Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.05.2016, Az. 10 C 8/15

10. Senat | REWIS RS 2016, 11541

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Gegenstand

Zuwendung; Vorbehaltsbescheid; Schlussbescheid; Erstattungsforderung; Verzinsung; Verwaltungsverfahrensrecht; Lücke; Revisibilität; Ermessensausübung; Ermessensfehler; Vertretenmüssen


Leitsatz

1. Nach § 137 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO ist auch die Entscheidung über die Schließung einer gleichermaßen im Bundes- und im Landesverwaltungsverfahrensgesetz bestehenden Lücke revisibel.

2. § 49a Abs. 3 VwVfG ist entsprechend anzuwenden, wenn ein Verwaltungsakt, der eine Zuwendung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt wird, der die Zuwendung endgültig in geringerer Höhe festsetzt.

3. Bei der Entscheidung über ein Absehen von Zinsen nach § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG ist der Umstand, wer das Entstehen der Überzahlung zu vertreten hat, auch außerhalb des Anwendungsbereichs des dort genannten Regelbeispiels zu berücksichtigen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem sie zur Zahlung von Zinsen für eine überzahlte Zuwendung verpflichtet wird.

2

Der Beklagte gewährte der Klägerin im August 1989 eine Zuwendung von bis zu 1 143 000 DM aus Mitteln der Finanzhilfen des [X.] der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden als Anteilfinanzierung unter Zugrundelegung der vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu § 44 [X.] vom 14. Juni 1987 (VV-[X.]). Die Förderbedingungen verpflichteten die Klägerin, die Verwendung der Zuwendung innerhalb eines Jahres nach Erfüllung des Zuwendungszwecks nachzuweisen (Nr. 6.1 Anlage 3 zur VV-[X.]), und die Bewilligungsbehörde, den Nachweis der Verwendung von der Zuwendungsempfängerin zu verlangen (Nr. 10.1 VV-[X.]). Die Klägerin rief die gesamte Zuwendung bis 13. Dezember 1996 ab. Am 1. Juni 1997 stellte sie die geförderte Baumaßnahme fertig. Im Dezember 2007 übersandte sie dem Beklagten einen Verwendungsnachweis. Nach Prüfung der von der Klägerin beigebrachten Unterlagen verminderte der Beklagte mit Bescheid vom 1. Dezember 2008 die der Klägerin bewilligte Zuwendung um 89 745 € auf 494 662 €.

3

Mit weiterem Bescheid vom 14. September 2010 verpflichtete der Beklagte die Klägerin zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 60 517 € für den Zeitraum 13. Dezember 1996 bis 9. März 2008. Zur Begründung führte er aus, nach § 49a Abs. 4 HVwVfG könnten Zinsen verlangt werden, wenn eine Leistung in Anspruch genommen werde, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen seien. Außergewöhnliche Umstände, die eine Nichterhebung von Zinsen rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Insbesondere könne die Klägerin sich nicht auf fehlendes Verschulden berufen. Sie habe bei Abruf der Mittel nicht berücksichtigt, dass der in der Förderungsberechnung angesetzte Finanzierungsanteil Dritter nicht bezuschusst werde. Ausschließlich zu ihren Lasten gehe auch der Umstand, dass die Akten ohne Abrechnung und Aufstellung eines [X.] archiviert worden seien. Eine Verpflichtung des Zuwendungsgebers, den Verwendungsnachweis anzufordern, bestehe nicht.

4

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die von der Klägerin zuletzt auf den Zeitraum 13. Dezember 1996 bis 31. Dezember 2006 beschränkte Berufung zurückgewiesen. Als Rechtsgrundlage für die festgesetzte Zinsforderung sei § 49a Abs. 3 des [X.] - in der Fassung des Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrens- und kostenrechtlicher Vorschriften vom 1. Dezember 1994 ([X.]. [X.]) analog heranzuziehen. Eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift komme nicht in Betracht. Der ursprüngliche Zuwendungsbescheid habe seine Wirkung nicht in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung verloren, sondern weil die Höhe der Zuwendung verbindlich erst in dem Schlussbescheid im Dezember 2008 geregelt worden sei. Auf eine solche Fallkonstellation sei § 49a Abs. 3 HVwVfG entsprechend anwendbar.

