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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
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PDF anzeigen[X.]/01vom15. August 2001in der Strafsachegegen1.2.wegenversuchten Betrugs- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 15. August 2001 gemäß § 349Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Februar 2001 mit den Feststellungen auf-gehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammerdes [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat die Angeklagten des versuchten gemeinschaftli-chen Betruges schuldig gesprochen. Die Angeklagte [X.] deswegen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, den Angeklagten [X.]zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit ihren Re-visionen rügen die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellenRechts. Die Rechtsmittel haben mit einer Verfahrensrüge Erfolg.1. Die geltend gemachte Verletzung des § 338 Nr. 5 StPO führt zur [X.]. Die Beschwerdeführer beanstanden zu Recht einen [X.] gegen § 247 StPO bei der Vernehmung des Zeugen [X.] W. .a) Dem liegt folgender Verfahrensgang zugrunde: Am achten [X.] wurde der Zeuge [X.] [X.]vernommen. Nach [X.] 3 -über sein Zeugnisverweigerungsrecht als [X.] der Angeklagten erklärte [X.], daß er aussagen wolle, wie er es bereits in einem Schreiben vom20. November 2000 an den Verteidiger seiner Mutter, der [X.] [X.], angekündigt hatte. Die unmittelbar anschließenden [X.] stellen sich nach dem [X.] wie folgt [X.] Angeklagten erklären mit Zustimmung ihrer Verteidiger, daßsie während der Vernehmung ihres [X.]es [X.] den [X.] verlassen wollen, um ihm eine unbefangene und wahrheits-gemäße Aussage zu ermöglichen. [X.] [X.] erklärt, erwolle nicht in Gegenwart seiner Eltern aussagen, weil er sich inihrer Abwesenheit unbefangener fühle.Die Staatsanwältin war mit der Entfernung der Angeklagten ein-verstanden.Die Kammer stimmte aus den von dem Angeklagten und [X.] genannten Gründen der Entfernung der Angeklagten ausdem Sitzungssaal zu (§ 247 StPO).Die Angeklagten verließen um 9.18 Uhr im allseitigen [X.] den Sitzungssaal." ([X.], [X.] 109)b) Die Rüge ist begründet. Nach der ständigen Rechtsprechung [X.] ist der zeitweise Ausschluß des Angeklagten stets durchförmlichen Gerichtsbeschluß anzuordnen, der zu begründen und zu verkündenist (BGHR StPO § 247 Ausschließungsgrund 1; BGHSt 22, 18, 20). Die [X.] muß zweifelsfrei ergeben, daß das Gericht von zulässigen Erwägun-gen ausgegangen ist ([X.], 419, 420; [X.] in [X.]. § 247Rdn. 13). Eine nähere Begründung war hier auch nicht deshalb entbehrlich,weil sämtliche Beteiligten mit der Anordnung einverstanden waren. Der Ange-klagte kann nicht wirksam auf seine vom Gesetz vorgeschriebene Anwesenheitverzichten (BGHR StPO § 247 Abwesenheit 22; BGHSt 22, 18, 20).- 4 -Diesen rechtlichen Anforderungen wird der Beschluß des [X.]nicht gerecht. Den protokollierten Verfahrensvorgängen läßt sich nicht entneh-men, ob die Kammer ihrem Beschluß einen der in § 247 StPO abschließendaufgezählten [X.] zugrunde gelegt hat, weil es ohne nähereErläuterung sowohl auf die von den Angeklagten als auch auf die von [X.] genannten Gründe Bezug nimmt. Ein gesetzlicher Grund, der nach§ 247 StPO die Entfernung der Angeklagten rechtfertigen könnte, läßt sich [X.] der Verfahrensbeteiligten nicht entnehmen. Der allgemein gehal-tene Wunsch der Angeklagten, ihrem [X.] eine unbefangene und wahrheits-gemäße Äußerung zu ermöglichen, begründet mangels tatsächlicher [X.] noch nicht die Befürchtung, der Zeuge werde in ihrer Gegenwart nichtdie Wahrheit sagen (§ 247 Satz 1 StPO). Auch die Äußerung des Zeugen [X.], er wolle nicht in Gegenwart seiner Eltern aussagen, weil er sich inihrer Abwesenheit "unbefangener" fühle, enthält für sich genommen nicht [X.], er werde bei einer Vernehmung in Anwesenheit der Angeklagtendie Unwahrheit sagen, wie der [X.] meint. Befangenheit um-schreibt lediglich die Befindlichkeit des Zeugen während der ins Auge gefaßtenAussage. Die Entfernung des Angeklagten aus dem Sitzungssaal ist nicht be-reits dann zulässig, wenn ein Zeuge sich in Gegenwart des Angeklagten [X.] fühlt und daher den Wunsch äußert, in dessen Abwesenheit aussagenzu dürfen (vgl. BGHSt 22, 18, 21; [X.], 419, 420). Da der Zeuge[X.] [X.]unmittelbar zuvor auf entsprechende Belehrung des [X.] seine Aussagebereitschaft bekundet hatte, kann seine Äußerung auchkaum als Ankündigung verstanden werden, er werde bei Anwesenheit der [X.] von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen (vgl.