Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.04.2021, Az. I ZR 115/20

1. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 7235

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Gegenstand

Verbrauchskennzeichnung für Neuwagen: Werbung für einen Neuwagen; Informationspflicht bei Nichtlieferbarkeit des beworbenen Fahrzeugs – Ferrari 458 Speciale


Leitsatz

Ferrari 458 Speciale

1. Für die Frage, ob es sich um einen neuen Personenkraftwagen im Sinne von § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV handelt, ist nicht das im in elektronischer Form verbreiteten Werbematerial (hier: Werbung eines Autohändlers auf Facebook) im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV abgebildete konkrete Fahrzeug maßgebend, sondern der Personenkraftwagen, für den geworben wird (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 28. Mai 2020 - I ZR 170/19, GRURPrax 2020, 420).

2. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Pkw-EnVKV und dem Zweck der Pkw-EnVKV trifft die Pflicht zur Information über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen des beworbenen Modells eines neuen Personenkraftwagens den werbenden Hersteller oder Händler unabhängig davon, ob er selbst oder ein anderer Hersteller oder Händler zum Zeitpunkt der Werbung objektiv zur Lieferung des beworbenen Modells in der Lage ist.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 11. Juni 2020 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, die [X.], ist ein Verein, der in der beim [X.] geführten Liste qualifizierter Einrichtungen im Sinne des § 4 Abs. 1 [X.] eingetragen ist. Die Beklagte ist Autohändlerin.

2

Auf eine Abmahnung der Klägerin gab die Beklagte am 6. März 2012 die mit einer Vertragsstrafe nach "neuem [X.] Brauch" (vgl. [X.], Urteil vom 13. November 2013 - [X.], [X.], 595 Rn. 18 = [X.], 587 - Vertragsstrafeklausel) bewehrte Erklärung ab es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr im [X.] für den Verkauf von [X.] und [X.] zu werben, ohne sicherzustellen, dass Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen [X.] der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe und unter Beachtung der Vorschriften der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung ([X.]) in ihrer jeweils geltenden Fassung gemacht werden.

3

Die Beklagte stellte am 22. Juni 2015 auf ihrer Facebook-Seite Fotografien eines [X.] ein, denen folgender Text beigestellt war:

605 [X.] (in 3,0 Sekunden auf 100 km/h), die das Leben mit Sicherheit noch spaßiger machen!

Der [X.] 458 Speciale hat bereits einen neuen Besitzer und steht zur Abholung bereit. Ein toller Start in die neue Woche ...

4

Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 6. März 2012. Sie hat die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren noch relevant - auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 7.500 € in Anspruch genommen. Die Beklagte hält die Klage für unbegründet. In der Anzeige sei weder ein Neufahrzeug gezeigt noch sei für den Verkauf eines Neufahrzeugs geworben worden.

5

Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 4.000 € nebst [X.] verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

6

A. Das Berufungsgericht hat den auf Zahlung einer Vertragsstrafe gerichteten Klageantrag in Höhe von 4.000 € als begründet angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

7

Die Beklagte habe mit der Werbung auf ihrer [X.]-Seite gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 6. März 2012 verstoßen. Die Beklagte habe sich mit ihrer von der Klägerin angenommenen Unterlassungserklärung vom 6. März 2012 wirksam dazu verpflichtet, bei der Werbung für den Verkauf von [X.] und [X.] Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zum CO2-Ausstoß nach den Vorgaben der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (nachfolgend [X.]) zu machen. Mit dem Eintrag auf ihrer [X.]-Seite vom 22. Juni 2015 habe die Beklagte gegen die in § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] geregelte Verpflichtung verstoßen, Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen des betreffenden [X.] zu machen. Das "Posting" der [X.] auf ihrer [X.]-Seite sei als Werbung für den Kauf eines bestimmten Neufahrzeugs anzusehen. Ihm entnehme der angesprochene Verkehr die konkludente Erklärung, dass es ein Fahrzeug wie das unter Nennung seiner Leistungsdaten abgebildete gebe und dass es gekauft werden könne. Auf die Frage, ob es sich bei dem abgebildeten Fahrzeug um einen "neuen" Pkw im Sinne der [X.] handele, oder ob dies - wie die Beklagte meine - nicht der Fall sei, weil sie es nur zur Auslieferung an einen Kunden erhalten habe, der es bereits bei einem anderen Autohändler gekauft habe, komme es nicht an. Die Vorgaben der [X.] seien unabhängig davon zu beachten, welcher Art das abgebildete Fahrzeug sei und ob dieses beim Werbenden selbst erworben werden könne. Es könne dahinstehen, ob ein Verstoß gegen die Informationspflichten der [X.] ausscheide, wenn ein Fahrzeug des beworbenen Modells auch bei einem [X.] nicht mehr erworben werden könne. Die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung der [X.], der [X.] sei in einer limitierten Auflage von 1000 Stück hergestellt worden und zum Zeitpunkt der beanstandeten Werbung auf [X.] bereits vergriffen gewesen, könne als wahr unterstellt werden. Bei dem [X.] handele es sich nur um eine Version des Modells [X.] Dass keine Version dieses Modells mehr habe erworben werden können, habe die Beklagte nicht behauptet.

