) noch die Urkunde vom 06.12.2013 – UR.Nr. 2xx9/2013 des Notars Dr. L – zur Akte gereicht, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 161 ff. d. A.).
Durch am 03.12.2014 erlassenen Beschluss vom 02.12.2014 hat das Grundbuchamt den Antrag vom 28.11.2013 zurückgewiesen (Bl. 203 ff. d. A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Vertrag vom 06.05.2003 unwirksam sei, weil die Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung der Veräußererseite nach der Aufforderung vom 29.08.2014 nicht binnen 4 Wochen mitgeteilt worden sei. Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 02.12.2014 Bezug genommen (Bl. 203 ff. d. A.).
Gegen diesen den Beteiligten zu 2) bis 4) am 04.12.2014 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 30.12.2014 beim Amtsgericht Bonn eingegangene Beschwerde vom 23.12.2014 (Bl. 216 ff. d. A.). Sie tragen vor, die familiengerichtliche Genehmigung sei nicht wirkungslos, weil die Aufforderung seitens des Nachlasspflegers nicht dem für die Entgegennahme zuständigen Ergänzungspfleger, sondern nur den Eltern zugegangen sei. Die Eltern des Beteiligten zu 3) seien aber aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Neuwied vom 07.05.2014 gem. § 1630 Abs. 1 BGB für das Verfahren betreffend die familiengerichtliche Genehmigung von der Vertretung ausgeschlossen gewesen. Aufgabe des Ergänzungspflegers sei es, die familiengerichtliche Genehmigung gem. §§ 1915 Abs. 1, 1828 BGB entgegenzunehmen ihm sei die Entscheidung überlassen, ob er von der Genehmigung Gebrauch mache oder nicht. Die familiengerichtliche Genehmigung sei daher wirksam erteilt worden.
Die Beteiligte zu 4) habe die Genehmigung des Vertrages vom 06.05.2003 in der notariellen Urkunde vom 06.12.2013 – UR.Nr. 2xx9/2013 - wirksam erteilt.
Soweit der Beschwerde nicht abgeholfen werden sollte, beantragen die Beteiligten zu 2) bis 4),
den notariellen Vertrag vom 06.05.2003 teilweise dahin zu vollziehen, dass die Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligten zu 2) und 4) zu je 1/3 erfolgt.
Hierzu tragen sie vor, es sei kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Vertrag vom 06.05.2003 als Einheit zu sehen sei. Es sei vielmehr anzunehmen, dass die Erblasserin auch nur einzelne Miteigentumsanteile übertragen hätte, wenn dies in den anderen Fällen nicht möglich sein sollte. Bezüglich der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt ihrer Beschwerdeschrift vom 23.12.2014 Bezug genommen.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde durch Beschluss vom 29.01.2015 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 235 ff. d. A.).
II.
Da sich das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2) bis 4) gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Umschreibung des Eigentums in 4 Grundbüchern richtet (G, Blatt 7xx, 7xx, 7xx und 8xx), handelt es sich um 4 Beschwerden. Diese Beschwerden sind gem. § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in rechter Form (§ 73 GBO) eingelegt worden.
In der Sache haben die Beschwerden indes keinen Erfolg.
1.
Das Grundbuchamt hat den Antrag vom 28.11.2013 auf Umschreibung des Eigentums an dem im Rubrum genannten Grundbesitz auf die Beteiligten zu 2) bis 4) zu Recht zurückgewiesen. Die Beteiligten zu 2) bis 4) haben dem Grundbuchamt nicht nachgewiesen, dass die Einigung über den Eigentumsübergang an dem im Rubrum genannten Grundstück zwischen der Erblasserin und den Beteiligten zu 2) bis 4) gem. §§ 20 GBO, 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB wirksam zustande gekommen ist. Die Auflassung ist vielmehr gem. §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 2.Hs. BGB unwirksam.
