Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2003, Az. IX ZR 56/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3963

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[X.] DES VOLKESURTEILIX ZR 56/02Verkündet am:13. März 2003PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 16. Januar 2003 durch die [X.] Kirchhof, [X.], [X.], [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 6. Februar 2002 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Durch Beschluß des [X.] vom 19. August 1999 wurdegemäß § 21 Abs. 2 Ziffer 1 [X.] die vorläufige Verwaltung des Vermögens [X.] (im folgenden: Schuldnerin) angeordnet und der Kläger zumvorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 [X.]wurde angeordnet, daß Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung desvorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.Im folgenden machte die Beklagte die ihr von dem Kläger angetragenebetriebsnotwendige Reparatur einer der Schuldnerin gehörenden Waage vonder Begleichung noch offenstehender Rechnungen in Höhe von 6.409,40 [X.] Reparaturen aus der [X.] vor Stellung des Insolvenzantrags abhängig. [X.] versprach die Bezahlung unter dem 28. September 1999 mit der Be-- 3 -gründung, "da Ihre Mandantschaft eine Reparatur der Waage ... vom Ausgleichder vor dem Insolvenzereignis liegenden Forderung zur Bedingung gemachthat". Er überwies den fraglichen Betrag und bezahlte zugleich die neue Repa-ratur.Durch Beschluß des [X.] vom 1. November 1999 wurdeüber das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und [X.] zum Insolvenzverwalter bestimmt. Anschließend verlangte dieser er-folglos von der Beklagten unter Berufung auf die Vorschriften der Insolvenzan-fechtung die Rückzahlung des auf die [X.] bezahlten Betrages. [X.] hat der Klage stattgegeben, das [X.] - dessen Urteil in [X.], 362 veröffentlicht ist (dazu [X.] EWiR 2002, 351) - die Berufung [X.] zurückgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Revision begehrt dieseweiterhin die Klageabweisung.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.I.Das [X.] hat die Klage gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2, § 143 Abs. 1[X.] für begründet gehalten. Es hat ausgeführt, Rechtshandlungen des vorläu-figen Insolvenzverwalters, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögendes Schuldners nicht übergegangen sei, seien durch den endgültigen [X.], und zwar selbst dann, wenn dieser mit dem [X.] und die Rechtshandlung notwendig gewesen sei, um den Betrieb des- 4 -Schuldners fortzuführen. Bei der Bezahlung der [X.] habe der [X.] "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter ohne Verwaltungs- und Verfü-gungsbefugnis gehandelt. Ob er wie ein "starker" vorläufiger Insolvenzverwalteraufgetreten sei, habe keine Bedeutung. Durch die Zahlung sei die [X.] benachteiligt worden. Die Anfechtung sei nicht treuwidrig. Ein - hilfs-weise geltend gemachtes - Zurückbehaltungsrecht stehe der Beklagten nichtzu, weil ein etwa vereinbarter verlängerter und erweiterter Eigentumsvorbehaltan für die Reparaturen verwendeten Einzelteilen erst mit Begleichung der Kla-geforderung wiederauflebe.[X.] - wie das [X.] gemeint hat - die Tilgung der [X.]nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 [X.] anfechtbar ist, mag dahinstehen (vgl. hierzu [X.] vom heutigen [X.], z.[X.]. in [X.], dort II 1 b derEntscheidungsgründe). Jedenfalls hat der Kläger die von ihm mit der Beklagtengetroffene Abrede, wonach er, falls die Beklagte die ausstehende Leistungerbringe, neben der dafür geschuldeten Vergütung auch die [X.] be-zahle, wirksam nach § 132 Abs. 1 Nr. 2 [X.] angefochten.1. [X.] war ein "Rechtsgeschäft des Schuldners", weil in Erman-gelung der Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots die Verwaltungs-und Verfügungsbefugnis beim Schuldner verblieben war (§ 22 [X.]). [X.] wurde nach dem Eröffnungsantrag abgeschlossen, und die [X.] hatte davon auch Kenntnis, weil der Kläger sich ihr gegenüber als vor-läufiger Insolvenzverwalter [X.] -2. Das Rechtsgeschäft hat die Insolvenzgläubiger, wie im Rahmen des§ 132 [X.] vorausgesetzt, unmittelbar benachteiligt.a) Daß der objektive Wert der