8

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der [X.] hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus § 339 Satz 2 BGB in Verbindung mit der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 6. März 2012 zusteht. Die Beklagte hat mit der Werbung auf ihrer [X.]-Seite gegen ihre mit der Unterlassungserklärung eingegangene Verpflichtung verstoßen, die in § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] verlangten Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen des betreffenden [X.] zu machen.

9

I. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Verwirkung der Vertragsstrafe voraussetzt, dass die Beklagte gegen die in § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] geregelte Informationspflicht verstoßen hat.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe sich mit ihrer von der Klägerin angenommenen Erklärung vom 6. März 2012 wirksam zur Unterlassung verpflichtet. Die Erklärung sei dahin auszulegen, dass sich die Beklagte verpflichtet habe, bei der Werbung für den Verkauf von [X.] und [X.] die dafür in der [X.] vorgesehenen Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zum CO2-Ausstoß zu machen. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

II. Das Berufungsgericht hat außerdem angenommen, dass die Beklagte mit dem Eintrag auf ihrer [X.]-Seite gegen § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] verstoßen hat. Die von der Revision dagegen vorgebrachten [X.] greifen nicht durch.

1. Nach § 1 Abs. 1 [X.] haben Hersteller und Händler, die neue Personenkraftwagen ausstellen, zum Kauf oder Leasing anbieten oder für diese werben, dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen und gegebenenfalls den Stromverbrauch nach Maßgabe der §§ 3 bis 5 sowie der Anlagen 1 bis 4 der [X.] zu machen. Gemäß § 5 Abs. 1 [X.] haben Hersteller und Händler, die [X.]en erstellen, erstellen lassen, weitergeben oder auf andere Weise verwenden, sicherzustellen, dass in den [X.]en Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 der [X.] gemacht werden. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] gilt diese Verpflichtung entsprechend für in elektronischer Form verbreitetes Werbematerial.

2. Das Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass die Beklagte ein Händler im Sinne von § 1 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 [X.] ist. Dagegen wendet sich die Revision nicht.

3. Außerdem hat das Berufungsgericht angenommen, dass das "Posting" der [X.] auf ihrer [X.]-Seite ein in elektronischer Form verbreitetes Werbematerial gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] ist. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass der Eintrag der [X.] auf ihrer [X.]-Seite als "Werbung für den Kauf eines [X.]" im Sinne des § 1 Abs. 1 [X.] anzusehen ist.

Das Berufungsgericht hat angenommen, dem in Rede stehenden "Posting" der [X.] auf ihrer [X.]-Seite komme ein Werbeeffekt zu. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher werde dem Beitrag die konkludente Erklärung entnehmen, dass es ein Fahrzeug wie das abgebildete gebe und dass es gekauft werden könne. In dem Begleittext würden zudem die Vorzüge des abgebildeten Modells anpreisend herausgestellt.

