Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2009, Az. VIII ZR 275/08

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1719

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 16. September 2009 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 536 Abs. 1 Satz 1 a) Öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen vermieteter Wohnräume berechti-gen den Mieter nicht zur Mietminderung, wenn deren Nutzbarkeit mangels Ein-schreitens der zuständigen Behörden nicht eingeschränkt ist. b) Haben die Parteien eine bestimmte Wohnfläche als Beschaffenheit der Mietsache vereinbart, sind die Flächen von Räumen, die nach dem Vertrag zu Wohnzwecken vermietet sind (hier: ausgebautes Dachgeschoss), bei der [X.] unabhängig davon mit einzurechnen, ob sie bei einer Flächenberechnung nach den Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung als Wohnraum anzure-chen sind (Fortführung von [X.], Urteil vom 23. Mai 2007 - [X.], [X.], 2624, [X.]. 13). [X.], Urteil vom 16. September 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] Frellesen, die Richterin [X.], [X.] Achilles und die Richterin Dr. Fetzer für Recht erkannt: Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.], 14. Zivilkammer, vom 8. Oktober 2008 wird [X.]. Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Kläger waren von Januar 1989 bis Dezember 2007 Mieter eines [X.] der Beklagten in M. . Nach § 1 des [X.] beträgt die Wohnfläche 129,4 qm. Im Haus befinden sich Dachgeschossräume, die von den Klägern bis etwa 2005 als Wohnraum genutzt wurden. Die Kläger machen geltend, dass diese Räume wegen öffentlich-rechtlicher Nutzungsbeschränkun-gen bei der Berechnung der Wohnfläche nicht zu berücksichtigen seien, so dass die tatsächliche Wohnfläche nur 108,6 qm betrage und somit um mehr als 10 % von der vereinbarten Wohnfläche abweiche. 1 - 3 - Die Kläger haben Rückzahlung ihrer Auffassung nach überzahlter Miete in Höhe von 3.384 • nebst Zinsen, Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in [X.] von 543,59 • nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass sie ab [X.] nur zur Zahlung einer Miete in Höhe von 372,13 • zuzüglich Be-triebskosten verpflichtet sind. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. 3 [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: Es könne offen bleiben, ob die Wohnfläche im vorliegenden Fall nach der Wohnflächenverordnung oder nach der Zweiten Berechnungsverordnung zu berechnen sei, denn die von den Klägern behauptete verminderte Wohnfläche ergebe sich nur vor dem Hintergrund öffentlich-rechtlicher Nutzungsbeschrän-kungen. Darin liege jedoch kein Mangel im Sinne des § 536 BGB. [X.] wegen vornehmlich feuerpolizeilicher Gründe berührten die Nutzbarkeit der Dachgeschossräume nicht unmittelbar. Aus dem Mietvertrag ergäben sich keine Hinweise darauf, dass das Dachgeschoss nicht zu Wohnzwecken genutzt werden könne. Da es ausgebaut gewesen sei, habe es nahe gelegen, dass es den Klägern zu Wohnzwecken zur Verfügung stehe, zumal sie es auch über einen sehr langen Zeitraum so genutzt hätten. Dass die Kläger von dieser [X.] vertraglichen Nutzungsmöglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Gebrauch mehr gemacht hätten, berühre ihre Verpflich[X.] zur [X.] - 4 - [X.] der Miete nicht. Soweit die Kläger ferner geltend gemacht hätten, dass die Dachgeschossräume schlechter beheizbar seien, Lei[X.]en über [X.] lägen und kein [X.] vorhanden sei, handele es sich um offensichtliche Mängel, die von den Klägern bei der Anmie[X.] nicht gerügt worden seien und deshalb nach § 536b BGB nicht mehr geltend gemacht werden könnten. I[X.] Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revi-sion zurückzuweisen ist. 5 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass etwaige öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen der Räume im Dachgeschoss die Kläger nicht zur Minderung der Miete berechtigen, weil die Nutzbarkeit dieser Räume mangels Einschreiten der zuständigen Behörden nicht eingeschränkt war (vgl. [X.], [X.], 152, 153; [X.], [X.] 2005, 20 und 2006, 286; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 536 Rdnr. 20; [X.]/Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl., § 536 BGB Rdnr. 76). 