ausstehenden Leistung höher war als [X.], die der Kläger zu zahlen bereit war, ist weder festgestellt noch vonder Beklagten geltend gemacht worden. Die Auffassung der Revision, die [X.] habe für die Reparatur einen einheitlichen Preis verlangt - und erhalten -,der den offenen Betrag der [X.] miteingeschlossen habe, findet inden tatrichterlichen Feststellungen keine Stütze. Vielmehr ist davon auszuge-hen, daß die Beklagte für die Reparatur einen angemessenen Preis unddaneben die Befriedigung ihrer [X.] verlangt hat. Ob der Sachver-halt, den die Revision im Auge hat, eine andere rechtliche Wertung rechtferti-gen würde, kann deshalb offenbleiben.b) Das Vorliegen einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung im Rah-men des § 132 Abs. 1 [X.] ist ausschließlich mit Bezug auf das [X.] den konkret ausgetauschten Leistungen zu beurteilen. Dies hat [X.] in seinem Urteil in der [X.] im einzelnen ausgeführt (vgl.dort II 2 c bb, [X.]). Es ist deshalb unerheblich, [X.] die - von der Bezahlung der [X.] abhängig gemachte - Bereit-schaft der Beklagten, den neuen Reparaturauftrag auszuführen, es der Schuld-nerin ermöglicht hat, ihren Betrieb fortzuführen. Ebensowenig stichhaltig ist das- für sich genommen zutreffende - Argument der Revision, die [X.] verpflichtet gewesen, den neuen Reparaturauftrag des [X.] zu über-nehmen. Wenn die Beklagte diesen Auftrag, ungeachtet der ihr dafür angebo-tenen Bezahlung, hätte ablehnen dürfen, folgt daraus nicht, daß sie die Über-nahme in gläubigerbenachteiligender Weise von weiteren Gegenleistungen ab-hängig machen [X.]) Eine Anfechtung scheidet allerdings ausnahmsweise aus, wenn derspätere Insolvenzverwalter durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrau-enstatbestand beim Empfänger begründet hat und dieser infolgedessen [X.] und Glauben (§ 242 BGB) damit rechnen durfte, ein nicht mehr entziehba-res Recht errungen zu haben ([X.] 118, 374, 381 f).Im vorliegenden Fall ist ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten indie Unanfechtbarkeit der mit dem Kläger getroffenen Abrede nicht erkennbar.Ob die Beklagte den Kläger für einen "starken" - nämlich mit der Rechtsstellungdes § 22 [X.] ausgestatteten - vorläufigen Insolvenzverwalter gehalten hat, istunerheblich. Eine schutzwürdige Vertrauenslage scheidet hier bereits nach demeigenen Vortrag der Beklagten aus. Danach hat der Kläger ihren damaligenanwaltlichen Vertreter telefonisch "angefleht", die Beklagte möge die Waagereparieren, und dabei darauf hingewiesen, die Reparatur sei dringend erforder-lich, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Daraufhin hat der Rechtsanwalt [X.] verlangt, daß zusätzlich zu den Kosten der neuen Reparatur auchdie noch offenen [X.] beglichen werden. Dem Vorbringen des [X.], er habe den Anwalt der Beklagten darauf aufmerksam gemacht, daß [X.]s Begehren der Insolvenzordnung [X.], daß jener sich dadurch [X.] habe beeindrucken lassen, hat sie nicht widersprochen.3. Nicht zu beanstanden ist schließlich die Versagung eines Zurückbe-haltungsrechts durch das Berufungsgericht.Die Beklagte hat dieses Zurückbehaltungsrecht auf einen Aussonde-rungsanspruch wegen zweier Gleichrichter, dreier Spannungsregler und einesAkkus gestützt. Nach ihrem eigenen Vortrag liegt es nahe, daß sie diese Ein-zelteile bei den früheren Reparaturen unter Eigentumsvorbehalt geliefert und- 7 -eingebaut hat. Dann scheitert ein Herausgabeanspruch bereits daran, daß [X.] Einzelteile seit ihrem Einbau nicht mehr als selbständige Sachen existieren.Gleichzeitig ist das von der Beklagten vorbehaltene Eigentum untergegangen(§ 947 Abs. 2 BGB). Durch die Vereinbarung einer Verbindungsklausel hättesich die Beklagte möglicherweise einen Miteigentumsanteil an der [X.] sichern können (vgl. MünchKomm-[X.]/Ganter, § 47 Rn. 118). Die vonder Beklagten vorgelegten Liefer- und Zahlungsbedingungen enthalten [X.] derartige Klausel.Kirchhof Ganter [X.] [X.]

Meta

IX ZR 56/02

13.03.2003

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2003, Az. IX ZR 56/02 (REWIS RS 2003, 3963)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3963

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