Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.06.2013, Az. 25 W (pat) 554/12

25. Senat | REWIS RS 2013, 5059

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Beeren Sinnlichkeit" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 011 666.3

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 13. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Metternich

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortkombination

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Beeren Sinnlichkeit

3

ist am 30. Januar 2012 für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 5, 30 und 32

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Klasse 5: Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert;

5

Klasse 30: Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für [X.], auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee-Extrakte; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/Kräutertee/Früchtetee (auch in trinkfertiger Form und/oder Beimischung von [X.]n und/oder Fruchtsäften); Zubereitungen überwiegend bestehend aus [X.] und/oder Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und/oder granulierter und/oder instantisierter Form, auch aromatisiert und/oder vitaminisiert und/oder mineralisiert und/oder mit Gewürzen und/oder Milchbestandteilen und/oder weiteren Zutaten; Getränkepulver und Fertiggetränke (soweit in Klasse 30 enthalten), insbesondere auf der Basis von Tee, teeähnlichen Erzeugnissen, [X.], Kaffee, [X.], [X.], [X.], Kakao, Malz, Zucker, Zuckerersatzmitteln, Zichorie und/oder anderen geschmackgebenden Zutaten (jeweils einzeln und/oder in Kombination miteinander); Kakao; Kaffee; Kaffee-Ersatzmittel; Zuckerwaren; Schokoladenwaren;

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Klasse 32: Alkoholfreie Getränke; Getränke unter Beimischung von Tee/Kräutertee/Früchtetee; Energie-Getränke (Energy-Drinks); [X.] und Fruchtsäfte; Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Instantgetränkepulver zur Herstellung alkoholfreier Getränke; Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke

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zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] geführte Markenregister angemeldet worden.

8

Die Markenstelle für Klasse 30 des [X.]s, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, hat diese unter der Nummer 30 2012 011 666.3 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit Beschluss vom 2. April 2012 zurückgewiesen.

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Aus Sicht der Markenstelle fehlt der angemeldeten Wortkombination jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Sie sei aus den gebräuchlichen Wörtern „Beeren“ mit der Bedeutung „kleine, rundliche, oft kräftig gefärbte Früchte mit saftigem Fleisch, die [X.] enthalten“ und „Sinnlichkeit“, einem emotionalen Werbeschlagwort mit der Bedeutung „Gelüste, Lust, Verlangen, etwas sinnlich Wirkendes“, gebildet. In ihrer Gesamtheit assoziiere die angemeldete Wortkombination mit der synonymen Bedeutung „Gelüste, Lust, Verlangen nach/an/auf Beeren bzw. sinnliche, sinnlich wirkende, lustvolle Beeren i.S.v. sinnlicher, sinnlich wirkender, lustvoller Beeren-Genuss/Geschmack“ lediglich eine herkunftsneutrale Sachinformation in Form eines emotionalen Werbeversprechens, zumal sich der Begriffsinhalt „Beeren“ i.V.m. „sinnlich, Sinnlichkeit“ bereits branchenüblich am Markt etabliert habe. Die angemeldete Wortkombination setze sich lediglich aus einer Kombination schutzunfähiger Wortbestandteile zusammen und ergebe in ihrer Gesamtheit keinen über die Summe dieser Einzelbestandteile hinausgehenden Gesamtbegriff mit kennzeichnungskräftigen Elementen. Die angesprochenen Verkehrskreise würden hierin nur einen sachbezogenen Hinweis auf Art, Beschaffenheit und objektiv emotionale Eigenschaftsmerkmale der beanspruchten Waren erkennen, und zwar dahingehend, dass die angebotenen Waren aus/mit Beeren oder beerenähnlichen Früchten hergestellt worden seien oder Inhaltsstoffe, Aromen, Zutaten, Extrakte oder Substanzen von Beeren wie beerenähnlichen Früchten enthalten bzw. den Geschmack, die Geschmacksrichtung, die Form von Beeren aufweisen könnten. Raum für eine hiervon wegführende Interpretation in Richtung vager oder unklarer Deutungsmöglichkeiten lasse die angemeldete Wortkombination nicht, zumal sie keine die Unterscheidungskraft begründenden Merkmale wie Originalität, Prägnanz, Merkfähigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit aufweise. Auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen könne sich die Anmelderin nicht berufen.

