Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.02.2014, Az. I R 47/13

1. Senat | REWIS RS 2014, 7502

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Gegenstand

(Unwirksames Urteil bei unbestimmtem Tenor; erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG)


Leitsatz

1. NV: Ein Urteil ist wirkungslos, wenn sich aus ihm keine eindeutige Entscheidung ergibt. Zumindest unter Heranziehung des übrigen Urteilsinhalts muss sich dem Urteil entnehmen lassen, wie über die Anträge der Beteiligten entschieden worden ist.

2. NV: § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO setzt voraus, dass die Behörde den Messbetrag "auf Grund der Entscheidung errechnen" kann. Es darf nur noch die rechnerische Ermittlung des Betrages offen bleiben.

3. NV: Bei unterjähriger Veräußerung des einzigen Grundstücks einer grundstücksverwaltenden GmbH kommt mangels ausschließlicher Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht in Betracht. Weder Tätigkeiten zur Abwicklung der Grundstücksveräußerung noch Bemühungen um den Erwerb eines neuen Grundstücks zur Fortsetzung der Grundstücksverwaltung sind als Grundstücksverwaltung anzusehen (Bestätigung der ständigen Spruchpraxis).

4. NV: Scheitert der Antrag auf erweiterte Kürzung, ist bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags allerdings gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen i.S. von §§ 7 und 8 GewStG von Amts wegen um 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes zu kürzen.

Tatbestand

1

I. In der Sache ist streitig, ob der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Streitjahr 2008 die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des [X.] 2002 i.d.[X.] 2008 vom 14. August 2007 ([X.], 1912, [X.], 630) --GewStG 2002 n.[X.]-- zustand.

2

Unternehmensgegenstand der in 2006 gegründeten Klägerin, einer GmbH, ist die "Verwaltung eigenen Vermögens". Sie erwarb im [X.] von ihren Geschäftsführern das [X.] und Y-Weg in [X.] Das Grundstück war mit zwei Plattenbauten mit 90 Wohnungen bebaut, deren Vermietung die Klägerin weiterführte. Das Grundstück war im Streitjahr nicht von der Grundsteuer befreit; diese wurde gemäß § 42 des [X.] anhand der Ersatzbemessungsgrundlage festgesetzt. Ein Einheitswert war für das Grundstück nicht festgestellt. Weitere Grundstücke besaß die Klägerin im Streitjahr nicht. Sie war zwar bereits seit dem [X.] um den Ankauf verschiedener Objekte mit dem Ziel der anschließenden Vermietung bemüht. Ihre Erwerbsbestrebungen waren aber erst im Jahr 2010 erfolgreich.

3

Mit Verträgen vom 31. Mai 2008 gewährte die Klägerin unter anderem Darlehen an ihre damalige Alleingesellschafterin, die [X.], in Höhe von 783.278,69 €, an ihre Geschäftsführer [X.] und [X.] in Höhe von jeweils 96.000 € sowie an die [X.] & [X.] GbR in Höhe von 350.000 € und 335.052,51 €, die sie sukzessive im Zeitraum von Juni bis November 2008 ausreichte. Aus den Darlehensverträgen flossen der Klägerin im Streitjahr Zinsen zu.

4

Mit Kaufvertrag vom 26. Juni 2008 veräußerte die Klägerin das [X.] und Y-Weg zu einem Kaufpreis von 2.330.000 € an die [X.] (Käuferin). Die Vertragsparteien erklärten zugleich die Auflassung. Das Grundstück wurde der Käuferin mit Wirkung zum 16. August 2008 übergeben. Zu diesem Termin gingen nach dem Kaufvertrag auch Nutzen und Lasten, die Gefahr des zufälligen Untergangs der Sache sowie die Ansprüche auf Zahlung des Mietzinses und der Nebenkosten aus den übernommenen Mietverhältnissen auf die Käuferin über. Der Kaufvertrag sah ferner vor, dass die Klägerin die [X.]etriebs- und Nebenkosten für den Abrechnungszeitraum 1. Juli 2007 bis 30. Juni 2008 auf eigene Kosten mit den Mietern abrechnet. Etwaige sich daraus zugunsten der Mieter ergebende Guthaben hatte die Klägerin an die Mieter zu erstatten, etwaige Nachforderungen standen im Gegenzug der Klägerin zu.

