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PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 [X.]vom 15. Juli 2005 in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Menschenhandels u.a.
- 2 - Der 2. Strafsenat des [X.]hat aufgrund der Verhandlung vom 6. Juli 2005 in der Sitzung am 15. Juli 2005, an denen teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am [X.][X.]
und die Richterin am [X.]Dr. Otten, [X.]am [X.]Rothfuß, Richterin am [X.]Roggenbuck, [X.]am [X.]Dr. Appl,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
sowie Rechtsanwalt für den Angeklagten [X.] , Rechtsanwalt für den Angeklagten S. , Rechtsanwalt für den Angeklagten [X.] , - in der Verhandlung vom 6. Juli 2005 -
als Verteidiger,
Rechtsanwältin für die Nebenklägerinnen [X.] , [X.]
und
Sy. , Rechtsanwältin für die Nebenklägerin Ka. in der Verhandlung am 6. Juli 2005,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt: - 3 - - 4 - [X.]Auf die Revisionen der Angeklagten [X.] und S.
wird das Urteil des [X.]vom 13. August 2004, 1. im Schuldspruch dahin geändert und klargestellt, daß a) der Angeklagte [X.] unter Freisprechung im übrigen hin-sichtlich der Fälle II 2-9 schuldig ist - des Menschenhandels in Tateinheit mit zweifacher Zu-hälterei und mit Urkundenfälschung (Fälle [X.]und 4) - des Menschenhandels in Tateinheit mit Zuhälterei und mit Einschleusen von Ausländern ([X.]3) - des Menschenhandels in Tateinheit mit Zuhälterei, mit
Ausbeutung von Prostituierten und mit Einschleusen von Ausländern ([X.]5) - des schweren Menschenhandels in Tateinheit mit Zuhäl-terei, mit Ausbeutung von Prostituierten und mit [X.](Fälle II 6-7) - des Menschenhandels in Tateinheit mit Zuhälterei, mit
Ausbeutung von Prostituierten, mit Einschleusen von Ausländern und mit Urkundenfälschung ([X.]8) - des Menschenhandels in Tateinheit mit Zuhälterei und mit Ausbeutung von Prostituierten ([X.]9); b) der Angeklagte [X.]unter Freisprechung im übrigen schuldig ist - 5 - - der Beihilfe zur Zuhälterei in Tateinheit mit Menschen-handel, mit Zuhälterei, mit Ausbeutung von Prostituierten und mit Einschleusen von Ausländern (Fälle [X.]und 8) - des Menschenhandels in Tateinheit mit zweifacher Zu-hälterei, mit zweifacher Ausbeutung von Prostituierten und mit zweifachem Einschleusen von Ausländern (Fälle [X.]und 6) - des Menschenhandels in Tateinheit mit Zuhälterei und mit Ausbeutung von Prostituierten ([X.]9); 2. im Strafausspruch a) hinsichtlich des Angeklagten [X.] in den Fällen II 2, 4, 6, 7 und 8 und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe b) hinsichtlich des Angeklagten [X.]in den Fällen II 2, 5, 6 und 8 und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. I[X.]Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklä-gerin [X.] wird das vorbezeichnete Urteil im [X.]1 der Ur-teilsgründe sowie im [X.]mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es den Angeklagten [X.]
betrifft. II[X.] Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.]des [X.]zu-rückverwiesen. - 6 - I[X.] Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten [X.]
