Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016, Az. I ZR 86/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 11438

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:120516UIZR86.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

12. Mai 2016

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

[X.]
[X.] § 97 Abs. 1 Satz 1
Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung ist der Inhaber eines [X.]anschlusses grundsätz-lich nicht verpflichtet, volljährige Mitglieder seiner Wohngemeinschaft oder sei-ne volljährigen Besucher und Gäste, denen er das Passwort für seinen [X.] zur Verfügung stellt, über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihnen die rechtswidrige Nutzung entsprechen-der Programme zu untersagen.
[X.], Urteil vom 12. Mai 2016 -
I [X.] -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 12.
Mai 2016 durch [X.] Dr.
Büscher, [X.], [X.], Prof. Dr. Koch und Feddersen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] -
Zivilkammer
10
-
vom 20.
März 2015 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] -
Abteilung
25b
-
vom 8.
Juli 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin des ausschließlichen Rechts, den Film "[X.]" in [X.] über das [X.] öffentlich zugänglich zu machen.
Die Beklagte hatte in der [X.] vom 31.
Januar bis zum 2.
Februar 2013 Besuch von ihrer Nichte und deren Lebensgefährten, die beide volljährig sind und in [X.] leben. Für den [X.] überließ die Beklagte ihrer Nichte das Passwort für ihren WLAN-Router, da diese das [X.] zum
Abrufen von E-Mails sowie zum Skypen
nutzen wollte.
1
2
-
3
-
Die von der Klägerin beauftragte [X.]. stellte fest, dass der Film
"[X.]"
zwischen dem
31.
Januar und dem
2.
Februar 2013 wiederholt über den [X.] der [X.] in einer [X.]tauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht worden war. Die Klägerin ließ die [X.] wegen dieses Sachverhalts durch Anwaltsschreiben vom 18.
März 2013 abmahnen.
Die Beklagte
gab unter dem 28.
März 2013
eine Unterlassungser-klärung ab.
Nachdem die Beklagte die Nichte und ihren Lebensgefährten auf die Abmahnung angesprochen hatte, räumten diese die gemeinschaftliche Be-gehung der beanstandeten Handlungen ein.
Die Klägerin hat die Beklagte zunächst vor dem Amtsgericht auf Erstat-tung von Abmahnkosten in Höhe von 1.255,80

e-nommen, die Klage jedoch in Höhe von 500

e-richt hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] die Beklagte entsprechend dem in zweiter Instanz weiterverfolgten Antrag der Klägerin
zur Zahlung von 755,80