5

Die Tätigkeiten der Klägerin zur Abwicklung des Kaufvertrages und zur Erfüllung der hieraus resultierenden Pflichten erstreckten sich bis in das [X.]; dazu zählten Mitteilungen an Versorger, Entgegennahme von Abrechnungen der Versorger für den Abrechnungszeitraum bis 15. August 2008, Zuarbeiten zu laufenden Mietzahlungen gegenüber der Käuferin, Abarbeitung von Nachfragen der Käuferin zu einzelnen Mietverhältnissen, Klärung von [X.] aus dem Kaufvertrag, Klärung von Mietabweichungen, eine Kaufpreisanpassung, [X.]earbeitung städtischer Gebührenbescheide bis zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung --am 28. September 2009--, [X.]earbeitung der [X.]etriebs- und Nebenkostenabrechnungen für den Zeitraum bis 30. Juni 2008 und Abwicklung der Nebenkostenabrechnungen mit Mietern.

6

Der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) versagte die der Klägerin für das Streitjahr zunächst antragsgemäß gewährte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.[X.] und setzte den [X.] entsprechend fest. Aufgrund der Veräußerung des einzigen Grundstücks sei keine Grundstücksverwaltung mehr betrieben, sondern nur noch eigenes Kapitalvermögen verwaltet worden. Auch eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.[X.] ließ das [X.] nicht zu, da mangels Einheitswertbescheides hierzu keine Angaben gemacht werden könnten.

7

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das [X.] ([X.]) der Klage im Urteil vom 23. Mai 2013 2 K 1014/12, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2014, 371, teilweise statt. Zwar sei § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.[X.] nicht einschlägig. Das [X.] habe aber die gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.[X.] zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. In der Hauptsache tenorierte das [X.] unter Klageabweisung im Übrigen: "Der [X.]escheid über den [X.] für 2008 vom 22. März 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2012 ist dahingehend abzuändern, dass bei der Ermittlung des [X.]es die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 Prozent des Einheitswertes zum Feststellungszeitpunkt 1. Januar 2008 des zum [X.]etriebsvermögen der Klägerin gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes zu kürzen ist."

8

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des [X.] aufzuheben und den angefochtenen [X.]escheid dahingehend abzuändern, dass ihrem Antrag auf erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages entsprochen und der [X.] auf 0 € festgesetzt wird.

9

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

[X.] Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das angefochtene Urteil ist unwirksam. Sein Tenor ist unbestimmt und kann auch nicht in einem bestimmten Sinn ausgelegt werden.

1. Ein Urteil ist wirkungslos, wenn sich aus ihm keine eindeutige Entscheidung ergibt. Wesentlicher Bestandteil eines jeden Urteils ist die Urteilsformel (§ 105 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O). Aus ihr muss sich entnehmen lassen --erforderlichenfalls unter Heranziehung des übrigen [X.], wie über die Anträge der Beteiligten entschieden worden ist (Urteil des [X.] --BFH-- vom 27. Juli 1993 VIII R 67/91, [X.], 480, [X.] 1994, 469). Einen solchen Mangel hat das Revisionsgericht auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten, da es sich um einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens handelt (BFH-Urteil vom 19. Februar 1991 VIII R 8/86, [X.] 1992, 175).

