Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 26.09.2012, Az. 2 BvR 938/12

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2012, 2797

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung von Art 103 Abs 1 GG bei Nichtberücksichtigung von Parteivortrag bzgl wesentlicher Tatsachen - hier: Versteigerung aufgrund Gesamtausgebots ohne entsprechende Verzichtserklärung des Schuldners (§ 63 Abs 4 ZVG) - teilweise Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Bevollmächtigung sowie mangels hinreichender Substantiierung - Gegenstandswertfestsetzung auf 8000 Euro


Tenor

Die Beschlüsse des [X.] vom 22. Februar 2012 und vom 27. März 2012 - 1 T 34/12 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bad Kreuznach zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

...

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000,00 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

[X.]

1

Die mit einem Eilantrag verbundene Verfassungsbeschwerde wurde, soweit mit ihr die vorstehend unter Ziffer 2. genannten Gerichtsbeschlüsse angegriffen wurden, durch (Teil-)Nichtannahmebeschluss der Kammer vom 27. Juli 2012 nicht zur Entscheidung angenommen. Sie richtet sich nun noch gegen die Zuschlagserteilung in dem vor dem Amtsgericht unter dem Aktenzeichen 11 K 76/06 geführten Zwangsversteigerungsverfahren und deren Bestätigung durch das [X.] im Verfahren 1 T 34/12.

2

1. Durch das Amtsgericht wurde in einem auf den 30. Januar 2012, 10.00 Uhr anberaumten Versteigerungstermin ein in Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern eingetragener und mit einem Mehrfamilienwohnhaus und einer ehemaligen Werkstatt bebauter Grundbesitz versteigert. Auf entsprechende Frage des Gerichts beantragte der Vertreter der das Verfahren betreibenden Gläubigerin, unter Verzicht auf die Vornahme von [X.] alle Wohnungs- und Teileigentumsrechte gemeinsam auszubieten. Die anwesenden Beteiligten stimmten dem Antrag zu. Daraufhin verkündete das Amtsgericht den Beschluss, dass ein Gesamtausgebot aller Wohnungs- und Teileigentumsrechte unter Verzicht auf [X.] erfolge.

3

[X.] später, gegen 10.10 Uhr, erschien die Beschwerdeführerin, die Eigentümerin des zu versteigernden Grundbesitzes war. Zu der Entscheidung der Zulassung des Gesamtausgebots unter Verzicht auf [X.] wurde sie nicht gehört. Einen Verzicht auf [X.] und die Zustimmung zur Zulassung nur eines Gesamtausgebots erklärte sie auch im Übrigen nicht. Um 10.12 Uhr forderte das Amtsgericht zur Abgabe von Geboten ausschließlich auf das Gesamtausgebot auf. Mit angegriffenem Beschluss vom selben Tage erteilte das Amtsgericht dem hierauf Meistbietenden den Zuschlag.

4

2. a) Gegen diesen Beschluss legte die Beschwerdeführerin mit dem Begehren, denselben aufzuheben und den Zuschlag zu versagen, unter dem 13. Februar 2012 sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung stellte sie den Sachverhalt dar und machte geltend, dass das Amtsgericht § 83 Nr. 2, § 63 Abs. 1 [X.] verletzt habe und dies eine Zuschlagsversagung im Sinne des § 100 Abs. 1 [X.] begründe.

5

Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] seien mehrere in demselben Verfahren zu versteigernde Grundstücke einzeln auszubieten. Nach § 63 Abs. 4 [X.] dürfe das [X.] nur unterbleiben, wenn alle anwesenden Beteiligten, deren Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht zu berücksichtigen seien, darauf verzichtet hätten. Dieser Verzicht der anwesenden Beteiligten einschließlich des Schuldners sei bis zur Abgabe von Geboten zu Protokoll des Gerichts zu erklären. Stillschweigen stelle keinen Verzicht dar. Es bedürfe eines positiven Tuns mit eindeutigem Erklärungsgehalt. Eine Verzichtserklärung bezüglich der [X.] habe sie nicht abgegeben; ein solcher Verzicht sei auch nicht protokolliert worden.

6

Sie sei vor Beginn der Bietstunde anwesend gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt könne gemäß § 63 Abs. 4 [X.] der Verzicht erklärt und protokolliert werden. Das sei nicht geschehen. Dass bereits zuvor ein Beschluss gefasst worden sei, nur ein Gesamtausgebot zuzulassen, sei unerheblich, weil ein solcher Beschluss bis zum Beginn der Bietstunde keine Bindungswirkung entfalte. Damit habe ein Zuschlagsversagungsgrund im Sinne des § 83 Nr. 2 [X.] vorgelegen mit der Folge, dass der Zuschlag nach § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1, § 86 [X.] zu versagen gewesen wäre.