verurteilt
([X.], [X.] 2015, 556).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die [X.] weiter die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat die Klage nach §
97a Abs.
1 Satz
2 [X.] in der bis zum 8.
Oktober 2013 geltenden Fassung für begründet erachtet. Die Abmahnung der [X.] sei berechtigt gewesen, weil der Klägerin ein [X.] wegen öffentlicher Zugänglichmachung des Films "[X.]" gegen die Beklagte zugestanden habe. Diese
sei für die 3
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5
6
-
4
-
durch ihre Nichte und deren Lebensgefährten begangene Rechtsverletzung als Störerin verantwortlich. Sie habe eine zumutbare Verhaltenspflicht verletzt, weil sie es versäumt habe, ihre Nichte und deren Lebensgefährten darüber zu be-lehren, dass eine Nutzung von [X.]-Tauschbörsen zum illegalen
Bezug
ur-heberrechtlich geschützten Materials wie etwa von Filmen, Musik oder Compu-terspielen zu unterbleiben habe. Allein die Volljährigkeit des Nutzers und seine daraus folgende Eigenverantwortlichkeit
ließen
die
Belehrungspflicht
nicht ent-fallen. Die Nichte der [X.] und deren Lebensgefährte seien keine
[X.]
Familienangehörigen der [X.],
für die
nach der Rechtsprechung des [X.] keine Belehrungspflicht bestehe.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der [X.] hat [X.]. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der [X.]
für die über ihren [X.]anschluss begangenen Verletzungshandlungen
rechtsfehlerhaft bejaht.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass als Grundla-ge für einen Anspruch
der Klägerin
auf Ersatz der Abmahnkosten allein §
97a Abs.
1 [X.] in der zum [X.]punkt der beanstandeten Verletzungshandlungen Anfang 2013 geltenden Fassung vom 7.
Juli 2008 in Betracht kommt. Der [X.] setzt voraus, dass der Verletzer zu Recht wegen eines einen Unterlas-sungsanspruch begründenden Verhaltens abgemahnt worden ist.
Diese Vo-raussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Beklagte haftet der Klägerin nicht nach §
97 Abs.
1 Satz
1 [X.] auf Unterlassung, weil sie für die beanstandete
Verlet-zung urheberrechtlich geschützter Rechte an dem in Rede stehenden Filmwerk nicht verantwortlich ist.
2.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.] nicht als Täter haftet.
Es hat festgestellt, dass der Film in der [X.] vom 31.
Januar bis zum 2.
Februar 2013 durch die Nichte der [X.] und deren Lebensgefährten über den [X.]anschluss der [X.] mittels eines File-7
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-
5
-
sharing-Programms rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde. An die-sen Nutzungshandlungen war die Beklagte
nicht
beteiligt.
3.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haftet die Beklagte aber auch nicht als Störerin
wegen von ihrer Nichte und deren Lebensgefährten [X.] Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung.
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer -
ohne Täter oder Teilnehmer zu sein
-
in irgendeiner Weise willentlich und
adäquat-kausal zur Verletzung des geschütz-ten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder [X.] der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden [X.] genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über [X.] auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des [X.]s die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von [X.]. Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch [X.] eine Verhin-derung der Verletzungshandlung des [X.] zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funkti-on und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjeni-gen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat ([X.], Urteil vom 12.
Mai 2010 -
I
ZR
121/08, [X.]Z 185, 330 Rn.
19

Sommer unseres Lebens; Urteil vom 8.
Januar 2014 -
I
ZR
169/12, [X.]Z 200, 76 Rn.
22
-
[X.]; Urteil vom 26.
November 2015
-
I
ZR
174/14, [X.], 268 Rn.
21 = [X.], 341 -
Störerhaftung des Access-Providers).
10
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-
6
-

b) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, die Überlassung des [X.]anschlusses der [X.] an die Nichte und deren Lebensgefähr-ten sei adäquat-kausal für die beanstandeten Rechtsverletzungen
gewesen.
c) Das Berufungsgericht
hat sodann ausgeführt, die Beklagte habe eine zumutbare Verhaltenspflicht verletzt. Sie habe weder ihre Nichte noch deren Lebensgefährten darauf hingewiesen, dass eine Nutzung von [X.]-Tausch-börsen zum
illegalen Bezug urheberrechtlich geschützten Materials,
wie etwa von Filmen, Musik und Computerspielen, zu unterbleiben habe. Eine solche Belehrung sei vor Überlassung des [X.]anschlusses an einen volljährigen [X.], der nicht als Familienangehöriger anzusehen sei, erforderlich. Bei der Nichte der [X.] handele es sich um die Tochter ihrer Schwester, die
keine
Familienangehörige sei, zu der ein dem Schutz des Art.
6 Abs.
1 GG unterfal-lendes besonderes Vertrauensverhältnis bestehe. Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden.
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war es der [X.] nicht zuzumuten, ihre volljährige Nichte und deren Lebensgefährten ohne [X.] Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheber-rechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihnen die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Inhaber eines [X.]anschlusses ist grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Mitglieder seiner Wohngemeinschaft oder seine [X.] Besucher und Gäste, denen er das Passwort für seinen [X.]anschluss zur Verfügung stellt,
in
einer solchen
Weise zu belehren.
bb) Für den [X.]raum vor Begehung der Verletzungshandlungen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass die
Beklagte
Anhaltspunkte
dafür
hatte, ihre Nichte oder
deren Lebensgefährte
würden
den [X.]anschluss zur 12
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15
-
7
-
rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen nutzen;
solche Anhaltspunkte
sind von der Klägerin
auch nicht
geltend gemacht worden.
cc) Lagen für die Beklagte aber keine Anhaltspunkte vor, ihre Besucher würden über den [X.]zugang Urheberrechtsverletzungen begehen, war die Beklagte zu einer entsprechenden Belehrung nicht verpflichtet.
Der [X.] hat zwar entschieden, dass der Inhaber eines ungesicherten WLAN-[X.]es als Störer auf Unterlassung haftet, wenn außenstehende Dritte diesen [X.] missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Musiktitel in [X.]-Tauschbörsen einzustellen (vgl. [X.]Z 185, 330 Rn.
20 bis 24 -
Sommer unseres Lebens). Diese Entscheidung ist aber nicht auf die hier vorliegende Fallgestaltung übertragbar, bei der der [X.]inhaber seinen [X.]anschluss einem Gast
zur Verfügung stellt (vgl. zur Überlassung an Familienangehörige [X.]Z 200, 76 Rn.
25 -
[X.]).
Die Zumutbarkeit von Sicherungsmaßnahmen folgt im
Fall
eines ungesicherten WLAN-[X.]es
daraus, dass es regelmäßig im wohlverstandenen
eigenen Interesse des [X.] liegt, seine Daten vor unberechtigtem Eingriff von außen zu schützen ([X.]Z 185, 330 Rn.
22 -
Sommer unseres Lebens).
Zudem geht von einer unkontrollierten Eröffnung eines Zugangs zum [X.] regelmäßig eine wesentlich größere Gefahr für Urheberrechtsverletzungen aus, als von der Überlassung des [X.]es zur Nutzung durch Gäste, Besucher und Mitbe-wohner.
dd) Anders als Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern (vgl. [X.], Urteil vom 15.
November 2012 -
I
ZR
74/12, [X.], 511 Rn.
24 = [X.], 799 -
Morpheus) haben Wohnungsinhaber
grundsätzlich keine Aufsichts-pflicht gegenüber ihren volljährigen
Mitbewohnern und
Gästen, die Grundlage einer Belehrungspflicht über die Gefahren der Nutzung von [X.]-Tausch-börsen sein kann.
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-
8
-
ee) Nach der Rechtsprechung des [X.]s darf der [X.]inhaber im Hinblick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehöri-gen und die Eigenverantwortung von Volljährigen seinen [X.]anschluss
ei-nem volljährigen Familienangehörigen überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen.
Erst wenn der [X.]inhaber
etwa aufgrund einer Abmahnung konkreten Anlass für die Befürchtung haben muss, dass der voll-jährige Familienangehörige den [X.]anschluss für Rechtsverletzungen missbraucht oder missbrauchen wird, hat er die zu
deren
Verhinderung erfor-derlichen Maßnahmen zu ergreifen. Diese Grundsätze gelten für die Überlas-sung des [X.]anschlusses an Ehepartner sowie
deren
volljährige Kinder oder Stiefkinder
([X.]Z 200, 76 Rn.
27
f. -
[X.]).
Ob diese Maßstäbe auf volljährige Besucher, Gäste und Mitbewohner übertragbar sind, hat der [X.] bislang offenlassen können. Im Streitfall ist die Frage entscheidungserheblich; sie ist zu bejahen. Für den Wohnungsinhaber besteht auch unabhängig von einer familiären
Beziehung gegenüber
volljähri-gen Mitbewohnern und Gästen keine entsprechende Belehrungspflicht
(vgl.
[X.], NJW 2014, 2305, 2307
f., 2310; [X.], ZUM 2014, 654, 659
f.; [X.], [X.], 1022, 1026
f.). Sie
ist regelmäßig unzumutbar.
(1) In der heutigen Medien-
und Informationsgesellschaft stellt die Über-lassung eines privaten [X.]anschlusses an
volljährige
Gäste
und [X.] des
[X.]
eine übliche Gefälligkeit dar.
Sie entspricht dem weit verbreiteten Bedürfnis großer Teile der Bevölkerung
zur ständigen Nutzung des [X.]s. Solange keine Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Nutzungs-verhalten
bestehen, gewährt der [X.]inhaber den Zugang zu seinem pri-vaten [X.]anschluss gegenüber solchen volljährigen
Personen
in der be-rechtigten Erwartung, dass sie
die ihnen
eröffnete Nutzungsmöglichkeit nicht zur Begehung rechtswidriger Handlungen nutzen.
19
20
21
-
9
-
(2) Unter den genannten Voraussetzungen ist die Überlassung eines In-ternetanschlusses zur Nutzung durch
Mitbewohner oder Gäste
nicht anders zu beurteilen
als die
Überlassung eines Telefonanschlusses (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Mai 1999 -
X
ZR
156/97, [X.]Z 142, 7,
12 f. -
Räumschild), eines [X.] oder auch einer Wohnung aus Gefälligkeit. Werden Telefon, Kraftfahr-zeug oder Wohnung -
für den [X.] unvorhersehbar
-
zur Begehung oder Vorbereitung rechtswidriger Handlungen genutzt, kommt weder eine Stö-rerhaftung noch eine Haftung aufgrund Verletzung einer wettbewerbsrechtli-chen Verkehrspflicht (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Juli 2007

