Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11.12.2012, Az. 8 B 58/12

8. Senat | REWIS RS 2012, 580

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Vertretungszwang für Richterablehnungsgesuch; zur unzulässigen Umgehung des Vertretungszwangs


Leitsatz

1. Vor dem Bundesverwaltungsgericht muss sich ein Kläger auch für ein Richterablehnungsgesuch (§ 54 Abs. 1 VwGO) durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen.

2. Es stellt eine unzulässige Umgehung des Vertretungszwangs (§ 67 Abs. 4 VwGO) dar, wenn der Prozessbevollmächtigte zur Begründung des Ablehnungsgesuchs pauschal auf beigefügte Schreiben des Antragstellers Bezug nimmt, ohne dabei erkennen zu lassen, dass er selbst eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Vorgebrachten vorgenommen und dieses sich zu eigen gemacht hat.

Gründe

I.

1

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren haben die Kläger die vier im Tenor der Entscheidung genannten [X.]innen und [X.] wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

2

Die Kläger wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2012 ergangenen Urteil des [X.] (2 K 544/11 Ge). Dieses hat dem mit ihrer Klage verfolgten Begehren teilweise stattgegeben und die Regelung unter Ziffer 3 des Widerspruchsbescheides des [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 2006 aufgehoben. Darin war festgestellt worden, dass u.a. die Beigeladenen hinsichtlich näher bezeichneter Miteigentumsanteile an dem Grundstück in [X.], ..., Flur ..., Flurstück ..., bestimmte Zahlungsansprüche nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG haben.

3

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 8. September 2012 haben die Kläger zunächst den Vizepräsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.] sowie die [X.]innen am [X.] und [X.]. "wegen Besorgnis der Befangenheit" abgelehnt. Zur Begründung der Anträge hat der Prozessbevollmächtigte auf die "anliegenden Anträge der Beschwerdeführer" Bezug genommen.

4

Mit Schriftsatz vom 6. November 2012 hat der Prozessbevollmächtigte ergänzend vorgetragen, die abgelehnten [X.] und [X.]innen hätten versucht, "die weitere [X.]in des 8. Senats am [X.], Frau [X.], als gesetzliche [X.]in rechtswidrig in den [X.] entscheiden lassen zu wollen", obwohl durch den Gesetzgeber bestimmt sei, "dass dann, wenn der 8. Senat am [X.] nicht beschlussfähig ist, ein anderer Senat am [X.] die Aufgaben des gesetzlichen [X.]s in den [X.] wahrzunehmen hat." In einem beigefügten Schreiben vom 6. November 2012 heißt es, die [X.]in am [X.] [X.] sei "in den anliegend übergebenen Stellungnahmen (zu den dienstlichen Äußerungen der abgelehnten [X.]) wegen Besorgnis der Befangenheit ebenfalls abgelehnt".

5

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze und die beigefügten Schreiben der Kläger verwiesen.

6

Zu dem Gesuch der Kläger auf Ablehnung des Vizepräsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.] und der [X.]innen [X.], [X.]. und [X.] sind deren dienstliche Äußerungen eingeholt worden.

7

Die Beigeladenen halten die [X.] der Kläger für offensichtlich missbräuchlich, weil die vorgetragenen Umstände eine Besorgnis der Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen könnten.

II.

8

1. Über die Anträge auf Ablehnung des Vizepräsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.] sowie der [X.]innen am [X.], [X.]. und [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit hat der Senat gemäß § 54 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne Mitwirkung der abgelehnten [X.] und [X.]innen in der bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung vorgesehenen Besetzung von drei [X.]n zu entscheiden (§ 10 Abs. 3 [X.]).

