Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.12.2014, Az. 3 StR 521/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 211

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Gegenstand

Verhängung einer Jugendstrafe: Bemessung der Schwere der Schuld; Grundsätze der Strafzumessung bei möglichem Vorliegen eines minder schweren Falles


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. Juli 2014 - soweit es ihn betrifft - im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen Versuchs der Beteiligung an einem Raub zu einer Jugendstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

[X.] hat keinen Bestand. Die Erwägungen, mit denen das [X.] in vergleichender Beurteilung der Taten nach Erwachsenenstrafrecht das Vorliegen eines minder schweren Falles (§ 249 Abs. 2 StGB) verneint hat, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

3

Zutreffend ist die [X.] davon ausgegangen, dass sowohl bei der Beurteilung der Schuldschwere im Sinne des § 17 Abs. 2 Alt. 2 [X.] wie bei der Zumessung der konkreten Jugendstrafe der äußere Unrechtsgehalt der Tat insofern von Belang ist, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des [X.] und die Schwere der Schuld gezogen werden können (vgl. [X.], Urteil vom 11. November 1960 - 4 StR 387/60, [X.]St 15, 224, 226). Dabei ist zur Bestimmung der zurechenbaren Schuld des jugendlichen oder heranwachsenden [X.] das Tatunrecht am Maßstab der gesetzlichen Strafandrohungen des Erwachsenenstrafrechts heranzuziehen; denn die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts behalten insoweit ihre Bedeutung, als in ihnen die Bewertung des Tatunrechts zum Ausdruck kommt. Dies gilt namentlich dort, wo sich die Tat, nach Erwachsenenstrafrecht beurteilt, als minder schwerer Fall darstellen würde ([X.], Beschlüsse vom 4. November 1987 - 3 [X.], [X.]R [X.] § 18 Abs. 1 Satz 3 minder schwerer Fall 3; vom 21. August 2012 - 4 [X.], [X.], 50, ; vom 5. Juni 2013 - 2 StR 189/13, [X.], 291; vom 8. Januar 2014 - 3 [X.], [X.], 409; Urteil vom 9. August 2000 - 3 StR 176/00, NStZ-RR 2001, 215, 216).

4

Im Rahmen der hierfür vorzunehmenden Gesamtwürdigung hat das [X.] indes den vertypten [X.] nach § 30 Abs. 1 und 2, § 49 Abs. 1 StGB nicht berücksichtigt.

5

Sieht das Gesetz den Sonderstrafrahmen eines minder schweren Falles vor und ist auch ein gesetzlich vertypter [X.] gegeben, so muss bei der [X.] zunächst geprüft werden, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung vorab auf die allgemeinen Strafzumessungsgründe abzustellen. Vermögen bereits diese die Annahme eines minder schweren Falles allein zu tragen, stehen die den gesetzlich vertypten [X.] verwirklichenden Umstände noch für eine (weitere) Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB zur Verfügung. Ist jedoch nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen, so sind zusätzlich die den gesetzlich vertypten [X.] verwirklichenden Umstände in die gebotene Gesamtabwägung einzubeziehen. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin die Anwendung des milderen Sonderstrafrahmens nicht für gerechtfertigt hält, darf er den (allein) wegen des vorliegenden gesetzlich vertypten [X.]es herabgesetzten Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 27. April 2010 - 3 [X.], [X.], 336 ; vom 5. August 2014 - 3 [X.], juris Rn. 6).

6

Dem wird das angegriffene Urteil nicht gerecht. Die [X.] hat nach einer Gesamtwürdigung der allgemeinen Strafzumessungsgründe das Vorliegen eines minder schweren Falles des Raubes verneint und lediglich eine für den Fall der Anwendung von Erwachsenenstrafrecht hypothetische Milderung des Strafrahmens nach § 30 Abs. 1 und 2, § 49 Abs. 1 StGB vorgenommen. Damit hat es die Prüfung versäumt, ob bei Anwendung von Erwachsenenstrafrecht nicht wegen Vorliegens des vertypten [X.]es ein minder schwerer Fall nach § 249 Abs. 2 StGB vorläge.

7

Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Gericht dann, wenn es in Anlehnung an das Erwachsenenstrafrecht einen minder schwerer Fall angenommen hätte, nicht auf die Schwere der Schuld erkannt oder jedenfalls eine niedrigere Jugendstrafe verhängt hätte.

Becker                        Pfister                          Schäfer

               Gericke                        Spaniol

Meta

3 StR 521/14

17.12.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Osnabrück, 28. Juli 2014, Az: 3 KLs 11/14

§ 17 Abs 2 Alt 2 JGG, § 18 Abs 1 S 3 JGG, § 18 Abs 2 JGG, § 30 Abs 1 StGB, § 30 Abs 2 StGB, § 49 Abs 1 StGB, § 249 Abs 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.12.2014, Az. 3 StR 521/14 (REWIS RS 2014, 211)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 211

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