Diese tatgerichtliche Würdigung des Berufungsgerichts ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob ein zutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde gelegt wurde, kein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegt und keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt geblieben sind (vgl. [X.], Urteil vom 12. Dezember 2019 - [X.], [X.], 294 Rn. 40 = [X.], 459 - Culatello di [X.], mwN). Danach ist die tatgerichtliche Beurteilung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden. Sie ist nicht erfahrungswidrig, sondern vielmehr naheliegend und lässt auch keine entscheidungserheblichen Umstände außer Betracht.

b) Die Beklagte hat auf ihrer [X.]-Seite auch für den Kauf eines "Modells" eines [X.] im Sinne von § 5 Abs. 1 [X.] geworben.

aa) Die Informationspflicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 [X.] setzt voraus, dass die in Rede stehende Werbung auf ein bestimmtes Modell eines [X.] bezogen ist ([X.], Urteil vom 24. Juli 2014 - I ZR 119/13, [X.], 393 Rn. 11 = [X.], 450 - Der neue [X.]). Nach § 2 Nr. 15 [X.] ist "Modell" im Sinne dieser Verordnung die Handelsbezeichnung eines Fahrzeugs, bestehend aus Fabrikmarke, Typ sowie gegebenenfalls Variante und Version eines [X.].

bb) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen und hat sie rechtsfehlerfrei auf die Umstände des Streitfalls angewendet.

(1) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht nicht angenommen, bereits jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern, löse eine Kennzeichnungspflicht gemäß § 5 [X.] aus. Ebenso wenig hat das Berufungsgericht insoweit eine reine Imagewerbung ausreichen lassen.

(2) Das Berufungsgericht hat vielmehr angenommen, die Werbung der [X.] habe sich nicht bloß auf eine Bewerbung der Marke [X.] beschränkt, sondern sei auf einen "[X.]" bezogen gewesen. Bei dem Personenkraftwagen "[X.] 458" handele es sich um das Modell und bei dem in der beanstandeten Werbung konkret abgebildeten, mit seinen Leistungsdaten beschriebenen und als "[X.]" bezeichneten [X.] um eine Version dieses Modells. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht mit einer eigenständigen Rüge angegriffen.

c) Das Berufungsgericht ist außerdem mit Recht davon ausgegangen, dass sich die Werbung der [X.] auf den Kauf des Modells eines "neuen" [X.] im Sinne des § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] bezogen hat.

aa) Der [X.] hat im Hinblick auf die sich aus § 3 Abs. 1 [X.] ergebenden Informationspflichten des Händlers in Bezug auf einen gegenüber dem Publikum an einem Verkaufsort ausgestellten Personenkraftwagen entschieden, dass es nicht darauf ankommt, ob das ausgestellte Fahrzeug "neu" ist. Maßgeblich für die Frage, ob es sich um einen "neuen" Personenkraftwagen handelt, ist vielmehr der Gegenstand des beworbenen Verkaufs. Es kommt allein darauf an, ob mit dem ausgestellten Fahrzeug für den Kauf eines neuen Fahrzeugs dieses Modells geworben wird ([X.], Beschluss vom 28. Mai 2020 - [X.]/19, juris Rn. 5).

bb) Diese zwischen dem bei der Werbung eingesetzten Beispielsobjekt und dem Gegenstand des beworbenen Verkaufs differenzierende Betrachtungsweise gilt entsprechend für die Informationspflichten des Händlers in seinen in elektronischer Form verbreiteten Werbematerialien gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.].

Diese Bestimmung setzt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 1999/94/[X.] über die Bereitstellung von Verbraucherinformation über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen um und ist richtlinienkonform auszulegen. Nach dieser Regelung stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle [X.]en die offiziellen Kraftstoffverbrauchswerte und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionswerte der betreffenden Personenkraftwagenmodelle gemäß Anhang IV der Richtlinie enthalten. Zweck der Richtlinie 1999/94/[X.] und der ihre Bestimmungen umsetzenden [X.] ist es sicherzustellen, dass die Verbraucher Informationen über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von neuen Personenkraftwagen erhalten und so ihre Entscheidung in voller Sachkenntnis treffen können (vgl. Art. 1 und Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 1999/94/[X.]). Dieser Zweck kann sinnvoll und wirksam nur erreicht werden, wenn die Hinweispflicht nach § 5 Abs. 1 und 2 [X.] bei der Verwendung von Werbematerial für Kauf und Leasing von Personenkraftwagen das (neue) Personenkraftwagenmodell betrifft und nicht davon abhängt, ob das in der [X.] konkret verwendete Fahrzeug als neu zu qualifizieren ist. Ansonsten könnte die Hinweispflicht leicht dadurch umgangen werden, dass zur Werbung für den Kauf eines Neuwagens ein Fahrzeug in der [X.] abgebildet und beschrieben wird, das nicht der Definition eines neuen [X.] im Sinne von § 2 Nr. 1 [X.] unterfällt (zur entsprechenden Problematik bei der Auslegung von § 3 Abs. 1 [X.] vgl. [X.], Beschluss vom 28. Mai 2020 - [X.]/19, juris Rn. 7).

