Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.07.2019, Az. 4 StR 131/19

4. Strafsenat | REWIS RS 2019, 5452

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Gegenstand

Zulässigkeit des Anschlusses als Nebenkläger bei im Vollrausch begangener Körperverletzung bzw. Tötung


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2018 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen fahrlässigen [X.] zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB angeordnet. Dagegen hat der Nebenkläger [X.]eine auf die Verletzung materiellen Rechts geschützte Revision eingelegt. Er erstrebt eine Verurteilung wegen vorsätzlichen [X.] und die Bewertung der [X.] (zum Nachteil der Nebenkläger Ei.      und [X.]) und Nr. 6 (zum Nachteil des     E.  ) als versuchte Tötungsdelikte statt als vorsätzliche (Tat 4) bzw. fahrlässige (Tat 6) Körperverletzung. Weiterhin rügt er unzulängliche Strafzumessungserwägungen des [X.]s. Das Rechtsmittel ist unzulässig im Sinne des § 349 Abs. 1 StPO.

2

1. Nach § 400 Abs. 1 StPO ist ein Nebenkläger nicht befugt, das Urteil mit dem Ziel anzufechten, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt oder der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die nicht zum [X.] als Nebenkläger berechtigt. Der Tatbestand des [X.] gemäß § 323a StGB ist für sich keine zum [X.] als Nebenkläger berechtigende Tat (vgl. BayObLGSt 1986, 8, 9 zur Rechtslage vor dem 1. April 1987). Die Strafvorschrift des § 323a StGB schützt nämlich nicht das im Rausch schließlich verletzte Einzelrechtsgut, sondern soll die Allgemeinheit vor rauschbedingten Ausschreitungen bewahren ([X.], Urteil vom 2. Mai 1961 - 1 StR 139/61, [X.]St 16, 124, 128). Die im Rausch begangene rechtswidrige Tat gehört nicht zum Tatbestand des [X.], sondern ist nur eine Bedingung seiner Strafbarkeit. Dementsprechend ermöglicht auch § 395 Abs. 3 StPO nicht den [X.] als Nebenkläger wegen eines [X.], weil das Tatopfer nicht durch den Vollrausch, sondern durch die (rechtswidrige) Rauschtat verletzt ist. Der Nebenkläger kann eine Verurteilung wegen eines fahrlässigen [X.] mithin nicht mit dem Ziel anfechten, eine solche wegen eines vorsätzlichen [X.] zu erreichen.

3

2. Eine Straftat nach § 323a StGB berechtigt allerdings zur Nebenklage, wenn eines der in § 395 Abs. 1 StPO bezeichneten Delikte - hier eine vorsätzliche Körperverletzung oder ein versuchtes Tötungsdelikt - die Rauschtat ist ([X.], Beschluss vom 5. Februar 1998 - 4 StR 10/98, [X.]R StPO § 395 [X.]befugnis 2). Die Rechtsmittelbefugnis des [X.] ist jedoch nur dann gegeben, wenn er mit seiner Revision eine Verurteilung wegen dieses Delikts erstrebt. Begehrt er hingegen - wie hier - lediglich eine andere Würdigung der Rauschtat, um eine höhere Bestrafung des Angeklagten aus § 323a StGB zu erreichen, verfolgt er kein zulässiges Ziel, und die Revision ist nach § 400 Abs. 1 StPO unzulässig.

Hinzu kommt hinsichtlich der Tat Nr. 6, dass der Nebenkläger nicht der Verletzte ist. Auch mit seinen Einwendungen gegen die Strafzumessung kann der Nebenkläger nach § 400 Abs. 1 1. Alternative StPO nicht gehört werden.

[X.]     

        

Roggenbuck     

        

     Bender

        

Feilcke     

        

Ri’in [X.] Bartel ist
wegen Urlaubs an der
Unterschriftsleistung
gehindert.

        
                          

[X.]

        

Meta

4 StR 131/19

16.07.2019

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Coburg, 29. Oktober 2018, Az: 105 Js 741/18 - 1 Ks

§ 395 Abs 1 StPO, § 395 Abs 3 StPO, § 400 StPO, § 323a StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.07.2019, Az. 4 StR 131/19 (REWIS RS 2019, 5452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5452

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