9

Der Senat entscheidet hier in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung unter Mitwirkung von [X.] am [X.] Dr. D. (als Vertreter des abgelehnten Vizepräsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.]) sowie des [X.]s am [X.] G. und der [X.]in am [X.] S., die als Angehörige des [X.] an die Stelle der abgelehnten beisitzenden [X.]innen des 8. Senats [X.] und [X.]. sowie [X.] treten, da nicht genügend beisitzende [X.] des 8. Senats als Vertreter zur Verfügung stehen (Abschnitt [X.]. 1. Satz 2 des [X.] des [X.] für das [X.]).

3. Die [X.] haben keinen Erfolg. Sie sind bereits unzulässig.

Gemäß § 67 Abs. 4 [X.] müssen sich die Beteiligten vor dem [X.], außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Nur ein als Bevollmächtigter Zugelassener kann wirksam prozessuale Erklärungen abgeben und Rechtshandlungen vornehmen. Das gilt für alle Verfahren vor dem [X.], auch für [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 28. November 2008 - 5 [X.] -, NJW 2009, 387 m.w.[X.]; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., 2010, § 54 Rn. 17; [X.]/[X.], [X.], 18. Aufl. 2012, § 67 Rn. 32 m.w.[X.]; anderer Auffassung [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2010, § 54 Rn. 100).

Zwar normiert § 54 Abs. 1 [X.], dass für die Ausschließung und Ablehnung der [X.] §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung entsprechend gelten; § 44 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO eröffnet für seinen Anwendungsbereich die Möglichkeit, das Ablehnungsgesuch vor der Geschäftsstelle des Gerichts, dem der abgelehnte [X.] angehört, zu Protokoll zu erklären. Schon auf der Grundlage des bis zum 30. Juni 2008 geltenden Rechts war diese vermeintliche Ausnahme von dem [X.] für Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht und dem [X.] jedoch umstritten (ablehnend: [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl. 2007, § 67 Rn. 26; differenzierend: [X.], in: [X.]/[X.] , [X.], 2. Aufl. 2006, § 67 Rn. 77 und Rn. 78). Jedenfalls seit der Neufassung des § 67 [X.] durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 ([X.] [X.]) ist jedoch für eine Verdrängung der Vorschrift des § 67 Abs. 4 [X.] durch § 44 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO in Verfahren vor dem [X.] kein Raum mehr. Die für die Zivilgerichte geltende Vorschrift des § 44 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO ist nach der Regelung in § 54 Abs. 1 [X.] auf verwaltungsgerichtliche Verfahren lediglich "entsprechend" anzuwenden. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift kommt jedoch von vornherein nicht in Betracht, soweit in der Verwaltungsgerichtsordnung u.a. für Verfahren vor dem [X.] eine anderweitige ausdrückliche Regelung getroffen worden ist. Dies ist in der [X.] des § 67 Abs. 4 [X.] geschehen, der ausdrücklich vorschreibt, dass sich die Beteiligten vor dem [X.], außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen müssen. Der Wortlaut der Vorschrift nimmt lediglich Prozesskostenhilfeverfahren vom [X.] aus. In allen übrigen Verfahren ist eine solche Ausnahme gerade nicht vorgesehen. Damit ist eine erkennbar abschließende Bestimmung getroffen (vgl. dazu u.a. [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl. 2010, § 67 Rn. 7 m.w.[X.]). Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte der Regelung. In den Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, Begründung, BT-Drucks. 16/3655 [X.], Zu § 67 Abs. 4 [X.]) heißt es:

"Die Vorschrift regelt die Vertretungsbefugnis vor den Oberverwaltungsgerichten und dem [X.] in Anlehnung an das geltende Recht neu. Eine Ausnahme vom [X.] vor diesen Gerichten besteht nach Satz 1 nur in Prozesskostenhilfeverfahren. In allen übrigen Angelegenheiten, insbesondere bei der Abgabe von weitreichenden Prozesshandlungen wie etwa Erledigungserklärungen und Rechtsmittelrücknahmen, besteht künftig [X.]. Gleiches gilt für Streitwert- und Kostenbeschwerden."

Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber im Verlaufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens hiervon Abstand genommen hat. Damit wurde erkennbar eine abschließende Bestimmung über das Verfahren getroffen, die auch für eine entsprechende Anwendung des § 78 Abs. 3 ZPO auf der Grundlage des § 173 Satz 1 [X.] keinen Raum lässt. Ebensowenig rechtfertigt die durch § 147 Abs. 1 Satz 2 [X.] vorgenommene Klarstellung, wonach eine von § 146 [X.] statthafte Beschwerde u.a. zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden kann (Satz 1) und § 67 Abs. 4 [X.] davon unberührt bleibt (Satz 2), einen Umkehrschluss. Vielmehr macht sie gerade deutlich, dass im Verwaltungsprozess der Grundsatz nicht gilt, wonach [X.], die zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle - also in der Terminologie des § 44 Abs. 4 Halbs. 2 ZPO "vor der Geschäftsstelle zu Protokoll" - erklärt werden können, allein deshalb von dem [X.] des § 67 Abs. 4 [X.] ausgenommen sind (so zu Recht [X.], Beschluss vom 28. November 2008 a.a.[X.] Rn. 3). Hätte der Gesetzgeber einen derartigen Grundsatz anerkennen wollen, so hätte er im Zuge der zum 1. Juli 2008 in [X.] getretenen Angleichung der [X.] verschiedener Prozessordnungen unmittelbar in § 67 [X.] eine dem § 78 Abs. 3 ZPO entsprechende Vorschrift aufgenommen, so wie dies etwa in § 11 Abs. 4 Satz 1 ArbGG geschehen ist. Dort wird ausdrücklich - anders als in § 67 Abs. 4 [X.] bestimmt, dass sich die Parteien

vor dem [X.] und dem [X.], "außer im Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten [X.] und bei Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen" müssen (vgl. dazu Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, Begründung, BT-Drucks. 16/3655 [X.], Zu Abs. 4).

Durch § 54 Abs. 1 [X.] wird schon nach dem Wortlaut eine entsprechende Geltung zivilprozessualer Vorschriften über den [X.] (einschließlich derjenigen des § 78 Abs. 3 ZPO) nicht angeordnet.

Für die Auslegung, dass vor dem [X.] auch für [X.] (§ 54 Abs. 1 [X.]) der [X.] nach § 67 Abs. 4 [X.] gilt, spricht auch der Zweck der Vorschrift. Sie dient ersichtlich dem Zweck des Vertretenen und dem Interesse an einer geordneten Rechtspflege, insbesondere einem geordneten Gang des Verfahrens, dessen Vereinfachung, Beschleunigung und Sachlichkeit. Der [X.] fördert bei typisierender Betrachtung eine sachkundige Erörterung des Streitfalls, vor allem der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, vor dem [X.]. Dies ist vor allem bei Prozessparteien von Bedeutung, denen es an hinreichenden Rechtskenntnissen und der Bereitschaft zur sachlichen und strukturierten Erörterung der maßgeblichen Rechtsfragen mangelt.

Die Kläger haben zwar ihre [X.] durch ihren Prozessbevollmächtigten eingereicht. Es stellt aber eine unzulässige Umgehung des § 67 Abs. 4 [X.] dar, wenn seitens des bevollmächtigten Prozessbevollmächtigten pauschal auf beigefügte Schreiben Bezug genommen wird, die die von ihm vertretenen Beteiligten oder ein Dritter verfasst haben. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Zweck des [X.]s nach § 67 Abs. 4 [X.]. Danach muss erkennbar sein, dass der Prozessbevollmächtigte sich die von ihm vorgetragenen oder vorgelegten Ausführungen seiner Mandanten zu eigen gemacht hat. Sein schriftsätzliches Vorbringen muss erkennen lassen, dass er selbst eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des vorgebrachten Streitstoffs vorgenommen hat (vgl. dazu u.a. Beschluss vom 6. September 1965 - BVerwG 6 [X.] 57.63 - [X.] 310 § 139 [X.] Nr. 21 = BVerwGE 22, 38 <39>; [X.]/[X.], [X.], 18. Aufl. 2012, § 67 Rn. 40 m.w.[X.]; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl. 2010, § 67 Rn. 12 m.w.[X.]). Daran fehlt es hier.