und [X.]sowie der Staatsanwaltschaft werden verworfen. [X.]Die Revision des Angeklagten [X.] wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den
Nebenklägerinnen Sy. und [X.] dadurch ent-standenen notwendigen Auslagen zu tragen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.]hat die Angeklagten - unter Freisprechung im übrigen - wie folgt verurteilt: 1. den Angeklagten [X.] wegen "der gemeinschaftli[X.]Ausbeutung von Prostituierten in Tateinheit mit ausbeuterischer und dirigierender Zuhäl-terei und dem Einschleusen von Ausländern in drei Fällen, in zwei Fäl-len in Tateinheit mit Menschenhandel, der ausbeuteris[X.]Zuhälterei in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit dirigierender Zuhälterei sowie des Menschenhandels in Tateinheit mit ausbeuterischer und dirigieren-der Zuhälterei und dem Einschleusen von Ausländern, des Menschen-handels in Tateinheit mit ausbeuterischer und dirigierender Zuhälterei, der gemeinschaftli[X.]Ausbeutung von Prostituierten in Tateinheit mit Menschenhandel sowie dirigierender Zuhälterei, des schweren [X.]sowie der Urkundenfälschung in zwei weiteren Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, - 7 - 2. den Angeklagten [X.]wegen "der gemeinschaftli[X.]Ausbeutung von Prostituierten in Tateinheit mit Menschenhandel, dirigierender Zuhälterei und dem Einschleusen von Ausländern in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit ausbeuterischer Zuhälterei sowie der Beihilfe zur ausbeu-teris[X.]Zuhälterei, der gemeinschaftli[X.]Ausbeutung von Prostitu-ierten in Tateinheit mit Menschenhandel und dirigierender Zuhälterei, der gemeinschaftli[X.]Ausbeutung von Prostituierten in Tateinheit mit ausbeuterischer und dirigierender Zuhälterei sowie dem Einschleusen von Ausländern" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, 3. den Angeklagten [X.] wegen "der Beihilfe zur gemeinschaftli[X.]Aus-beutung von Prostituierten, zum Menschenhandel und zur dirigierenden Zuhälterei, der Beihilfe zur gemeinschaftli[X.]Ausbeutung von Prostitu-ierten, zum Menschenhandel, zur ausbeuteris[X.]und dirigierenden Zuhälterei, der Beihilfe zur ausbeuteris[X.]und dirigierenden Zuhälte-rei" zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten. Nach den Feststellungen unterhielt der Angeklagte [X.] Kontakte zu aus-ländis[X.]Mittelsmännern, die osteuropäische Frauen zwecks Ausübung der Prostitution nach [X.]vermittelten. Im Zeitraum Juni 2002 bis März 2003 nahm er nacheinander mehrere, in der Regel mit einem Touristenvisum eingereiste und schon zur Ausübung der Prostitution entschlossene Frauen in [X.]in Empfang. Die Frauen wurden durch den Angeklagten [X.] , der über Kontakte zu verschiedenen Bordellbetreibern verfügte und an einem Bor-dell als stiller Teilhaber selbst beteiligt war, unter Mithilfe der Angeklagten [X.] , [X.] und des früheren Mitangeklagten K. in unterschiedliche - 8 - Etablissements im Raum Hessen/[X.]verbracht, wo sie der [X.]nachgingen. Von ihren Einnahmen mußten die Frauen 50-60 % an den jeweiligen Bordellbetreiber und von den verbleibenden 40-50 % noch einmal die Hälfte an den Angeklagten [X.] abführen, der entweder selbst wöchentlich die Zahlungen entgegennahm oder dabei von dem Angeklagten [X.] vertre-ten wurde. Darüber hinaus mußten die Frauen für Unterkunft und Verpflegung selbst aufkommen und von dem Angeklagten [X.] verauslagte Kosten für die Einreise oder für die Verlängerung des Visums "abarbeiten". Während ihrer Tätigkeiten in [X.]unterlagen die der deuts[X.]Sprache weitgehend unkundigen Frauen strengen Verhaltensregeln. So waren Kontakte mit Kunden außerhalb der jeweiligen Barbetriebe verboten, die Arbeitszeit war exakt vor-gegeben, freie Tage wurden nur in Ausnahmefällen von dem Angeklagten [X.] oder seinem Stellvertreter, dem Angeklagten [X.] , der selbst ein Bordell führte, gewährt. Einkaufen oder Ausgehen durften die Frauen - wenn über-haupt - in der Regel nur in Begleitung. Teilweise wurden ihre Pässe von dem Angeklagten [X.] einbehalten. Die erforderlich werdenden Aufenthaltsverlänge-rungen bei Ablauf der [X.]wurden durch ihn unter fals[X.]Angaben beim [X.]veranlaßt, zum Teil ließ er auch gefälschte Stempelabdrucke in die Pässe der Frauen einbringen. Bei Regelverstößen sowie [X.]verhängte der Angeklagte [X.] Geldstrafen, die die Frauen abarbeiten mußten. Darüber hinaus bestand die Strafandrohung eines sogenannten "Su-botniks", worunter in russis[X.]Kreisen verstanden wird, daß eine Frau meh-reren Männern gleichzeitig und unentgeltlich nach deren Wüns[X.]sexuell zur Verfügung stehen muß. Immer, wenn es dem Angeklagten [X.] erfolgverspre-chend erschien, wurden die Frauen - auch gegen ihren Willen - jeweils in ei-nem anderen Bordell oder auch in wechselnden "Privatwohnungen" unterge-- 9 - bracht. Dabei bediente sich der Angeklagte [X.] u.a. der Mithilfe des Angeklag-ten [X.] .
