Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2010, Az. VIII ZR 210/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 347

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 15. Dezember 2010 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 573 Abs. 2 Nr. 2 Eine Personenhandelsgesellschaft kann ein Wohnraummietverhältnis nicht wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter kündigen. [X.], Urteil vom 15. Dezember 2010 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterinnen [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] Bünger für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 11 des [X.] vom 30. Juli 2010 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Der Beklagte ist seit 2001 Mieter einer 5-Zimmer-Wohnung der Klägerin in [X.]. Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH & Co. KG. Kom-manditisten und Gesellschafter der Komplementär-GmbH sind die Eheleute [X.]; der Ehemann ist gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin. 1 Mit Schreiben vom 30. April 2009 sprach die Klägerin die ordentliche Kündigung des Mietvertrags zum 31. Oktober 2009 aus. Zur Begründung ist in dem [X.] im Einzelnen ausgeführt, dass die beiden 69 und 74 Jahre alten Gesellschafter der Klägerin die Wohnung für sich selbst benötigten. 2 - 3 - Das Amtsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen, das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr [X.] weiter. 3 Entscheidungsgründe: 4 Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung nicht zu, weil die Kündigung vom 30. April 2009 das Mietverhältnis nicht beendet habe. Die Kündigung der Klägerin sei unwirksam, weil ihr als GmbH & Co. KG ein Eigenbedarf ihrer Gesellschafter nicht zugerechnet werden könne. 5 Zwar sei nach der Rechtsprechung des [X.] einer [X.] bürgerlichen Rechts ein Eigenbedarf ihrer Gesellschafter zuzurech-nen, weil insoweit eine Gleichbehandlung mit den Mitgliedern einer Bruchteils-gemeinschaft geboten sei. Damit sei die Situation von Personenhandelsgesell-schaften wie der offenen Handelsgesellschaft oder wie hier einer GmbH & Co. KG nicht vergleichbar. Anders als häufig bei der [X.] hänge es nicht vom Zufall ab, ob es sich bei der vermietenden Perso-nenmehrheit um eine schlichte [X.] oder um eine offene Handelsge-sellschaft oder Kommanditgesellschaft handele, denn eine [X.] entstehe nicht zufällig, sondern durch zum Teil umfangreiches ge-schäftliches Tätigwerden ihrer Mitglieder von der Errichtung eines [X.] bis hin zur Eintragung im Handelsregister. Die Gefahr einer 6 - 4 - vom Zufall abhängenden Ungleichbehandlung der Personenmehrheit in Gestalt einer [X.] einerseits und derjenigen in Gestalt einer Personenhan-delsgesellschaft sei daher von vornherein ausgeschlossen. Anders als bei der [X.] gebe es daher bei der Personenhandelsge-sellschaft keine Veranlassung, zur Vermeidung von Ungerechtigkeiten die Gel-tendmachung von Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter zu ermöglichen. Der von der Literatur vertretenen gegenteiligen Auffassung, einer Perso-nengesellschaft sei - etwa im Hinblick auf die nähere persönliche Beziehung zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft und der persönlichen Haftung - der Eigenbedarf von Gesellschaftern generell zuzurechnen, könne nicht gefolgt werden. Die Rechtssicherheit gebiete es, die nur als besondere Ausnahme an-zusehende Zurechnung des Eigenbedarfs der Gesellschafter bei einer Gesell-schaft bürgerlichen Rechts auf diese Gesellschaft zu begrenzen. Gerade bei einer GmbH & Co. KG bestehe die Gefahr, dass der Mieter einer unübersehba-ren Zahl von Gesellschaftern gegenüberstehe; Kommanditgesellschaften hätten zudem häufig viele dem Mieter unbekannte Kommanditisten, bei denen die Ka-pitalbeteiligung im Vordergrund stehe und eine sachliche Berechtigung, [X.] Eigenbedarf geltend zu machen, nicht einsichtig sei. 7 I[X.] Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass einer GmbH & Co. KG ein Eigenbedarf ihrer Gesellschafter nicht zuge-rechnet werden kann, so dass die von der Klägerin erklärte Kündigung [X.] und das [X.] der Klägerin unbegründet ist. 8 - 5 - Allerdings darf nach der Rechtsprechung des Senats eine [X.] - anders als eine Kapitalgesellschaft - grundsätzlich wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kündigen (Senatsurteile vom 27. Juni 2007 - [X.] ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn. 12, 15 ff.; vom 16. Juli 2009 - [X.] ZR 231/08, [X.], 2738 Rn. 13 f.). Diese Rechtsprechung lässt sich aber, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, nicht auf Personenhandelsgesellschaften und somit auch nicht auf die Klägerin als GmbH & Co. KG übertragen. 9 1. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der [X.] der Eigenbedarf eines Gesellschafters deshalb zuzurechnen, weil es im Ergebnis nicht gerechtfertigt wäre, Gesellschafter einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft insoweit schlechter zu stellen als die Mitglieder einer einfachen Vermietermehrheit. Sind mehrere natürliche Personen Vermieter, berechtigt der Eigenbedarf eines Vermieters die [X.] zur Kündigung des [X.]; dies kann nicht anders zu beurteilen sein, wenn diese Per-sonen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage einen gemeinsamen Zweck ver-folgen und damit eine [X.] bilden, zumal es häufig nur vom Zufall abhängen wird, ob eine Personenmehrheit dem Mieter eine Wohnung als [X.] oder als [X.] vermie-tet (Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - [X.] ZR 271/06, aaO Rn. 15). Eine ver-gleichbare Situation besteht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei einer Personenhandelsgesellschaft als Vermieterin indes nicht. 10 2. Die Gründung einer Kommanditgesellschaft oder offenen Handelsge-sellschaft setzt regelmäßig eine umfangreiche organisatorische und rechtsge-schäftliche Tätigkeit bis hin zur Eintragung in das Handelsregister voraus; die Vermietung einer Wohnung durch eine offene Handelsgesellschaft oder [X.] (beziehungsweise wie hier durch eine GmbH & Co. KG) statt 11 - 6 - durch eine schlichte [X.] erfolgt deshalb von vornherein nicht "zufäl-lig", sondern beruht auf einer bewussten Entscheidung aufgrund wirtschaftli-cher, steuerrechtlicher und/oder haftungsrechtlicher Überlegungen. Von einer Vergleichbarkeit mit der Interessenlage bei der Vermietung einer Wohnung durch eine Bruchteilsgemeinschaft oder eine [X.] kann daher keine Rede sein. Dies gilt entgegen der Auffassung der Revision auch dann, wenn es sich - wie die Klägerin für sich in Anspruch nimmt - bei der Vermieterin um eine "personalistisch gebundene vermögensverwaltende [X.]" handelt, zu der sich Eheleute zusammengeschlossen ha-ben. 3. Entgegen der Auffassung der Revision führt auch der Umstand, dass die [X.] inzwischen als teilrechtsfähig anerkannt ist, nicht dazu, dass bezüglich der Zurechnung von Eigenbedarf eines Gesell-schafters eine Gleichbehandlung mit allen anderen Personengesellschaften geboten wäre und somit nur bei juristischen Personen eine Zurechnung des Eigenbedarfs von Gesellschaftern auszuscheiden hätte. Maßgeblich für die Zu-rechnung des Eigenbedarfs bei der [X.] ist nicht die bloße Teilrechtsfähigkeit (das Fehlen der Eigenschaft einer juristischen Per-son) oder ein im Vergleich zu Kapitalgesellschaften stärkerer personaler Bezug, sondern die Wertung, dass eine unterschiedliche Behandlung der Vermietung durch eine Bruchteilsgemeinschaft oder Erbengemeinschaft einerseits und durch eine [X.] andererseits in vielen Konstellatio-nen "willkürlich" erscheint, weil es häufig vom Zufall abhängt, in welcher Rechtsform die Vermietung vorgenommen wird. 12 4. Eine andere Beurteilung ergibt sich entgegen der Auffassung der [X.] auch nicht aus der vom Senat anerkannten Möglichkeit, dass ein berech-tigtes Interesse einer Kommanditgesellschaft an der Beendigung eines [X.] - 7 - raummietvertrags in der betrieblich bedingten Notwendigkeit liegen kann, die Wohnung einem Mitarbeiter oder Geschäftsführer zur Verfügung zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - [X.] ZR 122/06, [X.], 639 Rn. 12). Damit ist lediglich ein "Betriebsbedarf" als grundsätzlich berechtigtes Interesse im [X.] des § 573 Abs. 1 BGB anerkannt. Hieraus ergibt sich aber entgegen der [X.] der Revision nicht, dass einer Kommanditgesellschaft der persönliche Nutzungswunsch ihrer Kommanditisten oder Gesellschafter oder Geschäftsfüh-rer der Komplementärin als Eigenbedarf zugerechnet werden kann. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.03.2010 - 40a [X.]/09 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 311 S 21/10 -

Meta

VIII ZR 210/10

15.12.2010

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2010, Az. VIII ZR 210/10 (REWIS RS 2010, 347)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 347

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Mietvertrag, Vermieter, Mieter, Anbietpflicht, Räumung


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