Die in den Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten der Kläger erfolgten pauschalen Bezugnahmen auf beigefügte [X.] und Stellungnahmen, die nicht er selbst, sondern die Kläger unter eigenem Namen verfasst und persönlich unterzeichnet haben, genügen den dargelegten Anforderungen des § 67 Abs. 4 [X.] nicht. Das schriftsätzliche Vorbringen lässt sowohl nach seiner Form als auch nach seinem Inhalt die dem Prozessbevollmächtigten obliegende eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des vorgebrachten Streitstoffs nicht erkennen. Es genügt nicht den dargelegten Anforderungen an ein beim [X.] eingereichtes Ablehnungsgesuch, wenn der Prozessbevollmächtigte - wie hier - vorträgt, "die Begründung der Anträge" erfolge "in den anliegenden Anträgen der Beschwerdeführer". Denn damit wird nicht erkennbar gemacht, dass er sich entsprechend dem Zweck des § 67 Abs. 4 [X.] das Vorbringen der von ihm vertretenen Mandanten nach eigenständiger Sichtung, Prüfung und rechtlicher Durchdringung zu eigen gemacht hat. Dabei kann offen bleiben, ob diese Vorgehensweise des Prozessbevollmächtigten darauf beruht, dass er sich damit von den Ausführungen seiner Mandanten unausgesprochen distanzieren wollte oder ob er zwecks Zeit- und Arbeitsersparnis oder aus anderen Gründen von einer eigenständigen rechtlichen Durchdringung und strukturierten Darstellung des Streitstoffs und des Anliegens der Kläger Abstand genommen hat. Entscheidend ist, dass sein schriftsätzliches Vorbringen den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

Unabhängig davon haben die [X.] auch deshalb keinen Erfolg, weil sie nur auf Umstände Bezug nehmen, die die Besorgnis der Befangenheit gegenüber den [X.] unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können.

Nach § 54 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines [X.]s wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des [X.]s zu rechtfertigen. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit verlangt dagegen nicht, dass der [X.] oder die [X.]in tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Allein die subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 5. Dezember 1975 - BVerwG 6 [X.] 129.74 - [X.] 448.0 § 34 [X.] 48 = BVerwGE 50, 36 <38 f.>).

Die Mitwirkung eines [X.]s oder einer [X.]in an einem anderen Gerichtsverfahren des die Ablehnung aussprechenden Beteiligten oder die Mitwirkung an einer früher ergangenen und für den Beteiligten ungünstigen oder ihn enttäuschenden Entscheidung vermag die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht zu begründen. Der Gesetzgeber hat in § 54 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 41 Nr. 6 ZPO abschließend geregelt, in welchen Fällen ein [X.] aufgrund vorheriger richterlicher Tätigkeit ausgeschlossen ist. In den dort nicht erwähnten Fällen setzt der Gesetzgeber voraus, dass der [X.] grundsätzlich annehmen wird und muss, dass der [X.] seiner Pflicht zur unbefangenen Entscheidung genügt. Um dennoch in diesen Fällen die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen, müssen besondere Umstände hinzutreten, da anderenfalls ein gesetzlich nicht vorgesehener Ausschließungsgrund geschaffen würde. Die Besorgnis der Befangenheit muss durch genaue Bezeichnung bestimmter Tatsachen dargelegt werden. [X.] Anlass zu einem aus einer Vorbefassung hergeleitetem Misstrauen eines Beteiligten gegen die Unparteilichkeit eines [X.]s oder einer [X.]in besteht erst dann, wenn sich aufgrund besonderer zusätzlicher Umstände der Eindruck einer unsachlichen, durch Voreingenommenheit oder gar Willkür geprägten Einstellung des [X.]s oder der [X.]in aufdrängt ([X.], Beschluss vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009, 581 - juris Rn. 14; [X.]/[X.] a.a.[X.] § 54 Rn. 13 m.w.[X.]).

