Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.02.2020, Az. 1 WB 64/19

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2020, 3833

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Gegenstand

Bestandskraft des Ablehnungsbescheides


Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt die Erstellung einer Sonderbeurteilung.

2

Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem September 2032 enden. Ab Oktober ... wurde er als Sanitätsdienst- und Personaloffizier zur [X.] des [X.] ... in ... versetzt. Zum Juli 2016 folgte die Versetzung zur ...[X.]. in .... Am 25. Januar 2019 wurde er zum Hauptmann befördert und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe [X.] eingewiesen. Seit dem 1. April 2019 wird der Antragsteller als Sanitätsdienst- und Einsatzoffizier Streitkräfte in der ...regiment in ... verwendet.

3

Die letzte planmäßige Beurteilung des Antragstellers wurde unter dem 16. Oktober 2012 zum Stichtag 31. März 2013 erstellt. Auf die Erstellung von planmäßigen Beurteilungen zu den Stichtagen 31. März 2015 und 31. März 2017 verzichtete das [X.] jeweils wegen disziplinarer Ermittlungen gegen den Antragsteller, die in beiden Fällen nicht zur Verhängung von Disziplinarmaßnahmen führten.

4

Unter dem 30. Januar 2019 beantragte der Antragsteller Schadlosstellung wegen der mehr als 2,5 Jahre ausstehenden, am 24. Januar 2019 erfolgten Beförderung sowie eine sofortige Sonderbeurteilung und Schadlosstellung "auch in dieser Hinsicht".

5

Mit [X.] vom 14. Februar 2019 lehnte das [X.] den Antrag auf Sonderbeurteilung und Schadlosstellung ab. [X.] könnten nur Wehrdienstgerichte und [X.]en anfordern. Ein beurteilender Vorgesetzter könne ihre Erstellung im Einzelfall vorschlagen. Ein Soldat habe aber kein Antragsrecht auf ihre Erstellung. Derzeit sei die Erstellung einer Sonderbeurteilung auch nicht erforderlich. Auf die Erstellung von Beurteilungen zu den [X.] 31. März 2015 und 31. März 2017 sei wegen der schwebenden Verfahren verzichtet worden. Daher könne keine Schadlosstellung im Hinblick auf die nicht erstellten Beurteilungen erfolgen.

6

Gegen den dem Antragsteller nach eigenem Vortrag am 22. Februar 2019 eröffneten [X.] legte dieser unter dem 22. März 2019 Beschwerde ein. Diese ging am 22. März 2019, 20:58 Uhr, per E-Mail und am 25. März 2019 per Post beim [X.] sowie am 5. April 2019 beim [X.] ein.

Zur Begründung führte er aus, die Ablehnung verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1, § 27 [X.] und § 2 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SLV. Er habe seit der Beurteilung vom 16. Oktober 2012 wegen des gegen ihn geführten Disziplinarverfahrens keine planmäßige Beurteilung mehr erhalten. Die Sonderbeurteilung vom 23. April 2018 dürfe nur zur Vorlage beim [X.] genutzt werden. Er habe keinen Anlass für das Disziplinarverfahren gesetzt und stets seine Unschuld beteuert. Die Unhaltbarkeit der Vorwürfe hätte die [X.] bei pflichtgemäßer Ermittlung erkennen müssen. Dennoch sei er den Nachteilen des laufenden Disziplinarverfahrens mehr als drei Jahre lang ausgesetzt gewesen. Daher sei er rückwirkend mit Kameraden mit vergleichbarer dienstlicher Laufbahn gleichzustellen. Eine Sonderbeurteilung müsse die Lücke zwischen planmäßigen Beurteilungen schließen. Er benötige die Beurteilung für eine aktuelle Bewerbung um einen Einheitsführerdienstposten beim ...[X.].. Er habe aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]. Kapitel 2.3 [X.] [X.] einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag. Hier liege ein begründeter Einzelfall vor, weil er für die Dauer des von ihm nicht verschuldeten Disziplinarverfahrens weder befördert noch förderlich verwendet worden sei. Das Fehlen einer aktuellen Beurteilung beeinflusse seine Bewerbung negativ. Das [X.] habe das ihm zukommende Ermessen gar nicht ausgeübt. Die Ablehnung des Antrages auf Schadlosstellung sei rechtsfehlerhaft. Es liege ein Härtefall nach Nr. 246 [X.] [X.], Nr. 135 Sätze 2 und 3 [X.] 20/7 vor. Er habe durch ein unverhältnismäßig langes Disziplinarverfahren, zu dem er keinen Anlass gegeben habe und dessen Haltlosigkeit die [X.] hätte erkennen müssen, berufliche und finanzielle Nachteile erlitten. Außerdem habe er sich besonders bewährt. Er habe daher einen Anspruch auf Schadlosstellung in statusrechtlicher und finanzieller Hinsicht.

