Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2020, Az. VI ZR 367/19

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11363

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:300720UVIZR367.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

30. Juli 2020

Olovcic

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 826 E, [X.], H
a)
Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen hatte und ob der
Vorstand hiervon Kenntnis hat-te.
b)
Auf den Schutzzweck der §§
6, 27 Abs.
1 [X.] und der zur vollständigen [X.]rmonisierung der technischen Anforderungen für Fahrzeuge erlassenen Rechtsakte der [X.] kommt es im Rahmen des Schadenser-satzanspruchs aus § 826 BGB nicht an.
[X.], Urteil vom 30. Juli 2020 -
VI [X.] -
O[X.]

[X.]

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-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
21. Juli 2020
durch den
Vorsitzenden [X.], die Richterinnen von
Pentz und Dr. [X.] sowie die Richter [X.] und Dr. Allgayer
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 13.
August 2019 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt den beklagten Fahrzeughersteller auf Schadensersatz wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die [X.] in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 4.
April 2013 von einem Autohaus einen ge-brauchten, von der [X.] hergestellten PKW [X.] 2.0 [X.] zu einem Preis von 21.500

189, Schadstoffnorm [X.]
5, ausgestattet. Das im Jahr 2009 erstmals zugelassene Fahrzeug wies bei Erwerb durch den Kläger einen Kilometerstand von 85.000
km
und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung ei-nen solchen von 170.585
km
auf.
Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmi-1
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gung nach der Verordnung ([X.]) Nr.
715/2007 mit der Schadstoffklasse [X.]
5 erteilt.
Die das Abgasrückführungsventil steuernde Software des Motorsteue-rungsgeräts erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem [X.] (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Falle in den [X.] 1, einen Stickoxid-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem [X.] statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des [X.] schaltet der Motor dagegen in den [X.]
0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der [X.] höher ist. Für die Erteilung der Typgenehmigung der Emissionsklasse [X.]
5 maßgeblich war der [X.] auf dem [X.].
Die Stickoxidgrenzwerte der [X.] 5-Norm wurden nur im Abgasrückfüh-rungsmodus
1 eingehalten.
Das [X.] ([X.]) erkannte in der genannten [X.] unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von
Art.
5 Abs.
2 Satz
1 der [X.] ([X.]) Nr.
715/2007 des [X.]päischen Parlaments und des Rates vom 20.
Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen ([X.] 5 und [X.] 6) und über den Zugang zu Reparatur-
und Wartungsinformationen für Fahrzeuge und ordnete Mitte Oktober 2015 einen Rückruf an, der auch das Fahrzeug des [X.] betraf. Die Beklagte entwickelte daraufhin ein Software-Update, das das [X.] als geeignet zur Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit auch
des hier streitgegenständlichen Fahrzeugtyps ansah.
Der Kläger ließ das Software-Update im Februar 2017 durchführen.
Mit Schreiben vom 22.
September 2017 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zum Ersatz des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung 3
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von maximal 5
Cent pro gefahrenem Kilometer Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs auf. Mit seiner Klage begehrt er im Wesentlichen die Zahlung von 17.620,60