Eine Besorgnis der Befangenheit ist auch dann nicht dargetan, wenn das Ablehnungsgesuch damit begründet wird, die abgelehnten [X.] hätten in einer früheren Entscheidung eine Rechtsansicht vertreten, die von dem [X.] nicht geteilt oder für rechtsirrig gehalten wird. Nach § 54 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 42 ZPO gilt der Grundsatz, dass ein von der Prozessordnung gedecktes Verhalten des [X.]s, das der sachgemäßen Behandlung des anhängigen Rechtsstreits dient, ein Ablehnungsgesuch regelmäßig nicht begründen kann. Dies gilt selbst dann, wenn die dem zugrunde liegende Rechtsansicht objektiv falsch ist. Die Besorgnis der Befangenheit ist nach den genannten Vorschriften erst dann gerechtfertigt, wenn sich in der Verfahrensweise des [X.]s eine unsachliche oder gar von Willkür geprägte Einstellung äußert ([X.], Beschluss vom 24. Februar 2009 a.a.[X.]).

Anhaltspunkte, aus denen sich ergäbe, dass vom Standpunkt der Kläger aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, in diesem Sinne an der Unparteilichkeit der abgelehnten [X.] und [X.]innen zu zweifeln, lassen sich weder dem schriftsätzlichen Vorbringen des Prozessbevollmächtigten noch den Ausführungen der Kläger entnehmen. Denn in den [X.]n und ihrer Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die abgelehnten [X.]/[X.]innen Prof. Dr. [X.] sowie [X.] und [X.]. hätten über die gemäß § 152a [X.] geführte Anhörungsrüge der Kläger vom 4. April 2011 - [X.]. BVerwG 8 [X.] 3.11 - am 17. Juni 2011 "abschlägig entschieden" und so den Klägern sowohl in dem "[X.]" und auch zuvor "als direkt mitgewirkt habende" [X.]innen und [X.] "im Hauptverfahren 8 [X.] 6.10 BVerwG, geführt nach dem InVorG, das rechtliche Gehör in schwerwiegend entscheidungserheblicher Weise" verweigert. Mit Tatsachen nachvollziehbar begründet oder gar glaubhaft gemacht (§ 54 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 44 Abs. 2 ZPO) wird dies nicht. Ferner wird pauschalierend vorgetragen, die abgelehnten [X.] hätten insbesondere die von ihnen bestrittene Aktivlegitimation und das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerinnen im Verfahren BVerwG 8 [X.] 6.10 (Beigeladene im vorliegenden Verfahren) unzutreffend und fehlerhaft beurteilt und schriftsätzliches Vorbringen der Kläger, die im Verfahren BVerwG 8 [X.] 6.10 beigeladen waren, nicht oder nur unzureichend zur Kenntnis genommen; das Urteil des [X.] vom 23. März 2011 im Verfahren BVerwG 8 [X.] 6.10 weise insgesamt "eine Fülle widersprüchlicher und sich teilweise ausschließender Entscheidungen" auf. Damit kritisieren die Kläger die von den abgelehnten [X.] und [X.]innen in jenen Verfahren vertretenen Rechtsauffassungen und bringen zum Ausdruck, dass sie diese für verfehlt halten. Es werden jedoch keine Tatsachen vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht, aus denen sich ergäbe, dass die abgelehnten [X.] und [X.]innen in den angesprochenen Verfahren eine Verfahrensweise an den Tag gelegt hätten, in der eine unsachliche oder gar von Willkür geprägte Einstellung zum Ausdruck gekommen wäre.