Die Anmelderin hält mit ihrer gegen den vorgenannten Beschluss gerichteten Beschwerde an ihrer Auffassung fest, dass die angemeldete Wortkombination i.V.m. den beanspruchten Waren schutzfähig sei und insbesondere keine rein werbliche Anpreisung darstelle. Die Wortbestandteile „Beeren“ und „Sinnlichkeit“ seien zwar für sich gesehen gebräuchlich, bildeten in ihrer Kombination aber eine phantasievolle Wortschöpfung. Der Wortbestandteil „Sinnlichkeit“ beschreibe ein subjektives Gefühl i.S.v. „Lust, Verlangen“, beziehe sich somit auf die Erlebniswelt jedes Verbrauchers und bleibe, da der Sinngehalt von jeder Person anders empfunden werde und dieser Wortbestandteil daher keine verwertbare, unmittelbare Information über die beanspruchten Waren vermittle, vage und unklar. Subjektive Werturteile, die von den jeweiligen Waren nicht unmittelbar, sondern aufgrund der Empfindung des jeweiligen Verwenders ausgelöst würden, könnten Eigenschaften dieser Waren selbst nicht unmittelbar beschreiben. Selbst wenn der Wortkombination „Beeren Sinnlichkeit“ eine werbliche Aussage zugeschrieben werden sollte, stehe dies der Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis nicht entgegen, zumal diese Wortkombination eine in sich widersprüchliche Bezeichnung sei; „Sinnlichkeit“ lasse sich nicht auf einen Gegenstand übertragen. Der Verbraucher werde die angemeldete Wortkombination daher als etwas Besonderes wahrnehmen und einem Produkt zuordnen können. Die Belege der Markenstelle würden nichts Gegenteiliges ergeben. Sie zeigten lediglich irgendeine Verwendung der Begriffe „Beeren“ und „sinnlich“ bzw. „Sinnlichkeit“ in irgendeinem Zusammenhang und seien in Bezug auf die vorliegend beanspruchten Waren nicht relevant. Ferner könne der Verbraucher aus der angemeldeten Wortkombination keine unmittelbaren Informationen bzw. Rückschlüsse über bzw. auf diese Waren erlangen, auch nicht in Bezug auf Geschmacksrichtung, Wirkungsweise, Zielgruppe etc. Die Verknüpfung von „Beeren“ und „Sinnlichkeit“ solle nicht als Sachangabe bzw. Werbeschlagwort fungieren, sondern dem Verbraucher eine eigene „sinnliche“ Erlebniswelt eröffnen, dessen Grundlage zwar Früchte, hier: Beeren, seien, die aber hierauf weder reduziert noch festgelegt werden könne.

Da die angemeldete Wortkombination in Bezug auf die beanspruchten Waren keine klaren und unmittelbar beschreibenden Hinweise enthalte, sei auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht gegeben.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des [X.]s vom 2. April 2012 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 [X.] statthaft. Sie ist jedoch unbegründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin fehlt der angemeldeten Wortkombination hinsichtlich der hier beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), so dass die Markenstelle die Anmeldung gemäß § 37 Abs. 1 [X.] zu Recht zurückgewiesen hat.

1.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u.a. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 - [X.]; [X.], 850, [X.]. 17 - [X.]). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850, [X.]. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.]. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] - [X.] a.a.[X.]). Jedenfalls in diesem Sinne fehlt der angemeldeten Wortkombination in Bezug auf die vorliegend beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft.

