Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 11.04.2013, Az. I ZR 91/11

1. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6731

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URHEBER- UND MEDIENRECHT URHEBER BUNDESGERICHTSHOF (BGH) WERBUNG INTERNET

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Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung der Urheberrechtsrichtlinie: Erstreckung des Verbreitungsrechts für Originale oder Vervielfältigungsstücke auf das Angebot zum Erwerb und entsprechende Werbemaßnahmen - Marcel-Breuer-Möbel


Leitsatz

Marcel-Breuer-Möbel

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Umfasst das Verbreitungsrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten?

Falls die erste Frage zu bejahen ist:

2. Umfasst das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten, nicht nur Vertragsangebote, sondern auch Werbemaßnahmen?

3. Ist das Verbreitungsrecht auch dann verletzt, wenn es aufgrund des Angebots nicht zu einem Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken des Werkes kommt?

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem [X.] werden zur Auslegung des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ([X.] L 167 vom [X.], S. 10) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Umfasst das Verbreitungsrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten?

Falls die erste Frage zu bejahen ist:

2. Umfasst das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten, nicht nur Vertragsangebote, sondern auch Werbemaßnahmen?

3. Ist das Verbreitungsrecht auch dann verletzt, wenn es aufgrund des Angebots nicht zu einem Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken des Werkes kommt?

Gründe

1

I. Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft [X.] Rechts, gehört zur [X.]-Gruppe, die hochwertige Möbel herstellt und weltweit verkauft. Muttergesellschaft der [X.]-Gruppe ist die in [X.]/[X.] ansässige [X.], Inc. Die Beklagte zu 1, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach [X.] Recht, vertreibt europaweit Designmöbel im Direktvertrieb. Der Beklagte zu 2 ist ihr Geschäftsführer.

2

Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte zu 1 vertreiben Möbel nach Entwürfen von [X.] (Sessel „[X.]“, Tisch „[X.]“) und [X.] (Sessel, Hocker, Liege und Tisch „[X.]“, Stühle „[X.]“ und „[X.]“ sowie einen „Freischwinger“-Sessel).

3

Die Beklagte zu 1 wirbt auf ihrer [X.]seite „www.dimensione-bauhaus.com“ für den Kauf ihrer Möbel. Die Seite ist auch in [X.] abrufbar. Daneben warb die Beklagte zu 1 für ihre Angebote in den Jahren 2005 und 2006 regelmäßig in [X.] in verschiedenen Tageszeitungen und Zeitschriften sowie einem Werbeprospekt mit dem Hinweis:

Sie erwerben Ihre Möbel bereits in [X.], bezahlen aber erst bei Abholung oder Anlieferung durch eine inkassoberechtigte Spedition (wird auf Wunsch von uns vermittelt).

4

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - in erster Linie urheberrechtliche Ansprüche und hilfsweise wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend gemacht.

5

Zu den urheberrechtlichen Ansprüchen hat die Klägerin vorgetragen, die in Rede stehenden Möbel seien als Werke der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt. Sie sei Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den von [X.] entworfenen Möbeln. Die [X.], Inc. sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an den von [X.] entworfenen Möbeln und habe sie zur Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche ermächtigt. Die Beklagte zu 1 verletze mit ihrer in [X.] veröffentlichten Werbung ihr Recht und das ihrer Muttergesellschaft aus § 17 Abs. 1 Fall 2 [X.], das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten.

6

Die Klägerin hat gestützt auf urheberrechtliche Ansprüche beantragt, den Beklagten zu verbieten, nicht von der Klägerin oder der [X.], Inc. stammende Möbel in [X.] anzubieten, die den im Klageantrag abgebildeten und von [X.] (Sessel „[X.]“, Tisch „[X.]“) und [X.] (Sessel, Hocker, Liege und Tisch „[X.]“, Stühle „[X.]“ und „[X.]“ sowie „Freischwinger“-Sessel) entworfenen Möbeln entsprechen. Ferner hat sie die Beklagten auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen sowie Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht und Bekanntmachung des Urteils beantragt.

7

Das [X.] hat der Klage stattgegeben ([X.], [X.], 211). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

8

II. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des [X.]s und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ([X.] L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10; im Folgenden: Richtlinie 2001/29/[X.]) ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.

