Bundespatentgericht, Urteil vom 03.12.2024, Az. 3 Ni 7/22 (EP)

3. Senat | REWIS RS 2024, 13436

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent EP 1 632 814
([X.]60 2005 040 129)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.]aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2024 durch den Vorsitzenden Richter Schramm, [X.]und Dipl.-Chem. [X.]sowie die Richterinnen Dipl.-Chem. Dr. Wagner und Dr.-Ing. Philipps

für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 632 814 w-ird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.]teilweise für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung hinausgeht:

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Abbildung

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des aufgrund der Anmeldung vom 5. Juli 2005 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der Anmeldung [X.]914 897 vom 9. August 2004 auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.]in [X.][X.]erteilten europäischen Patents (Streitpatent) 1 632 814 mit der Bezeichnung „Inorganic material surface [X.]transport moiety“ (in [X.]laut Streitpatentschrift: „Mit Ladungstransporteinheiten oberflächengepfropftes anorganisches Material“).

2

Das beim [X.]unter der [X.]2005 040 129.6 geführte Streitpatent betrifft ein oberflächengepfropftes anorganisches Material, das z.B. als Füllmaterial in Schichten wie Ladungstransportschichten oder Grundierungsschichten von Bildgebungseinheiten, beispielweise photosensitiven Einheiten oder Photoleitern für elektrostatographische Geräte eingesetzt werden kann. Das Streitpatent umfasst 6 Patentansprüche, wobei Patentanspruch 1 auf ein oberflächengepfropftes Material, das mit den darauf rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 4 weiter ausgestaltet ist, Patentanspruch 5 auf ein bilderzeugendes Element und Patentanspruch 6 auf ein Verfahren zum Erzeugen eines Bildes gerichtet ist. Die Patentansprüche lauten in der Verfahrenssprache:

Abbildung

Abbildung

Abbildung

3

In [X.]lauten sie laut der Streitpatentschrift:

Abbildung

Abbildung

Abbildung

4

Mit ihrer Nichtigkeitsklage begehrt die Klägerin die vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents wegen fehlender Patentfähigkeit sowie – bezogen auf die [X.]und 5 der Beklagten – widerrechtlicher Entnahme. Die Beklagte verteidigt ihr Patent in der erteilten Fassung sowie jeweils als geschlossene Anspruchssätze in den Fassungen der [X.]bis 5, wegen deren Wortlaut auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 7. November 2024 verwiesen wird.

5

Die Beklagte hat vor dem [X.]zwei [X.]gegen die           [X.]und die [X.]erhoben. Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagte vor dem [X.]eine von diesem mit Urteil vom 19. September 2024 abgewiesene [X.]in Bezug auf das Streitpatent erhoben, mit der sie eine Mitberechtigung am Streitpatent begehrt hat.

6

Beide Parteien haben zur Stützung ihres jeweiligen Vortrags u.a. folgende Druckschriften eingereicht (Nummerierung und Kurzzeichen von den Parteien vergeben):

7

[X.]EP 1 632 814 B1

8

TM1a Prioritätsdokument [X.]10/914897

9

TM4 Römpp Lexikon Chemie, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 10. Auflage, 1998, M-Pk, [X.]3228 – 3230.

[X.]Shoute, [X.]und Loppnow, G. R.: Excited-state dynamics of alizarin-sensitized TiO2 nanoparticles from [X.]spectroscopy. J. Chem. Phys. Vol. 117 (2), 2002, [X.]842-850.

[X.]Matsumura, M. et al.: Chelation Effect of Alizarin Dyes on the Semiconductor-Aqueous Solution Systems. Bulletin of the Chemical Society of Japan, Vol. 49(5), 1976, [X.]1409-1410.

[X.][X.]H09-197701 A

TM7a [X.]Maschinenübersetzung zu TM7

TM8 [X.]2004-126069 A

TM8a [X.]Maschinenübersetzung zu TM8

TM9 Auszug (Kapitel 5) aus Handbook of Print Media: [X.](NIP Technologies), Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 2001, [X.]676 – 758.

[X.][X.]S52-139428

TM12a [X.]Maschinenübersetzung zu TM12

[X.][X.]6 019 834 A

[X.]X … : Dissertation, Elektronentransfer an Farbstoff-Halbleiter-Grenzflächen, [X.]2002, [X.]1-206,

[X.]Fermin, [X.]et al.: Organisation and Reactivity of Nanoparticles at Molecular Interfaces. [X.]Dye Sensitisation of TiO2 [X.]/ 1,2-Dichloroethane Interface. Chemphyschem, Vol. 4, No. 1, 2003, [X.]85-89.

[X.]Rajh, [X.]et al.: Surface Restructuring of Nanoparticles: An [X.]– Metal Oxide Crosstalk. J. Phys. Chem. B, Vol. 106, No. 41, 2002, [X.]10543-10552.

[X.]Huber, [X.]et al.: [X.]Transfer from Sensitizing Dye Molecules to Semiconductor Colloids. J. Phys. Chem. B, Vol. 104, No. 38, 2000, [X.]8995-9003.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Streitpatent wegen fehlender Neuheit (gegenüber TM5, TM6, [X.]bis [X.]und TM21) sowie fehlender erfinderischer Tätigkeit ausgehend von [X.]oder [X.][X.]oder TM6, hinsichtlich der geltenden [X.]5 und 6 auch ausgehend von TM8 i.V.m. [X.]oder [X.]nicht patentfähig sei. Die [X.]seien zudem unzulässig erweitert und gegenüber den Fassungen der [X.]und 5 bestehe zusätzlich infolge widerrechtlicher Entnahme dieser Ausgestaltung der Erfindung auch der [X.]der fehlenden Berechtigung der Beklagten nach Art. 60 EPÜ.