Die Revisionen der Angeklagten [X.] , [X.]und [X.]rügen die Verletzung materiellen Rechts, der Angeklagte [X.] erhebt darüber hinaus zwei Verfahrensrügen. Die Rechtsmittel der beiden erstgenannten Angeklagten füh-ren zur teilweisen Änderung der Schuldsprüche und zur teilweisen Aufhebung der Strafaussprüche, bleiben im übrigen aber - wie die Revision des Angeklag-ten [X.] insgesamt - ohne Erfolg.
Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer auf die Sachrüge gestütz-ten Revision die Schuldsprüche hinsichtlich der Angeklagten [X.] , [X.]und [X.] im [X.]6 der Urteilsgründe sowie den Schuldspruch nur hinsichtlich des Angeklagten [X.] in den [X.]und 7 einschließlich der diesen zugrunde liegenden Einzelstrafen sowie die verhängten Gesamtfreiheitsstra-fen. Das Rechtsmittel, das vom [X.]vertreten wird, hat nur hinsichtlich des [X.]sowie des Gesamtstrafenausspruchs Erfolg, ebenso die Revision der Nebenklägerin [X.] , die - gestützt auf die Sachrüge - die Nichtverurteilung des Angeklagten [X.] auch wegen Menschenhandels im [X.]1 der Urteilsgründe rügt.
A) Revision des Angeklagten [X.] [X.]Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
1. Erfolglos macht die Revision geltend, der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO sei gegeben. Sie beanstandet, die [X.]habe während der Vernehmung der Zeugin Ka. rechtsfehlerhaft den [X.]der Öffentlichkeit angeordnet: - 10 - Die Zeugin Ka. war in [X.]von Unbekannten zu Hause aufge-sucht und in ein Parkhaus verbracht worden, wo ihr "Probleme" angekündigt wurden, sollte sie ihre im Ermittlungsverfahren getätigte Aussage in der in [X.]bevorstehenden Hauptverhandlung nicht "richtig stellen". Wenn bei einer sol[X.]Sachlage ein Tatrichter im Rahmen seines [X.]eine Gefährdung von Leib und Leben einer Zeugin be-sorgt und - gestützt auf § 172 Nr. 1 a GVG - in Ausübung seines Ermessens (vgl. [X.]NStZ-RR 2004, 116, 118) für die Dauer der Vernehmung dieses Zeugen die Öffentlichkeit ausschließt, läßt das einen Rechtsfehler nicht erken-nen.
2. Auch die gegen die Verwertung von Erkenntnissen aus [X.]gerichtete Verfahrensrüge bleibt ohne Erfolg. Unbeschadet der Frage, ob die Verfahrensrüge - wie vom Generalbun-desanwalt ausgeführt - den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO hier nicht genügt, kommt ein Verwertungsverbot nicht in Betracht, da der [X.]des Amtsgerichts bei Anordnung der Telefonüberwachung rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des § 100 a StPO für gegeben erachtet hat (BGHSt 41, 30, 33; 47, 362, 365; 48, 240, 248). Nach dem der ersten Telefonüberwa-chungsmaßnahme zugrundeliegenden, von der Revision zudem nur [X.]mitgeteilten, polizeili[X.]Vermerk vom 31. Januar 2003 gab es [X.]Hinweise, daß mehrere osteuropäis[X.]Frauen mit illegal erlangten [X.]von einer noch unbekannten Tätergruppe zwecks Ausübung der Prostitution nach [X.]eingeschleust wurden. Dies begründete den Verdacht des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern nach § 92 a Abs. 2 Nr. 1 AuslG, einer Katalogtat gemäß § 100 a Nr. 5 StPO. - 11 - I[X.]Die Sachrüge hat teilweise Erfolg.
1. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten [X.] wegen Menschen-handels in den [X.]und 4 ([X.] ), [X.](Sy. ) und [X.](Ka.
) ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision hat die [X.]in diesen Fällen rechtsfehlerfrei eine auslandsspezifische Hilflo-sigkeit der Frauen im Sinne des § 180 b Abs. 2 Nr. 1 StGB aF angenommen. Auslandsspezifische Hilflosigkeit setzt voraus, daß die betroffene Person auf-grund der spezifis[X.]Schwierigkeiten des Auslandsaufenthalts nach ihren persönli[X.]Fähigkeiten nicht oder nur wesentlich eingeschränkt in der Lage ist, sich dem Verlangen nach sexueller Betätigung zu widersetzen. [X.]Entscheidungskriterien sind u.a. mangelhafte bzw. nicht vorhandene Deutschkenntnisse, die Verfügungsmöglichkeit über Barmittel, das Maß der Überwachung durch den und das Ausmaß der persönli[X.]Abhängigkeit von dem Täter sowie die Möglichkeit, die [X.]wieder zu verlassen, die dann eingeschränkt sein kann, wenn der Täter die Ausweispapiere der einge-reisten Frauen an sich genommen hat ([X.]NStZ 1999, 349, 350; NStZ-RR 2004, 233).
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat der Tatrichter nicht zuletzt unter dem in der Hauptverhandlung gewonnenen Eindruck von der Persönlich-keitsstruktur der jeweiligen Frauen die maßgebli[X.]Gesichtspunkte gegen-einander abzuwägen und eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Hier hat die [X.]in allen von der Revision gerügten Fällen die entscheidungsrele-vanten Kriterien herausgearbeitet. Daß sie unter Berücksichtigung der im Rah-men der Hauptverhandlung offenbar gewordenen Persönlichkeitsstruktur der Zeuginnen [X.] , Sy. und Ka. im Rahmen der Gesamtwür-digung von einer auslandsspezifis[X.]Hilflosigkeit zumindest in der maßgebli-- 12 - [X.]ersten Phase deren Aufenthalts in [X.]([X.]NStZ-RR 2004, 233) ausgegangen ist, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Der Schuldspruch ist auch angesichts des § 2 Abs. 3 StGB nicht zu be-anstanden. Der Tatrichter durfte hinsichtlich des Menschenhandels das [X.](§ 180 b Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. StGB) zugrunde legen. Durch das 37. Strafrechtsänderungsgesetz (vom 11. Februar 2005; in [X.]seit dem 19. [X.]2005) wurde § 180 b StGB aufgehoben. Dies ist im Revisionsverfahren gemäß § 354 a StPO; § 2 Abs. 3 StGB zu beachten. Doch sind die §§ 232, 233, 233 a und 233 b StGB neu eingefügt worden, wodurch das Verhalten des Angeklagten jetzt erfaßt wird. § 232 StGB (Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung) stellt im Sinne notwendiger Unrechtskontinuität eine Nachfolgeregelung zu § 180 b StGB dar. Es liegt nahe, daß der Angeklagte hier die Voraussetzungen nicht nur des § 232 Abs. 1 StGB nF, der einen iden-tis[X.]Strafrahmen eröffnet, sondern sogar die Qualifikation des § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB nF (gewerbsmäßig) erfüllt hat. Danach kann ausgeschlossen wer-den, daß der Tatrichter einen minder schweren Fall gemäß § 232 Abs. 5 StGB nF angenommen hätte. Somit ist das neue Recht nicht das mildere Recht (§ 2 Abs. 3 StGB) und es bleibt beim Tatzeitrecht.
2. Ebenso ist im [X.]7 der Urteilsgründe - Verurteilung des Angeklag-ten [X.] wegen schweren Menschenhandels zum Nachteil der Zeugin N.
- § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB gegenüber dem vom Tatrichter [X.]§ 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF nicht das mildere Recht.