Prozentpunkten über dem [X.] seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übereignung und Herausga-be des Fahrzeugs.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hatte keinen Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision ver-folgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen dem Kläger keine Scha-densersatzansprüche gegen die Beklagte zu. Ansprüche aus §
823 Abs.
2 BGB i.V.m. §
263 StGB schieden aus, weil der Kläger weder die Begehung eines der [X.] zurechenbaren Betrugs noch das Vorhandensein eines ihm zu er-stattenden Schadens schlüssig dargelegt habe. Es fehle an ausreichendem Vortrag dazu, wer aus dem in Betracht kommenden Täterkreis den vom Kläger angenommenen [X.] verwirklicht habe. Unzureichend sei insbe-sondere der Vortrag, es sei davon auszugehen, dass der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter der [X.] die Anordnung getroffen habe, die streitgegenständliche Software in den Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs einzubauen. Hierbei handele es sich um eine durch keine Tatsachen unterlegte Vermutung des [X.], der die Verwirklichung des Tatbestands durch eine oder mehrere dem [X.] des §
31 BGB zuzurechnende Personen habe darlegen müssen. Dem 6
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Kläger kämen auch die Grundsätze der sekundären Darlegungslast nicht zugu-te mit der Folge, dass die
Beklagte
keine Angaben zur Entwicklung und Installa-tion der Steuerungssoftware
und zur Kenntnis von Vorstandsmitgliedern oder leitenden Mitarbeitern hiervon machen müsse. Unabhängig davon habe der Kläger auch das Vorliegen eines Schadens nicht dargelegt. Zwar sei das Fahr-zeug infolge des Einbaus der [X.] Software zum
Zeitpunkt des Kaufvertrags mit dem Risiko behaftet gewesen, die Zulassung zu verlieren. Der hierin liegende Schaden sei aber dadurch entfallen, dass die [X.] durch das Software-Update hergestellt worden sei.
Der geltend gemachte Ersatzanspruch ergebe sich auch nicht aus §
826
BGB. Dies gelte unabhängig von der Frage, ob der Kläger ein vorsätzlich sit-tenwidriges Verhalten der [X.] mit Substanz dargelegt habe. Denn auch insoweit habe der Kläger nicht dargetan, welche Person aus dem Kreise der in §
31 BGB Genannten sich in dieser Weise verhalten
habe. Abgesehen davon
fehle es an dem erforderlichen Schaden
des [X.]. Zwar schütze §
826 BGB im Gegensatz zu §
823 Abs.
2 BGB i.V.m. §
263 StGB auch die Dispositions-freiheit
der
Vertragsschließenden. Gleichwohl könnten spätere Veränderungen, die -
wie hier das Software-Update -
zum Wegfall
des Schadens führten, nicht außer Betracht bleiben. Schließlich falle der geltend gemachte Schaden auch nicht unter den Schutzzweck des §
826 BGB. Der Schutzzweck der hier allein als
verletzt
in Betracht kommenden Bestimmungen in §§
6, 27 Abs.
1 [X.] und die ihnen zugrundeliegenden europarechtlichen Vorschriften dienten nicht dem Schutz individueller Interessen, sondern ausschließlich Interessen des Gemeinwohls.
Ansprüche aus §
831 BGB kämen schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger Tathandlungen, die ein als Verrichtungsgehilfe einzustufender Mitar-beiter der [X.] begangen haben sollte, nicht behauptet habe.
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II.
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzan-spruch des [X.] wegen vorsätzlicher
sittenwidriger Schädigung aus §
826 BGB nicht verneint werden.
1.
Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des [X.], ein Anspruch aus § 826 BGB scheide bereits deshalb aus, weil der Kläger nicht substantiiert dargelegt habe, welche konkrete Person, deren [X.]ndeln sich die Beklagte gemäß § 31 BGB zurechnen lassen müsste, den deliktischen Tatbestand verwirklicht habe.
a)
Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob im Unternehmen
der [X.] im Zusammenhang mit der Verwendung der unzulässigen Motorsteue-rungssoftware
vorsätzlich sittenwidrig
gehandelt wurde. Mangels
abweichender Feststellungen ist
für die revisionsrechtliche Überprüfung
deshalb der
im Beru-fungsurteil wiedergegebene und
dort konkret in Bezug genommene tatsächliche Vortrag des [X.] zu unterstellen. Danach hat
die Beklagte bewusst und ge-wollt einen Mechanismus zur aktiven Unterdrückung der tatsächlichen Schad-stoffemissionen im für die Betriebsgenehmigung des Fahrzeugs relevanten Prüfmodus entwickelt, in unzählige Fahrzeuge eingebaut und die damit verse-henen Fahrzeuge in den Verkehr gebracht, um durch verfälschte Messergeb-nisse die Kaufentscheidungen von potentiellen Kaufinteressenten manipulie-rend zu beeinflussen
und dadurch Kosten zu sparen, sich einen Wettbewerbs-vorteil zu verschaffen und ihren Umsatz zu steigern.