Die Klägerin beantragt,

das [X.]Patent 1 632 814 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.]für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der [X.]bis 5 gemäß Schriftsatz vom 7. November 2024 erhält.

Die Beklagte hält den Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung, zumindest aber in einer der verteidigten Fassungen nach den [X.]für schutzfähig. Darüber hinaus stehe den Fassungen der [X.]auch der [X.]der widerrechtlichen Entnahme nicht entgegen, wofür sie im Wesentlichen ihr Vorbringen bei der [X.]vor dem [X.]wiederholt.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Das Streitpatent ist in der erteilten Fassung gemäß Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 54 EPÜ für nichtig zu erklären, da sein Gegenstand nicht patentfähig ist. Demgegenüber ist die Klage in Bezug auf den Hilfsantrag 3, in dessen Fassung die Beklagte ihr Patent beschränkt verteidigt, unbegründet, da sich der beanspruchte [X.]nach dieser zulässigen Fassung als schutzfähig erweist.

II.

1. Nach den einleitenden Ausführungen in den Absätzen 0001 bis 0015 der Beschreibung des Streitpatents (TM1) betrifft die vorliegende Erfindung ein anorganisches Material, das auf seiner Oberfläche mit Ladungstransporteinheiten gepfropft ist. Wie bereits eingangs ausgeführt, würden solche Materialien z.B. als Füllmaterial in Schichten wie Ladungstransportschichten oder Grundierungsschichten von [X.]wie photosensitiven Einheiten oder Photoleitern für elektrostatographische Geräte dienen, bei denen es sich z.B. um Drucker oder Kopierer handeln könne. Bei dem anorganischen Material könne es sich um Metalloxide handeln. Die Füllmaterialien könnten auch [X.]sein. Durch die gepfropften anorganischen Materialien erhielten die Bildgebungsschichten erhöhte Verschleißfestigkeit wie z.B. Abrasions- und Kratzfestigkeit, eine gute Dispiergierfähigkeit, oder verbesserte elektrische Eigenschaften. Die gepfropften anorganischen Materialien könnten auch in optoelektronischen Vorrichtungen wie Solarzellen oder Sensoren eingesetzt werden.

Elektrophotographische [X.]wie Photorezeptoren oder Photoleiter würden typischerweise eine photoleitende Schicht auf einem elektrisch leitenden Substrat aufweisen oder auf Schichten ausgebildet sein, die zwischen dem Substrat und der photoleitenden Schicht angeordnet seien. Die photoleitende Schicht sei im Dunkeln ein Isolator, sodass elektrische Ladung auf der Oberfläche zurückgehalten würde. Bei [X.]würde die Ladung entfernt und unter Einsatz eines Entwicklers ein Bild auf ein [X.]übertragen und mit diesem verschmolzen.

Viele Bildgebungssysteme würden heute kleine Bildtrommeln verwenden. Diese müssten eine ausgeprägte Langlebigkeit aufweisen, wobei ein Hauptproblem die Abnutzung sei, da die Anzahl der erforderlichen Rotationen mit abnehmender Größe erheblich steige.

Bei kleinen Kopierern und Druckern würden sog. „bias charging rolls (BCR)“ gerne verwendet, da bei diesen wenig oder kein Ozon beim Druckvorgang entstehe. Allerdings würde die entstehende Micro-Corona-Wolke, die bei der Verwendung der [X.]beim Aufladen entstehe, die Oberfläche des Photorezeptors schädigen, sodass die erwünschte Langlebigkeit nicht erfüllbar sei. Das Problem würde auch bei „[X.](BTR)“ auftreten.

Um die Langlebigkeit zu erhöhen, könne ein Schutzüberzug z.B. auf die Oberfläche der Ladungstransportschicht des Photorezeptors aufgebracht werden. Dieser müsse aber viele Anforderungen wie [X.]oder Verschleißfestigkeit erfüllen, außerdem müsse beim Aufbringen der Schicht vermieden werden, dass die darunter liegenden Schichten verändert werden. Eine Möglichkeit für eine Schutzschicht seien Sol-Gel-Hartschichten.

Eine andere Möglichkeit, für eine längere Lebensfähigkeit der Bildtrommeln zu sorgen, sei es, der Transportschicht der photosensitiven Einheit Füllmittel zuzusetzen. Bekannte Füllmittel, die die Verschließfestigkeit erhöhen würden, seien solche mit geringer Oberflächenenergie, vernetzte Polymermaterialien und durch [X.]und Gasphasenhydrolyse erzeugte Metalloxide. Diesen seien aber oft schwierig in [X.]zu erhalten. Größere Partikel hingegen würden das Licht zu viel streuen, was sich wiederum auf die restliche Performance negativ auswirke. Auch führe zuweilen die Dispersion in bestimmten Bindemitteln zu Problemen. Die Porosität der Materialien könnte ebenfalls zu Problemen führen, da sich Gase und Ionen darin anlagern könnten.

Verschiedene Lösungen seien im Stand der Technik bekannt, aus denen ersichtlich sei, dass ein Bedarf für eine verbesserte [X.]mit weniger Kratz-, Mikroriss- und Abrasionsanfälligkeit existiere. Es bestehe auch Bedarf für eine transparente, glattere und abriebfestere Oberfläche. Die elektrische Performance und der Umweltkreislauf sollen verbessert werden. Darüber hinaus bestehe Bedarf an verbesserten Füllstoffen, die eine gute Dispersionsqualität in einem ausgewählten Bindemittel und eine verringerte Partikelporosität aufweisen (vgl. Streitpatent Abs. 0016).

2. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen liegt dem Streitpatent, das selbst nur auf den Bedarf an Verbesserungen hinweist, aber keine eigene Aufgabe formuliert, die objektive Aufgabe zugrunde, verbesserte Materialien bereit zu stellen, die als Füllstoff in Photorezeptor-Oberflächen geeignet sind.