3. Auch die von der Revision gerügte Verurteilung des Angeklagten [X.] wegen ausbeuterischer Zuhälterei der Zeugin [X.]gemäß § 181 a Abs. 1 Nr. 1 StGB im Fall [X.]der Urteilsgründe ist frei von Rechtsfehlern. Ausbeutung liegt vor, wenn dem Opfer in objektiver Hinsicht ein erheblicher Teil der Ein-- 13 - nahmen entzogen wird und dies zu einer gravierenden Beschränkung der per-sönli[X.]und wirtschaftli[X.]Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit führt, die geeignet ist, dem Opfer die Lösung aus der Prostitution zu erschweren (Trönd-le/[X.]StGB 52. Aufl. § 181 a Rdn. 7). Zwar setzt eine solche Annahme im Regelfall Feststellungen zur Höhe der Einnahmen und Abgaben der [X.]voraus ([X.]NStZ 1989, 67). Allerdings steht das Fehlen exakter Feststel-lungen zu Einnahmen und Ausgaben einer Verurteilung wegen ausbeuterischer Zuhälterei nicht zwingend entgegen. Wenn - wie hier die Zeugin [X.] - eine Prostituierte allein 60 % ihrer Einnahmen an den Bordellbetreiber zu zahlen, von den verbleibenden 40 % noch einmal die Hälfte an ihren Zuhälter abzufüh-ren und von den ihr damit nur noch zur Verfügung stehenden 20 % die Miet-kosten zu bestreiten und hohe Strafgelder für jegliches Fehlverhalten zu [X.]hat, ist ohne weiteres von einer Ausbeutung im Sinne des § 181 a Abs. 1 Nr. 1 StGB auszugehen ([X.]NStZ 1999, 349, 350; BGH, Beschluß vom 20. April 2004 - 4 StR 67/04).
4. Rechtsfehlerfrei hat die [X.]den Angeklagten [X.] im [X.]9 der Urteilsgründe wegen Menschenhandels gemäß § 180 b Abs. 2 Nr. 2 StGB zum Nachteil der Prostituierten M. verurteilt. Der [X.]war es nicht verwehrt, aus den im Rahmen einer Polizeikontrolle festgestellten Paßeintragungen auf das Alter der Prostituierten von unter 21 Jahren zu schließen. Konkrete Anhaltspunkte für eine Fälschung des Reisepasses sind nicht ersichtlich. Im übrigen hätte selbst bei einer Paßfälschung keine Veran-lassung bestanden, das Geburtsdatum vorzudatieren, um so möglicherweise eine Bestrafung wegen Menschenhandels zu riskieren.
5. Ebenso wenig ist die Verurteilung des Angeklagten [X.] wegen Ur-kundenfälschung im [X.]8 der Urteilsgründe zu beanstanden. Die [X.]14 - würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Daß die [X.]auf-grund der Aussage der Zeuginnen Ka. und Ks.
sowie aufgrund der zum Paß der Zeugin [X.] getroffenen, durch ein [X.]ge-stützten Feststellungen ([X.]4 der Urteilsgründe) den Schluß gezogen hat, auch der Stempel im Paß der Zeugin Ka. sei gefälscht gewesen, ist möglich und im Revisionsverfahren hinzunehmen. Im übrigen haben die [X.]und sämtliche Prozeßbeteiligten - anders als die Revision vorträgt - den Paß der Zeugin Ka. im Verlaufe der Hauptverhandlung in [X.]genommen (Bd. VII Bl. 726 der Hauptakte).
6. Keinen Bedenken unterliegt auch die von der Revision nicht im [X.]gerügte Verurteilung des Angeklagten [X.] wegen Einschleusens von Ausländern im [X.]3 der Urteilsgründe. Indem der Angeklagte - wie auch in den Fällen II 5, 6 und 8 - eine Verlängerung des bereits zwei Wo[X.]nach der Einreise abgelaufenen Visums unter Benennung eines fals[X.]Wohnorts der Zeugin [X.] bei gleichzeitigem Verschweigen ihres wahren Aufenthalts-zwecks beantragte, unterstützte er diese mit fals[X.]Angaben gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 2 [X.]i.V.m. § 13 Abs. 1 AuslG, was seine Strafbarkeit nach § 92 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.]begründet. Der am 1. Januar 2005 in [X.]ge-tretene § 96 Abs. 1 AufenthG, der § 92 a Abs. 1 [X.]ersetzt, weist den glei-[X.]Strafrahmen auf und ist kein milderes Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB.
7. Teilweise rechtsfehlerhaft zum Nachteil des Angeklagten [X.] ist hin-gegen die tatrichterliche Beurteilung der Konkurrenzen.
