Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2020, Az. 5 StR 435/20

5. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1517

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Gegenstand

Strafverfahren wegen Betäubungsmitteldelikten: Vermögensabschöpfung hinsichtlich des aus einem Tauschgeschäft erlangten Rauschgifts


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Juni 2020

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, schuldig ist;

b) im Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, dass die Anordnung der Maßregel entfällt und die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt aus dem Urteil des [X.] vom 24. Juli 2019 aufrechterhalten wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten – unter Freisprechung im Übrigen – wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln unter Einbeziehung von Strafen aus dem Urteil des [X.]s Dresden vom 24. Juli 2019, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 3.850 € angeordnet. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den Feststellungen zu dem vom [X.] unter II.2 und [X.] dargestellten zweiten Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge übergab der Angeklagte dem gesondert Verfolgten [X.]         Ende September/Anfang Oktober 2018 500 Gramm Marihuana und beauftragte ihn, dieses Rauschgift bei einem [X.] Drogenhändler gegen 100 Gramm Methamphetamin („[X.]“) durchschnittlicher Qualität zu tauschen. [X.]         , bei dem der Angeklagte schon in der Vergangenheit Rauschgift zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestellt hatte, führte das in [X.] erworbene [X.] in das [X.] ein und übergab ihm davon bis zum 2. Oktober 2018 mindestens 72 Gramm. Nachdem [X.]         am 3. Oktober 2018 verhaftet worden war, trat der mit ihm seinerseits in einer Lieferbeziehung stehende Zeuge [X.]     an seine Stelle, um für ihn seine noch nicht abgeschlossenen Drogengeschäfte zu Ende zu führen. In Bezug auf die Fehlmenge, die dem Angeklagten aus der mit dem Tauschgeschäft verbundenen Drogenbestellung noch verblieben war, übergab ihm [X.]    , ohne von ihm eine weitere Gegenleistung zu erhalten, weitere fünf Gramm [X.].

3

2. Soweit das [X.] bei dieser Tat den Angeklagten tateinheitlich auch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt hat, hält der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4

Bei den von [X.]     an den Angeklagten übergebenen fünf Gramm [X.] handelte es sich – wie auch das [X.] bei seiner konkurrenzrechtlichen Bewertung im Ansatz nicht verkannt hat – um eine Nachlieferung auf die noch fehlende Restmenge aus der Rauschgiftbestellung des Angeklagten bei [X.]         . Aufgrund dieser Verknüpfung stellte die Nachlieferung lediglich einen unselbständigen Teilakt des bereits zuvor zwischen dem Angeklagten und [X.]          verabredeten [X.] über 100 Gramm Methamphetamin dar. Mit ihrer Absprache war der Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mithin bereits erfüllt. Dementsprechend handelt es sich bei den Teillieferungen von 72 Gramm und fünf Gramm Methamphetamin um eine Bewertungseinheit (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Juni 2014 – 3 StR 207/14 mwN).

5

3. Der Senat hat den Schuldspruch deshalb neu gefasst; § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

6

Das Entfallen der tateinheitlichen Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln stellt den Strafausspruch in diesem Fall nicht in Frage. Zwar hat das [X.] bei der Zumessung der Einzelstrafe mit missverständlicher Formulierung angenommen, der Nachlieferung von fünf Gramm Methamphetamin komme ein eigener Unrechtsgehalt zu. Es hätte aber auch bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Beurteilung dieses Teilaktes in seine Strafzumessungsüberlegungen jedenfalls einstellen dürfen, dass dem Angeklagten über die – seine Strafbarkeit wegen [X.] bereits begründende – Beauftragung des Tauschgeschäfts über 100 Gramm Methamphetamin hinaus tatsächlich 77 Gramm durch zwei Teillieferungen zugeflossen sind. Der Senat schließt deshalb aus, dass die [X.] bei zutreffender rechtlicher Bewertung eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte.