a)
Die Einigung vom 06.05.2003 über den Übergang des Eigentums bedurfte jedenfalls im Hinblick auf den minderjährigen Beteiligten zu 3) gem. §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 10 BGB der familiengerichtlichen Genehmigung. Der Genehmigungsvorbehalt gem. § 1822 Nr. 10 BGB soll den Mündel vor einer Haftung für fremde Schuld schützen, die in der oft trügerischen Hoffnung begründet werden mag, der „eigentliche“ Schuldner werde selbst leisten oder auf dem Regresswege für die Schuld geradestehen. Dieser Regelungszweck bedingt eine teils einschränkende, teils ausdehnende Interpretation der Vorschrift. Die Norm ist zu beschränken auf die Fälle, in denen eine „Subsidiärhaftung“ übernommen werden soll, folglich auf die Fälle, in denen dem Mündel, der auf Grund der übernommenen Haftung leisten würde, ein Ersatzanspruch gegen den Primärschuldner zusteht. Nicht hingegen ist die Vorschrift anzuwenden, wenn eine Verbindlichkeit nicht als wirtschaftlich fremde, sondern als eigene übernommen wird, so bei der befreienden Schuldübernahme, bei der kein Regress zum bisherigen Schuldner zugelassen ist (MüKo-BGB/Wagenitz, 6. Aufl. 2012, § 1822 Rn. 61, 62). Zu den anerkannten Fallgruppen, die unter § 1822 Nr. 10 BGB fallen, gehört neben der Übernahme einer gesamtschuldnerischen Haftung für eine fremde Schuld, sei es durch Schuldbeitritt oder Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB), auch die Eingehung einer gesamtschuldnerischen Haftung gem. §§ 421, 427 BGB, z.B. beim Kauf einer Sache durch mehrere Käufer (BGHZ 60, 385, 389; MüKo-BGB/Wagenitz, a.a.O., Rn. 64). Dies beruht auf dem Gedanken, dass jeder der Käufer auf den vollen Kaufpreis haftet, er im Innenverhältnis aber nur Bruchteilseigentümer wird. Soweit der Minderjährige auch für die Bruchteile der anderen Käufer haftet, handelt es sich um eine „fremde“ Schuld im Sinne von § 1822 Nr. 10 BGB (BGH, a.a.O.). Zum Schutz des Mündels greift die Vorschrift auch dann ein, wenn sich die Haftung für die fremde Schuld als gesetzliche Sekundärfolge des Rechtsgeschäfts ergibt, so beim Erwerb des Bruchteils eines Wohnungseigentums im Hinblick auf die damit eintretende persönliche gesamtschuldnerische Haftung gem. § 16 Abs. 2 WEG (OLG München, Beschl. vom 22.08.2012 – 34 Wx 200/12, FamRZ 2013, 494; KG, Beschl. vom 15.07.2010 – 1 W 312/10, NZM 2011, 41; MüKo-BGB/Wagenitz, a.a.O., Rn. 65). Ausgehend von diesen Grundsätzen greift § 1822 Nr. 10 BGB hier ein. Denn der Beteiligte zu 3) soll zwar einerseits einen 1/3-Anteil an dem im Rubrum genannten Grundbesitz, d.h. u.a. an zwei Eigentumswohnungen erhalten, er haftet für die Verbindlichkeiten dieses Wohnungseigentums, z. B. gem. §§ 10 Abs. 8, 16 Abs. 2 WEG, jedoch gesamtschuldnerisch mit den beiden anderen Erwerbern, den Beteiligten zu 2) und 4), auf den vollen Betrag (vgl. hierzu: OLG München, a.a.O.; Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl. 2015, § 16 WEG Rn. 45). Das bedeutet, dass es sich in Höhe eines 2/3-Anteils seiner Haftung um die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit durch den Beteiligten zu 3) handelt. Dem steht auch die Rechtsprechung des BGH nicht entgegen, wonach bei der Übertragung von Wohnungs- und Teileigentum auf das Mündel grundsätzlich keine familiengerichtliche Genehmigung der Auflassung erforderlich ist (BGH NJW 2010, 3643, 3644). Denn in dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um den Erwerb eines Wohnungs- und Teileigentums durch das Mündel als Allein- und nicht als Bruchteileigentümer, so dass sich die Frage der Anwendung des § 1822 Nr. 10 BGB gar nicht stellte.
b)
Da die Auflassung am 06.05.2003 ohne die erforderliche familiengerichtliche Genehmigung geschlossen worden war, war die Einigung zunächst gem. §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 1 S. 1 BGB schwebend unwirksam. Sie ist nicht gem. §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 1 S. 2 BGB nachträglich wirksam geworden, sondern gem. §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 2 2. Hs. BGB - endgültig - unwirksam.
Eine Aufforderung des anderen Teils im Sinne von §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 2 BGB an den gesetzlichen Vertreter zur Mitteilung darüber, ob die familiengerichtliche Genehmigung erteilt sei, liegt mit den Schreiben des Beteiligten zu 1) vom 29.08.2014 an die Eltern des Beteiligten zu 3) vor. Der andere Teil war die mittlerweile verstorbene Erblasserin. Ihre - zunächst - unbekannten Erben wurden zum Zeitpunkt der Aufforderungserklärung vom 29.08.2014 gesetzlich vertreten durch den Beteiligten zu 1) in seiner Eigenschaft als Nachlasspfleger mit dem Wirkungskreis der Verwaltung des Nachlasses (§§ 1962, 1915 Abs. 1 S. 1, 1793 Abs. 1 S. 1 BGB).