I
ZR
18/04, [X.]Z 173, 188 Rn. 22 ff.

[X.] bei [X.]) des [X.] in Betracht. Zwar ist die Zurverfügungstellung
der Sache in diesen Fällen je-weils adäquat-kausal für die
spätere Rechtsverletzung. Es besteht aber keine Belehrungspflicht gegenüber den begünstigten volljährigen Personen. Im [X.] auf die erkennbare
und
berechtigte Erwartung des [X.], dass
seine
Gäste, Besucher oder Mitbewohner den
[X.]anschluss nicht für rechtswidrige Handlungen nutzen werden,
besteht auch keine besondere Ge-fahr dafür, dass der überlassene [X.]anschluss zur Begehung von [X.] genutzt wird, die eine gegenüber der Überlassung
etwa
von Kraftfahrzeugen oder Telefonanschlüssen abweichende Beurteilung rechtferti-gen könnte.
Es ist nicht vom Berufungsgericht festgestellt, dass mit der Über-lassung eines [X.]anschlusses an Personen, denen der [X.]inhaber den Zugang zu seiner Wohnung gestattet oder mit denen er in [X.] zusammenlebt, eine besondere Gefahrenquelle eröffnet wird.
(3) Der Ausschluss einer anlasslosen Belehrungspflicht des [X.]-inhabers gegenüber volljährigen Gästen und Mitbewohnern, denen er die Nut-zung seines WLAN-[X.]es
gestattet, steht mit dem Unionsrecht
in Ein-klang.