7

4. Die auf § 73c StGB gestützte Einziehungsanordnung hat im Ergebnis Bestand.

8

Das [X.] hat das vom Angeklagten bei der vorgenannten Tat erlangte Methamphetamin als Tatertrag angesehen. Dabei hat es verkannt, dass dieses als Tatobjekt (§ 74 Abs. 2 StGB) nur der Einziehung nach § 33 BtMG, nicht aber einer Einziehung nach § 73 StGB unterlegen hätte. Damit scheidet hinsichtlich dieses [X.] auch die ersatzweise Anordnung einer Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c StGB aus, die nur an Stelle der Einziehung nach § 73 StGB in Betracht kommt (schon zum Ausschluss einer Vermögensabschöpfung bezüglich erworbener Betäubungsmittel nach §§ 73, 73a StGB aF [X.], Beschluss vom 3. April 2002 – 3 [X.], [X.], 208, 209; vom 17. März 2010 – 2 StR 67/10, [X.], 100 mwN; siehe auch [X.] in Körner/[X.]/[X.], BtMG, 9. Aufl., § 33 Rn. 173; zum Geldwäscheobjekt nach alter und neuer Rechtslage vgl. [X.], Beschluss vom 27. März 2019 – 2 StR 561/18, NJW 2019, 2182, 2183).

9

Nach den Feststellungen des [X.]s handelte der Angeklagte jedoch mit [X.], und auch das Rauschgift, das [X.]          ihm nach dem Tauschgeschäft in [X.] liefern sollte, war für seinen gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Dem Zusammenhang der Urteilsgründe ist danach zu entnehmen, dass der Angeklagte die ihm insgesamt übergebenen 77 Gramm [X.] zu dem rechtsfehlerfrei ermittelten [X.] von 50 € pro Gramm veräußert hat. Der vom [X.] unter Heranziehung dieses [X.]es bestimmte Wert der vom Angeklagten erhaltenen Betäubungsmittel von 3.850 € entsprach somit dem von ihm mindestens erzielten Veräußerungserlös. Der Wert dieses Tatertrages war danach in der vom [X.] angeordneten Höhe gemäß § 73c StGB einzuziehen.

5. Bei seiner Entscheidung über die Anordnung der Maßregel hat das [X.] nicht bedacht, dass die Grundsätze der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 2 StGB Vorrang vor der Regelung des § 67f StGB haben (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 10. Dezember 1981 – 4 [X.], [X.]St 30, 305, 306 ff., und vom 11. September 1997 – 4 StR 287/97, [X.]R StGB § 64 Anordnung 4; Beschlüsse vom 25. November 2010 – 3 [X.], NStZ-RR 2011, 105; vom 27. September 2016 – 5 [X.], und vom 9. November 2017 – 1 [X.], [X.]R StGB § 67 Abs. 2 [X.], Absehen 1). Deshalb war die Maßregel aus dem Urteil des [X.]s Dresden vom 24. Juli 2019 aufrechtzuerhalten; die neuerlich angeordnete Maßregel hatte zu entfallen.

Die nicht näher begründete Entscheidung des [X.]s, keinen [X.] eines Teils der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB anzuordnen, ist angesichts der vollstreckungsrechtlichen Besonderheiten im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn hier hat sich eine grundsätzlich auch bei bereits angelaufenen therapeutischen Maßnahmen aus einer früheren Maßregelanordnung neu zu treffende (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. November 2017 − 1 [X.], aaO; vom 23. November 2017 − 4 [X.], [X.], 526 f.; vom 13. November 2018 – 3 [X.], NStZ-RR 2019, 208 f.) Anordnung über die Vollstreckungsreihenfolge von Strafe und Maßregel ausnahmsweise erübrigt, weil sich ein zulässiger [X.] durch die über siebenmonatige Untersuchungshaft, die der Angeklagte in dem dem Urteil des [X.]s Dresden vom 24. Juli 2019 zugrundeliegenden Verfahren erlitten hatte, bereits erledigt hat (vgl. [X.], Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 5 [X.], [X.], 233; [X.], StGB, 67. Aufl., § 67 Rn. 9a mwN).

6. Da das unbeschränkte Rechtsmittel des Angeklagten nur zu einer geringen Änderung des angefochtenen Urteils führt, ist eine Kostenermäßigung nach § 473 Abs. 4 StPO nicht veranlasst.

[X.]     

      

Berger     

      

Köhler

      

Resch     

      

von Häfen     

      

Meta

5 StR 435/20

25.11.2020

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dresden, 24. Juni 2020, Az: 425 Js 40290/19 (2) - 16 KLs

§ 33 BtMG, § 73 StGB, §§ 73ff StGB, § 73c StGB, § 74 Abs 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2020, Az. 5 StR 435/20 (REWIS RS 2020, 1517)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1517

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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