Die Aufforderungserklärung ist auch dem richtigen gesetzlichen Vertreter des Beteiligten zu 3), und zwar seinen Eltern (§§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 S. 1 u. 2 BGB, am 30.08.2014 zugegangen und damit wirksam geworden (§ 130 Abs. 1 BGB). Es ist zwar vom Amtsgericht Neuwied am 07.05.2014 ein Ergänzungspfleger bestellt worden, so dass die Eltern für den Aufgabenkreis des Ergänzungspflegers gem. § 1630 Abs. 1 BGB nicht vertretungsberechtigt waren. Die Ergänzungspflegschaft umfasste jedoch nur das Verfahren der Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung durch das Familiengericht nach den Vorschriften des FamFG, insbesondere die Empfangnahme des Genehmigungsbeschlusses gem. § 41 Abs. 3 FamFG, nicht jedoch die Abgabe und Empfangnahme materiell-rechtlicher Erklärungen, z.B. gem. §§ 1828, 1829 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB.
Dafür, dass die Ergänzungspflegschaft nur das (bereits abgeschlossene) Verfahren der Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung umfasste, spricht zunächst der Wortlaut der Bestallungsurkunde, in der von dem Wirkungskreis der Vertretung „in dem Verfahren ... inklusive Entgegennahme der in dem Genehmigungsverfahren ergehenden Entscheidung“ die Rede ist. Die Anordnung einer solchen Ergänzungspflegschaft beruht auf dem Gedanken, dass der gesetzliche Vertreter, der die Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung beantragt, als Antragsteller in diesem Fall im eigenen Namen handelt und daher selbst Beteiligter des Genehmigungsverfahrens wird, er aber gleichzeitig als gesetzlicher Vertreter des Mündels dessen – unter Umständen widerstreitende - Interessen zu vertreten hat (BVerfG NJW 2000, 1709). Auch nach Einführung des FamFG, in dem diese Problematik in § 41 Abs. 3 FamFG nicht eindeutig geregelt worden ist, wird im Hinblick auf die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Auffassung vertreten, es sei zur Wahrung des rechtlichen Gehörs des Mündels und zur Entscheidung über die Frage, ob ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Familiengerichts eingelegt werden soll, ein Ergänzungspfleger zu bestellen, der auch für die Entgegennahme der Entscheidung des Familiengerichts gem. § 41 Abs. 3 FamFG zuständig sein soll. Ob dies in jedem Fall zu geschehen hat oder gar nicht oder nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, oder ob die Bestellung eines Verfahrensbeistandes reicht, ist im Einzelnen umstritten und die Handhabung in der amtsgerichtlichen Praxis unterschiedlich (Überblick bei Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 41 Rn. 4, 4a m.w.N.; zuletzt: BGH ZEV 2014, 199, 200).
Dafür, dass die Ergänzungspflegschaft nur das Verfahren vor dem Familiengericht betreffen sollte, nicht aber die materiell-rechtlichen Erklärungen der Eltern bei der Einigung über den Übergang des Eigentums am 06.05.2003, spricht, dass die Eltern des Beteiligten zu 3) gar nicht verhindert waren, den Beteiligten zu 3) insoweit zu vertreten (§ 1909 Abs. 1 S. 1 BGB). Ein Vertretungsausschluss gem. §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB scheidet aus, weil die Eltern nicht auf beiden Seiten der Einigung gem. §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB aufgetreten sind. Ein Vertretungsausschluss gem. §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. BGB scheidet aus, weil die Eltern als gesetzliche Vertreter des Beteiligten zu 3) nicht mit der Erblasserin in gerader Linie verwandt waren; die Mutter des Beteiligten zu 3), die Beteiligte zu 2), war mit der Erblasserin lediglich verschwägert (§ 1590 BGB), der Vater weder verwandt noch verschwägert. Dies hat im Übrigen auch das Familiengericht Linz am Rhein so gesehen, weil es in dem Beschluss vom 09.10.2014 nicht die Erklärungen eines Ergänzungspflegers familiengerichtlich genehmigt hat, sondern die Erklärungen der Eltern des Beteiligten zu 3) in den Urkunden UR.Nrn. 1xx0/2003 und 2xx9/2013. Dass der Ergänzungspfleger die Einigung vom 06.05.2003 durch Erklärung vom 23.05.2014 genehmigt hat, ist unerheblich. Diese Erklärung geht ins Leere, weil sie von seinem Aufgabenkreis gar nicht umfasst ist.