7

Mit [X.] vom 3. Juli 2019, dem Antragsteller übergeben am 12. Juli 2019 wies das [X.] die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Erstellung einer Sonderbeurteilung zurück.

Die Beschwerde sei verfristet. Kenntnis der [X.] Maßnahme habe der Antragsteller nach eigenem Vortrag am 22. Februar 2019 gehabt. Das erst am 25. März 2019 beim [X.] eingegangene [X.] wahre die am 22. März 2019 endende Monatsfrist nicht. Zudem hätte die Beschwerde auch nicht fristwahrend dort eingelegt werden können. Beim [X.] sei die Beschwerde erst deutlich nach Fristende eingegangen. Dass die Beschwerde durch das [X.] nicht unmittelbar während der nächsten zwei Diensttage an die zuständige Stelle weitergeleitet worden sei, sei für die Verfristung weder ursächlich noch zu beanstanden. Einer Weiterleitung an die zuständige Stelle innerhalb eines einzigen Werktages könne ein Einsender nicht erwarten. Die Eilbedürftigkeit wegen drohenden [X.] habe sich nicht aufdrängen müssen. Das [X.] sei nicht verpflichtet gewesen, den Antragsteller unverzüglich über den drohenden Fristablauf zu informieren. Hinderungsgründe nach § 7 [X.] seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Anlass für dienstaufsichtliches Einschreiten gebe es nicht. Ein Anspruch auf eine Sonderbeurteilung folge nicht aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch. Eine Sonderbeurteilung sei keine Verwendungsentscheidung und für die Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers für einen Einheitsführerdienstposten ohne Belang. Diese setze eine planmäßige Beurteilung voraus, die die Bewährung im Dienstgrad Hauptmann nachweise. Der Antragsteller sei erst am 25. Januar 2019 zum Hauptmann befördert worden. Eine Sonderbeurteilung hätte nur seine Eignung, Leistung und Befähigung als Oberleutnant bewerten können.

8

Hiergegen hat der Antragsteller am 12. August 2019 die Entscheidung des [X.] beantragt. Das [X.] hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 13. September 2019 dem Senat vorgelegt.

9

Zur Begründung wiederholt der Antragsteller seinen Vortrag aus der Beschwerde und führt ergänzend aus, die Beschwerde sei nicht verfristet. § 9 [X.] regele nur die Zuständigkeit für die Entscheidung und nicht, wo Beschwerde einzulegen sei. Die Beschwerde sei am 22. März 2019 um 20:58 Uhr per E-Mail an den zuständigen Bearbeiter im [X.] übersandt worden. Eine Übersendung per Fax sei an der fehlenden Erreichbarkeit der angegebenen Faxnummer gescheitert. Dies werde durch die damalige Bevollmächtigte des Antragstellers eidesstattlich versichert. Die besondere Eilbedürftigkeit einer Weiterleitung an die Beschwerdestelle sei dem Hinweis der E-Mail an den Bearbeiter im [X.], dass fristwahrend Beschwerde eingelegt werde, zu entnehmen. In Verwaltungsangelegenheiten könne eine Beschwerde außer beim nächsten Disziplinarvorgesetzten und der Beschwerdestelle auch bei der Stelle eingelegt werden, deren Entscheidung angefochten werden solle. Dies gelte unter Berücksichtigung des [X.] sinngemäß auch hier.

Durch die Ablehnung der Erstellung einer Sonderbeurteilung werde er schlechter gestellt als andere Bewerber um den vakanten Posten eines Sanitätsdienst- und Einsatzoffiziers beim ...[X.] in .... Denn für einen anderen Bewerber sei eine Sonderbeurteilung angefordert worden. Ihm könne nicht entgegengehalten werden, dass er erst im Januar 2019 zum Hauptmann befördert worden sei. Er sei nur wegen des unberechtigten Disziplinarverfahrens so spät befördert worden und müsse nach seinem Freispruch so gestellt werden, wie er ohne das Disziplinarverfahren stehen würde.