5

Die Ermessensausübung des Beklagten sei gemessen an § 49a Abs. 3 Satz 2 HVwVfG rechtlich nicht zu beanstanden. Es schade nicht, dass der Beklagte angenommen habe, eine Ermessensentscheidung im Rahmen des § 49a Abs. 4 HVwVfG treffen zu müssen. Beide Ermessensermächtigungen dienten dem Ziel einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung. Es bedürfe jeweils außergewöhnlicher Umstände, um die Nichterhebung von Zinsen zu rechtfertigen. Solche lägen nicht vor. Der Beklagte habe zu Recht angenommen, dass die Klägerin die die [X.] auslösende Überzahlung alleine verschuldet habe. Das folge zwar nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin fiktive Finanzierungsbeiträge Dritter nicht zu ihren Lasten berücksichtigt habe. Es folge aber daraus, dass die Klägerin eine Verringerung der förderfähigen Ausgaben an den insgesamt gestiegenen Gesamtkosten nicht in ihre Berechnungen eingestellt und deshalb die gesamte Fördersumme abgerufen habe. Diese Ursache für die Überzahlung falle nicht in den Verantwortungsbereich des Beklagten, der den [X.] für die Klägerin zutreffend errechnet habe. Zudem sei die Klägerin ihrer aus den Förderbedingungen folgenden Verpflichtung, den Verwendungsnachweis binnen eines Jahres nach Abschluss der Arbeiten einzureichen, nicht nachgekommen. Der Geltendmachung von Erstattungszinsen stehe schließlich nicht entgegen, dass der Beklagte bei der ihm gemäß Ziff. 9.1 und 10.1 VV-[X.] obliegenden Kontrolle der zweckentsprechenden Mittelverwendung über Jahre hinweg versagt habe. Denn nach den Förderbedingungen sei die Klägerin vorrangig in der Pflicht gewesen. Sie könne sich nicht unter Hinweis auf die fehlende Kontrolle den Zinsvorteil dauerhaft sichern.

6

Mit der Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die [X.] des Beklagten für Zeiträume vor dem 1. Januar 2007 seien verjährt.

7

Sie beantragt,

das Urteil des [X.] vom 12. April 2012 und das Urteil des [X.] vom 13. Mai 2014 zu ändern und den Bescheid des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen K. vom 14. September 2010 aufzuheben, soweit damit Zinsen für die Zeit vor dem 1. Januar 2007 festgesetzt wurden.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er verteidigt das Urteil.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist mit der Rechtsfolge der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids begründet. Das angegriffene Urteil beruht auf einer unrichtigen Anwendung von § 114 Satz 1 VwGO. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Der Bescheid des [X.]n vom 14. September 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

1. Der Verwaltungsgerichtshof ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Verpflichtung der Klägerin zur Verzinsung der Erstattungsforderung alleine aus einer entsprechenden Anwendung des § 49a Abs. 3 HVwVfG folgen kann. Der Senat ist an die nicht mit Verfahrensrügen angegriffene Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs gebunden, der Bescheid des [X.]n vom 10. August 1989 sei ein in verschiedener Hinsicht vorläufiger Bescheid, der insoweit durch den endgültigen Bescheid vom 1. Dezember 2008 ersetzt worden sei (§ 137 Abs. 2 VwGO). Dies zugrunde gelegt ist, wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend erkannt hat, § 49a Abs. 4 HVwVfG nicht anwendbar. In Rede stehen nämlich nicht lediglich Zwischenzinsen, sondern Erstattungszinsen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 2.12 - [X.] 316 § 49a VwVfG Nr. 12 Rn. 15 ff.). Diese regelt § 49a Abs. 3 HVwVfG, der seinem Wortlaut nach allerdings nur bei Rücknahme, Widerruf und Eintritt einer auflösenden Bedingung einschlägig ist. Die Vorschrift ist aber auf Fälle, in denen ein vorläufiger Bescheid durch einen endgültigen Bescheid ersetzt wird und dadurch der [X.] für eine Geldleistung entfällt, entsprechend anwendbar. Denn für eine Privilegierung einer Erstattungsforderung, die durch Erlass eines endgültigen Bescheides entsteht, gegenüber [X.], die durch Rücknahme, Widerruf oder Eintritt einer auflösenden Bedingung begründet werden, ist ein sachlicher Grund nicht erkennbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - [X.] 316 § 49a VwVfG Nr. 8 Rn. 24 ff.).