Die Eltern waren daher nur für das Verfahren auf Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung ausgeschlossen. Nach Rechtskraft der Genehmigung war ihnen die rechtskräftige Genehmigung gem. §§ 1643 Abs. 3, 1828 BGB zu erklären. Diese Erklärung gem. §§ 1643 Abs. 3, 1828 BGB, die an die Eltern zu erfolgen hatte, ist zu unterscheiden von der Bekanntgabe gem. § 41 Abs. 3 FamFG, die hier an den Ergänzungspfleger zu erfolgen hatte. Letztere Bekanntgabe hatte den Sinn zu prüfen, ob für das Mündel Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Familiengerichts eingelegt werden sollten. Die erstgenannte Erklärung nach §§ 1643 Abs. 3, 1828 BGB an die Eltern sollte dagegen dazu dienen, nun die Entscheidung zu treffen, ob der Vertrag durch Mitteilung gem. §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 1 S. BGB endgültig wirksam werden soll oder nicht. Sie waren daher auch die richtigen Empfänger der Aufforderung durch den anderen Teil, den Nachlasspfleger, gem. §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 2 1.Hs. BGB.
Da dem Beteiligten zu 1) die familiengerichtliche Genehmigung nach Wirksamwerden der Aufforderung am 30.08.2014 nicht binnen 4 Wochen gem. §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB von den Eltern mitgeteilt worden ist, ist die Einigung gem. §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 2 2.Hs. BGB endgültig unwirksam. Dem steht nicht entgegen, dass die Aufforderung durch den Nachlasspfleger vor Erteilung der Genehmigung erfolgte. Denn der Wirksamkeit der Aufforderung vom 29.08.2014 steht nicht entgegen, dass die familiengerichtliche Genehmigung zum Zeitpunkt der Aufforderungserklärung noch nicht erteilt war (Staudinger/Veit, BGB, 2014, § 1829 Rn. 39; MüKo-BGB/Wagenitz, 6. Aufl. 2012, § 1829 Rn. 26). Hierfür spricht, dass die Aufforderung nach § 1829 Abs. 2 BGB allein dem Schutz des Vertragspartners dient, der am Genehmigungsverfahren nicht beteiligt ist und auf dieses Verfahren daher keinen Einfluss nehmen kann. Ihm soll über § 1829 Abs. 2 BGB die Möglichkeit eröffnet werden, einen langfristigen, gegebenenfalls unabsehbaren Schwebezustand bezüglich des Genehmigungsverfahrens und damit auch bezüglich der Wirksamkeit des geschlossenen Vertrages zu beenden. Dabei kann es gerade nicht darauf ankommen, ob die Genehmigung schon erteilt worden ist. Soweit das Amtsgericht Linz am Rhein in dem Genehmigungsbeschluss vom 09.10.2014 (9 F 44/14) eine andere Auffassung vertreten hat, ist dem jedenfalls nicht zu folgen. Die Erteilung der Genehmigung am 09.10.2014 geht ins Leere, weil die Auflassung zu diesem Zeitpunkt schon unwirksam war.
c)
Ob die Genehmigung der Einigung durch die mittlerweile volljährige Beteiligte zu 4) vom 06.12.2013 gem. §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 1 S. 2, 1829 Abs. 3 BGB durch Erklärung gegenüber der Beteiligten zu 2), die aufgrund der über den Tod hinaus erteilten Vorsorgevollmacht im Namen der zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbenen Erblasserin aufgetreten ist, wirksam ist, kann im Hinblick auf vorstehende Ausführungen offen bleiben.
2.