Auf Seite 4 der vom Beru-fungsgericht
konkret in Bezug genommenen Berufungsbegründung hat sich der Kläger darüber hinaus u.a. die Feststellungen des [X.]s Krefeld in sei-nem Urteil vom 28. Februar 2018 (7 O 10/17, juris Rn. 43)
wörtlich zu eigen 10
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gemacht, wonach die Beklagte mit der illegalen Abschalteinrichtung ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbe-hörden und den Verbrauchern geschaffen
habe, um sich
einen Wettbewerbs-vorteil zu verschaffen
oder sich wettbewerbsfähig zu halten, weil sie
entweder nicht über eine Technik verfügt
habe, um die gesetzlichen Abgasvorschriften einzuhalten, oder aus Gewinnstreben den Einbau der ansonsten notwendigen Vorrichtungen unterlassen habe.
Ein derartiges Verhalten ist im Verhältnis zum Kläger, der ein
mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenes Fahrzeug in Unkenntnis dieses Umstands erworben hatte,
als objektiv
und subjektiv
sittenwidrig zu bewerten
und
steht [X.] einer unmittelbaren arglistigen Täuschung
des Klä-gers
gleich
(vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 25. Mai 2020 -
VI [X.], [X.], 1179 Rn. 16 ff., 23, 25).
b)
Angesichts dieses [X.] durfte das Berufungsgericht -
wie die Revision mit Erfolg rügt -
vom Kläger keinen näheren Vortrag dazu verlangen, welche konkrete bei der [X.] tätige Person ein entsprechendes sittenwid-riges Verhalten an den Tag gelegt hat.
aa) Zwar trägt im Grundsatz derjenige, der einen Anspruch aus § 826 BGB geltend macht, die volle Darlegungs-
und Beweislast für die [X.] Tatsachen. Bei der Inanspruchnahme einer juristischen Person
hat der Anspruchsteller dementsprechend auch darzulegen und zu beweisen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 BGB)
die objektiven und sub-jektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat (vgl. Se-natsurteile vom 25. Mai 2020 -
VI [X.], [X.], 1179 Rn. 35; vom 28. Juni
2016 -
VI [X.], [X.], 1975 Rn. 27).
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Dieser Grundsatz erfährt aber eine Einschränkung, wenn die primär dar-legungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis von den maßgeblichen Umstän-den und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer mög-lich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. In diesem Fall trifft den [X.] eine sekundäre Darlegungslast, im Rahmen derer es ihm auch ob-liegt, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. [X.] er seiner sekundä-ren Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers nach §
138 Abs.
3 ZPO als zugestanden (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2020 -
VI [X.], [X.], 1179 Rn. 37 ff. mwN).
bb) Nach diesen Grundsätzen traf
die Beklagte
die sekundäre Darle-gungslast
hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung bei der [X.] getroffen hatte und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte.
(1) Wie die Revision mit Erfolg rügt, hat der Kläger konkrete Anhalts-punkte dafür vorgetragen, dass diese Entscheidung von den für die For-schungs-
und Entwicklungsaktivitäten der [X.] verantwortlichen vormali-gen Vorständen, wenn nicht selbst, so zumindest
mit ihrer Billigung getroffen bzw. jahrelang umgesetzt worden ist. Die Revision verweist zu Recht auf den -
im Berufungsurteil wiedergegebenen und dort konkret in Bezug genommenen -
Vortrag des [X.], wonach wenigstens eine leitende Person aus dem [X.], zumindest jedoch ein verfassungsmäßig berufener Vertreter die Ent-scheidung zum Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen oder diese zumindest gebilligt habe. Die Motorsteuerungssoftware sei von Anfang an mit dem Ziel entwickelt und eingesetzt worden, die Abgaswerte am Prüfstand zu manipulieren. Angesichts der Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge und der damit verbundenen weitreichenden Konsequenzen sei davon auszugehen, 17
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dass diese Entscheidung auf Vorstandsebene getroffen, dort aber jedenfalls gebilligt worden sei. Es sei unwahrscheinlich, dass ein einfacher Ingenieur der-artige Entscheidungen selbstständig treffe.
Angesichts der Tatsache, dass die Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung
die grundlegende strategische
Frage betrifft, mit Hilfe welcher technischen Lösung die Beklagte die Einhaltung der -
im Verhältnis zu dem zuvor geltenden Recht strengeren -
Stickoxidgrenzwerte der [X.] 5-Norm sicherstellen wollte,
sind die entsprechenden Behauptungen des [X.] nicht
von der [X.]nd zu weisen.
(2) Die Revision weist auch zu Recht darauf