9

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien begründet, weil die in Rede stehenden Möbeldesigns von [X.] und [X.] in [X.] als Werke der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 [X.] urheberrechtlich geschützt seien und die Beklagten durch die Werbung für die Möbel in [X.] Pressemedien, in Postwurfsendungen und im [X.] in das Verbreitungsrecht der Klägerin und der [X.], Inc. in der Form des öffentlichen Anbietens aus § 17 Abs. 1 Fall 1 [X.] eingegriffen hätten.

2. Das Verbreitungsrecht im Sinne von § 17 Abs. 1 [X.] ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Da es sich bei dem Verbreitungsrecht um nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des [X.]s und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft harmonisiertes Recht handelt, ist die Bestimmung des § 17 [X.] richtlinienkonform auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] über das Verbreitungsrecht nicht nur einen Mindestschutz begründet, hinter dem die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung ihres Schutzniveaus nicht zurückbleiben dürfen, sondern eine verbindliche Regelung des Verbreitungsrechts auch im Sinne eines Maximalschutzes darstellt (vgl. [X.], Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 247/03, [X.], 840 Rn. 19 f. = WRP 2009, 1127 - [X.], mwN).

3. Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] sehen die Mitgliedstaaten vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten. Der Streitfall wirft drei Fragen zur Auslegung dieser Vorschrift auf: Zunächst stellt sich die Frage, ob das Verbreitungsrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] das Recht umfasst, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten. Falls diese Frage zu bejahen ist, stellen sich zwei weitere Fragen, und zwar zum einen die Frage, ob das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten, nicht nur Vertragsangebote, sondern auch Werbemaßnahmen erfasst, und zum anderen die Frage, ob das Verbreitungsrecht auch dann verletzt ist, wenn es aufgrund des Angebots nicht zu einem Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken des Werkes kommt. Diese Fragen erscheinen auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht hinreichend geklärt.

a) Der Gerichtshof hat durch Urteil vom 17. April 2008 ([X.]/06, [X.]. 2008, [X.] = [X.], 604 - [X.][X.]) die ihm vom Senat (Beschluss vom 5. Oktober 2006 - I ZR 247/03, [X.], 50 = [X.], 86 - [X.]) zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage verneint, ob von einer Verbreitung ausgegangen werden kann, wenn der Öffentlichkeit nur der Gebrauch von Werkstücken eines urheberrechtlich geschützten Werkes überlassen wird oder Werkstücke öffentlich gezeigt werden. Er hat entschieden, dass eine Verbreitung des Originals eines Werkes oder eines Vervielfältigungsstücks davon an die Öffentlichkeit auf andere Weise als durch Verkauf im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] nur bei einer Übertragung des Eigentums an diesem Gegenstand vorliegt und folglich weder der bloße Umstand, dass der Öffentlichkeit der Gebrauch von Werkstücken eines urheberrechtlich geschützten Werks ermöglicht wird, noch der Umstand, dass diese Werkstücke öffentlich gezeigt werden, ohne dass die Möglichkeit zur Benutzung der Werkstücke eingeräumt wird, eine solche Verbreitungsform darstellen ([X.], [X.], 604 Rn. 41 - [X.][X.]).

Diese Entscheidung des Gerichtshofs steht nach Ansicht des Senats nicht der Annahme entgegen, dass das Verbreitungsrecht des Urhebers das der Öffentlichkeit unterbreitete Angebot zum Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken des Werkes umfasst. Eine Verbreitung durch Verkauf im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] setzt allerdings - per definitionem - ebenso wie eine Verbreitung in sonstiger Weise im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] eine Eigentumsübertragung voraus. Den Ausführungen des Gerichtshofs ist jedoch nicht zu entnehmen, dass das Verbreitungsrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] keine Handlungen umfasst, die eine Eigentumsübertragung vorbereiten. Unter den Begriff der Verbreitung des Originals oder von Vervielfältigungsstücken eines Werkes an die Öffentlichkeit auf andere Weise als durch Verkauf im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] fallen zwar allein Handlungen, die mit einer Übertragung des Eigentums an diesem Gegenstand verbunden sind ([X.], [X.], 604 Rn. 36 - [X.][X.]). Das Angebot zum Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken eines Werkes ist jedoch insoweit mit einer Übertragung des Eigentums an diesem Gegenstand verbunden, als es - anders als die Gebrauchsüberlassung oder Ausstellung von Werkstücken ohne Übereignungsabsicht - auf eine Eigentumsübertragung abzielt.