Die entsprechende Anwendung des § 49a Abs. 3 HVwVfG durch den Verwaltungsgerichtshof ist revisionsgerichtlicher Prüfung zugänglich. Nach § 137 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines [X.] beruht, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des [X.] übereinstimmt. Die Vorschrift soll die Einheitlichkeit der Anwendung des [X.]s in [X.] und [X.] sichern (BVerwG, Beschluss vom 30. November 1994 - 4 [X.] - [X.] 310 § 80 VwGO Nr. 59). Dieser Vereinheitlichungszweck gebietet es, sie nicht nur in Fallkonstellationen anzuwenden, in denen um die richtige Anwendung des in [X.] und Land einheitlich positiv geregelten [X.]s gestritten wird, sondern auch in Konstellationen, in denen es um die rechtlich zutreffende Schließung einer im [X.]- wie im [X.]verwaltungsverfahrensgesetz gleichermaßen bestehenden Lücke geht (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 2.12 - [X.] 316 § 49a VwVfG Nr. 12 Rn. 19). Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Die Verzinsung einer Erstattungsforderung, die durch die Ersetzung eines vorläufigen Bescheides durch einen endgültigen Bescheid ausgelöst wird, ist weder im [X.]- noch im [X.] [X.]recht geregelt. Die bestehende Regelungslücke ist, wie der Vergleich mit den in § 49a VwVfG und § 49a HVwVfG ausdrücklich geregelten Sachverhalten zeigt, auch dem Bereich des [X.]s zuzurechnen. Sowohl in den von § 49a VwVfG und § 49a HVwVfG erfassten Fällen als auch im vorliegenden nicht geregelten Fall geht es um die Bewältigung der Folgen des Wegfalls des Rechtsgrunds für eine Geldleistung. Die Bewältigung dieser Folgen hat der Gesetzgeber mit § 49a VwVfG und § 49a HVwVfG dem [X.] zugeordnet. Die damit aufgeworfenen Fragen sind daher in gleicher Weise revisibel.

2. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur [X.] sind mit § 114 Satz 1 VwGO nicht vereinbar. Die Vorschrift legt den gerichtlichen Prüfungsumfang bei Ermessensentscheidungen fest. Das Gericht hat danach nur zu prüfen, ob die Verwaltung den ihr eingeräumten Ermessensspielraum ausgeschöpft hat, ob sie die gesetzlichen Grenzen der Ermessensbetätigung überschritten hat und ob sie die nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevanten [X.] bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat (vgl. [X.], in: [X.], VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 10). Es darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde tatsächlich angestellt hat, wozu auch in Einklang mit § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobene Erwägungen zählen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 34). Tragen diese Erwägungen nicht, so ist die Entscheidung rechtswidrig und muss aufgehoben werden. Das Gericht ist nicht befugt, die behördliche Entscheidung aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren, im Ergebnis aufrecht zu erhalten (BVerwG, Urteil vom 17. März 1981 - 1 C 6.77 - [X.] 402.24 § 10 AuslG Nr. 80 S. 5 f.; [X.], a.a.[X.], Rn. 22 ff.).