[X.], 502; [X.], 509). Ob das [X.], auf dessenEinschätzung es ankommt, eine vollständige und wahrheitsgemäße [X.] 5 -des Zeugen [X.] [X.] in Gegenwart der Angeklagten nicht gewährlei-stet sah, läßt sich seiner fragmentarischen Begründung gerade nicht entneh-men. Die gewählte Formulierung, es werde der Entfernung der Angeklagten"zugestimmt", läßt eher befürchten, daß die Kammer die Voraussetzungen des§ 247 StPO rechtsirrig zu weit gefaßt hat, indem sie dem - verständlichen -Wunsch des Zeugen [X.] W. , in Abwesenheit seiner Eltern auszusa-gen, entsprochen hat. Nach der Rechtsprechung ist der absolute Revisions-grund des § 338 Nr. 5 StPO gegeben, wenn - wie im vorliegenden Fall - wegender unvollständigen oder unzureichenden Begründung zweifelhaft bleibt, obdas Gericht von zulässigen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist ([X.] § 247 Satz 2 Begründungserfordernis 1 und 2; BGHSt 22, 18, 20; 15,194, 196).Der Geltendmachung des Verstoßes steht nicht entgegen, daß die [X.] der Beschwerdeführer während der Zeugenaussage ihres [X.]es ihrereigenen Anregung entsprach. Die Voraussetzungen des § 247 StPO unterlie-gen nicht der Disposition der Verfahrensbeteiligten (BGHR StPO § 247 Aus-schließungsgrund 1; § 338 Nr. 5 Angeklagter 10, 18). Zureichende [X.] für ein gezielt auf die - vorsorgliche - Schaffung eines Revisionsgrundesgerichtetes Verhalten, das Anlaß zur Prüfung geben könnte, ob dadurch in [X.] den Angeklagten zurechenbaren Weise die Zulässigkeit der Rüge unterdem Gesichtspunkt arglistigen (rechtsmißbräuchlichen) Verhaltens beeinflußtsein könnte (vgl. dazu BGHR StPO § 247 Ausschließungsgrund 1 m.w.[X.] sich aus dem dem Senat bekannten Sachverhalt nicht.2. Im übrigen weist der Senat auf folgendes hin:Die Beschwerdeführer beanstanden mit Recht, daß das [X.] s[X.] Beweiswürdigung Angaben des erfolgreich abgelehnten Sachverständigen- 6 -Dr. [X.]zugrunde gelegt hat, obwohl dieser nicht als Zeuge vernommenworden war.Der Brandsachverständige Dr. H. hatte im Auftrag der Allianz-Ver-sicherung, bei der die zerstörte Mühle versichert war, die Brandstelle [X.]. Anhand von Zeichnungen und Plänen hatte ihm der Angeklagte Reinhold[X.] den Aufbau der Mühle im Detail erörtert. Die Angeklagten lehntenden Sachverständigen im Anschluß an seine einzige Vernehmung in [X.] im Hinblick auf seine Tätigkeit für die Versicherung wegenBesorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluß vom 21. November 2000 erklärtedas [X.] die Ablehnung des Sachverständigen für begründet, würdigtejedoch in den Urteilsgründen seine Angaben zum Aufbau der Mühle und [X.] der Gasexplosion als Zeugenaussage ([X.], 40), obwohl [X.] nicht als Zeuge belehrt und vernommen worden war.Die erfolgreiche Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnisder Befangenheit hindert nicht, ihn als Zeugen oder sachverständigen [X.] Tatsachen zu vernehmen, die ihm bei Durchführung des erteilten [X.] bekannt geworden sind (BGHSt 20, 222, 224; [X.] in [X.]. § 74Rdn. 15; [X.]/[X.], StPO 45. Aufl. § 74 Rdn. 19). Dazu gehö-ren zunächst die sogenannten Befundtatsachen, die der Sachverständige alleinaufgrund seiner besonderen Sachkunde bei der Vorbereitung seines Gutach-tens festgestellt hat. Ihre Kenntnis vermittelt der Sachverständige dem [X.] Teil des Gutachtens, ohne daß eine weitere Beweisaufnahme durch denTatrichter erforderlich wäre (BGHSt 18, 107, 108; 20, 164, 165 f; [X.]/[X.], aaO § 79 Rdn. 10).Die vom [X.] ausweislich der Urteilsgründe verwerteten Anga-ben Dr. [X.]'s zum Aufbau der zerstörten Mühle, insbesondere zum [X.] 7 -schluß und der [X.] zwischen [X.] und Erdgeschoß (UAS. 33), betrafen dagegen Zusatztatsachen, zu deren Ermittlung und Wahrneh-mung keine besondere Sachkunde erforderlich war. Diese Tatsachen hättejeder beliebige Zeuge feststellen können, da sie allein auf Angaben des Ange-klagten Reinhold [X.]beruhten, der dem Sachverständigen die [X.] anhand von Plänen erläutert hatte. Vom Sachverständigen ermittelteZusatztatsachen müssen stets im Wege des [X.] in die [X.] eingeführt werden (BGHSt 18, 107, 108 f; Klein-knecht/[X.], aaO § 74 Rdn. 11). Das [X.] hätte deshalb - undzwar ohne Rücksicht auf die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen -Dr. [X.]förmlich als Zeugen belehren und über die Angaben des Angeklag-ten vernehmen müssen; dies ist nicht geschehen. Im Ergebnis wäre dieser Rü-ge allerdings der Erfolg versagt geblieben, da ausgeschlossen werden kann,daß das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht.[X.] von [X.]
Meta
15.08.2001
Bundesgerichtshof 3. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.08.2001, Az. 3 StR 225/01 (REWIS RS 2001, 1625)
Papierfundstellen: REWIS RS 2001, 1625
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 StR 492/02 (Bundesgerichtshof)
3 StR 29/01 (Bundesgerichtshof)
4 StR 46/01 (Bundesgerichtshof)
5 StR 268/00 (Bundesgerichtshof)
Absoluter Revisionsgrund im Strafverfahren: Abwesenheit des während der Zeugenvernehmung entfernten Angeklagten bei der Verhandlung über …
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