Die [X.]hat nicht bedacht, daß das von dem Angeklagten [X.] jeweils verwirklichte [X.]der Zuhälterei mehrere Handlungen zum Nachteil verschiedener Frauen zur Tateinheit verklammern kann, wenn - wie - 15 - hier - von demselben Täter zeitgleich auf mehrere Geschädigte in demselben Bordell eingewirkt wird (BGHSt 48, 314, 322; Tröndle/[X.]aaO § 181 a Rdn. 27). Das kann auch dann der Fall sein, wenn mehrere Frauen sukzessiv betroffen sind ([X.]aaO). Ebenso kommt eine tateinheitliche Bewertung meh-rerer zum Nachteil verschiedener Frauen begangener Straftaten des [X.]in Betracht, allerdings nur dann, wenn die Ausführungshandlun-gen des § 180 b StGB aF gegenüber mehreren Geschädigten teilidentisch sind (BGH, Beschluß vom 25. August 1999 - 3 StR 290/99; Urteil vom 17. März 2004 - 2 StR 473/03, insoweit nicht abgedruckt in NStZ-RR 2004, 233; Trönd-le/[X.]aaO § 180 b Rdn. 25). Bei § 180 b Abs. 2 Nr. 1 und 2, 1. Alt. StGB - Einwirken mit dem Ziel der [X.]- handelt es sich nämlich um ein Unternehmensdelikt, das mit dem Beginn des Einwirkens bereits vollendet und spätestens mit dem Beginn der [X.]beendet ist (Trönd-le/[X.]aaO § 180 b Rdn. 17 und 23). Demzufolge führt - anders als beim [X.]der Zuhälterei - nicht schon eine vorübergehend gleichzeitige An-wesenheit mehrerer Frauen in demselben Bordell zum Konkurrenzverhältnis der Tateinheit. Vielmehr müssen sich - was hier nicht der Fall ist - die der Pros-titutionsausübung vorgeschalteten Einwirkungshandlungen zeitlich über-schneiden. Auch § 181 a StGB kann als minder schweres Delikt die nach alle-dem selbständigen Taten des Menschenhandels zum Nachteil verschiedener Frauen nicht zur Tateinheit verklammern (vgl. [X.]in LK 11. Aufl. § 52 Rdn. 27 ff.).
Darüber hinaus hat die [X.]verkannt, daß es sich in den [X.]und 7 der Urteilsgründe (Straftaten zum Nachteil der Zeugin [X.] ) um eine Tat handelt. Das [X.]der Zuhälterei ist nämlich erst mit der Beendigung des rechtswidrigen Zustandes beendet (Laufhütte in LK 11. Aufl. vor § 174 Rdn. 20). - 16 - Im Ergebnis zutreffend ist hingegen die rechtliche Behandlung der [X.]und 4 (Straftaten zum Nachteil der Zeugin T.
) als jeweils selbstän-dige Taten. Anders als die [X.]meint, lag die das [X.]der Zu-hälterei unterbrechende Zäsur im [X.]4 allerdings nicht schon in der polizei-li[X.]Kontrolle, sondern erst in der einige Tage später erfolgten Flucht der Zeugin [X.] zu einem anderen Mann, wodurch sie über einen längeren Zeitraum dem Einflußbereich des Angeklagten [X.] entzogen war. Damit ergeben sich folgende Konkurrenzen: Die in den Fällen [X.]und 4 verwirklichten Delikte stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit, weil sich die Zuhälterei des Angeklagten [X.] gleich-zeitig gegen die über einen gewissen Zeitraum gemeinsam im Bordell "C.
" tätig gewesenen Zeuginnen [X.] und T.
richtete. Das gilt auch für die im [X.]4 begangene Urkundenfälschung, die unter anderem der [X.]der Zuhälterei diente. Der im [X.]7 festgestellte schwere [X.]steht in Tateinheit zu den gleichzeitig im [X.]6 der [X.]zum Nachteil der Zeugin [X.] begangenen Straftaten. Die im [X.]8 verwirklichte Urkundenfälschung steht zu den übrigen in diesem Fall begange-nen Delikten in Tateinheit.
