Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. XII ZB 192/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5999

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHO[X.]
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS

Verkündet am:

8. Mai 2013

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
XII ZB 192/11
in der [X.]amiliensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 394; ZPO § 850 b Abs. 1 Nr. 2
Das [X.] des §
394 [X.] i.V.m. §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO gilt auch zugunsten von Trägern öffentlicher Sozialleistungen, soweit diese Leistungen der Sozialhilfe oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erbracht haben und der Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers auf sie übergegangen ist.
[X.], Beschluss vom 8. Mai 2013 -
XII ZB 192/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 8.
Mai 2013 durch den [X.] [X.], die Richterin Dr.
Vézina und [X.]
[X.], Dr.
Günter und Dr.
Botur
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 24.
Zivilsenats

[X.]amiliensenat

des [X.]s [X.] vom 6.
April 2011 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Antragsgegner ist Vater eines am 5.
Januar 2007 nicht ehelich gebo-renen Kindes. An die Kindesmutter, die von dem Antragsgegner getrennt lebt und das Kind allein betreut, zahlte er während der ersten drei Lebensjahre des Kindes keinen Betreuungsunterhalt.
Im Zeitraum zwischen dem 1.
September 2007 und dem 31.
Januar 2010 erbrachte der Antragsteller an die Kindesmutter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB
II in einer Gesamthöhe von 11.678,01

i-schen den Beteiligten ist außer Streit, dass der als Rechtsanwalt selbständig tätige Antragsgegner in diesem Zeitraum unterhaltsrechtlich leistungsfähig war und die Kindesmutter gegen ihn einen Unterhaltsanspruch mindestens in Höhe der von dem Antragsteller gewährten Leistungen hatte.
Der Antragsteller verlangt
von dem Antragsgegner aus übergegangenem Recht der Kindesmutter Zahlung von Betreuungsunterhalt im Umfang der von ihm
im Zeitraum von September 2007 bis Januar 2010 erbrachten Sozialleis-1
2
3
-
3
-

tungen. Der Antragsgegner hat die Aufrechnung mit einer [X.]orderung gegen die Kindesmutter wegen der Rückzahlung eines ihr in den Jahren 2005 und 2006 gewährten Darlehens in Höhe von 12.500,00

Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung verpflichtet. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das [X.] zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er sein Begehren auf vollständige Zurückweisung des [X.] weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.
Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung, deren Leitsätze in [X.]amRZ
2011, 1681 veröffentlicht sind, im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Antragsgegner könne gegenüber dem Antragsteller nicht die Aufrechnung mit der unstreitigen

Darlehensforderung gegenüber der Kindesmutter erklären. Dies ergebe sich aber entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung nicht aus §
394 [X.] i.V.m. §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO. Zwar sei der Betreu-ungsunterhaltsanspruch einer Mutter nach §
1615
l [X.] in der Regel unpfänd-bar, was zum Verbot der Aufrechnung führe. Diese [X.] dienten allerdings nur dazu, dem Unterhaltsberechtigten eine sichere Le-bensgrundlage zu verschaffen. Dieser besondere Schutz sei nicht mehr erfor-derlich, wenn der Unterhaltsanspruch auf einen Dritten übergegangen sei, der Unterhalt anstelle des eigentlichen
Schuldners geleistet habe. In der Person 4
5
6
-
4
-