cc) Mit diesen Grundsätzen steht das Berufungsurteil im Einklang. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es nicht auf den Einwand der [X.] ankomme, der auf der [X.]-Seite abgebildete "[X.]" sei bereits verkauft und damit nicht "neu" im Sinne von § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und 2 [X.]. Die Vorgaben der [X.] seien unabhängig von der Neuheit des abgebildeten Pkw zu beachten. Maßgeblich sei allein, dass die in Rede stehende Veröffentlichung für den Verkauf eines neuen Pkw werbe. Dies sei vorliegend der Fall, weil der Verkehr dem "Posting" der [X.] die konkludente Erklärung entnehme, dass es ein Fahrzeug wie das abgebildete gebe und dass es gekauft werden könne.

d) Das Berufungsgericht ist außerdem rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Beurteilung des Eintrags auf der [X.]-Seite der [X.] als Werbung für den Kauf eines neuen [X.] im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] nicht davon abhängt, ob ein neuer Pkw "[X.]" bei der [X.] erworben werden konnte.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, für die Verpflichtung der [X.], bei dem "Posting" auf ihrer [X.]-Seite die Vorgaben der [X.] zu beachten, sei es unerheblich, dass nach ihrem Vorbringen ein Fahrzeug des abgebildeten Modells nicht "bei ihr" erworben werden könne. Die Kennzeichnungspflicht gelte nicht nur für den Händler, der das beworbene Fahrzeug zum Kauf oder Leasing anbiete, sondern auch für denjenigen, der - nur - dafür werbe. Die Kennzeichnungspflicht treffe deshalb den werbenden Händler auch dann, wenn er selbst das beworbene Fahrzeugmodell nicht verkaufe. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

bb) Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 [X.] trifft die Informationspflicht über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen nicht nur den Hersteller oder Händler, der neue Personenkraftwagen zum Kauf oder Leasing anbietet. Der Verordnungsgeber hat dieselbe Verpflichtung dem Hersteller oder Händler auferlegt, der für den Kauf oder das Leasing neuer Personenkraftwagen (nur) wirbt. Dies entspricht dem bereits dargelegten Zweck der [X.] sicherzustellen, dass die Verbraucher bereits durch die Werbung für Kauf oder Leasing Informationen über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von neuen Personenkraftwagen erhalten und so bereits im Vorfeld einer konkreten Kaufsituation ihre Entscheidung in voller Sachkenntnis treffen können. Dementsprechend sind gemäß § 5 [X.] die Informationspflichten auch in [X.]en und in elektronisch verbreitetem Werbematerial zu erfüllen, ohne dass der Verordnungsgeber dies davon abhängig gemacht hat, dass der werbende Hersteller oder Händler objektiv zur Lieferung des beworbenen [X.] in der Lage ist.

cc) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich - wie dargelegt - bei dem beanstandeten "[X.]-Posting" der [X.] um eine Werbung für den Kauf des abgebildeten und beschriebenen Fahrzeugmodells, weil der Verkehr den Angaben der [X.] konkludent entnimmt, dass es ein Fahrzeug wie das dort angepriesene gibt und dass es gekauft werden kann. Auf den erstmals in der Revisionsinstanz gehaltenen und damit ohnehin gemäß § 559 Abs. 1 ZPO unbeachtlichen Vortrag der Revision, der unvoreingenommene, durchschnittlich informierte und verständige Adressat erkenne jedenfalls aus den Seiten der [X.] im [X.] Netzwerk "[X.]", dass diese keine Vertragshändlerin, sondern eine freie Händlerin sei, und er wisse außerdem, dass Fahrzeuge des gleichen Modells wie das in der Äußerung beschriebene und abgebildete Exemplar sehr teuer seien, nur in sehr geringen Stückzahlen als exklusives Luxusgut hergestellt würden und daher nur in seltenen Fällen bei einem anderen Anbieter als dem Hersteller oder dessen Vertragshändler im Neuzustand zu bekommen seien, kommt es nach den vorstehenden Ausführungen nicht an.