Der Antragsteller beantragt:

1. Die Beschwerde vom 22. März 2019 ist zulässig.

2. Der Beschwerde wird stattgegeben, der Beschwerdeführer hat einen Anspruch auf Sonderbeurteilung.

3. Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus einen Anspruch auf Schadlosstellung sowohl in laufbahnrechtlicher als auch in finanzieller Hinsicht.

Das [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Für den Antrag zu 1. gebe es kein Feststellungsinteresse. Der Antrag zu 2. sei aus den im Beschwerdebescheid vom 3. Juli 2019 ausgeführten Gründen unbegründet. Die Beschwerde sei verfristet. Die Frist sei mit dem 22. März 2019 abgelaufen. Eine Beschwerde in einer truppendienstlichen Angelegenheit könne fristwahrend nach § 5 Abs. 1 [X.] nur beim nächsten Disziplinarvorgesetzten oder bei der für die Beschwerdeentscheidung zuständigen Stelle eingelegt werden. Beim [X.] sei die Beschwerde erst am 5. April 2019 eingegangen. Beim [X.] sei die Beschwerdeschrift per E-Mail Freitag, den 22. März 2019 um 20:58 Uhr eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Antragsteller nicht mehr mit einer Weiterleitung an die zuständige Stelle rechnen können. Die Ablehnung der Erstellung einer Sonderbeurteilung verletze den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers im Hinblick auf dessen Bewerbung um einen Einheitsführerdienstposten nicht, da dieser die Bedarfsträgeranforderung einer Bewährung im Dienstgrad Hauptmann nicht erfülle, so dass er unabhängig vom Fehlen einer aktuellen Beurteilung nicht in die Auswahlentscheidung einbezogen werden könne. Daher liege auch kein begründeter Einzelfall vor, der eine Ausnahmeentscheidung nach Nr. 206 [X.] [X.] erfordere. In dem vom Antragsteller angeführten anderen Fall sei eine Sonderbeurteilung für einen Offizier erstellt worden, der die Bedarfsträgeranforderungen des Dienstpostens erfüllt habe. Der Antrag zu 3. sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für ihn sei der Rechtsweg zu den [X.] nicht eröffnet. Die gegen die Ablehnung dieses Antrages gerichtete Beschwerde sei mit am 11. Juli 2019 zugestellten [X.] zurückgewiesen worden. Ein Rechtsbehelf hiergegen sei nicht eingelegt worden.

Soweit sich der Antrag zu 3. auf eine Schadlosstellung in finanzieller oder statusrechtlicher Hinsicht richtet, ist er mit Beschluss vom 25. Februar 2020 abgetrennt und an das Verwaltungsgericht ... verwiesen worden.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des [X.] und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

1. Der Antragsteller hat zwar einen konkreten Antrag formuliert. Dieser bedarf jedoch der Auslegung (§ 23a Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. § 86 Abs. 3 VwGO). Mit dem Antrag zu 1. begehrt der Antragsteller die isolierte Feststellung der Zulässigkeit seiner Beschwerde vom 22. März 2019 gegen die Ablehnung seines Antrages auf Erteilung einer Sonderbeurteilung vom 30. Januar 2019 durch den Bescheid vom 14. Februar 2019. Soweit er eine Stattgabe dieser Beschwerde beantragt, ist sein Begehren auf die Aufhebung des Bescheides vom 14. Februar 2019 und des [X.] vom 3. Juli 2019 sowie die Verpflichtung des [X.] zur Neubescheidung seines Antrages unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats gerichtet. Denn der Antragsteller macht geltend, einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Sonderbeurteilung zu haben.

2. Der Antrag ist nur teilweise zulässig.

Das Unterbleiben einer Sonderbeurteilung kann als unterlassene truppendienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 [X.] gerügt und zum Gegenstand eines [X.] gemacht werden ([X.], Beschlüsse vom 22. September 2005 - 1 [X.] 4.05 - Rn. 30, vom 26. April 2006 - 1 [X.] 29.05 - Rn. 13 und vom 26. Februar 2015 - 1 [X.] 32.14 - Rn. 37). Der Antragsteller ist auch antragsbefugt, kann er doch die mögliche Verletzung seiner Rechte aus § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 27 [X.] und § 2 Abs. 1 SLV geltend machen.