b) Der Gerichtshof hat durch Urteil vom 21. Juni 2012 ([X.], [X.], 817 = [X.], 927 - Donner) die ihm vom 1. Strafsenat des [X.] (Beschluss vom 8. Dezember 2010 - 1 [X.], [X.], 227) zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage, ob unter den Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens eine im Inland erfolgte „Verbreitung an die Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorliegt, dahin beantwortet, dass ein Händler, der seine Werbung auf in einem bestimmten Mitgliedstaat ansässige Mitglieder der Öffentlichkeit ausrichtet und ein spezifisches Lieferungssystem und spezifische Zahlungsmodalitäten schafft oder für sie zur Verfügung stellt oder dies einem Dritten erlaubt und diese Mitglieder der Öffentlichkeit so in die Lage versetzt, sich Vervielfältigungen von Werken liefern zu lassen, die in dem betreffenden Mitgliedstaat urheberrechtlich geschützt sind, in dem Mitgliedstaat, in dem die Lieferung erfolgt, eine „Verbreitung an die Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 [X.] vornimmt.

Zur Begründung hat der Gerichtshof unter anderem ausgeführt, die Verbreitung an die Öffentlichkeit zeichne sich durch eine Reihe von Handlungen aus, die „zumindest“ vom Abschluss eines Kaufvertrags bis zu dessen Erfüllung durch die Lieferung an ein Mitglied der Öffentlichkeit reichten ([X.], [X.], 817 Rn. 26 - Donner). Der Generalanwalt hat in seinen Schlussanträgen die Ansicht vertreten, das ausschließliche Verbreitungsrecht des Urhebers erfasse zwar das Verkaufsangebot, nicht aber Werbemaßnahmen (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts [X.] vom 29. März 2012, juris Rn. 54). Im Blick auf diese Ausführungen des Gerichtshofs und des Generalanwalts erscheint es zweifelhaft, ob die Verbreitung an die Öffentlichkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] das Anbieten von Vervielfältigungsstücken eines Werkes umfasst und ob - gegebenenfalls - ein solches Anbieten nicht nur Vertragsangebote, sondern auch Werbemaßnahmen einschließt und das Verbreitungsrecht auch dann verletzt ist, wenn es aufgrund des Angebots nicht zum Erwerb von Vervielfältigungsstücken kommt.

c) Nach Ansicht des Senats sind diese Fragen zu bejahen (vgl. [X.], Urteil vom 15. Februar 2007 - I ZR 114/04, [X.]Z 171, 151 - [X.] Rn. 33).

aa) Bei der Auslegung einer unionsrechtlichen Vorschrift sind neben ihrem Wortlaut auch der [X.], in dem sie steht, sowie die mit der Regelung verfolgten Ziele zu berücksichtigen (vgl. [X.], Urteil vom 19. September 2000 - [X.]/98, [X.]. 2000, [X.] = EuZW 2000, 723 Rn. 50 - [X.]/[X.]; Urteil vom 7. Dezember 2006 - [X.]/05, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 225 Rn. 34 - [X.]/[X.]; Urteil vom 30. Juni 2011 - [X.], [X.], 913 Rn. 25 - [X.]/[X.], mwN). Aus Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2001/29/[X.] geht hervor, dass die Richtlinie zur Wahrung eines hohen Schutzniveaus im Bereich des geistigen Eigentums beitragen soll. Auch in Erwägungsgrund 9 wird betont, dass jede Harmonisierung des [X.]s und der verwandten Schutzrechte von einem hohen Schutzniveau ausgehen muss, da diese Rechte für das geistige Schaffen wesentlich sind. Nach Erwägungsgrund 11 ist eine rigorose und wirksame Regelung zum Schutz der [X.]e und verwandten Schutzrechte eines der wichtigsten Instrumente, um die notwendigen Mittel für das kulturelle Schaffen in [X.] zu garantieren und die Unabhängigkeit und Würde der Urheber und ausübenden Künstler zu wahren. Erwägungsgrund 11 weist ferner darauf hin, dass ein angemessener Schutz der Urheber und ausübenden Künstler nur gewährleistet ist, wenn sie auch eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke erhalten.