7

b) Mit angegriffenem Beschluss vom 22. Februar 2012 wies das [X.] die sofortige Beschwerde zurück. Das Amtsgericht habe nicht gegen § 83 Nr. 2, § 63 Abs. 1 [X.] verstoßen. Die Beschwerdeführerin sei nicht zu der Frage der Zulassung [nur] eines Gesamtausgebots gehört worden, weil sie - verspätet - erst um 10.10 Uhr erschienen sei. Die Frage sei schon um 10.00 Uhr geklärt und danach nicht mehr thematisiert worden.

8

Der Verzicht der anwesenden Beteiligten auf [X.] sei zu Protokoll des Gerichts zu erklären. Das sei hier fehlerfrei getan worden. Neue Beteiligte, die erst während der Bietzeit erschienen, müssten nicht auch noch verzichten und damit auch nicht befragt werden, ob sie zustimmten, dass [X.] unterblieben.

9

3. a) Mit der gegen den Beschluss des [X.]s vom 22. Februar 2012 erhobenen Anhörungsrüge vom 6. März 2012 beanstandete die Beschwerdeführerin, dass das [X.] den Sachverhalt evident verfehlt habe.

Sie habe in ihrer sofortigen Beschwerde vorgetragen, dass sie kurz nach Beginn der auf 10.00 Uhr terminierten Versteigerung, nämlich um 10.10 Uhr, etwas verspätet den Saal betreten habe. Zu diesem Zeitpunkt habe die Bietstunde noch nicht begonnen gehabt. Diese sei erst um 10.12 Uhr eröffnet worden. Demgegenüber führe das [X.] im Beschluss vom 22. Februar 2012 aus, dass neue Beteiligte, "die erst während der Bietzeit erscheinen", nicht mehr gefragt werden müssten. Dieser zeitliche Verlauf sei jedoch gerade nicht gegeben.

Im Übrigen verkenne das [X.] offenkundig die Rechtslage. Ein Verstoß seitens des [X.] gegen § 63 Abs. 4 [X.] begründe nach ständiger Rechtsprechung des [X.] einen Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 2 [X.]. So habe der [X.] in seiner jüngsten Entscheidung - Beschluss vom 2. Februar 2012, Aktenzeichen [X.] - zutreffend festgestellt, dass auch der spätestens vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Termin anwesende Schuldner auf [X.] verzichten müsse, wenn diese ausgeschlossen werden sollten, und sich daran auch durch eine vorherige Beschlussfassung über den Ausschluss von [X.] nichts ändere. Weiter habe der [X.] ausgeführt, dass eine andere Auffassung für die Beteiligten eine Verkürzung der Erklärungsfrist zur Folge hätte. Das entspräche jedoch nicht der Regelung in § 63 Abs. 4 Satz 2 [X.]. Diese Regelung ermögliche den Beteiligten die Abgabe der Verzichtserklärung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Bis dahin müssten sie sich nicht erklären. Im Falle ihrer Anwesenheit zu diesem Zeitpunkt bedürfe es jedoch der Erklärung des Verzichts auf [X.], andernfalls die Versteigerung ausschließlich aufgrund eines Gesamtausgebots unzulässig sei.

Die Gehörsverletzung sei auch entscheidungserheblich. Hätte das Gericht den Sachverhalt richtig erfasst, hätte es nicht zu ihrem Nachteil entscheiden dürfen, denn eine Zustimmung zu einem Gesamtausgebot unter Verzicht auf [X.] habe sie - rechtzeitig vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anwesend - unstreitig nicht erklärt; es sei nicht ausgeschlossen, dass bei einer Einzelausbietung ein höherer [X.] erzielt worden wäre.

Im Übrigen sei das Gericht gehalten gewesen, die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil es mit seiner Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. Februar 2012 - [X.] - und vom 1. Juli 2010 - [X.]) abgewichen sei.

b) Mit angegriffenem Beschluss vom 27. März 2012 wies das [X.] die Anhörungsrüge zurück. Zur Begründung der Anhörungsrüge habe die Beschwerdeführerin vortragen lassen, dass sie vor Beginn der Bietstunde erschienen sei. Die Anhörungsrüge habe keinen Erfolg; es werde insofern ausschließlich auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des [X.]s verwiesen.

I[X.]