Im übrigen bleiben die Fälle II 3, 5 und 9, denen jeweils zumindest auch ein Menschenhandel zugrunde liegt, als selbständige Taten bestehen. Die Änderung der [X.]und damit des Schuldspruchs in den Fällen II 2, 4, 6, 7 und 8 hat die Aufhebung der zugehörigen Einzelstra-fen zur Folge. Dies entzieht auch der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage. [X.]bleiben hingegen die Einzelstrafen in den Fällen II 3, 5 und 9. - 17 - B) Revision des Angeklagten [X.] Die Verurteilung des Angeklagten [X.]in den Fällen [X.]und 8 wegen tateinheitlich begangenen Einschleusens von Ausländern ist nicht zu bean-standen. Auch wenn die [X.]- anders als im [X.]6 - ein eigenhändi-ges Handeln des Angeklagten [X.] bei den Verlängerungen der [X.]für die Prostituierten Sy. und Ka. nicht festgestellt hat, muß dieser sich die Handlungen des Angeklagten [X.] , als dessen Stellvertreter er fungierte, nach den Grundsätzen der Mittäterschaft zurechnen lassen. Seine Verurteilung nur wegen Beihilfe zur Zuhälterei im Fall [X.]beschwert ihn nicht. Jedoch stehen die dem Angeklagten [X.]zur Last gelegten Taten in den Fällen [X.]und 8 sowie [X.]und 6 im Konkurrenzverhältnis der Tateinheit, weil sich die Zuhälterei jeweils gleichzeitig gegen zwei vorübergehend im [X.]Bordell gemeinsam tätig gewesene Prostituierte richtete. So gingen die Zeuginnen [X.] und Ka. im März/April 2003 im "[X.] " (Fälle [X.]und 8, U[X.]S. 17, 26, 62, 63) sowie die Zeuginnen Sy.
und [X.] im Februar/März 2003 im "Ti. " (Fälle [X.]und 6, U[X.]S. 40, 45 f.) zeit-gleich unter Aufsicht der Angeklagten [X.] und [X.]
der Prostitution nach. Dies hat zur Folge, daß die diesen Fällen zugrunde liegenden Einzelstrafen aufzuheben und durch eine einheitliche Strafe zu ersetzen sind. Das erfordert auch eine Neufestsetzung der Gesamtstrafe.
C) Revision des Angeklagten [X.] Die Verurteilung des Angeklagten [X.] ist frei von Rechtsfehlern. Insbesondere ist die Annahme von Tatmehrheit zwis[X.]den Fällen II 5, 6 und 9 nicht zu beanstanden. Der Angeklagte [X.]
hat durch drei nicht - 18 - zeitgleiche, verschiedenartige Handlungen rechtlich selbständige Haupttaten (Fälle II 5, 6 und 9) unterstützt.
D) Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin [X.] 1. Die Revision der Staatsanwaltschaft zeigt, soweit sie eine Nichtverur-teilung des Angeklagten [X.] im [X.]7 auch wegen Menschenhandels und eine entsprechende Nichtverurteilung aller Angeklagter im [X.]6 der Urteils-gründe rügt, einen durchgreifenden Rechtsfehler nicht auf. Die [X.]hat die eingangs bereits näher skizzierten - weder abschließenden noch zwin-genden - maßgebli[X.]Kriterien für eine auslandsspezifische Hilflosigkeit fest-gestellt und abgewogen. Daß sie sich unter dem Eindruck des in der [X.]gewonnenen persönli[X.]Eindrucks von einer auslandsspezifis[X.]Hilflosigkeit der Zeugin [X.] nicht überzeugen konnte, ist nicht rechts-fehlerhaft.
Die Zeugin [X.] verfügt über eine elfjährige Schulausbildung, hatte bereits ein Hochschulstudium im Bereich Finanzen teilweise absolviert und bei einer Bank gearbeitet. Sie war zwar der deuts[X.]Sprache nicht mächtig, konnte sich aber in [X.]verständigen. Während ihrer Freizeit be-suchte sie die ebenfalls in La. im "[X.] " tätig gewesene Zeugin [X.] , ging joggen, später auch einkaufen und in Discos, bzw. fuhr zusammen mit [X.]mit dem Zug nach F. zum Friseur. Die vorgegebenen [X.]hielt sie nicht ein und nahm sich "eigenmächtig" freie Tage. Gerade während der ersten Phase ihres Aufenthalts verfügte sie durchgängig über ihre Ausweispapiere und wechselte auf eigene Initiative das Bordell, um bessere Verdienstmöglichkeiten zu haben. Darüber hinaus widersetzte sie sich häufig - auch mit Erfolg - den Weisungen des Angeklagten [X.]