Der mit der Beschwerde geltend gemachte Hilfsantrag der Beteiligten zu 2) und 4), die Umschreibung des Eigentums teilweise zu vollziehen, hat ebenfalls keinen Erfolg. Es ist nach der Grundregel des § 139 BGB davon auszugehen, dass die Einigung über den Eigentumsübergang nicht nur im Verhältnis zum Beteiligten zu 3), sondern insgesamt unwirksam ist. Unter § 139 BGB fallen alle Arten der Unwirksamkeit, auch die wegen Fehlens einer Genehmigung des Familiengerichts (Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl. 2015, § 139 Rn. 2; OLG Zweibrücken NJW-RR 1993, 1478). Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Erblasserin die Übertragung der beiden Miteigentumsanteile an die Beteiligten zu 2) und 4) vorgenommen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Übertragung des Anteils an den Beteiligten zu 3) mangels rechtzeitiger Erteilung und Mitteilung der familiengerichtlichen Genehmigung unwirksam würde. Die Beschwerdeführer tragen hierzu zwar vor, die Erblasserin habe in jedem Fall vermeiden wollen, dass der Grundbesitz an ihre testamentarischen oder gesetzlichen Erben falle. Ein Anhaltspunkt hierfür findet sich in der Urkunde vom 06.05.2003 indes nicht. Es ist daher ebenso gut denkbar, dass die Erblasserin die Beteiligten zu 2) bis 4) gleich behandeln wollte und eine Übertragung nur zweier 1/3-Anteile in keinem Fall gewollt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Übertragung an den Beteiligten zu 3) unwirksam ist.
Im Übrigen steht der von den Beschwerdeführern vorgeschlagenen Auslegung entgegen, dass sie zu einer unzulässigen Eintragung hätte führen können. Denn die Erblasserin hatte sich den Nießbrauch an dem Grundbesitz vorbehalten. Sie wollte zwar das Eigentum übertragen, selbst aber ein Nießbrauchsrecht behalten. Dies setzte jedoch voraus, dass nicht nur einzelne Miteigentumsanteile übertragen werden, sondern das Eigentum an dem gesamten Grundstück. Denn ein Miteigentumsanteil kann nicht mit einer Dienstbarkeit oder einem Nießbrauch belastet werden. Eine solche Eintragung wäre unzulässig (BGHZ 36, 189; BayObLG Rpfleger 1991, 299; Demharter, GBO, 29. Aufl. 2014, Anhang zu § 44 Rn. 8 sowie § 53 Rn. 51). Auf die Bestellung des Nießbrauchs kam es der Erblasserin im Zweifel auch an.
Letztlich kann dies aber offen bleiben. Denn im grundbuchrechtlichen Eintragungsverfahren ist die Auslegung einer Auflassung nur eingeschränkt zulässig. Zwar ist die Auflassung wie jede Willenserklärung der Auslegung zugänglich, doch sind dabei im Grundbucheintragungsverfahren durch den Bestimmtheitsgrundsatz und durch das Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen Grenzen gesetzt. Während das Prozessgericht bei der Auslegung einer Auflassung alle Umstände zu berücksichtigen hat und durch Beweiserhebung aufklären darf, ist dem Grundbuchamt eine über den Urkundeninhalt hinausgehende Ermittlung verwehrt (BayObLG Rpfleger 1994, 344, 345 m.w.N.). Die Auslegungsbefugnis des Grundbuchamts ist gegenüber dem Recht und der Pflicht des Prozessgerichts, den wirklichen Willen gem. § 133 BGB zu erforschen, dahin eingeschränkt, dass die Erklärung in ihrem beurkundeten Wortlaut ein maßgebliches Gewicht behält und - selbst naheliegenden - Zweifeln am Erklärungsinhalt bereits dann nicht nachgegangen werden kann, wenn zur Behebung solcher Zweifel nicht offenkundige Umstände außerhalb der Eintragungsunterlagen zu berücksichtigen wären (BayObLG, a.a.O.; Demharter, a.a.O., § 20 Rn. 31). Nach dem beurkundeten Wortlaut der Einigung vom 06.05.2003 muss aber davon ausgegangen werden, dass die Erblasserin das Grundstück insgesamt übertragen wollte. Dafür, dass sie für den Fall der Teilunwirksamkeit auch eine teilweise Übertragung gewollt hätte, ergeben sich aus der Urkunde vom 06.05.2003 keine Anhaltspunkte.
III.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 84 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gem. § 78 Abs. 2 GBO nicht vorliegen.
Geschäftswert für die Beschwerdeverfahren insgesamt: 135.000,00 €
Die Wertfestsetzung beruht auf den Angaben im Eintragungsantrag vom 28.11.2013 (Bl. 94 d. A.).
Meta
06.03.2015
Oberlandesgericht Köln 2. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: Wx
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 06.03.2015, Az. 2 Wx 44/15 (REWIS RS 2015, 14408)
Papierfundstellen: REWIS RS 2015, 14408
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 WF 170/15 (Oberlandesgericht Hamm)
Übertragung von vermietetem Wohnungs- und Teileigentum durch die Großeltern an ihren minderjährigen Enkel
15 W 263/16 (Oberlandesgericht Hamm)
15 W 94/14 (Oberlandesgericht Hamm)
14 Wx 22/98 (Oberlandesgericht Köln)
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