3. Diese Aufgabe soll in der erteilten Fassung mit den nebengeordneten auf ein oberflächengepfropftes Material und ein bilderzeugendes Element gerichteten Erzeugnisansprüchen 1 und 5 sowie dem entsprechenden Verfahrensanspruch 6 gelöst werden. Patentanspruch 1 lässt sich dabei wie folgt gliedern:

1 Oberflächengepfropftes Material,

1.1 umfassend ein anorganisches Material, eine verbindende Gruppe und eine Ladungstransporteinheit, die im Stande ist, Löcher oder Elektronen zu transportieren,

1.1.1 wobei das anorganische Material ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Titandioxid, Aluminiumoxid, Zinkoxid und Mischungen davon;

1.1.2a wobei

- die Ladungstransporteinheit eine Lochtransportkomponente ist

- die Lochtransportkomponente über die verbindende Gruppe auf eine Oberfläche des anorganischen Materials gepfropft ist

- die Lochtransportkomponente ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus N,N'-Diphenyl-N,N'-bis(halogenphenyl)-1,1'-biphenyl-4,4'-diamin, N,N'-Diphenyl-N,N'-bis(alkylphenyl)-1,1-biphenyl-4,4'-diamin, N,N-Diphenyl-(1,1'-biphenyl)-4-amin, N,N-Diphenyl-(alkylphenyl)-amin, 1-Phenyl-3-(4'-diethylamino-styryl)-5-(4"-diethylaminophenyl)pyrazolin, N-Phenyl-N-methyl-3-(9-ethyl)carbazyl-hydrazon, 4-Diethylamino-benzaldehyd-1,2-diphenyl-hydrazon, 2,5-Bis(4-N,N'-diethylaminophenyl)-1,2,4-oxadiazol, und Mischungen davon.

oder

1.1.2b wobei

- die Ladungstransporteinheit eine Lochtransportkomponente ist

- das anorganische Material mit der Lochtransportkomponente über eine verankernde Gruppe oberflächengepfropft ist

- die Lochtransportkomponente die verankernde Gruppe umfasst und ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus

Abbildung

· wobei R24 und R25 unabhängig ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus einem Wasserstoffatom einem [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen, einem cyclischen [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen, einer Alkoxylgruppe mit 1 bis 5 Kohlenstoffatomen, und Halogenatomen;
· R26 und R27 unabhängig ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus einem [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen und einem Aryl mit 6 bis 30 Kohlenstoffatomen;
· n eine Zahl von 0, 1 oder 2 ist;
· L eine zweiwertige Gruppe ist, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem unsubstituierten [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffen, einem substituierten [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen, einem unsubstituierten Arylen mit 6 bis 30 Kohlenstoffen und einem substituierten Arylen mit 6 bis 30 Kohlenstoffatomen,

oder

1.1.2c wobei

- die Ladungstransporteinheit eine Elektronentransportkomponente ist

- das anorganische Material über eine verankernde Gruppe mit der Elektronentransportkomponente oberflächengepfropft ist

- die Elektronentransportkomponente die verankernde Gruppe aufweist und ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus

Abbildung

· wobei R26 und R27 unabhängig ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus einem [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen und einem Aryl mit 6 bis 30 Kohlenstoffatomen;
· R28 und R29 unabhängig ausgewählt sind aus der 30 Gruppe bestehend aus einem [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen und einem Aryl mit 6 bis 30 Kohlenstoffatomen;
· n eine Zahl von 0, 1 oder 2 ist;
· L' eine zweiwertige Gruppe ist, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem unsubstituierten [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffen, einem substituierten [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen, einem unsubstituierten Arylen mit 6 bis 30 Kohlenstoffen und einem substituierten Arylen mit 6 bis 30 Kohlenstoffatomen.

4. Ein Teil der Begriffe bedürfen der Auslegung. Der zuständige Fachmann, ein Chemiker mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Photochemie und mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung von lichtempfindlichen Spezialchemikalien wie Photorezeptoren für Druckverfahren, der in ein Team aus [X.]und [X.]eingebunden ist, wird sie wie folgt verstehen:

a) Die Merkmale [X.]bis 1.1.2c sind jeweils als Alternativen zu verstehen.

b) Das anorganische Material gemäß der Merkmalsgruppe 1.1 und 1.1.1 in Form von Titandioxid, Aluminiumoxid, Zinkoxid und Mischungen ist für jede der Varianten der Merkmale [X.]bis 1.1.2c offenbart. Gemäß Merkmal [X.]wird zwar im [X.]Originaltext mit „wherein [X.]is selected from..:“ das anorganische Material definiert, hierauf wird jedoch gemäß Merkmal 1.1.2b mit „or [X.]ist selected from“ und gemäß [X.]mit „or wherein [X.]is surface-grafted…“ jeweils Bezug genommen. In Abs. 0043 heißt es allgemein, ohne Bezug auf eventuelle Ausführungsbeispiele: „[X.]ist selected from tinanium dioxide, zinc oxide, and mixtures thereof.“ Das anorganische Material kann [X.]vorliegen. So heißt es in Abs. 0046: „In embodiments, [X.]material can be small, such as, for example, a nano-size inorganic material“. Das auch in Merkmal 1.1.1 aufgeführte Aluminiumoxid ist in Abs. 0043 nicht genannt, wird aber in [X.]1 in Form von Nanopartikeln eingesetzt. In Verbindung mit der allgemeinen Lehre des Streitpatents ab Abs. 0043 hinsichtlich des anorganischen Materials gemäß den Merkmalen 1.1 und 1.1.1 ist somit auch Aluminiumoxid in der Beschreibung für alle Varianten der Merkmale [X.]bis 1.1.2c als anorganisches Material aufgezeigt.