Auch das gegen die [X.]in am [X.] [X.] gerichtete Ablehnungsgesuch hat keinen Erfolg. Soweit ersichtlich ist es allein auf die Rechtsauffassung der Kläger gestützt, die [X.]in habe an dem Verfahren zur Vorbereitung der gerichtlichen Entscheidung über die [X.] schon deshalb nicht mitwirken dürfen, weil sie dem 8. Senat des [X.] angehört; zu einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch sei "ein anderer Senat des [X.]" berufen oder zu bestimmen. Dabei verkennen die Kläger die prozessrechtliche Lage. Über ein Ablehnungsgesuch entscheidet nach § 54 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO das Gericht, beim [X.] mithin also der Senat, dem der oder die Abgelehnte angehört. Der abgelehnte [X.] oder die abgelehnte [X.]in wirkt an der Entscheidung nicht mit, es sei denn, das Ablehnungsgesuch ist rechtsmissbräuchlich (vgl. dazu u.a. [X.], Beschlüsse vom 22. Februar 1960 - 2 BvR 36/60 - [X.]E 11, 1 <3> und vom 2. November 1960 - 2 BvR 473/60 - [X.]E 11, 343 <348>; BVerwG, Beschlüsse vom 18. Juli 1972 - BVerwG 2 [X.]/2 [X.] 16.71 - [X.] 310 § 54 [X.] Nr. 10, vom 28. September 1982 - BVerwG 2 [X.]B 35.80 - [X.] 310 § 54 [X.] Nr. 30, vom 31. Oktober 1994 - 8 [X.] - [X.] 310 § 54 [X.] Nr. 51 und vom 14. November 2012 - BVerwG 2 KSt 1.11 - juris). An die Stelle des abgelehnten [X.]s oder der abgelehnten [X.]in tritt der jeweilige Vertreter oder die Vertreterin. Wer dies ist, bestimmt sich nach dem Geschäftsverteilungsplan. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des [X.] für das [X.] wird der Vorsitzende eines Senats von seinem im Geschäftsverteilungsplan bestimmten regelmäßigen Vertreter vertreten (Abschnitt [X.]. II.); die beisitzenden [X.] vertreten einander innerhalb der Senate gemäß dem nach § 4 [X.] i.V.m. § 21 g GVG zu treffenden Beschluss des Senats (Abschnitt [X.]. III.1. Satz 1). Nur für den Fall, dass bei Verhinderung nicht genügend beisitzende [X.] eines Senats als Vertreter zur Verfügung stehen, werden nach der Regelung in Abschnitt [X.]. III.1. Satz 2 des [X.] des [X.] die beisitzenden [X.] des [X.] durch die beisitzenden [X.] des [X.] vertreten, wobei sich die Reihenfolge nach dem Geschäftsverteilungsplan des Vertretungssenats bestimmt. Danach war, soweit sich das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen die beisitzenden [X.]innen [X.] und [X.]. richtete, die [X.]in am [X.] [X.] berufen, als Vertreterin und Berichterstatterin eine Entscheidung über das Ablehnungsgesuch vorzubereiten. Aus dem gegen sie gerichteten Ablehnungsgesuch der Kläger ergibt sich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt, aus welchem Grunde sich aus der Wahrnehmung dieser Vertretungsaufgabe oder aus einem anderen Umstand eine Besorgnis der Befangenheit der [X.]in [X.] ergeben könnte.

Meta

8 B 58/12

11.12.2012

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Gera, 28. März 2012, Az: 2 K 544/11 Ge, Urteil

§ 147 Abs 1 VwGO, § 54 Abs 1 VwGO, § 58 Abs 1 VwGO, § 67 Abs 4 VwGO, § 42 Abs 2 ZPO, § 44 Abs 1 ZPO, § 78 Abs 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11.12.2012, Az. 8 B 58/12 (REWIS RS 2012, 580)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 580

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2 KSt 1/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Entscheidung über Befangenheitsgesuch; Zuständigkeit; rechtsmissbräuchliches Befangenheitsgesuch


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