Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2016, Az. 5 StR 162/16

5. Strafsenat | REWIS RS 2016, 3431

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Gegenstand

Revisionsgerichtliche Nachprüfung des Strafausspruchs: Aufhebung auffallend milder Einzelstrafen und der Gesamtstrafe bei banden- und gewerbsmäßigen Betrugstaten mit einem hohen Schadensumfang im sechsstelligen Bereich


Tenor

1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 30. Juli 2015 betreffend die Angeklagten [X.]     , [X.], [X.], [X.] [X.].    aufgehoben

a) jeweils im gesamten Strafausspruch,

b) soweit das [X.] bezüglich der Fälle 1 bis 3 der Urteilsgründe Entscheidungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO unterlassen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.]s zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen –

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten namentlich wegen vielfacher, teils banden- und gewerbsmäßig begangener Betrugstaten und (banden- und gewerbsmäßiger) [X.] schuldig gesprochen. Es hat deswegen verurteilt

• die Angeklagten [X.]und [X.]       jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten,

• die Angeklagten [X.] [X.].    jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und

• den Angeklagten [X.]unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus einem anderen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.

2

Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten [X.]     , [X.]      , [X.] [X.].    sowie der zweiten gegen den Angeklagten [X.]verhängten Gesamtfreiheitsstrafe hat das [X.] zur Bewährung ausgesetzt. Gegen das Urteil richten sich mit der Sachrüge geführte und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die durch den [X.] zum Teil vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.

3

1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, aufgrund der Hauptverhandlung die wesentlichen be- und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn sich beispielsweise die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs soweit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten [X.] liegt (st. Rspr. vgl. etwa [X.], Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 6/15; dort nicht abgedruckt; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl. Rn. 833).

4

Gemessen hieran ist die Entscheidung des [X.]s nicht mehr hinnehmbar. Die banden- und gewerbsmäßig handelnden Angeklagten haben professionell mit hohem Organisationsgrad ([X.] f.), unter Nutzung von Gesellschaften und Fälschung zahlreicher Unterlagen eine Vielzahl von Straftaten mit einem Schaden von etwa 400.000 Euro zum Nachteil der [X.] begangen (Fälle 1 bis 3). Darüber hinaus haben sie sich mit einer Beuteerwartung von weiteren mehreren hunderttausend Euro zu Straftaten ähnlichen Charakters verabredet oder haben versucht, sie zu begehen (Fälle 4 bis 7). Angesichts dessen sind die verhängten Einzel- und Gesamtfreiheitsstrafen auch unter Berücksichtigung der vom [X.] zugunsten der Angeklagten angeführten Gesichtspunkte unvertretbar niedrig. Es ist dabei – ausgenommen die erste Gesamtfreiheitstrafe betreffend den Angeklagten [X.]– zu besorgen, dass das [X.] nicht nur die Bemessung der Gesamtstrafen, sondern auch bereits der Einzelstrafen so vorgenommen hat, dass die Vollstreckung noch zur Bewährung ausgesetzt werden konnte (vgl. [X.], Urteile vom 7. Februar 2012 – 1 [X.], [X.]St 57, 123, 134; vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, [X.]St 29, 319, 321; zum Ganzen [X.]/[X.]/[X.], aaO Rn. 189). Auf die durch den [X.] erhobenen Einzeleinwendungen kommt es daher nicht mehr an.

5

2. Das Tatgericht hat zudem Entscheidungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO zu Unrecht unterlassen. Ob es eine solche Entscheidung trifft, steht zwar in seinem Ermessen und unterliegt insoweit einer nur eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung ([X.], Urteil vom 20. Februar 2013 – 5 [X.], [X.]St 58, 152). Unterlässt es das Tatgericht aber, eine solche Entscheidung zu treffen, und lässt sich dem Urteil mangels Ausführungen hierzu nicht entnehmen, aus welchen Gründen es eine solche Entscheidung nicht getroffen hat, so liegt ein Rechtsfehler im Sinne von § 337 StPO vor (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 2014 – 4 StR 60/14, [X.]St 60, 75, 77 f.). Vorliegend ist von einem derartigen Rechtsfehler auszugehen, weil entsprechende Feststellungen unter Berücksichtigung des Umfangs der Schadenswiedergutmachung mit Blick auf die Höhe der erlangten Geldbeträge in den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe naheliegen.

6

3. Da es sich nur um [X.] handelt, können die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bestehen bleiben; sie können um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.

[X.]                          Schneider                         Dölp

                   König                            Feilcke

Meta

5 StR 162/16

25.10.2016

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 30. Juli 2015, Az: 519 KLs 2/15

§ 46 StGB, § 263 Abs 1 StGB, § 263 Abs 4 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2016, Az. 5 StR 162/16 (REWIS RS 2016, 3431)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3431

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