c) Die Ladungstransporteinheit gemäß der Merkmalsgruppe 1.1 hat die Funktion, entweder Löcher oder Elektronen zu transportieren (vgl. Streitpatent Abs. 0054). Entsprechend findet sie sich in den Merkmalen [X.]und 1.1.2b als Lochtransportkomponente, in [X.]als Elektronentransportkomponente wieder.

d) Der Fachmann kennt den Begriff „Pfropfung“ hauptsächlich im Zusammenhang mit der Bildung von Polymeren bei der Propfcopolymerisation, wobei der Begriff auch die Modifizierung von anorganischen Substraten wie Pigmenten oder Füllstoffen mit organischen Monomeren impliziert (vgl. auch TM4, S. 3230, li. [X.]vierte bis sechste Zeile). Im Streitpatent, auf dessen vor allem in der Beschreibung erläuterte Begriffsbildung vorrangig abzustellen ist (BGH, Urt. v. 2. März 1999 – X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 f. – Spannschraube), wird der Begriff „oberflächengepfropft“ gemäß Merkmal 1 in Abs. 0051 zwar mit Verweis auf die Figur 3 erläutert, wonach eine [X.]X von der [X.]abgespalten und eine Verbindung mit der Oberfläche der [X.]über eine zweiwertige verbindende Gruppe L gebildet wird. Die Figur 3 ist jedoch nur als Ausführungsvariante zu verstehen, was sich in Absatz 0051 aus dem Begriff „includes the scheme as shown in Figure 3“ ergibt. Damit ist der Begriff „surface grafting the charge transport moiety or component onto inorganic material“ gemäß Absatz 0051 allgemeiner zu verstehen. Gemäß Absatz 0052 ist von „[X.]transport molecules to [X.]material“ die Rede, die über [X.]und [X.]bestätigt wurde. Der Fachmann versteht unter dem Begriff „oberflächengepfropft“ nach Merkmal 1 i.V.m. „anorganisches Material“ nach Merkmal 1.1.1 demnach eine Anbindung einer Ladungstransporteinheit an das anorganische Material.

Da gemäß Merkmal 1.1 jedoch auch noch eine „verbindende Gruppe“ erforderlich ist, kann die Anbindung der Ladungstransporteinheit nur über eine solche verbindende Gruppe an das anorganische Material erfolgen.

e) Wie die verbindende Gruppe gemäß Merkmal 1.1 konkret ausgestaltet ist, erfährt der Fachmann u.a. in den Unteransprüchen.

aa) Die verbindende Gruppe kann entweder als Gruppe im Sinne von [X.]verstanden werden („wobei die verbindende Gruppe ausgewählt ist aus einem [X.]mit 1 bis 9 Kohlenstoffen und einem Alkylen, das eine Gruppe enthält, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Estern, Ethern, Thioethern, Amiden, [X.]und Urethanen“). Da es sich aber mit [X.]nur um eine bevorzugte Ausgestaltung handelt, ist die obige Aufzählung nicht abschließend. Auch in den Absätzen 0051 und 0053 werden Beispiele für die verbindende Gruppe genannt, wobei diese – hier als „linkages“ bezeichnet – 1 bis 15 oder 1 bis 9 C-Atome, z.B. Methylen, Dimethylen, Trimethylen, Tetramethylen, aber auch z.B. Ester, Ether, Thioether, Amide, Ketone, [X.]aufweisen können. Letztere entsprechen der o.g. Aufzählung für eine „verbindende Gruppe“ (linking group) gemäß Unteranspruch 4.

bb) Die verbindende Gruppe gemäß Merkmal 1.1 kann aber gemäß [X.]auch eine dort näher definierte verankernde Gruppe umfassen („comprises“ in der Verfahrenssprache), „die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Carbonsäure, Carboxylat, Hydroxyl, Endiol, Endiolat, Silicat, Silanol, Phosphonsäure und Phosphonat“. Eine ähnliche Auflistung findet sich dazu in Abs. 0049. Dadurch, dass es „umfassen“ heißt, kann die verbindende Gruppe nicht nur die aufgeführte verankernde Gruppe, sondern auch weitere Gruppen umfassen. Dadurch, dass hier von „verankernder Gruppe“ die Rede ist, muss sich diese zweite Variante für eine verbindende Gruppe automatisch auf die Merkmale 1.1.2b und 1.1.2c beziehen, wonach das anorganische Material über eine verankernde Gruppe mit einer [X.]oberflächengepfropft ist. Nach Abs. 0050 erleichtert die verankernde Gruppe die Verankerung der Ladungstransporteinheit am anorganischen Material.

cc) Auch gemäß den in den Merkmalen 1.1.2b und 1.1.2c dargestellten Strukturformeln kann die [X.]sowohl eine verbindende Gruppe L/L‘ als auch eine verankernde Gruppe aufweisen, was den obigen Ausführungen zu [X.]entspricht. Die verbindende Gruppe L/L‘ wird in diesen Merkmalen definiert als eine zweiwertige Gruppe, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem unsubstituierten [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffen, einem substituierten [X.]mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen, einem unsubstituierten Arylen mit 6 bis 30 Kohlenstoffen und einem substituierten Arylen mit 6 bis 30 Kohlenstoffatomen.

dd) Die Strukturformeln gemäß Merkmal 1.1.2b weisen alle eine linking group L und eine [X.]zur Reaktion mit dem anorganischen Material auf. Dies entspricht somit dem Schema nach Figur 3.