1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die angegriffenen Gerichtsbeschlüsse sie in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzten, weil ihr Vorbringen, dass sie vor der Bietzeit und der Aufforderung des Gerichts zur Abgabe von Geboten im Gerichtssaal anwesend gewesen sei, nicht gewürdigt worden sei. Das [X.] habe diesen Vortrag gänzlich unbeachtet gelassen; es stelle ausschließlich darauf ab, dass sie erst nach Beginn der Bietzeit erschienen sei und daher nicht mehr habe gefragt werden müssen, ob sie dem Gesamtausgebot unter Verzicht auf [X.] zustimme. Hätte das Gericht ihren Vortrag berücksichtigt, hätte es - vgl. [X.], Beschluss vom 2. Februar 2012 - [X.] - nicht zu ihrem Nachteil entscheiden dürfen.

2. Die am Verfahren vor dem [X.] Beteiligten und das [X.] hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Ministerium und der im Versteigerungstermin Meistbietende haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die das Zwangsversteigerungsverfahren betreibende Gläubigerin hat sich den angegriffenen Beschlüssen des [X.]s vollinhaltlich angeschlossen; Gründe, welche die Annahme der Verfassungsbeschwerde rechtfertigen könnten, vermag sie nicht zu erkennen.

3. [X.] des [X.] sind beigezogen worden.

II[X.]

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, soweit sie sich gegen die Beschlüsse des [X.]s vom 22. Februar 2012 und 27. März 2012 richtet, und gibt ihr insoweit statt. Die Annahme in diesem Umfang ist zur Durchsetzung des verfassungsmäßigen Rechts der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Entscheidung durch die Kammer liegen vor (§ 93c Abs. 1 [X.]).

Die Verfassungsbeschwerde ist im Umfang ihrer Annahme zulässig und in einer die Zuständigkeit der Kammer eröffnenden Weise offensichtlich begründet. Der Beschluss des [X.]s vom 22. Februar 2012 verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Der Verstoß ist entscheidungserheblich. Der Beschluss des [X.]s vom 27. März 2012 hilft dem Verstoß nicht ab.

1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. [X.] 42, 364 <367 f.>; 47, 182 <187>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 16. September 2010 - 2 BvR 2394/08 -, juris, Rn. 14). Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings nur dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. [X.] 25, 137 <141 f.>; 47, 182 <187>). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (vgl. [X.] 40, 101 <104>; 47, 182 <187>). Die Gerichte sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung der Entscheidung ausdrücklich zu befassen (vgl. [X.] 13, 132 <149>; 42, 364 <368>; 47, 182 <187>). Deshalb müssen, wenn das [X.] einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen soll, im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. [X.] 27, 248 <252>; 47, 182 <187 f.>). Dergleichen Umstände können insbesondere dann vorliegen, wenn das Gericht wesentliche, das [X.]vorbringen eines Beteiligten darstellende Tatsachen unberücksichtigt lässt. Geht das Gericht auf [X.] des [X.] zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in der Begründung der Entscheidung nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert ist (vgl. [X.] 86, 133 <146>; [X.]K 6, 334 <340>; 10, 41 <46>). Daraus ergibt sich eine Pflicht der Gerichte, die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen in den Entscheidungsgründen zu verarbeiten (vgl. [X.] 47, 182 <189>; [X.]K 10, 41 <46>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 16. September 2010, a.a.[X.]).

2. Nach diesem Maßstab verletzt der Beschluss des [X.]s vom 22. Februar 2012 die Beschwerdeführerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Denn der Beschluss lässt nicht erkennen, dass das Gericht [X.] ihres [X.] zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. [X.] ihres [X.] war, dass sie um 10.10 Uhr erschienen sei, das Amtsgericht erstmals um 10.12 Uhr zur Abgabe von Geboten aufgefordert habe und sie somit im maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich vor Beginn der Bietstunde anwesend gewesen sei, ohne zur Frage der Zulassung eines Gesamtausgebots unter Verzicht auf [X.] gehört worden zu sein, geschweige denn einer solchen Verfahrensweise zugestimmt zu haben. Das [X.] legte demgegenüber - hiervon abweichend - seiner Entscheidung zugrunde, dass die Beschwerdeführerin erst nach Beginn der Bietstunde erschienen sei, wie anhand seiner Ausführungen zum Verzicht auf [X.]

- "Der Verzicht der anwesenden Beteiligten auf [X.] (§ 62 Abs. 4 [X.]) ist zu Protokoll des Gerichts zu erklären. Dies ist vorliegend fehlerfrei getan worden. Neue Beteiligte, die erst während der Bietzeit erscheinen, müssen daher nicht auch noch verzichten …" -

zu erkennen ist. Aufgrund dieser Ausführungen ist zudem festzustellen, dass es für die Frage der Erforderlichkeit der Verzichtserklärung nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts nicht unerheblich war, ob ein Beteiligter vor Beginn oder erst während der Bietzeit erscheint.