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23
-
10
-
Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG des [X.] und des Rates zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vom
29. April 2004 ([X.]. Nr. L 195 S.
16) muss Rechtsinhabern [X.] werden, gegen angebliche Verletzer einstweilige Maßnahmen zu er-wirken, um eine drohende Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums zu verhindern oder einstweilig die Fortsetzung angeblicher Verletzungen dieses Rechts zu untersagen. Eine anlasslose Belehrungspflicht gegenüber volljähri-gen Gästen oder Mitbewohnern lässt sich mit dieser Bestimmung nicht begrün-den.
Art. 8 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des [X.] bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der ver-wandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vom 22. Mai 2001 ver-pflichtet die Mitgliedstaaten, Urheberrechte durch angemessene Sanktionen und Rechtsbehelfe wirksam, verhältnismäßig und abschreckend zu schützen. Diese Bestimmung verlangt von den Mitgliedstaaten ebenfalls nicht, eine Stö-rerhaftung vorzusehen, wenn eine Belehrung volljähriger Gäste oder [X.] unterbleibt
und es für eine solche Belehrung auch keinen Anlass gab. Eine solche Haftung wäre jedenfalls nicht verhältnismäßig, weil sie dem [X.]-inhaber nicht zuzumuten ist (zu Bedenken hinsichtlich der
Unzulässigkeit des Betriebs eines ungesicherten WLAN und der Verhältnismäßigkeit von Siche-rungsmaßnahmen vgl. Schlussanträge des Generalanwalts [X.] vom 16.
März 2016 in der Rechtssache 484/14 Rn.
145 bis 149
Mc
Fadden/[X.] Music).
(4) Die Klägerin kann sich als Rechtsinhaberin bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes auf die grundrechtliche Gewährleistung des geistigen Eigentums nach Art.
17 Abs.
2 [X.] und Art.
14 Abs.
1 GG, die das Urheberrecht schützen (vgl. [X.], Urteil vom 27.
März 2014
314/12, [X.], 468 Rn.
47 = [X.], 540
[X.]; 24
25
26
-
11
-
BVerfGE 134, 204 Rn.
72) und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art.
47 Abs.
1 [X.] und effektiven Rechtsschutz nach Art.
19 Abs.
4 GG berufen. Auf Seiten der [X.] und ihrer Besucher steht der Schutz durch die Grundrechte auf Informationsfreiheit nach Art.
11 EU-Grundrechtecharta und Art.
5 Abs.
1 Satz
1 GG (vgl. [X.], [X.], 468 Rn.
47
[X.]) und das Recht auf Freiheit und Achtung des [X.] gemäß Art.
6 und 7 [X.] und Art.
2 Abs.
1 GG. Die kol-lidierenden Grundrechte sind in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen (vgl. [X.], Urteil vom 29.
Januar 2008
275/06, [X.]. 2008, [X.] = [X.], 241 Rn.
68
Promusicae; [X.], [X.], 468 Rn.
46
[X.]). Die betroffenen Grundrechte sind in die umfassende Interessenabwägung einzubeziehen, ob dem Inhaber eines [X.]anschlusses die fragliche Hin-weis-
und Belehrungspflicht zumutbar ist und das Unterlassen eine Haftung be-gründen kann (vgl. [X.], [X.], 268 Rn.
32
Haftung des Access-Providers).
Danach scheidet auch unter Einbeziehung der wechselseitigen Grund-rechte eine anlasslose Belehrungspflicht des Inhabers eines [X.]anschlus-ses aus, wenn er den Zugang Gästen, Besuchern und Mitbewohnern eröffnet.
Es ist nicht
festgestellt und auch sonst
nicht ersichtlich, dass ein nen-nenswerter Anteil der Urheberrechtsverletzungen im [X.] durch Gäste
und Mitbewohner
des [X.]inhabers begangen wird. Vielmehr
kann der
Woh-nungsinhaber
zu Recht erwarten, dass
Gäste und Mitbewohner
seinen [X.] nicht für rechtswidrige Handlungen nutzen. Zudem besteht
eine sekundäre Darlegungslast des [X.]inhabers. Er hat vorzutragen, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem [X.]anschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kom-men, wobei der [X.]inhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nach-forschungen verpflichtet ist
([X.]Z 200, 76 Rn.
16, 18

[X.]; [X.], Urteil 27
28
-
12
-
vom 12.
Mai 2016

I
ZR
48/15 Rn.
33

Everytime we touch).
Kommt er dieser Darlegungslast nicht nach, haftet er als Täter.
4. Gesichtspunkte, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Ge-richtshof der [X.] nach Art.
267 AEUV rechtfertigen könnten, sind von den Parteien nicht geltend gemacht
worden
und auch sonst nicht er-sichtlich. Im Streitfall stellt
sich
keine entscheidungserhebliche
Frage zur Ausle-gung des Unionsrechts, die nicht durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten
ist. Die Abwä-gung der Grundrechte im Einzelfall ist Aufgabe der Gerichte der Mitgliedstaa-ten.
29
-
13
-
5. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben. Da die Täterschaft der Nichte und ihres Lebensgefährten feststeht, sind weitere Feststellungen nicht zu treffen. Das die Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts ist wiederherzu-stellen

563 Abs.
3 ZPO).
II[X.]
Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs.
1 ZPO.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.07.2014 -
25b C 887/13 -

[X.], Entscheidung vom 20.03.2015 -
310 [X.] -

30
31

Meta

I ZR 86/15

12.05.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016, Az. I ZR 86/15 (REWIS RS 2016, 11438)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11438

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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