a) Der Verwaltungsgerichtshofs hat zutreffend erkannt, dass die Ermessensentscheidung nicht schon deswegen rechtswidrig ist, weil der [X.] von § 49a Abs. 4 HVwVfG und nicht von § 49a Abs. 3 HVwVfG ausgegangen ist. Das folgt aus § 47 Abs. 3 VwVfG, der lediglich die Umdeutung einer gebundenen in eine Ermessensentscheidung verbietet, nicht aber die Umdeutung einer Ermessensentscheidung in eine andere Ermessensentscheidung (vgl. [X.]/[X.], VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 47 Rn. 30). Lässt der Gesetzgeber das Auswechseln der Ermessensermächtigung bei einer Umdeutung eines Verwaltungsakts zu, muss dies erst recht für den Fall des bloßen Begründungswechsels gelten.

b) Nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der Zweck des § 49a Abs. 3 Satz 2 HVwVfG werde wesentlich durch die Grundsätze der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung geprägt, die nur ausnahmsweise bei Vorliegen entsprechend gewichtiger [X.] mit dem Ergebnis eines [X.] von der Zinserhebung überwunden werden können. Die Vorschrift des § 49a Abs. 3 HVwVfG soll ebenso wie die Vorschrift des § 49a Abs. 3 VwVfG verhindern, dass unverbrauchte Zuwendungen anstelle ihrer zeitnahen Verwendung oder Zurückführung an den Zuwendungsgeber vom Zuwendungsempfänger zinsbringend zu seinen Gunsten verwendet werden (vgl. [X.]. 13/5844 S. 7 f.; [X.]. 13/1534 S. 6 f.). Ein Absehen von der Erhebung von Zinsen nach § 49a Abs. 3 Satz 2 HVwVfG kann daher nur dann in Betracht kommen, wenn die vom Gesetzgeber regelmäßig angenommene Möglichkeit des Zuwendungsnehmers, sich für die Dauer der Überzahlung einen Zinsvorteil auf Kosten des Zuwendungsgebers zu verschaffen, ausnahmsweise nicht kompensiert werden muss.

c) Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch unter Verstoß gegen § 114 Satz 1 VwGO angenommen, der [X.] habe sein Ermessen in einer dem Zweck des § 49a Abs. 3 Satz 2 HVwVfG entsprechenden Weise ausgeübt. Er hat in seine Ermessensprüfung Erwägungen eingestellt, die der [X.] in seinem Bescheid selbst nicht benannt und im Laufe des Prozesses auch nicht zulässigerweise gemäß § 114 Satz 2 VwGO nachgeschoben hat.

aa) Der [X.] hat in der Begründung seines Bescheides ausgeführt, die Klägerin habe die Überzahlung zu vertreten, weil sie bei Abruf der ihr gewährten Zuwendung den von [X.] zu tragenden Finanzierungsbeitrag nicht berücksichtigt habe. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verantwortung der Klägerin für das Entstehen der Überzahlung dagegen aus dem Umstand abgeleitet, dass der Anteil der förderfähigen Ausgaben an den Gesamtkosten während der Bauphase erheblich gesunken sei, sodass die zuwendungsfähigen Baukosten am Ende trotz einer Gesamtkostensteigerung niedriger gewesen seien als im ursprünglichen Zuwendungsbescheid veranschlagt. Mit diesen Erwägungen führt der Verwaltungsgerichtshof [X.] in die Ermessensprüfung ein, die der [X.] nicht zur Begründung seiner Ermessensentscheidung herangezogen hat. Er überschreitet damit den ihm durch § 114 Satz 1 VwGO vorgegebenen, auf die von der Behörde benannten Ermessensgesichtspunkte beschränkten Prüfungsrahmen. Der von der Behörde genannte Gesichtspunkt ist auch nicht allein deswegen mit dem vom Verwaltungsgerichtshof benannten identisch, weil aus beiden die Verantwortlichkeit der Klägerin für die Überzahlung abgeleitet wird.