dieses Dritten lägen keine Gründe vor, die eine [X.]ortdauer des Pfändungsschut-zes rechtfertigen könnten.
Nichts anderes könne gelten, wenn der Unterhaltsanspruch auf einen Sozialleistungsträger übergegangen sei. Es sei nicht zu erkennen, dass §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO und §
394 [X.] in einem solchen [X.]all auch oder sogar vor-rangig der Entlastung der Sozialsysteme dienten. Ein Schutz der Sozialsysteme sei nicht erforderlich, weil eine Pfändung der auf einen Sozialleistungsträger übergegangenen [X.]orderung kaum im Raum stehen dürfte. Es sei auch kein Bedürfnis dafür erkennbar, dass der Sozialleistungsträger die auf ihn überge-gangene [X.]orderung nicht abtreten dürfe; dies wäre jedoch nach §
400 [X.] ei-ne Konsequenz, wenn man der übergegangenen Unterhaltsforderung weiter den Schutz des §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO zubilligen wollte.
Eine Benachteiligung des [X.] werde allerdings durch die Vorschriften über die Abtretung und Aufrechnung verhindert. Nach §§
406, 412 [X.] könne der Schuldner im [X.]alle des gesetzlichen [X.]orderungsübergangs eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende [X.]orderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen. Diese Vorschrift diene dem Schutz des Schuldners, der durch den [X.]orderungsübergang, auf den er keinen Einfluss habe, in seiner Position als Schuldner nicht verschlechtert werden solle. §
406 [X.] regele daher eine Ausnahme vom
Gegenseitigkeitsprinzip, die dem Schuldner die Möglichkeit gebe, trotz fehlender Gegenseitigkeit der [X.]orderun-gen auch gegenüber dem neuen Gläubiger aufzurechnen. Voraussetzung sei allerdings, dass der Schuldner auch gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger habe aufrechnen können, denn §
406 [X.] diene lediglich dem Schutz des Schuldners vor einer Verschlechterung seiner Rechtslage; die Vorschrift solle
demgegenüber keine Verbesserung seiner Rechtslage durch eine Abtretung oder einen gesetzlichen [X.]orderungsübergang bewirken. Es könne daher mit §
406 [X.] nicht begründet werden, dass eine gegenüber dem ursprünglichen 7
8
-
5
-

Gläubiger unpfändbare und damit durch Aufrechnung nicht zu beseitigende [X.]orderung durch den [X.]orderungsübergang aufrechnungsfähig werde. Dann müsse es
beim Erfordernis der Gegenseitigkeit beider [X.]orderungen bleiben, so dass der Antragsgegner im Verhältnis
zum Antragsteller die Aufrechnung mit einer [X.]orderung gegen die Kindesmutter nicht wirksam habe erklären können.

II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung zwar nicht in der Begründung, wohl aber im Ergebnis stand.
1. Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des [X.], dass die von dem Antragsgegner erklärte Aufrechnung von vornherein an der fehlenden Gegenseitigkeit der [X.]orderungen (§
387 [X.]) scheitern müsste.
a) Dabei ist es im rechtlichen Ausgangspunkt richtig, dass der [X.] als (Neu-) Gläubiger der nach §
33 SGB
II auf ihn
übergegangenen [X.] (Hauptforderung) nicht gleichzeitig der Schuldner der von dem Antragsgegner geltend gemachten und gegen die Kindesmutter gerichteten Gegenforderung auf Darlehensrückzahlung ist. In solchen [X.]ällen, in denen die Hauptforderung durch Abtretung oder

wie hier

im Wege der Legalzession auf einen neuen Gläubiger übergeht, wird indessen das Prinzip der Gegenseitigkeit der [X.]orderungen bei der Aufrechnung durch §
406 [X.] (i.V.m. §
412 [X.]) in-soweit durchbrochen, als die Gegenseitigkeit von Hauptforderung und Gegen-forderung trotz des [X.]s als weiterbestehend behandelt wird ([X.] Urteil vom 22.
Dezember 1995

V
ZR
52/95

NJW 1996, 1056, 1057; [X.]Z 58, 327, 329 = NJW 1972, 1193, 1194; [X.]Z 19, 153, 157 = NJW 1956, 257).
9
10
11
-
6
-

Noch zutreffend hat das Beschwerdegericht weiter erkannt, dass der Be-stimmung des §
406 [X.]

ebenso wie im [X.]alle des §
404 [X.]

der Gedanke des Schuldnerschutzes zugrunde liegt. Der Schuldner soll durch die Abtretung bzw. den [X.]orderungsübergang nicht benachteiligt, also gegenüber dem neuen Gläubiger nicht ungünstiger gestellt werden, als er gegenüber seinem alten Gläubiger stand ([X.] Urteil vom 26.
Juni 2002