Der Tenor des angefochtenen [X.]-Urteils bezieht sich auf den zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht festgestellten Einheitswert des zum Grundvermögen der Klägerin gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten [X.] auf den Feststellungszeitpunkt 1. Januar 2008. Diesem [X.] lässt sich --auch unter Heranziehung der [X.] nicht entnehmen, in welchem Umfang die diesbezügliche gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] 2002 n.F. vorzunehmen ist und in welcher Höhe der [X.] nach der Entscheidung festgesetzt sein soll. Der Tenor, die Festsetzung des [X.]s "ist dahingehend abzuändern, dass", ist aber dahin zu verstehen, dass das [X.] im Rahmen der erhobenen Anfechtungsklage den [X.] nach § 100 Abs. 2 Satz 1 [X.]O selbst bestimmen wollte (sog. [X.], [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 100 [X.]O Rz 16). Aus einem derartigen Gestaltungsurteil muss sich ergeben, inwieweit der angefochtene Bescheid abgeändert wird, woran es hier fehlt.

Nichts anderes ergibt sich, wenn man den Tenor dahin verstünde, dass das [X.] im Hinblick auf den nach den Urteilsgründen erst noch festzustellenden Einheitswert --ohne die Vorschrift anzusprechen-- nach § 100 Abs. 2 Satz 2 [X.]O die Ermittlung des (dann) festzusetzenden [X.] dem [X.] übertragen wollte. Denn in Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 2 [X.]O darf nur noch die rechnerische Ermittlung des Betrags offenbleiben (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 34/94, [X.] 2001, 757, unter [X.]). Da das [X.] die Berechnungsgrundlagen für die abweichende Festsetzung des zutreffenden [X.] aber nicht vollständig mitgeteilt hat, konnte das [X.] den [X.] nicht "auf Grund der Entscheidung errechnen". Ein Verstoß gegen § 100 Abs. 2 Satz 2 [X.]O stellt ebenfalls einen zur [X.] führenden Verfahrensfehler dar, der von Amts wegen zu beachten ist (BFH-Urteil in [X.] 2001, 757, unter [X.]).

Das Urteil des [X.] lässt sich auch nicht als Grundurteil i.S. des § 99 [X.]O verstehen. Unabhängig davon, ob ein solches im Streit über einen [X.] überhaupt zulässig wäre (ablehnend: [X.] vom 20. November 2008 IV B 7/08, juris) und ob dessen Voraussetzungen hier vorlägen, hat das [X.] weder eine diesbezügliche Ermessensausübung erkennen lassen noch sonst zum Ausdruck gebracht, dass es sich nicht um ein Endurteil handeln sollte. Dies wird nicht zuletzt auch an der Kostenentscheidung deutlich, die nach § 143 Abs. 1 [X.]O nur bei verfahrensbeendenden Urteilen und damit nicht bei [X.] zu erfolgen hat (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 143 Rz 2).

2. [X.] ist nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O an das [X.] zurückzuverweisen, da dem [X.] eine Entscheidung in der Sache mangels festgestellten Einheitswerts für die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] 2002 n.F. nicht möglich ist. Hierauf kommt es aber an. Denn das [X.] ist in der Sache zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] 2002 n.F. nicht erfüllt, bei ihr aber die pauschale Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] 2002 n.F. vorzunehmen ist.

a) Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] 2002 n.F. wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten [X.] gekürzt. An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach Satz 2 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen [X.] entfällt.

b) Wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, liegen diese Voraussetzungen aufgrund der unterjährigen Veräußerung des einzigen Grundstücks der Klägerin nicht vor (vgl. auch [X.] Berlin-Brandenburg, Urteile vom 12. Dezember 2012  12 K 12280/11, E[X.] 2013, 1420, und vom 3. September 2013  6 K 6111/11, E[X.] 2013, 1950; [X.] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Oktober 2013  1 K 2605/10, E[X.] 2014, 153).