Unzulässig ist allerdings der auf die Zulässigkeit der Beschwerde bezogene Feststellungsantrag. Denn ein Interesse an einer hierauf bezogenen gesonderten Feststellung ist weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Unzulässig ist der Antrag auch, soweit er zusätzlich zu dem Begehren nach einer Sonderbeurteilung auf eine weitere Form einer in die Zuständigkeit des [X.] fallende dienstrechtliche Schadlosstellung (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Juli 2016 - 1 [X.] 8.16 - juris Rn. 25) gerichtet sein sollte. Denn insoweit ist jenseits der Sonderbeurteilung weder eine konkrete Maßnahme, die im Wege der Schadlosstellung begehrt wird, bezeichnet, noch ersichtlich.

3. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Erfolg des Begehrens auf Erteilung der Sonderbeurteilung steht die Bestandskraft des Ablehnungsbescheides entgegen.

a) Nach § 6 Abs. 1 [X.] darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem [X.] Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom [X.] hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt ([X.], Beschluss vom 27. November 2014 - 1 [X.] 61.13 - [X.] § 17 [X.] Nr. 91 Rn. 32 m.w.[X.]). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 [X.], der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheids knüpft, setzt § 6 Abs. 1 [X.] für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom [X.] voraus. Etwas Anderes gilt nur in dem hier nicht vorliegenden Fall, dass für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine spezielle gesetzliche Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen ([X.], Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 [X.] 43.12 - [X.] § 17 [X.] Nr. 87 Rn. 30).

Kenntnis vom [X.] hatte der Antragsteller durch die Eröffnung des angegriffenen Bescheides, die nach eigenem Vortrag in der Beschwerde am 22. Februar 2019 erfolgt ist. Die Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde endete demgemäß mit Ablauf des 22. März 2019 (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1, Abs. 2 ZPO und § 188 Abs. 2 BGB).

b) Die Frist ist mit der unter dem 22. März 2019 abgefassten, aber erst am 5. April 2019 beim [X.] eingegangenen Beschwerde nicht gewahrt.

Unerheblich ist, dass die Beschwerde per [X.] am 25. März 2019 beim [X.] einging. Dieser Eingang erfolgte weder innerhalb der Beschwerdefrist noch bei einer für den Empfang der Beschwerde zuständigen Stelle.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist die Beschwerde beim nächsten Disziplinarvorgesetzten des Beschwerdeführers einzulegen. § 5 Abs. 1 Satz 2 [X.] eröffnet eine weitere Einlegungsmöglichkeit bei der zuständigen Beschwerdestelle. Die speziellen Einlegungsstellen in § 5 Abs. 2 und § 11 [X.] sind vorliegend nicht relevant. Die Vorschrift des § 23 Abs. 2 Satz 1 [X.], wonach die Beschwerde auch bei der Stelle eingelegt werden kann, deren Entscheidung angefochten wird, gilt nicht für truppendienstliche Beschwerden, sondern nur für Rechtsbehelfe in Verwaltungsangelegenheiten, d.h. wenn für den gerichtlichen Rechtsschutz der Verwaltungsrechtsweg (§ 82 Abs. 1 [X.]) und nicht der Rechtsweg zu den [X.] (§ 17 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.]) eröffnet ist ([X.], Beschlüsse vom 26. November 2013 - 1 [X.] 40.13 - Rn. 22 und vom 1. März 2018 - 1 [X.] 27.17 - Rn. 21). Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten des Antragstellers ist ohne Bedeutung, dass es sich bei der in Rede stehenden Beschwerde "nicht um eine reine Disziplinarbeschwerde" handelte. Denn der Begriff der truppendienstlichen Beschwerde ist wie ausgeführt nicht auf die Disziplinarbeschwerde beschränkt.

c) Der Fristablauf wurde auch nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne von § 7 [X.] als unabwendbarer Zufall zu werten sind.

aa) Es liegt kein Fall des § 7 Abs. 2 [X.] vor; die Ablehnung des Antrages auf Erstellung einer Sonderbeurteilung bedurfte als truppendienstliche Erstmaßnahme, gegen die nicht unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet ist, keiner Rechtsbehelfsbelehrung, weil die Regelungen über die Beschwerdeeinlegung als jedem Soldaten bekannt vorausgesetzt werden können ([X.], Beschlüsse vom 6. Oktober 2015 - 1 [X.] 1.15 - [X.], 31 Rn. 39 m.w.[X.], vom 1. März 2018 - 1 [X.] 27.17 - juris Rn. 22 und vom 21. November 2019 - 1 [X.] 16.19 - Rn. 22).

bb) Ein unabwendbarer Zufall im Sinne des § 7 Abs. 1 [X.] ist auch nicht darin zu sehen, dass das beim Sachbearbeiter des [X.] am Freitag, den 22. März 2019, um 20:58 Uhr per E-Mail eingegangene [X.] nicht noch am selben Tag an eine empfangszuständige Stelle weitergeleitet worden ist.