VIII
ZR 327/00

NJW 2002, 2865; [X.]Z 58, 327, 329 = NJW 1972, 1193, 1194; [X.]Z 19, 153, 156 = NJW 1956, 257). Dem Schuldner soll die Aufrechnung gegenüber dem Zessionar mit einer Gegenforderung gegen den Zedenten grundsätzlich immer dann gestattet werden, wenn er ohne die Abtretung der gegen ihn gerichteten Hauptforderung damit rechnen durfte, diese nicht erfüllen zu müssen, sondern durch Aufrech-nung tilgen zu können ([X.]Z 19, 153, 157 = NJW 1956, 257).
b) Diese Grundsätze rechtfertigen aber nicht den vom Beschwerdege-richt gezogenen Umkehrschluss, dass mit der Erstreckung der [X.] auf das Verhältnis zwischen dem Zessionar und dem Schuldner eine Besserstellung des Schuldners nicht verbunden sein dürfe.
Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit dem [X.] bei
der Abtretung der Hauptforderung kein generelles Verschlechterungsverbot zu-gunsten des Schuldners aufstellen
wollen, so dass es der Schuldner [X.] hinnehmen muss, dass er höchstpersönliche Einreden, die ihm gegen-über dem Zedenten zustanden, gegenüber dem Zessionar nicht geltend ma-chen kann (vgl. dazu [X.] [X.] 203 [2003], 241, 270
f.). Auch muss sich der Schuldner damit abfinden, dass er sich

wie es auch unter den hier [X.] Umständen der [X.]all sein dürfte

durch den [X.] einem mög-licherweise "unangenehmeren"
Gläubiger gegenüber sieht. Dann aber lässt sich umgekehrt auch ein generelles Verbesserungsverbot nicht begründen, so dass keine grundsätzlichen Erwägungen dagegen streiten, die Aufrechnung des Schuldners gegenüber dem Zessionar mit einer Gegenforderung gegen den 12
13
14
-
7
-

Zedenten unter Umständen auch dann zuzulassen, wenn erst durch die Abtre-tung ein zuvor bestehendes [X.] beseitigt wird (RGRK/[X.] 12.
Aufl. §
406 Rn.
2). Wäre die Rechtsansicht des [X.] richtig, müsste sich folgerichtig aus §
406 [X.] ein allgemeiner Grundsatz der-gestalt herleiten lassen, dass eine Aufrechnung, die dem Schuldner gegenüber dem Zedenten gesetzlich versagt war, auch gegenüber dem Zessionar stets unstatthaft sein müsste; dies trifft freilich nicht zu ([X.], 43, 46; [X.]Z 35, 317, 327 = NJW 1961, 1966, 1968).
2. Die Entscheidung erweist sich allerdings im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig, weil das [X.] des §
394 [X.] i.V.m. §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO auch zugunsten von Trägern öffentlicher Sozialleistungen gilt, wenn und soweit diese Leistungen der Sozialhilfe oder im Rahmen der Grund-sicherung für Arbeitsuchende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht haben und der Unterhaltsanspruch
des Hilfeempfängers auf sie über-gegangen ist.
a) Die
[X.]rage, ob ein [X.] im Rahmen des §
406 [X.] zu-gunsten des Neugläubigers auch noch nach der Abtretung bzw. nach einem gesetzlichen Übergang der Hauptforderung gilt, ist nach
dem Zweck des [X.] zu entscheiden
([X.]Z 35, 317, 327 = NJW 1961, 1966, 1968; [X.]Z 95, 109, 117 = NJW 1985, 2820, 2822). Durch den [X.] auf einen Sozialleistungsträger wird die Rechtsnatur eines [X.] nicht geändert (Senatsurteile vom 1.
Juli 1987

IVb
ZR 74/86

[X.]amRZ 1987, 1014, 1015 und vom 9.
Oktober 1991

XII
ZR
171/90

[X.]amRZ 1992, 306, 307).
b) Darüber, ob sich auch ein Sozialleistungsträger wegen der auf ihn übergegangenen Unterhaltsansprüche gegenüber dem Unterhaltsschuldner auf 15
16
17
-
8
-

das [X.] nach §
394 [X.] i.V.m. §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO [X.] kann, besteht in Rechtsprechung und Schrifttum keine Einigkeit.
Teilweise wird hierzu