Dagegen weisen nicht alle Strukturformeln nach Merkmal 1.1.2c, das wie Merkmal 1.1.2b explizit die Pfropfung des anorganischen Materials mit der [X.]über eine verankernde Gruppe definiert, eine linking group L‘ auf; bei diesen Substanzen muss daher die [X.]gleichzeitig die Funktion der verbindenden Gruppe“ (linking group) nach Merkmal 1.1 übernehmen. Damit kann sie aber bei der Reaktion mit der Oberfläche nicht komplett, sondern nur ein Teil von ihr abgespalten werden. Betrachtet man nun die in [X.]gezeigte Strukturformel für Alizarin, so weist diese Carbonylgruppen (C=O) und Hydroxylgruppen (OH) auf (vgl. aaO linke Strukturformel in der letzten Strukturformelzeile). Demnach können nur die Hydroxylgruppe(n) gleichzeitig als [X.]und als linking group fungieren. Dies steht auch in Einklang mit Patentanspruch 2, wonach die divalente Gruppe L/L‘ auch aus einem Sauerstoff-, Stickstoff- oder Schwefelatom ausgewählt sein kann. Auch eine Anbindung der ursprünglichen [X.]über das Sauerstoffatom nach [X.]fällt unter [X.](vgl. auch TM14, S. 21, 2.-4. Zeile).

5. Die seitens der Klägerin gegen die [X.]und die vorstehende Auslegung von Patentanspruch 1 geltend gemachten Einwände vermögen nicht zu greifen.

a) Der Auffassung der Klägerin, das Merkmal 1.1.1 über die Auswahl des anorganischen Materials aus der Gruppe aus Titandioxid, Aluminiumoxid, Zinkoxid und Mischungen davon gelte nicht für die alternativen Merkmalen 1.1.2b und 1.1.2c, bei denen das anorganische Material unbestimmt sei und jedes anorganische Material umfasse, vermag der Senat nicht beizutreten.

Zu Beginn des Abs. 0040 in der Beschreibung des Streitpatents heißt es: „An inorganic material surface [X.]transport moiety can be added to at least one layer in the photoreceptor.“ Das bedeutet, dass ein anorganisches Material, das bis dahin noch nicht näher definiert wurde, mit einer Ladungstransporteinheit oberflächengepfropft oder oberflächenverankert sein kann. Nach Abs. 0041 heißt es dann zu Beginn: „An [X.]grafted with a charge transport moiety or component“. Hier geht es somit um die Oberflächenpfropfung, wobei [X.]ein „inorganic filler“ genannt ist, der aber ebenfalls aus einem anorganischen Material bestehen muss, das an dieser Stelle immer noch nicht definiert wurde. In Abs. 0042 wird dann „in embodiments“, also in bestimmten Ausführungen, das „inorganic material“ in seinen physikalischen Eigenschaften weiter beschrieben, z.B., dass es kristallin vorliegen kann. Erstmals wird dann in Abs. 0043 das „inorganic material“ definiert, nämlich, dass es aus Titandioxid, Zinkoxid oder Mischungen daraus ausgewählt wird. Abs. 0044 beschreibt [X.]für das „inorganic material“, z.B. Plasma- oder Gasphasensynthese, was sich auf bestimmte physikalische Eigenschaften wie die Porosität im Vergleich zu anders hergestellten anorganischen Materialien auswirke. Etwas Anderes folgt auch nicht aus den Absätzen 0045 bis 0049, da diese jeweils nur Ausführungsbeispiele („in embodiments“) beschreiben.

Der Fachmann wird weder aus diesen Ausführungen noch aus dem Wortlaut des Anspruchs 1, nach dessen Formulierung „said inorganic material“ in der [X.]Fassung der Merkmale 1.1.2b und 1.1.2c für ihn auf deren Bestimmung in Merkmal 1.1.1 verwiesen wird, eine andere Auslegung zugrunde legen, zumal auch die Beschreibung wie oben dargelegt nichts enthält, worauf die klägerische Auslegung gestützt werden könnte.

b) Zum Einwand der Klägerin, bei der Oberflächenpfropfung könne es sich um eine beliebige Oberflächenpfropfung von [X.]auf das anorganische Material handeln, wird nochmals darauf hingewiesen, dass auch bei einer allgemeinen Anbindung der Ladungstransporteinheit an das anorganische Material gemäß Merkmal 1.1 dennoch eine verbindende Gruppe zusätzlich erforderlich ist. Ob es sich bei der Oberflächenpfropfung um eine stabile Verbindung handeln muss, wie die Beklagte ausführt, lässt das Streitpatent jedoch offen. Jedenfalls fällt z.B. auch eine Koordinations- oder Komplexverbindung von [X.]mit dem anorganischen Material unter den Begriff „Oberflächenpfropfung“.

III.

In der erteilten Fassung erweist sich das Streitpatent mangels Neuheit gegenüber der Druckschrift [X.]als nicht patentfähig.

Denn bei der TM14, die ausweislich [X.]am 4.11.2002 im [X.]eingestellt wurde und somit Stand der Technik nach Art. 54 Abs. 1, 2 EPÜ ist, handelt es sich um eine Dissertation zum Thema „Elektronentransfer an Farbstoff-Halbleiter-Grenzflächen“. Nach der dortigen Zusammenfassung betrifft diese Arbeit das Umfeld von [X.]und stellt Untersuchungen des ultraschnellen Elektronentransfers zwischen dem organischen Farbstoffmolekül [X.]und [X.]nach [X.]vor. Zwar handelt es sich um ein anderes technisches Gebiet als das des Streitpatents, das im Wesentlichen auf Bildgebungssysteme gerichtet ist. Dies wirkt sich jedoch auf die Neuheitsschädlichkeit nicht aus, sofern die anspruchsgemäßen Merkmale erfüllt sind. Im Mittelpunkt der Untersuchungen nach [X.]steht das System [X.]/ TiO2 (vgl. [X.]S. 19 letzter Abs. zweiter Satz). Nach der Darstellung auf den Seiten 22/23 i.V.m. Abb. 2.12 agiert [X.]als zweizähniger Ligand und bildet eine Kopplung („Anbindung“) an Titandioxid über zwei Sauerstoffbrücken, die aus den beiden Hydroxylgruppen resultieren. Demnach ist in [X.]ein oberflächengepfropftes Material (Merkmal 1) offenbart, das Titandioxid als anorganisches Material umfasst, das über die Hydroxylgruppen als Anker- und verbindende Gruppen mit [X.]als Ladungstransporteinheit „gepfropft“ ist (Merkmale 1.1, 1.1.1, 1.1.2c). Damit ist eine Alternative des Patentanspruchs 1 mit allen zugehörigen Merkmalen in [X.]offenbart. Nachdem nun in [X.]auch der [X.]beschrieben ist (vgl. S. 58), wonach der Farbstoff in Methanol vorgelöst wurde, was der Vorgehensweise des Streitpatents (Lösung in THF) vergleichbar ist, müssen beide Wege zum gleichen Produkt führen ([X.]ist bekanntlich in Alkoholen (Methanol) und [X.](THF) löslich). Damit offenbaren die Ergebnisse nach [X.]unmittelbar und eindeutig den Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 des Streitpatents, so dass dieser gegenüber [X.]nicht neu ist.

