Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2007, Az. VII ZB 43/06

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4514

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[X.][X.] vom 28. März 2007 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 851 Abs. 1; [X.] § 46 Satz 1 Ansprüche gegen die Versorgungsanstalt der [X.] [X.] sind trotz ihrer Unabtretbarkeit grundsätzlich wie Arbeitseinkommen in den Grenzen von § 850 c ZPO pfändbar. [X.], Beschluss vom 28. März 2007 - [X.] 43/06 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 28. März 2007 durch [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] Eick beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Drittschuldnerin zu 2 gegen den Be-schluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 5. April 2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Gründe: [X.] Auf Antrag der Gläubigerin hat das Amtsgericht den angeblich dem Schuldner gegen die Drittschuldnerin zu 2 zustehenden Anspruch auf Zusatz-versorgung nach dem Schornsteinfegergesetz ([X.]) gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen. Die dagegen eingelegte Erinnerung der Drittschuldnerin zu 2 ist ebenso ohne Erfolg geblieben wie die anschließende sofortige Beschwerde. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechts-beschwerde verfolgt die Drittschuldnerin zu 2 die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses weiter. 1 - 3 - I[X.] 2 Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. 3 1. Das Beschwerdegericht meint, § 46 Satz 1 [X.] stehe der Pfändung des [X.] nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift könnten zwar Ansprüche auf Zusatzversorgung weder an Dritte übertragen noch verpfändet werden. Sie sei jedoch im Zusammenspiel mit § 851 Abs. 1 ZPO in verfassungskonformer Gesetzesauslegung dahin zu verstehen, dass das durch Art. 14 Abs. 1 GG ge-schützte Befriedigungsrecht des Gläubigers nicht beseitigt werde. Es bestehe kein Grund, insoweit Schornsteinfeger gegenüber anderen Berufsgruppen zu bevorzugen. 2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand. Der Anspruch auf [X.] nach dem Schornsteinfegergesetz ist wie Arbeitseinkommen pfändbar. 4 a) Nach § 46 Satz 1 [X.] können Ansprüche auf Zusatzversorgung weder an Dritte übertragen noch verpfändet werden. Dieser Gesetzeswortlaut spricht allerdings dafür, dass die Ansprüche gemäß § 851 Abs. 1 ZPO nicht der Pfändung unterworfen sind. Eine besondere Vorschrift im Sinne von § 851 Abs. 1 ZPO, die die Pfändung zuließe, enthält das Schornsteinfegergesetz we-der unmittelbar noch durch Verweisung. 5 b) Der [X.] hat mit Beschluss vom 25. August 2004 ([X.] 271/03, [X.] 160, 197) zu dem inhaltsgleichen § 11 Abs. 1 des [X.] über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in [X.] ([X.]) entschieden, dass Ansprüche gegen das Versorgungswerk grundsätz-lich jedenfalls in den Grenzen von § 850 c ZPO pfändbar sind. § 851 Abs. 1 ZPO bedürfe in seinem Zusammenspiel mit § 11 Abs. 1 [X.] einer verfas-6 - 4 - sungskonformen Reduktion. Die Unpfändbarkeit aller Ansprüche auf [X.] sei nicht zu rechtfertigen. Der verfassungsrechtlich gewährleis-tete Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG erstrecke sich auch auf das Befriedigungs-recht des Gläubigers. Der St[X.]t, der selbst das Zwangsvollstreckungsmonopol ausübe, dürfe den davon betroffenen Gläubigern das Einkommen bestimmter Schuldnerkreise nicht generell als Haftungsgrundlage entziehen. [X.] seien nur aus Gründen des Sozialst[X.]tsprinzips (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG) gerechtfertigt, um die eigene Lebensgrundlage des Schuldners durch Pfändungsfreibeträge (§§ 850 ff. ZPO) zu sichern. Eine derartige Be-schränkung des Befriedigungsrechts des Gläubigers sei allenfalls zulässig, so-weit sonstige, überwiegende Gründe das zwingend erforderten. Solche lägen nicht vor. c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bestehen keine Be-denken, diese Grundsätze auf die Versorgungsansprüche nach dem Schorn-steinfegergesetz zu übertragen. Die entsprechend vorzunehmende verfas-sungsrechtliche Abwägung führt wie dort dazu, ein vollumfängliches Pfän-dungshindernis zu verneinen und die Pfändung in den Grenzen des § 850 c ZPO grundsätzlich zuzulassen. 