, bevor sie sich von ihm endgültig löste und seither in [X.]mit [X.]zu-- 19 - sammenlebt. Angesichts auch dieser von der [X.]im Rahmen ihrer Gesamtwürdigung herangezogenen Umstände war es vertretbar, eine aus-landsspezifische Hilflosigkeit der Zeugin [X.] zu verneinen. 2. Hingegen führen die Revisionen der Nebenklägerin A.
und der Staatsanwaltschaft, soweit diese die Nichtverurteilung des Angeklagten [X.] im [X.]1 der Urteilsgründe auch wegen Menschenhandels rügen, insoweit und hinsichtlich des Gesamtstrafenausspruchs zur Aufhebung und Zurückverwei-sung. Zwar war es für sich genommen nicht rechtsfehlerhaft, dem Umstand, daß die Zeugin [X.]gegen den Willen des Angeklagten [X.] vorübergehend in ihr Heimatland zurückgereist war, bei Prüfung der auslandsspezifis[X.]Hilf-losigkeit Bedeutung beizumessen. Auch wenn - was die ausländerspezifische Hilflosigkeit anbelangt - grundsätzlich auf den Zeitraum der ersten Phase des Aufenthalts der Prostituierten abzustellen ist ([X.]NStZ-RR 2004, 233), schließt dies es jedoch nicht aus, auch einem späteren, von Selbstbewußtsein und einer gewissen Selbständigkeit geprägten Verhalten einer Prostituierten indizielle Bedeutung für das Ausmaß ihrer Hilflosigkeit auch zu einem früheren Zeitpunkt beizumessen. Allerdings ist allein dieses spätere Verhalten hier an-gesichts der sonstigen Umstände - insbesondere fehlende Deutschkenntnisse, Mittellosigkeit, strenge Überwachung durch den Angeklagten [X.] - nicht ge-eignet, eine auslandsspezifische Hilflosigkeit zu verneinen. Vielmehr bedarf es insoweit einer - von der [X.]nicht mitgeteilten - Abwägung und Ge-samtwürdigung aller maßgebli[X.]Kriterien. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, daß zu [X.]sein wird, ob sich der Angeklagte [X.] im [X.]1 der Urteilsgründe auch wegen Einschleusens von Ausländern gemäß § 92 a Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 - 20 - Nr. 1 [X.]aF strafbar gemacht hat, indem er die aus Li. stammende Zeugin [X.] , zum damaligen Zeitpunkt eine sog. Positivstaaterin, die für ihre Einreise zwar kein Visum benötigte, die aber ohne Erlaubnis hier nicht arbeiten durfte, durch Vermittlung in Bordelle bei ihrem damit illegalen Aufenthalt unter-stützte (vgl. [X.]NStZ 2005, 407 und 408; StV 2005, 330, 333). Darüber hin-aus kommt eine Strafbarkeit des Angeklagten [X.] wegen Urkundenfälschung dadurch in Betracht, daß er einen fals[X.]Stempel in dem Paß der Zeugin [X.] anbrachte. Sollte die neu entscheidende [X.]schließlich erneut - 21 - eine auslandsspezifische Hilflosigkeit der Zeugin [X.]verneinen, wird sie auch eine Strafbarkeit des Angeklagten [X.] wegen Menschenhandels gemäß § 180 b Abs. 1 StGB aF zu erwägen haben. [X.] [X.]
Roggenbuck
Appl
Meta
15.07.2005
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2005, Az. 2 StR 131/05 (REWIS RS 2005, 2525)
Papierfundstellen: REWIS RS 2005, 2525
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 StR 474/03 (Bundesgerichtshof)
1 StR 313/02 (Bundesgerichtshof)
2 StR 75/15 (Bundesgerichtshof)
Strafverfahren wegen schweren Menschenhandels und Zuhälterei: Voraussetzungen für die Annahme dirigierender Handlungen
4 StR 67/04 (Bundesgerichtshof)
3 StR 56/10 (Bundesgerichtshof)
Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung: Drohung mit dem Verlust der Wohnung als Drohung mit …
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