Das Argument der Beklagten, dass nach [X.]aufgrund des Vorlösens des [X.]in Methanol und anschließender Zugabe dieser Lösung in eine wässrige Kolloidlösung des anorganischen Materials nur zum Teil organisches Lösungsmittel verwendet werde, was nicht mit den streitpatentgemäßen Herstellungsbedingungen (vgl. [X.]6 in Abs. 0070) übereinstimme, kann nicht überzeugen. Gemäß [X.]ist die Bildung des oberflächengepfropften Materials unabhängig von einem organischen Lösungsmittel wie Methanol oder dem im Streitpatent verwendeten [X.]möglich. Denn in einer zweiten Methode wird die Bildung eines streitpatentgemäßen oberflächengepfropften Materials auch bei Zugabe von [X.]als Feststoff in die wässrige kolloidale Lösung des anorganischen Materials erhalten wird (vgl. [X.]S. 58 le. vollst. Satz). Die Ergebnisse wurden durch Messung entsprechender Absorptionsspektren belegt (vgl. [X.]S. 58/59 Brückenabsatz i.V.m. S. 110 Abb. 4.3).

IV.

Allerdings kann die Beklagte ihr Patent in der Fassung nach Hilfsantrag 3 erfolgreich verteidigen, weil sich der beanspruchte Gegenstand zwar nicht in den zuvor zur Entscheidung gestellten [X.]1 und 2, wohl aber in dieser Fassung als schutzfähig erweist. Auf die Schutzfähigkeit der [X.]und 5 und insbesondere auf die nur in Bezug auf diese erhobene Frage der fehlenden Berechtigung der Beklagten kommt es somit nicht mehr an.

1. In der Fassung nach Hilfsantrag 1 lautet Patentanspruch 1 wie folgt:

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Gemäß Hilfsantrag 1 wurde das anorganische Material auf Zinkoxid (ZnO) beschränkt. Damit steht die [X.]dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht mehr neuheitsschädlich entgegen, da diese nur TiO2 und ZrO2 als anorganische Materialien betrachtet (vgl. [X.]Kurzfassung Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, Inhaltsverzeichnis 2. Seite Kap. 4.2.2 und 4.2.3 [X.]und 127). Ein Titandioxid oder Zinkoxid als anorganisches Material, das mit [X.]oberflächengepfropft ist, ergibt sich jedoch auch aus der [X.](vgl. [X.]S. 1409 li [X.]Experimental bis re [X.]letzt Abs., insbes. Fig. 1). In [X.]wird der chelatisierende Effekt von [X.]auf wässrigen Halbleitersystemen vorgestellt (vgl. [X.]Titel). Für die Untersuchungen wurden Kristallscheiben aus Titandioxid oder gesinterte Platten aus Zinkoxid, jeweils vom n-Typ verwendet (vgl. [X.]S. 1409 li. [X.]„Experimental“, erste 3 Zeilen). Die Verschiebung der Maxima im Absorptionsspektrum und die Farbveränderung des Trägers belegen dabei die Bildung eines Chelaten und damit eines patentgemäßen oberflächengepfropften Materials (vgl. [X.]S. 1409 spaltenübergr. Abs. und re. [X.]le. Abs. i.V.m. Fig. 1 und S. 1410 li. [X.]le. vollst. Abs. bis re. [X.]siebte Zeile, insbes. „chelate compound“). Die Beklagte hat argumentiert, dass sich der [X.]nur bilde, wenn bei der Synthese organische Lösungsmittel wie [X.]verwendet werden. Dem kann nicht gefolgt werden, da beispielsweise in [X.]– wie oben bereits dargelegt – aufgezeigt wird, dass ein streitpatentgemäß gepfropftes anorganisches Material nicht nur bei Verwendung von Methanol als Lösungsmittel, sondern auch nur in Wasser als Lösungsmittel erhalten wird, wobei der Farbstoff in fester Form direkt der wässrigen kolloidalen Lösung beigemischt wurde (vgl. [X.]S. 58 bis 59).

2. In der Fassung des Hilfsantrags 2 lautet Patentanspruch 1 wie folgt:

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Die erteilten [X.]2 bis 4 sind hieran angepasst, der erteilte Anspruch 1, betreffend ein oberflächengepfropftes Material, ist gestrichen.

Unter einem bilderzeugenden Element versteht der Fachmann gemäß den Absätzen 0022 und 0023 des Streitpatents ein flexibles oder starres Substrat, z.B. ein metallisches Endlosband, ein Metallzylinder oder eine Metallplatte, das mit einer elektrisch leitfähigen Oberfläche oder Beschichtung versehen ist.