aa) Soweit das Gesetz die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen [X.] fordert, ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass der Begriff der Ausschließlichkeit gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich zu verstehen ist (vgl. [X.]surteil vom 19. Oktober 2010 I R 1/10, [X.] 2011, 841, m.w.N.; zustimmend [X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 76; kritisch [X.], [X.] --[X.]-- 2004, 1085, 1093; [X.], Neue Wirtschaftsbriefe 2012, 4223, 4225). Zwar ist nicht erforderlich, dass die Grundstücksverwaltung während des gesamten [X.] bestanden hat. Sie kann auch vorzeitig enden. Aber solange das Unternehmen --wie im [X.] während des [X.] überhaupt tätig ist, muss seine Haupttätigkeit durchgängig in der schlichten Verwaltung und Nutzung eigenen [X.] bestehen, um begünstigt zu sein ([X.]surteil vom 20. Januar 1982 I R 201/78, [X.], 327, [X.] 1982, 477). Dies folgt aus dem Wesen der Gewerbesteuer als Jahressteuer ([X.]surteil vom 29. März 1973 I R 199/72, [X.], 138, [X.] 1973, 563). Die erweiterte Kürzung kann daher nicht gewährt werden, wenn das letzte Grundstück vor Ablauf des [X.] veräußert wird und nicht mehr ausschließlich Grundbesitz verwaltet wird ([X.]surteile in [X.] 2011, 841; vom 19. Dezember 2007 I R 46/07, [X.] 2008, 930; in [X.], 327, [X.] 1982, 477; [X.]sbeschlüsse vom 14. April 2000 I B 104/99, [X.] 2000, 1497; vom 12. Juli 1999 I B 5/99, [X.] 2000, 79); eine nur "technisch" bedingte Ausnahme liegt hier ersichtlich nicht vor (vgl. dazu [X.]surteil vom 11. August 2004 I R 89/03, [X.], 40, [X.] 2004, 1080). An dieser Rechtsprechung hält der [X.] weiterhin fest.

bb) Im Streitfall war der Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] 2002 n.F. zu versagen, weil sie seit dem Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten an ihrem einzigen Grundstück am 16. August 2008 --und damit vor Ablauf des [X.], § 14 Satz 2 [X.] 2002 n.F.-- keinen eigenen Grundbesitz mehr genutzt hat, aber weiterhin werbend tätig blieb. Soweit sie noch eigenes Kapitalvermögen in Form der ausgegebenen Darlehen verwaltete, erfolgte dies nicht mehr (unschädlich) zeitlich neben der Grundstücksnutzung, sondern danach.

cc) Aus der von der Revision vorgetragenen besonderen Situation der Klägerin ergibt sich nichts anderes.

Die nach dem Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] 2002 n.F. erforderliche Verwaltung und Nutzung eigenen [X.] grenzt die Vermögensverwaltung auf der einen Seite von gewerblichen Tätigkeiten ab. Auf der anderen Seite erfordert der Wortlaut aber ausdrücklich, dass während des gesamten [X.] eine "Nutzung" des Grundstücks --im Sinne einer Fruchtziehung (vgl. [X.]sbeschluss vom 18. Oktober 2007 I B 148/07, [X.] 2008, 542)-- erfolgt. Eine solche Fruchtziehung aus eigenem Grundbesitz nahm die Klägerin aber seit dem Verlust des wirtschaftlichen Eigentums an dem Grundstück (vgl. auch § 20 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung) nicht mehr vor. Die Tätigkeiten zur Abwicklung der Grundstücksveräußerung und die Erfüllung von Pflichten aus dem [X.] über das Ende des [X.] hinaus führten --unabhängig von ihrem Umfang und der Komplexität des [X.] nicht zu einer Weiternutzung eigenen [X.]. Auch die Vorbereitung oder Anbahnung eines (erneuten) Grundstückserwerbs stellten noch keine Grundstücksnutzung in diesem Sinne dar. Hierüber können auch der Gesellschaftszweck und die Absicht, neuen Grundbesitz zur eigenen Nutzung zu erwerben (vgl. bereits BFH-Urteil vom 7. April 1967 VI R 285/66, [X.], 215, [X.]I 1967, 616), nicht hinweghelfen. Daher ist für die Frage der durchgängigen Grundstücksnutzung unerheblich, ob sich die Klägerin bis zum Ablauf des streitigen [X.] in Liquidation befand oder nicht.

dd) Weder der Verweis auf verfassungsrechtliche Vorgaben noch auf den Sinn und Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] 2002 n.F. führen zu einem anderen Ergebnis.