Bei der Beurteilung der Frage, ob das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen an ([X.]/Hacker, [X.], 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Bei den vorliegend beanspruchten Waren der Klassen 5, 30 und 32 handelt es sich um Teeprodukte und Getränke des täglichen Bedarfs, die sich an die breiten Verkehrskreise der inländischen Endverbraucher dieser Produkte richten.

Die angemeldete Wortkombination ist – wie die Markenstelle zutreffend ermittelt und ausgeführt hat – aus den gebräuchlichen Wörtern „Beeren“ (= „kleine, rundliche, oft kräftig gefärbte Früchte mit saftigem Fleisch, die [X.] enthalten“) und „Sinnlichkeit“ (= „Gelüste, Lust, Verlangen“) zusammengesetzt. Die von der Markenstelle ermittelten Belege, insbesondere die dem Beanstandungsbescheid vom 13. Februar 2012 als Anlage beigefügten Ergebnisse einer Google-Recherche ([X.] 11 f. der [X.]) und die Ergebnisse von weiteren [X.], die der Anmelderin in Anlage zum angefochtenen Beschluss übermittelt worden sind ([X.] 81 ff. der [X.]), zeigen, dass im Zusammenhang mit dem Konsum von Beeren vielfach die Begriffe „sinnlich, Sinnlichkeit“ benutzt werden, um darauf hinzuweisen, dass der Genuss von Beeren, namentlich von Erdbeeren nicht nur vom Geschmack her sondern auch visuell und vom Aroma/Duft her Freude und Lust bereiten könne. Begegnet den vorgenannten Verkehrskreisen diese Wortkombination i.V.m. den vorliegend beanspruchten Waren der Klassen 5, 30 und 32, so werden diese Verkehrskreise aufgrund des vorstehend dargelegten Sprachgebrauchs in der Wortkombination „Beeren Sinnlichkeit“ aus den vorgenannten Gründen lediglich einen schlagwortartigen und anpreisenden Sachhinweis dahingehend erkennen, dass die so gekennzeichneten Waren (insbes. Tee, Teezubereitungen und –extrakte, aber auch die hier in der Klasse 30 beanspruchten Mineralwässer und anderen kohlesäurehaltigen Wässer, die mit entsprechenden Geschmacks- und Aromastoffen versetzt sein können) einen ausgeprägten Beerengeschmack bzw. ein ausgeprägtes Beerenaroma aufweisen, wobei der Genuss dieser Waren von Geschmack und Aroma her eine besonders sinnliche Wirkung entfalten und damit den Konsumenten Lust verschaffen kann.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin vermittelt die angemeldete Wortkombination in Bezug auf die hier beanspruchten Waren nicht lediglich vage, unklare oder mehrdeutige Informationen und Vorstellungen. Vielmehr erschließt sich den relevanten Verkehrskreisen die vorgenannte Bedeutung der angemeldeten Wortkombination ohne weiteres, insbesondere ohne eine mehrere differenzierte Gedankenschritte erfordernden, analysierenden Betrachtungsweise. Wie ausgeführt, handelt es sich bei den Wortbestandteilen der angemeldeten Wortkombination um gebräuchliche Wörter der [X.], die sich ohne weiteres auf Eigenschaften der beanspruchten Waren beziehen können und die in ihrer Summierung auch keine Besonderheiten, insbesondere solcher semantischer oder syntaktischer Art aufweisen, welche über den genannten werblich anpreisenden Gehalt dieser Wortkombination hinausgehen und geeignet wären, um als betrieblicher Herkunftshinweis dienen zu können.

Da nach alledem das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gegeben ist, kann dahingestellt bleiben, ob auch die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfüllt sind.

2.

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen. Die Anmelderin hat keinen Terminsantrag nach § 69 Nr. 1 [X.] gestellt. Es waren auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen entscheidungserheblich, die nach § 69 Nr. 3 [X.] der Erörterung in einer mündlichen Verhandlung bedurft hätten.

Meta

25 W (pat) 554/12

13.06.2013

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.06.2013, Az. 25 W (pat) 554/12 (REWIS RS 2013, 5059)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5059

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