Weder [X.]noch [X.]offenbaren ein bilderzeugendes Element. Ein solches ergibt sich jedoch aus der [X.](vgl. [X.]erster Abs.), die sich wie das Streitpatent mit einem photosensitiven Material für die Elektrophotographie beschäftigt (vgl. Titel und Anspr. 1), wobei u.a. [X.]in organischem Lösemittel (Methanol, Isopar H) i.V.m. Titandioxid getestet wird (vgl. [X.]siebtletzte Zeile, [X.]drittletzte Zeile, S. 18 Tab. 1 Beispiel 2). Nach [X.]ist das organische Material fest an die Oberfläche des anorganischen Materials adsorbiert (vgl. TM12a, Anspr. 1, S.1/2 Brückensatz, [X.]zweiter vollst. Abs., S. 6/7 Brückensatz i.V.m. [X.]drittletzte Zeile). Nachdem in [X.]die Struktur des photosensitiven Materials nicht untersucht worden ist, war der Fachmann veranlasst, sich zu überlegen, wie die konkrete Struktur dieses Materials aussieht. Aufgrund seines Fachwissens wusste er beispielsweise aus TM14, dass bei der Reaktion von [X.]und Titandioxid, unabhängig vom verwendeten Lösungsmittel, ein Chelatkomplex aus [X.]und Titandioxid gebildet wird (vgl. [X.]S. 22 elft- und zehntletzte Zeile i.V.m. S. 23 Abb. 2.12, S. 58/59 seitenübergr. Abs.).

Somit beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Der Wortlaut der Patentansprüche nach Hilfsantrag 3 ergibt sich aus dem Urteilstenor. Im Unterschied zum Hilfsantrag 2 wurde das anorganische Material auf Zinkoxid beschränkt.

a) Die Anspruchsfassung des [X.]ist zulässig. Dies ergibt sich aus den erteilten Patentansprüchen 5 und 1, wobei die Auslegung zu Merkmal 1.1.1, wonach Zink neben Titandioxid und Aluminiumoxid als anorganisches Material allen folgenden Ladungstransporteinheiten zuzuordnen ist (vgl. Ziff. II.4 b), auch für [X.]gemäß [X.]anzuwenden ist. In der [X.]1 632 814 [X.]wird das ein oberflächengepfropftes Material enthaltende bilderzeugende Element im Patentanspruch 11 i.Vm. den Patentansprüchen 1 und 8 offenbart. [X.]ist in Patentanspruch 7 ebenfalls ohne Bezug auf ein konkretes Metall aufgeführt. Zinkoxid gehört zu den im nachfolgenden Patentanspruch 8 aufgelisteten „metal oxides“, die in Abs. 0044 beispielhaft spezifiziert werden.

b) [X.]ist lediglich eine Kombination von [X.]mit Titandioxid zu entnehmen (vgl. [X.]S.18 Tab. 1 [X.]2 i.V.m. S. 11 „Example 1“ erste Zeile sowie [X.]bis vorletzte Zeile). Zinkoxid ist wiederum lediglich in Kombination mit [X.]und dem [X.]beschrieben (vgl. [X.][X.]55 auf [X.]und [X.]56 auf [X.]sowie [X.]drittletzte Zeile). Vor dem Hintergrund, dass in [X.]eine Fülle an Substanzen, die als Ladungstransporteinheit fungieren und anorganische Materialien offenbart werden, auf die [X.]aufgepfropft werden können (vgl. [X.]S. 7 elfte bis letzte Zeile, S. 6 zehntletzte bis fünftletzte Zeile), angegeben sind, wobei lediglich in einem Anwendungsbeispiel [X.]mit Titandioxid und nicht mit Zinkoxid kombiniert wird, fehlte es dem Fachmann an einer Veranlassung, [X.]auf Zinkoxid zu pfropfen. Dies gilt umso mehr, da umgekehrt Zinkoxid lediglich in zwei Ausführungsbeispielen ([X.]55 u. 56) zur Anwendung kommt, Titandioxid dagegen in den Beispielen 1 bis 54. Dem Argument der Klägerin, dass es sich bei Zinkoxid und Titandioxid um absolut gleichwertig zu verwendende anorganische Materialien handele, die beliebig gegeneinander ausgetauscht werden könnten, kann nicht gefolgt werden, da die [X.]keinen Hinweis gibt, demzufolge jederzeit anstelle von Titandioxid auch Zinkoxid mit [X.]eingesetzt werden könne.

Auch die TM16, von der Klägerin als Argument für die Gleichwertigkeit Titandioxid und Zinkoxid herangezogen, kann diese Einschätzung nicht ändern. Sie betrifft eine wissenschaftliche Abhandlung über die Oberflächenmodifizierung von Metalloxid-Nanopartikeln, die nach [X.]insbesondere zur photokatalytischen Abwasseraufreinigung von mit gefährlichen [X.]verunreinigtem Abwasser sowie als photoaktives Material in nanokristallinen Solarzellen eingesetzt werden (vgl. [X.]S. 10543 li. [X.]zweiter Abs. erste fünf Zeilen). Ein Fachmann, der sich auf dem Gebiet der bilderzeugenden Elemente nach verbesserten Füllstoffmaterialien in Photorezeptor-Oberflächen umschaut, würde aufgrund der anderen technischen Lehre die [X.]nicht zu Rate ziehen. Auch lag es ihm fern, die Elektronenübergänge oder Bandlückenenergien, auf welche die Klägerin verwiesen hat, von Titandioxid und Zinkoxid zu vergleichen, da er bereits aus [X.]keine Veranlassung hatte, anstelle von Titandioxid auf Zinkoxid zurückzugreifen und sich aus [X.]keine Fragestellung einer alternativen Anwendungsmöglichkeit von [X.]mit Titandioxid ergibt.

Ebensowenig hat es dem Fachmann nahegelegen, die [X.]in seine Betrachtungen mit einzubeziehen, denn diese betrachtet das Gebiet von [X.]und nicht von bilderzeugenden Elementen (vgl. [X.]S. 1409, li. Sp., „Synopsis“ und Absatz vor „Experimental“).