6 2. Zu Recht und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsge-richt ferner angenommen, dass die Kläger die Miete auch nicht wegen der verminderten Wohnqualität des Dachgeschosses (fehlender [X.], auf [X.] verlegte Lei[X.]en) mindern können, denn diese offensichtlichen Mängel waren den Klägern bei der Anmie[X.] bekannt, so dass ihnen die Rechte aus §§ 536 und 536a BGB gemäß § 536b Satz 1 BGB nicht zustehen. 7 3. Schließlich ist dem Berufungsgericht auch darin beizupflichten, dass die Kläger nicht wegen einer zu geringen Wohnfläche des angemieteten [X.] zur Mietminderung berechtigt sind. Die ausgebauten Räume im 8 - 5 - Dachgeschoss sind den Klägern als Wohnraum vermietet worden und sind [X.] - unabhängig davon, ob sie bei einer Flächenermittlung nach den [X.] als Wohnraum anzurechnen sind - bei der Ermittlung der tatsächlichen Wohnfläche des von den Klägern gemieteten Einfamilienhauses zu berücksichtigen. 9 a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag regelmäßig nicht als unverbindliche Beschreibung, sondern als Beschaffenheitsvereinbarung anzusehen ist, die bei einer Abwei-chung von mehr als 10 % zum Nachteil des Mieters zu einem Mangel der [X.] führt (Senatsurteile vom 24. März 2004 - [X.] ZR 295/03, NJW 2004, 1947, unter II 2 a, sowie vom 23. Mai 2007 - [X.] ZR 138/06, [X.], 2626 [X.]. 13 f., 17). Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung haben die Parteien mit der Angabe der Wohnfläche von 129,4 qm im Mietvertrag auch getroffen. b) Der Begriff der Wohnfläche ist auslegungsbedürftig, denn er hat kei-nen feststehenden Inhalt, und eine verbindliche Regelung zur Berechnung von Flächen bei preisfreiem Wohnraum fehlt. Nach der Rechtsprechung des Senats können für die Auslegung des Begriffs der Wohnfläche grundsätzlich auch beim frei finanzierten Wohnraum die für den preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen herangezogen werden, es sei denn, die Parteien haben dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeu[X.] beigemes-sen oder ein anderer [X.] ist ortsüblich oder nach der Art der Wohnung nahe liegender (Senatsurteile vom 24. März 2004 - [X.] ZR 44/03, NJW 2004, 2230, unter [X.] [X.], [X.], sowie vom 23. Mai 2007 - [X.], [X.], 2624, [X.]. 13). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt somit einer Vereinbarung der Parteien darüber, welche Flächen in die Berechnung der Wohnfläche einzubeziehen sind, Vorrang zu. Eine solche Vereinbarung liegt 10 - 6 - hier nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor. 11 Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Räume im [X.] nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen [X.], also als Wohnraum vermietet wurden. Es hat einen solchen vertragli-chen Nutzungszweck mit der Begründung bejaht, der Ausbau der - von den Klägern über lange Zeit auch tatsächlich zu Wohnzwecken genutzten - Räume habe eine Wohnnutzung nahe gelegt und der Mietvertrag enthalte keinen Hin-weis darauf, dass sie nicht zu Wohnzwecken hätten genutzt werden sollen. [X.] Auslegung ist als tatrichterliche Würdigung einer Individualvereinbarung nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvor-schriften verletzt worden sind ([X.] 135, 269, 273; 154, 132, 133). Ein derarti-ger Auslegungsfehler wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich. Die Auslegung des Berufungsgerichts ist möglich und daher für die Revisionsinstanz bindend (vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar 1992 - [X.], NJW 1992, 1967, unter II 3 a). Das Berufungsgericht hat die ausgebauten Räume des Dachgeschosses deshalb bei der Berechnung der Wohnfläche zu Recht berücksichtigt. Da die tatsächliche Wohnfläche - unter Berücksichtigung der einzubeziehenden Flä-
12 - 7 - chen des Dachgeschosses - den Angaben im Mietvertrag entspricht, sind die Kläger nicht zur Minderung der Miete wegen eines in einer Wohnflächenabwei-chung liegenden Sachmangels berechtigt. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. Fetzer Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.03.2008 - 414 C 28869/07 - [X.], Entscheidung vom 08.10.2008 - 14 S 5934/08 -

Meta

VIII ZR 275/08

16.09.2009

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2009, Az. VIII ZR 275/08 (REWIS RS 2009, 1719)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1719

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