hin, dass der Kläger inso-weit außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachver-halt von sich aus nicht ermitteln kann. Die Fragen, wer die Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung bei der [X.] getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte, betreffen
unternehmensinterne Abläufe und Entscheidungsprozesse, die sich der Kenntnis und dem Einblick des [X.] entziehen. Demgegenüber war der [X.] Vortrag hierzu mög-lich und zumutbar (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2020 -
VI [X.], [X.], 1179 Rn. 39 ff.).
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann auch der für einen Ersatzanspruch aus § 826 BGB erforderliche Schaden
nicht verneint werden.
a) Das Berufungsgericht hat zwar im Ausgangspunkt zutreffend ange-nommen, dass ein
Schaden
im Sinne des § 826 BGB
auch in einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflich-tung liegen kann. Da der Schadensersatz dazu dient, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen, ist der Schadensbegriff im Ansatz [X.]. Wird jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht, den er sonst nicht geschlossen hätte, kann er auch 19
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bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist. Die Bejahung eines Vermögensschadens unter diesem Aspekt setzt allerdings voraus, dass die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluss als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht
(vgl. Senatsurteil vom 25.
Mai 2020 -
VI [X.], [X.], 1179 Rn. 46
ff.
mwN; [X.], [X.], 933 ff.).
b) [X.] hat das Berufungsgericht
aber
angenommen, ein
un-ter diesem Gesichtspunkt begründeter Schaden sei deshalb entfallen, weil die von dem Kläger gerügte Beeinträchtigung -
die illegale Abschalteinrichtung
-
durch das im Februar 2017 durchgeführte Software-Update beseitigt worden sei.
Liegt der Schaden -
wie das
Berufungsgericht unterstellt -
in einem unter Verletzung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des [X.] [X.] herbeigeführten ungewollten Vertragsschluss, so entfällt dieser Schaden nicht dadurch, dass sich der Wert oder Zustand des Vertragsgegenstandes nachträglich verändern. Diese Umstände führen nicht dazu, dass der [X.] rückwirkend zu einem gewollten wird (vgl. Senatsurteil vom 25.
Mai
2020 -
VI [X.], [X.], 1179 Rn. 58
mwN; [X.], [X.], 933 ff.).
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es auch nicht an dem erforderlichen Schutzzweckzusammenhang
(vgl. dazu Senatsurteile
vom 2.
April 2019 -
VI [X.], [X.]Z 221, 352 Rn. 30; vom 20. Mai 2014 -
VI [X.], [X.]Z 201, 263 Rn. 10).
Der vom Kläger geltend gemachte Schaden fällt nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck des § 826 BGB. 22
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Nach dem mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag des [X.] hat die Beklagte die unzulässige Ab-schalteinrichtung entwickelt, in unzählige Fahrzeuge eingebaut und die damit versehenen Fahrzeuge in den Verkehr gebracht, um durch verfälschte [X.] die Kaufentscheidungen von potentiellen Kaufinteressenten manipu-lierend zu beeinflussen und dadurch Kosten zu sparen, sich einen Wettbe-werbsvorteil zu verschaffen und ihren Umsatz zu steigern; dabei hat
sie ihr [X.] systematisch und planmäßig gegenüber den Aufsichtsbehörden und den Verbrauchern verschleiert. Auf der Grundlage dieses Sachvortrags trifft die Be-klagte das [X.], sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch im [X.] auf die Schädigung aller unwissenden Käufer der mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen
Fahrzeuge. Die
daraus resultierende
Schädi-gung stellt die zwangsläufige Folge des Inverkehrbringens der betroffenen Fahrzeuge dar und liegt unmittelbar in der Zielrichtung des sittenwidrigen [X.]
(vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2020 -
VI [X.], [X.], 1179 Rn. 25).
Auf den Schutzzweck der §§
6, 27 Abs.
1 [X.] und der zur vollstän-digen [X.]rmonisierung der technischen Anforderungen für Fahrzeuge erlasse-nen Rechtsakte der [X.] kommt es im Rahmen des [X.] aus § 826 BGB
entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts nicht an.
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III.
Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Seiters
von Pentz
[X.]

Klein
Allgayer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.07.2018 -
11 O 2675/17 (410) -

O[X.], Entscheidung vom [X.] -
7 [X.] -

25

Meta

VI ZR 367/19

30.07.2020

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2020, Az. VI ZR 367/19 (REWIS RS 2020, 11363)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11363

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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