e) Aus den dargelegten Gründen ist zudem die von der [X.] für relevant gehaltene Frage unerheblich, ob das beworbene [X.] wenn nicht bei der [X.], so doch zumindest bei einem anderen Händler zum Zeitpunkt der Werbung tatsächlich erhältlich war. Entgegen der Ansicht der Revision kann nicht davon ausgegangen werden, dass Modelle, die zum Zeitpunkt der Werbung von niemandem (mehr) auf dem Markt neuer Personenkraftwagen zum Kauf oder Leasing angeboten werden, ohne die Verbrauchs- und Emissionsangaben mit den in § 5 [X.] bezeichneten Mitteln beworben werden dürfen. Eine entsprechende einschränkende Auslegung der Informationspflichten findet im eigenständig neben dem Anbieten auf die Alternative der Werbung abstellenden Wortlaut der Bestimmungen gemäß § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 und 2 [X.] keine tragfähige Grundlage. Auch der Zweck der Verordnung spricht gegen die von der Revision vertretene einschränkende Auslegung. Die Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, dass Verbraucher durch auf ein bestimmtes [X.] bezogene werbliche Angaben zur Motorleistung oder den Beschleunigungswerten ohne die gleichzeitige Mitteilung des Kraftstoffverbrauchs oder der CO2-Emissionen dazu veranlasst werden könnten, sich mit diesem Modell näher zu befassen und eine Kaufentscheidung zu treffen. Sollte sich später herausstellen, dass der Neuwagen des beworbenen und vom Verbraucher nun begehrten Modells nicht (mehr) produziert wird und auch sonst nicht (mehr) erhältlich ist, ist es naheliegend, dass dieser Verbraucher sich alternativ für eine andere Version des beworbenen Typs oder für den Wagen eines anderen Modells (etwa eines Nachfolgemodells) entscheidet, weil diese eine vergleichbare Motorleistung wie das beworbene Modell aufweisen. Damit hätte die Werbung ihren Zweck erfüllt, ohne dass die Hinweise auf den Kraftstoffverbrauch und auf die Werte der CO2-Emissionen den Verbraucher erreicht hätten und von ihm bei seiner Kaufentscheidung berücksichtigt worden wären.

f) Es ist nach alledem aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Behauptung der [X.] als wahr unterstellt hat, dass der "[X.]" in einer limitierten Auflage von 1000 Stück hergestellt worden und zum Zeitpunkt der Werbung auf der [X.]-Seite der [X.] bereits vergriffen gewesen sei. Auf die weitere vom Berufungsgericht insoweit gegebene Begründung und die dagegen von der Revision erhobenen [X.] kommt es nicht mehr an.

C. Danach ist die Revision der [X.] mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Koch     

        

Löffler     

        

Schwonke

        

Feddersen      

        

Odörfer      

        

Meta

I ZR 115/20

01.04.2021

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 11. Juni 2020, Az: 6 U 50/18

§ 1 Abs 1 Pkw-EnVKV, § 5 Abs 1 Pkw-EnVKV, § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 Pkw-EnVKV, § 5a UWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.04.2021, Az. I ZR 115/20 (REWIS RS 2021, 7235)

Papier­fundstellen: WM2021,1203 NJW 2021, 3258 GRUR 2021, 977 MMR 2021, 632 MDR 2022, 182-183 REWIS RS 2021, 7235


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 115/20

Bundesgerichtshof, I ZR 115/20, 01.04.2021.


Az. 6 U 50/18

Oberlandesgericht Köln, 6 U 50/18, 27.07.2018.


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