7 [X.]) Aus dem Beschluss des [X.] vom 25. Juli 1960 ([X.] 11, 283) kann die Rechtsbeschwerde nichts zu ihren Gunsten herleiten. Das [X.] hat das damals für die Renten von Angestellten und Arbeitern geltende, nur wenige bevorrechtigte Gläubiger nicht treffende Pfändungsverbot nach § 76 [X.], § 119 RVO im Hinblick auf ein - [X.] bei den Renten der Arbeiter - noch niedriges Leistungsniveau als (noch) verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen. Es hat jedoch [X.], dass das Bedürfnis nach einem besonderen Schutz der Renten umso ge-ringer ist, je mehr sich die Sozialversicherungsrente ihrer Konzeption und ihrer 8 - 5 - Höhe nach den Arbeitseinkommen nähert ([X.], [X.]O, 290). Von einer sol-chen Annäherung, die die Schutzbedürftigkeit der Renten hat entfallen lassen, ist der Bundesgesetzgeber offensichtlich ausgegangen, als er mit Einführung des [X.] im Jahre 1976 ([X.] 1975 I 3015) zunächst mit Einschränkungen (§ 54 Abs. 3 [X.] in der bis zum 17. Juni 1994 gültigen Fassung), später voll-umfänglich (§ 54 Abs. 4 [X.] in der seit dem 18. Juni 1994 gültigen Fassung, [X.] 1994 I 1229) die Pfändung von Renten in der gesetzlichen Rentenversi-cherung wie Arbeitseinkommen zuließ. Zwar handelt es sich bei der Zusatzversorgung nach dem [X.] nicht um Leistungen aus der Sozialversicherung, so dass § 54 [X.] auf sie nicht anwendbar ist. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Empfänger der Zusatzversorgung eines größeren Schutzes bedürfen als die aus der [X.] Berechtigten. Insbesondere hat das durch das Schornsteinfegergesetz gewährleistete [X.], das sich an der [X.] orientiert, kein derart niedriges Niveau, dass es der Pfändung vollständig entzogen werden müsste, um den Lebensunterhalt des Berechtigten und seiner Familie zu sichern. 9 Anderes lässt sich auch nicht daraus schließen, dass die Regelung in dem schon aus dem [X.] stammenden Schornsteinfegergesetz nicht im Hinblick auf die Einführung des § 54 [X.] im Jahr 1976 angepasst wurde (so aber [X.], Beschluss vom 15. November 2002 - 8 [X.], Musielak/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 46 Rdnr. 1). Es gibt keine Anhalts-punkte dafür, dass sich der Gesetzgeber der erst nach Inkrafttreten des Schornsteinfegergesetzes aufgetretenen Abweichung gegenüber den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewusst war und eine Anpassung mit Bedacht unterlassen hat. Ohne Bedeutung ist dabei, dass bei Erlass des Schornsteinfegergesetzes im Jahre 1969 im Hinblick auf den Beschluss des 10 - 6 - [X.] vom 25. Juli 1960 ([X.] 11, 283) möglicher-weise gegen die Unpfändbarkeit des Versorgungsanspruchs nach dem Schorn-steinfegergesetz noch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestanden. Bei der Gesetzesauslegung sind auch Veränderungen der Lebenswirklichkeit zu berücksichtigen. Mit dem Wandel der Verhältnisse kann sich der [X.] verändern (vgl. [X.], NJW 2004, 2662). [X.]) Die Besonderheiten des Berufs des Bezirksschornsteinfegermeisters rechtfertigen nicht, diese Berufsgruppe gegenüber anderen Empfängern von Versorgungsbezügen zu bevorzugen. Nach der Gesetzesbegründung (Aus-schussbericht zu BT-Drucks. V/4282 S. 2) waren die mit diesem Beruf verbun-denen Gefahren und der Umstand, dass der [X.] bei Erreichen der Al-tersgrenze oder bei Krankheit entschädigungslos abgegeben werden muss, für
11 - 7 - die Einführung einer gesetzlichen, rentenergänzenden Versorgung ausschlag-gebend. Dem lässt sich für eine beabsichtigte Besserstellung gegenüber ande-ren Versorgungsempfängern nichts entnehmen, zumal die [X.] (Ausschussbericht zu BT-Drucks. V/4282 S. 8) den Zweck des [X.] und [X.] nicht erläutert. Dressler [X.]

[X.] [X.] Eick Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.03.2005 - 4 M 8632/04 - [X.], Entscheidung vom 05.04.2006 - 4 T 8/05 -

Meta

VII ZB 43/06

28.03.2007

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2007, Az. VII ZB 43/06 (REWIS RS 2007, 4514)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4514

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