Die vom [X.] vorgenommene Auslegung der "Ausschließlichkeit" und der "Nutzung und Verwaltung eigenen [X.]" begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; insbesondere nicht im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die rechtsformbedingte Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber einer natürlichen Person oder einer Personengesellschaft resultiert bereits aus der gesetzgeberischen Grundentscheidung, dass § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2002 n.F. --wie auch § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2002-- die Tätigkeit von Kapitalgesellschaften stets und in vollem Umfang als gewerblich qualifiziert. Diese Grundentscheidung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. [X.]surteil in [X.], 138, [X.] 1973, 563; Beschluss des [X.] vom 24. März 2010  1 BvR 2130/09, [X.] 2010, 670). Der [X.] hat ferner bereits entschieden, dass die --verfassungsrechtlich nicht unbedingt gebotene-- Begünstigung von engen tatbestandlichen Erfordernissen abhängig und der Gesetzgeber grundsätzlich darin frei ist, tatbestandliche Voraussetzungen und Erfordernisse zu normieren, die erfüllt sein müssen, um in den Genuss einer steuerlichen Begünstigung, wie der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages, zu gelangen (vgl. [X.]surteil vom 19. Oktober 2010 I R 67/09, [X.], 194, [X.] 2011, 367). Auch wenn es dem ursprünglichen Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] 2002 n.F. entspricht, [X.] in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft vergleichbar tätigen Personengesellschaften gleichzustellen, erzwingt dies dennoch keine uneingeschränkte Gleichbehandlung, vielmehr nur eine solche, die spezifisch darauf beruht, dass entsprechende Gewinne bei Personengesellschaften nicht mit Gewerbesteuer belastet sind ([X.]sbeschluss in [X.] 2000, 1497), was hier nicht der Fall ist. An dieser Rechtsprechung hält der [X.] ebenfalls fest. Eine Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs der Kürzungsvorschrift gegen ihren ausdrücklichen Wortlaut kommt daher nicht in Betracht.

c) Das [X.] ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] 2002 n.F. dem Grunde nach erfüllt sind (ebenso Schnitter in [X.]/[X.], [X.]/[X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 37; [X.] in [X.]/ [X.], [X.], § 9 Rz 98; [X.] in Bergemann/[X.], [X.], § 9 Rz 25; [X.] Berlin, Urteil vom 16. September 1998  6 K 6278/96, E[X.] 1999, 246 und wohl auch R 9.2 Abs. 1 Satz 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009). Soweit gegen die Anwendung des Satzes 1 in der Literatur Einwendungen erhoben werden, wenn ein Antrag nach Satz 2 gestellt ist ([X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 50; Güroff in Glanegger/ Güroff, [X.], 8. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 32), kann sich dies nur auf Fälle beziehen, in denen die Voraussetzungen des Satzes 2 zumindest für Teile des [X.] erfüllt sind. Liegen aber --wie hier-- die Voraussetzungen des Satzes 2 insgesamt nicht vor, tritt dieser auch nicht an die Stelle des Satzes 1 und verdrängt diesen nicht; der Antrag geht dann ins Leere.

3. [X.] wird dem [X.] übertragen (§ 143 Abs. 2 [X.]O).

Meta

I R 47/13

26.02.2014

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 23. Mai 2013, Az: 2 K 1014/12, Urteil

§ 100 Abs 2 S 2 FGO, § 105 Abs 2 Nr 3 FGO, § 9 Nr 1 S 1 GewStG 2002, § 9 Nr 1 S 2 GewStG 2002, GewStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.02.2014, Az. I R 47/13 (REWIS RS 2014, 7502)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7502

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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