mit dem Beschwerdegericht

die Auffassung ver-treten, dass sich ein Träger öffentlicher Sozialleistungen wegen der auf ihn übergegangenen Unterhaltsansprüche nicht auf ein [X.] könne, weil auch der Pfändungsschutz nach §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO mit dem [X.] entfallen sei ([X.] [X.]amRZ 1990, 795; [X.]/Grüneberg
[X.] 72.
Aufl. §
394 Rn.
1; [X.]/[X.] [X.] [Bear-beitungsstand: 2011] §
394 Rn.
55; [X.]/Wagner [X.] 13.
Aufl. §
394 Rn.
5; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
8 Rn.
77; Günther
in: [X.] [X.] [X.] [X.]ami-lienrecht 3.
Aufl. §
12 Rn.
185; Born
in Heiß/Born Unterhaltsrecht [[X.]: 2012] 27.
Kap. Rn.
98; Scholz
in Scholz/[X.]/Motzer Praxis-handbuch [X.]amilienrecht [Bearbeitungsstand: 2012] Teil
L Rn.
91).
Eine andere
Ansicht will demgegenüber auch dem Sozialleistungsträger zubilligen, sich gegenüber dem Unterhaltsschuldner wegen einer übergegange-nen Unterhaltsforderung, die bei dem Hilfeempfänger dem Pfändungsschutz nach §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO unterlag, auf das [X.] zu [X.] ([X.] [X.]amRZ 2006, 1532
f.; [X.] [X.]amRZ 1998, 177
f. mit zust. [X.]. [X.], 178; [X.]/Dose Das Unterhalts-recht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
6 Rn.
302; [X.]/Schwamb
Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 12.
Aufl. Rn.
284;
[X.]riederici in: [X.]
[X.] [X.] [X.]amilienrecht 3.
Aufl. §
5 Rn.
63; [X.] in: [X.]/[X.]/Wolf
Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung 2.
Aufl. §
850
b ZPO Rn.
39; wohl auch [X.] Urteil vom 23.
April 2009

L
5 [X.]/07

juris Rn.
23 aE).

18
19
-
9
-

c) Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung für den [X.]all, dass der Sozialleistungsträger an den Unterhaltsberechtigten Leistungen der Sozialhilfe oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Grundsi-cherung für Arbeitsuchende erbringt und der Unterhaltsanspruch nach §
94 Abs.
1 SGB
XII bzw. nach §
33 Abs.
1 SGB
II im Wege der Legalzession auf ihn übergeht.
[X.]) Die Annahme, dass das aus §
394 [X.] i.V.m. §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO folgende
[X.] ausnahmslos auf den bisherigen Unter-haltsgläubiger beschränkt bleiben müsse, lässt sich nicht zwangsläufig aus dem Zweck des Gesetzes herleiten. Es ist zwar
richtig, dass die von §
394 [X.] in Bezug genommenen Pfändungsverbote der Zivilprozessordnung in erster Linie dem Schutz des Unterhaltsberechtigten davor dienen, dass ihm und seiner [X.]a-milie die zur Sicherung des Existenzminimums benötigten Vermögenswerte nicht entzogen werden (vgl. BT-Drucks. 8/693, S.
45; [X.], 3.
Aufl. §
850 Rn.
1; [X.]/[X.] 29.
Aufl. §
850 Rn.
1) und dieser Ge-danke gegenüber einem Dritten, der die [X.]orderung von dem schutzbedürftigen ursprünglichen [X.] erwirbt, nicht ohne weiteres zum Tragen kommt. In der Sicherung der Existenz des [X.]orderungsinhabers und seiner An-gehörigen erschöpft sich der Zweck des [X.]es nach §
394 [X.] allerdings nicht. Angesichts des heutigen Umfangs
der Sozialleistungssys-teme dient das [X.] (zumindest) auch dem Schutz der öffentli-chen Kassen, die für die Existenzsicherung des ursprünglichen Gläubigers ein-zustehen hätten (vgl. [X.]/[X.] 6. Aufl. §
394 Rn.
1; RGRK/[X.] 12.
Aufl. §
394 Rn.
1; [X.]/[X.] [X.] [[X.]: 2011] §
394 Rn.
4; [X.] Die Erfüllung und ihre Surrogate 2.
Aufl. §
12 VI
4; vgl. auch [X.] NJW 2001, 1443 zu §
400 [X.]). Schon vor In[X.]treten des früheren [X.] und im Einklang mit den Motiven zum Entwurf des [X.] (vgl. Motive
II S.
113, zitiert bei [X.], Die 20
21
-
10
-

gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd.
II S.
62) war es in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die sich aus §
394 [X.] und aus §§
400, 1274 Abs.
2 [X.] ergebenden materiell-rechtlichen Einschrän-kungen der Verkehrsfähigkeit unpfändbarer [X.]orderungen auch im Interesse des Allgemeinwohls erlassen worden sind, um den ursprünglichen Gläubiger nicht der "öffentlichen [X.]ürsorge und Armenpflege"
anheimfallen zu lassen (vgl. [X.]Z 4, 153, 154
f.; [X.], 205, 206 und
133, 249, 256).
bb) Das [X.] hat zu §
394 [X.] i.V.m. §
850
c ZPO be-züglich der Unzulässigkeit der Aufrechnung gegen unpfändbares Arbeitsein-kommen mehrfach erkannt, dass das [X.] in bestimmten [X.]ällen auch einem Sozialversicherungsträger zugutekommen kann, auf den [X.] [X.] die [X.] eines bei ihm versicherten Arbeitnehmers überge-gangen sind. Diese Rechtsprechung betraf die [X.]älle, in denen der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Lohnzahlung bzw. zur Lohnfortzahlung im [X.] nicht nachgekommen war, und die für den Arbeitnehmer durch Leistung von Arbeitslosengeld bzw. von Krankengeld einstehenden Sozialversicherungsträ-ger durch gesetzlichen [X.]orderungsübergang nach den seinerzeit geltenden [X.] Vorschriften (§
137 Abs.
4 [X.] bzw. §
182 Nr.
10 [X.]) Gläubiger der aus dem Arbeitsverhältnis herrührenden Lohn-
bzw. Lohnfortzahlungsansprüche des Arbeitnehmers geworden waren ([X.] NZA 1985, 186
f. und [X.] 1979, 1848, 1850). Zur Begründung hat das [X.] ausgeführt, dass sich in diesen, wegen des [X.] nunmehr einheitlich in §
115 SGB
X geregelten [X.]ällen bereits aus der gesetzli-chen Anordnung des [X.] erschließe, dass den Träger der gesetzlichen Arbeitslosen-
bzw. Krankenversicherung lediglich eine vorläufige Einstandspflicht treffe, um die Lebensgrundlage des Arbeitnehmers für den Zwischenzeitraum sicherzustellen, in dem der Arbeitgeber seinen [X.] nicht nachkommt. Wenn sich die Sozialversicherungsträger in diesen 22
-
11
-

[X.]ällen nicht auf das [X.] des §
394 [X.] berufen könnten, würde sich der Arbeitgeber durch die Nichterfüllung seiner Entgelt-
bzw. Ent-geltfortzahlungspflicht auf Kosten der Allgemeinheit bzw. der [X.] einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen können (vgl. [X.] NZA 1985, 186, 187 und [X.] 1979, 1848, 1850).
cc) Wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlagen sind die Grundsätze dieser Rechtsprechung auch dann anwendbar, wenn ein Sozialleistungsträger Hilfen zum Lebensunterhalt gewährt, weil ein Unterhaltsschuldner seiner [X.] nicht nachkommt.
Die sich aus dem Gesetz ergebende (§
2 Abs.
2 Satz
1 SGB
XII bzw. §
9 Abs.
1 SGB
II) Subsidiarität der Sozialhilfe und der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB
II soll durch den [X.] nach §
94 Abs.
1 SGB
XII bzw. §
33 Abs.
1 SGB
II verwirklicht werden, indem sie den Sozialleistungsträger grundsätzlich in die Lage versetzt, durch Eintritt in die Gläubigerposition des Leistungsempfängers den Zustand nachträglich her-zustellen, der dem vom Gesetz gewollten Vorrang der Verpflichtung anderer (hier: des Unterhaltsschuldners) entspricht, die dem Leistungsempfänger die erforderliche Hilfe hätten gewähren müssen (vgl. bereits [X.], 601 und NJW 1990, 3288 zu §
90 [X.]). Könnte sich der Sozialleistungsträger auf das [X.] nach §
394 Abs.
1 [X.] i.V.m. §
850
b
Abs.
1 Nr.
2 ZPO nicht berufen, wäre es dem Unterhaltsschuldner in die Hand gegeben, den Unterhaltsberechtigten durch Nichtleistung des geschuldeten Unterhalts zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu veranlassen, um anschließend pri-vate [X.]orderungen gegen den [X.] zu Lasten der Allgemeinheit durchsetzen zu können. [X.]ür eine solche Besserstellung des säumigen [X.] findet sich keine Rechtfertigung.