bb) Der [X.] hat in der Begründung seines Bescheides weiter ausgeführt, lediglich die Klägerin, nicht aber der [X.] sei verantwortlich für die rechtzeitige Einreichung des [X.] gewesen. Demgegenüber ist der Verwaltungsgerichtshof, unter Hinweis auf Ziff. 9.1 und 10.1 VV-LHO ([X.] 1987, 1475, 1478) von einer Verpflichtung des [X.]n ausgegangen, den Verwendungsnachweis aktiv einzufordern. Er hat diese Pflicht dann aber hinter die Verpflichtungen der Klägerin für eine rechtmäßige Abwicklung des [X.] zurücktreten lassen. Mit diesen Erwägungen, die nicht Gegenstand der behördlichen Ermessenprüfung waren und vom [X.]n auch nicht zulässigerweise nach § 114 Satz 2 VwGO in das Verfahren eingeführt wurden, durfte der Verwaltungsgerichtshof sein Ergebnis, die behördliche Ermessensausübung sei nicht zu beanstanden, ebenfalls nicht rechtfertigen.

3. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Die zu überprüfenden Ermessenserwägungen ergeben sich aus der Begründung des Bescheides des [X.]n vom 14. September 2010 und hinsichtlich eventueller Ergänzungen im Sinne des § 114 Satz 2 VwGO aus dem Vortrag des [X.]n im gerichtlichen Verfahren.

Der Bescheid des [X.]n vom 14. September 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der [X.] hat seine Ermessensausübung auf einen rechtlich unzutreffenden Gesichtspunkt gestützt. Er ist in seinem Bescheid davon ausgegangen, dass ihn keinerlei Verpflichtung getroffen habe, den Verwendungsnachweis anzumahnen. Diese Annahme widerspricht dem klaren Wortlaut der von ihm in das Förderverhältnis einbezogenen Förderbedingungen (vgl. Nr. 10.1 VV-LHO).

Der [X.] hat zudem in seine Ermessensentscheidung nicht einbezogen, in welchem Umfang die Dauer der Überzahlung - und damit auch die Dauer der der Klägerin auferlegten Verzinsungspflicht - von ihm selbst mitverursacht worden ist. Das hätte nach dem oben beschriebenen Zweck des § 49a Abs. 3 Satz 2 HVwVfG aber nahe gelegen. Hierbei ist nämlich in Rechnung zu stellen, dass der [X.] das [X.] selbst durch einen in verschiedener Hinsicht nur vorläufigen Bescheid geregelt hatte, der seiner Natur nach auf eine endgültige Regelung durch einen Schlussbescheid ausgelegt war. Vor Erlass dieses Schlussbescheides konnte der [X.] das Zuwendungsverfahren selbst nicht als abgeschlossen betrachten, sondern musste das [X.] auch seinerseits dauernd unter Beobachtung halten. Dem geben die erwähnten Bestimmungen in Nr. 10.1 VV-LHO Ausdruck. Dann aber liegt das Risiko eines verspäteten Abschlusses des [X.] nicht einseitig bei der Zuwendungsempfängerin. Diesem Umstand musste der [X.] bei seiner Ermessensentscheidung, ob und in welcher Höhe Erstattungszinsen zu erheben seien, Rechnung tragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Meta

10 C 8/15

11.05.2016

Bundesverwaltungsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 13. Mai 2014, Az: 9 A 2289/12, Urteil

§ 114 S 1 VwGO, § 137 Abs 1 S 1 Nr 2 VwGO, § 49a Abs 1 VwVfG, § 49a Abs 3 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.05.2016, Az. 10 C 8/15 (REWIS RS 2016, 11541)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11541

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Referenzen
Wird zitiert von

M 31 K 21.4671

3 K 6070/17

3 K 2934/20

4 K 2508/19

10 K 5218/17

M 31 K 21.5244

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