Grundsätzlich liegt es im Verantwortungs- und Risikobereich eines Rechtsbehelfsführers, dafür zu sorgen, dass der von ihm gewählte Rechtsbehelf innerhalb der Rechtsbehelfsfrist in der vorgeschriebenen Form bei der zuständigen Stelle eingeht. Dass die Beschwerde nicht in der vorgeschriebenen Schriftform fristgerecht bei der zuständigen Stelle eingegangen ist, liegt im Verantwortungsbereich des Antragstellers und seiner Bevollmächtigten. Im [X.] geht ein solches von den Bevollmächtigten zu vertretendes Versäumnis zu Lasten des Antragstellers (siehe auch § 85 Abs. 2 ZPO - [X.], Beschluss vom 11. März 2008 - 1 [X.] 8.08 - juris Rn. 25). Da das [X.] keine für die Einlegung der Beschwerde zuständige Stelle war, kommt es nicht darauf an, ob es - wie vom Antragsteller dargelegt - am 22. März 2019 per Telefax nicht erreichbar war. Ebenso wenig konnte eine Beantwortung der abends um 20:58 Uhr eingegangenen E-Mail noch am selben Tage erwartet werden, so dass auch kein staatliches Mitverschulden an der Fristversäumnis vorliegt. Eine Prüfung der Zuständigkeit und Übermittlung an die zuständige Stelle ist bei einem Schreiben, das erst nach Schluss der üblichen Dienstzeit für die Sachbearbeitung in Personalangelegenheiten eingeht, von Rechts wegen schlechterdings nicht geschuldet ([X.], Beschluss vom 1. März 2018 - 1 [X.] 27.17 - Rn. 22).

Soweit mit Schriftsatz vom 13. Februar 2020 behauptet werden soll, es sei erfolglos versucht worden, die Beschwerde vom 22. März 2019 an diesem Tag an den Disziplinarvorgesetzten oder das zur Entscheidung zuständige [X.] per Fax zu übersenden, so entspricht dies nicht der eidesstattlichen Versicherung der früheren Bevollmächtigten des Antragstellers vom 5. November 2019. Diese Erklärung verweist zwar allgemein auf Probleme, Schreiben per Fax an die Einheit des Antragstellers und das [X.] zu senden, führt aber zu dem konkreten Schreiben vom 22. März 2019 nur aus, dies habe zunächst per Fax übersandt werden sollen. Die Übertragung sei aber mehrfach abgebrochen worden, so dass zur Wahrung der Frist nur die Übersendung per E-Mail an den zu diesem Zeitpunkt zuständigen Bearbeiter in Betracht gekommen sei. Das Original sei sodann am nächsten Tag per [X.] übersandt worden. Das per [X.] am 25. März 2019 eingegangene Original dieses Schreibens ist auch ausschließlich an das [X.] adressiert. Dass versucht worden sei, dieses Schreiben per Fax an einen Empfänger zu senden, an den es gar nicht adressiert ist, ist in der eidesstattlichen Versicherung nicht behauptet worden. Da die ehemalige Bevollmächtigte des Antragstellers den Sachbearbeiter im [X.] zudem als den "zu diesem Zeitpunkt zuständigen Bearbeiter" bezeichnet, liegt auch fern, dass sie versucht haben könnte, das Schreiben an eine für die Beschwerde empfangszuständige Stelle zu übersenden, an die die Beschwerde gar nicht adressiert war.

d) Der Fristmangel ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil die Beschwerdestelle dessen ungeachtet in der Sache entschieden hätte ([X.], Beschluss vom 28. Februar 2019 - 1 [X.] 40.18 - Rn. 12). Denn das [X.] hat sich lediglich im Rahmen der Dienstaufsicht inhaltlich mit dem Begehren des Antragstellers befasst und die Beschwerde ausdrücklich wegen Fristversäumnis zurückgewiesen (vgl. [X.], Beschluss vom 27. November 2014 - 1 [X.] 61.13 - [X.] § 17 [X.] Nr. 91 Rn. 41).

Meta

1 WB 64/19

26.02.2020

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 5 Abs 1 WBO, § 7 Abs 1 WBO, § 7 Abs 2 WBO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.02.2020, Az. 1 WB 64/19 (REWIS RS 2020, 3833)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3833

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