23
24
-
12
-

dd) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass nach §
400 [X.] eine [X.]orderung grundsätzlich nicht abgetreten werden kann, soweit sie

wie gesetz-liche Unterhaltsansprüche gemäß §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO

der Pfändung nicht unterworfen ist. Es entspricht allerdings der Rechtsprechung des [X.], dass eine Abtretung der Unterhaltsforderung jedenfalls dann er-folgen kann, wenn die [X.]orderung nicht mehr dem Unterhaltsberechtigten, son-dern aufgrund gesetzlichen [X.]orderungsübergangs einem Dritten zusteht, der keines Pfändungsschutzes nach §
850
b Abs.
1 Satz
2 ZPO bedarf ([X.] Urteil vom 24.
September 1981

IX
ZR 80/80

[X.]amRZ 1982, 50, 51); dieser Dritte kann auch ein Sozialleistungsträger sein (Senatsurteil vom 3.
Juli 1996

XII
ZR 99/95

[X.]amRZ 1996, 1203, 1204). Entgegen der Ansicht des [X.] würde eine Privilegierung des [X.] in Bezug auf das [X.] nach §
394 [X.] nicht zwangsläufig zu der

nicht im Ein-klang mit dieser Rechtsprechung stehenden

Schlussfolgerung nötigen, dass der Sozialleistungsträger die auf ihn im Wege der Legalzession übergegangene Unterhaltsforderung auch nicht abtreten darf. Obwohl die durch §§
394, 400 [X.] bewirkte Einschränkung der Verkehrsfähigkeit einer unpfändbaren [X.]orde-rung letztlich auf den gleichen gesetzgeberischen Erwägungen beruht, gibt es keinen unbedingten Gleichlauf bei der Anwendung beider Vorschriften. So ist es anerkannt, dass sich der Schutzzweck des [X.] in den [X.] hat, in denen der Zessionar seinerseits dem Zedenten die (wirtschaftlich gleichwertige) Leistung erbringt, die ihm §
400 [X.] sichern will ([X.]Z 59, 109, 115 = NJW 1972, 1703, 1705; [X.]Z 127, 354, 356 = NJW 1995, 323 mwN; [X.] NJW 2001, 1443). Dies gilt auch für die Abtretung von [X.] (vgl. OLG Bremen [X.]amRZ 2002, 1189), so dass eine Unterhaltsforderung durch den [X.] durchaus abgetreten werden kann, obwohl sie bei ihm (weiterhin) dem [X.] nach §
394 [X.] i.V.m. §
850
b Abs.
1 Nr.
2 ZPO unterliegt.
25
-
13
-

d) [X.]ür die Aufrechnung mit einer Gegenforderung des Antragsgegners wegen Rückzahlung eines der Kindesmutter gewährten Darlehens ist daher kein Raum, so dass es bei
der Zurückweisung der Beschwerde gegen die zu-treffende Entscheidung des Amtsgerichts bleibt.

Dose

Vézina

[X.]

Günter

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.09.2010 -
338 [X.] 1219/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 06.04.2011 -
24 U[X.] 880/10 -

26

Meta

XII ZB 192/11

08.05.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. XII ZB 192/11 (REWIS RS 2013, 5999)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5999

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 192/11 (Bundesgerichtshof)

Verbot der Aufrechnung gegenüber dem auf den Sozialhilfeträger übergegangenen Unterhaltsansprüchen


S 17 AS 68/17 (SG Bayreuth)

Erstattungsanspruch eines Rechtsanwalts bzgl. Kosten des Widerspruchsverfahrens gegen eine Behörde im Rahmen eines Beratungshilfemandats und …


VII R 1/15 (Bundesfinanzhof)

Kein Aufrechnungsverbot nach Beendigung des Insolvenzverfahrens


II-2 UF 180/05 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


3 UF 197/18 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 192/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.