3. Durch den Beschluss des [X.]s vom 27. März 2012 wurde der Gehörsverletzung nicht abgeholfen. Das [X.] nahm darin zwar den Tatsachenvortrag der Beschwerdeführerin, vor Beginn der Bietstunde erschienen zu sein, und ihren Rechtsstandpunkt, dass sie deshalb ausdrücklich auf [X.] hätte verzichten müssen, zur Kenntnis, zog diesen [X.]vortrag bei der Entscheidung über den Erfolg der [X.] jedoch nicht (ernsthaft) in Erwägung. Die vom [X.] gegebene Begründung

- "Die [X.] der Beschwerdeführerin hat keinen Erfolg, es wird insofern ausschließlich auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des [X.]s verwiesen" -,

erwähnt dieses [X.]vorbringen nicht ansatzweise; eine Auseinandersetzung mit dem Beschluss des [X.] vom 2. Februar 2012 ([X.] - juris) findet nicht statt. Dabei lag diese hier besonders nahe, weil der [X.] - wie von der Beschwerdeführerin in der Anhörungsrüge zutreffend ausgeführt - in Fallkonstellationen wie im Ausgangsverfahren eine Versteigerung ausschließlich aufgrund eines Gesamtausgebots jedenfalls bei nicht rechtsmissbräuchlichem Verhalten des Schuldners als unzulässig ansieht, falls - wie hier - der Schuldner zu Beginn der Bietzeit anwesend ist und es an einer von ihm stammenden Erklärung, auf [X.] zu verzichten, fehlt.

4. Der angegriffene Beschluss des [X.]s vom 22. Februar 2012 beruht auf dem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, weil nicht auszuschließen ist, dass das [X.] eine andere, der Beschwerdeführerin günstige Entscheidung getroffen hätte, wenn es ihr [X.]vorbringen zur Kenntnis genommen und (ernsthaft) in Erwägung gezogen hätte. Der Beschluss unterliegt infolgedessen der Aufhebung. Gleichfalls aufzuheben ist der mitangegriffene Beschluss des [X.]s vom 27. März 2012, weil sich die Aufhebung einer gerichtlichen Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen ein grundrechtsgleiches Recht auch auf nachfolgende Entscheidungen erstreckt, welche auf Rechtsbehelfe hin ergangen sind und die vorangegangene Entscheidung bestätigen (vgl. [X.] 4, 412 <424>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 16. September 2010, a.a.[X.], Rn. 22). Die Sache ist an das [X.] zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 [X.]).

IV.

Soweit die Verfassungsbeschwerde gegen den im Verfahren 11 K 76/06 ergangenen Beschluss des Amtsgerichts vom 30. Januar 2012 gerichtet wird, ist sie nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die im [X.] vorgelegte Vollmachtsurkunde umfasst den Beschluss des Amtsgerichts nicht. Darüber hinaus genügt das Beschwerdevorbringen insoweit nicht den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.].

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

V.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung im [X.], die unter Mitberücksichtigung des durch Beschluss vom 27. Juli 2012 nicht zur Entscheidung angenommenen Teils der Verfassungsbeschwerde ([X.]) ergeht, beruht auf § 34a Abs. 2 [X.].

Der nach § 37 Abs. 2 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im [X.] beträgt mindestens 4.000,00 € und, wenn der Verfassungsbeschwerde durch die Entscheidung einer Kammer stattgegeben wird, in der Regel 8.000,00 €. Hier wird der Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des [X.]s stattgegeben. Weder die objektive Bedeutung der Sache noch Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit weisen Besonderheiten auf, die zu einer Abweichung Anlass geben.

V[X.]

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 938/12

26.09.2012

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend LG Bad Kreuznach, 27. März 2012, Az: 1 T 34/12, Beschluss

Art 103 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 63 Abs 1 S 1 ZVG, § 63 Abs 4 S 2 ZVG, § 83 Nr 2 ZVG, § 100 Abs 1 ZVG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 26.09.2012, Az. 2 BvR 938/12 (REWIS RS 2012, 2797)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2797

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZB 6/11 (Bundesgerichtshof)

Zwangsversteigerung von mehreren Grundstücken in demselben Verfahren: Voraussetzung für das Gesamtausgebot unter Ausschluss von Einzelausgeboten


V ZB 55/06 (Bundesgerichtshof)


IXa ZB 25/03 (Bundesgerichtshof)


V ZB 139/06 (Bundesgerichtshof)


V ZB 6/11 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.