bb) Um diese Ziele der Richtlinie - Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus und einer angemessenen Vergütung - zu erreichen, dürfte es jedenfalls unerlässlich sein, den in Art. 4 Abs. 1 enthaltenen umfassenden Begriff der Verbreitung an die Öffentlichkeit „in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise“ dahin auszulegen, dass er das Anbieten von Vervielfältigungsstücken zum Erwerb umfasst (vgl. [X.]Z 171, 151 Rn. 33 - [X.]; [X.], [X.], 4. Aufl., § 17 [X.] Rn. 8 [X.]; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 3. Aufl., § 17 Rn. 4a; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 17 [X.] Rn. 16; Heerma in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 17 [X.] Rn. 7; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 17 [X.] Rn. 5; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 2010, Rn. 11.4.14; Schricker, GRUR Int. 2004, 786, 789; Goldmann/[X.], [X.], 551, 556; [X.], [X.], 812, 816; [X.], [X.] 2011, 227, 236 f.; Eichelberger, ZUM 2012, 954, 958 f.).

cc) Diese Ziele der Richtlinie dürften darüber hinaus aber auch eine Auslegung erfordern, wonach der Begriff des Anbietens nicht erst Vertragsangebote, sondern bereits Werbemaßnahmen erfasst und das Anbieten das Verbreitungsrecht auch dann verletzt, wenn es aufgrund des Angebots nicht zu einem Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken des Werkes kommt.

(1) Das Anbieten ist im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen und fällt nicht mit dem juristischen Begriff eines Vertragsangebots zusammen. Deshalb stellen bereits Werbemaßnahmen, mit denen zum Erwerb der Vervielfältigungsstücke eines Werks aufgefordert wird, ein vom Verbreitungsrecht im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] erfasstes Angebot an die Öffentlichkeit dar (vgl. zu § 17 [X.] [X.]Z 171, 151 Rn. 27 - [X.]; [X.] aaO § 17 Rn. 9; [X.] in Dreier/[X.] aaO § 17 Rn. 11; Heerma in [X.]/[X.] aaO § 17 Rn. 7; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 17 [X.] Rn. 6; [X.] in Möhring/[X.], [X.]sgesetz, 2. Aufl., § 17 Rn. 11; Schricker, GRUR Int. 2004, 786, 789; [X.], [X.] 2006, 135, 136).

(2) Ein Verbot des Anbietens kann der bereits im Angebot selbst liegenden Gefährdung der wirtschaftlichen Chancen des Rechtsinhabers entgegenwirken (vgl. Schricker, EWiR 2005, 187, 188). Deshalb kommt es für das Verbreiten in Form des Anbietens nicht darauf an, ob es aufgrund des Angebots zum Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken des Werkes kommt (vgl. zu § 17 [X.] [X.]Z 171, 151 Rn. 29 - [X.]; [X.] aaO § 17 Rn. 7 und 9; [X.] in Dreier/[X.] aaO § 17 Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 17 [X.] Rn. 15; Heerma in [X.]/[X.] aaO § 17 Rn. 8; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 17 [X.] Rn. 10; [X.] in Möhring/[X.] aaO § 17 Rn. 11; Schricker, GRUR Int. 2004, 786, 789, mwN).

Bornkamm                      Pokrant                      Büscher

                     Koch                        [X.]

Meta

I ZR 91/11

11.04.2013

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 27. April 2011, Az: 5 U 26/09

Art 4 Abs 1 EGRL 29/2001, Art 267 AEUV, § 2 Abs 1 Nr 4 UrhG, § 2 Abs 2 UrhG, § 17 Abs 1 Alt 1 UrhG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 11.04.2013, Az. I ZR 91/11 (REWIS RS 2013, 6731)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 2335 REWIS RS 2013, 6731

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