Die von der Klägerin noch angeführten [X.]und [X.]ändern diese Einschätzung nicht. Sie befinden sich zwar auf dem gleichen technischen Gebiet wie das Streitpatent, jedoch geht weder aus [X.]noch aus [X.]hervor, dass Zinkoxid absolut gleichwertig wie Titandioxid als anorganisches Material in Kombination mit [X.]eingesetzt werden kann. Gemäß Anspruch 2 der [X.]wird als Elektronenakzeptor bevorzugt ein Elektronentransportmaterial verwendet, bei dem es sich um [X.]handeln kann (vgl. TM7b Abs. 0009). Lediglich beispielhaft wird dazu neben etwa 30 anderen Substanzen 1,2-Dihydroxyanthrachinon (Alizarin) genannt. Dies gibt dem Fachmann keinen Hinweis, dass grundsätzlich Titandioxid und Zinkoxid mit [X.]gepfropft als gleichwertig anzusehen sind. Darüber hinaus werden dem Fachmann neben den genannten Oxiden eine Vielzahl weiterer Pigmente als mögliche Einsatzstoffe vorgestellt (vgl. TM7b Abs. 0019), sodass auch der Fachmann hieraus weder Hinweis noch Veranlassung erhalten hat, in [X.]Titandioxid durch Zinkoxid zu ersetzen.

Anspruch 3 der TM8, auf den die Klägerin verweist, nennt zwar Titanoxid und Zinkoxid nebeneinander, ebenso aber auch Zinnoxid. Zudem handelt es sich bei den in [X.]genannten organischen Elektronentransportpigmenten um allgemeine Aufzählungen einer Vielzahl von Substanzen, die zwar Anthrachinon konkret nennen, nicht aber [X.](vgl. [X.]Abs. 0037). Somit ergibt sich auch aus [X.]für den Fachmann kein Hinweis auf eine konkrete Verwendung von [X.]und Zinkoxid oder auf einen gleichwertigen Austausch von [X.]mit Titandioxid gemäß [X.]gegen [X.]mit Zinkoxid.

c) Die übrigen Druckschriften liegen ferner, sodass auch diese die erfinderische Tätigkeit des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 nicht Frage zu stellen vermögen. So betrifft die [X.]spektroskopische Untersuchungen von mit [X.]sensibilisierten Titandioxid-Partikeln, die der Fachmann bereits aufgrund der vorliegenden anderen technischen Lehre nicht herangezogen hätte.

Ähnliches gilt für die TM13, die ein Pigment und Farbe betrifft, die dieses Pigment enthält. Dabei soll das Pigment nicht nur für Lösemittelfarben, sondern auch für wasserbasierte Farben geeignet sein und sich durch gute Dispergierfähigkeit, -homogenität und –stabilität auszeichnen (vgl. [X.][X.]1 Z. 5-11 u. [X.]2 Z. 21-26, [X.]4 Z. 13-16).

Die TM15, ein wissenschaftlicher Artikel zum Verhalten von Titandioxid- oder Zirkondioxid-Nanopartikeln in Gegenwart von beispielsweise [X.]an polaren Flüssigkeitsgrenzen durch Beobachtung der zugehörigen Absorptionsspektren, beachtet keine Verbindungen mit Zinkoxid (vgl. [X.]S. 85 li. Sp., sechste bis zehnte Zeile). In ähnlicher Weise betrachtet auch die [X.]lediglich [X.]/ TiO2- bzw. [X.]/ ZrO2-Systeme (vgl. [X.]Abstract).

d) Mit dem Patentanspruch 1 sind auch die Patentansprüche 2 bis 4, die über Selbstverständlichkeiten hinausgehende Vorzugsmerkmale des bilderzeugenden Elements nach Patentanspruch 1 betreffen, patentfähig.

Dasselbe gilt für den nebengeordneten Patentanspruch 5. Denn dieser, auf ein Verfahren eines elektrostatischen Latentbildes an dem bilderzeugenden Element nach einem der Patentansprüche 1 bis 4 gerichtete nebengeordnete Patentanspruch zeichnet sich hinsichtlich des bilderzeugenden Elements durch die gleichen technischen Merkmale wie der Patentanspruch 1 aus. Somit ist auch das Verfahren gemäß Patentanspruch 5 neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass der als schutzfähig verbleibende Patentgegenstand technisch und wirtschaftlich etwa zur Hälfte reduziert ist, so dass eine Kostenaufhebung gegeneinander berechtigt ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

3 Ni 7/22 (EP)

03.12.2024

Bundespatentgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 03.12.2024, Az. 3 Ni 7/22 (EP) (REWIS RS 2024, 13436)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 13436

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 Ni 31/12 (Bundespatentgericht)

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


15 W (pat) 344/05 (Bundespatentgericht)

Patenteinspruchsverfahren – "Geschwärztes Flächengebilde" – zur Auslegung von Patentansprüchen bei erkennbaren Fehlern - problematische Anweisungen …


X ZR 81/14 (Bundesgerichtshof)

Patentnichtigkeitssache: Neues Angriffsmittel gegen die Patentfähigkeit nach verspäteter Verteidigung des Streitpatents in einer geänderten Fassung …


5 Ni 14/17 (EP) verb.m., 5 Ni 27/17 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Verfahren zur Herstellung von Gelfolien" – zur Offenbarung – zur Ausführbarkeit - eine …


3 Ni 1/11 (EP) (Bundespatentgericht)

Wirkungslosigkeit dieser EntscheidungPatentnichtigkeitsklageverfahren – "Bügeleisen mit einer Antihaftschichtbeschichtung" – zur Bestimmung des maßgeblichen Fachmanns


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.

Öffnen: STRG + Shift | Schließen: ESC