Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2000, Az. VIII ZR 276/99

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 927

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[X.] DES VOLKESVERSÄUMNISURTEILVIII ZR 276/99Verkündet am:11. Oktober 2000Zöller,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 16. September 1999 auf-gehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 14. Zivil-senat des [X.] zurückverwiesen.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Von Rechts [X.]:Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zinszahlungen in Höhe von1.467.083,59 [X.] gemäß § 25 [X.]-Bilanzgesetz für die [X.] vom 1. Juli 1990bis 31. Dezember 1992.Die Beklagte wurde als ehemaliges Kombinat der [X.] am 22. Juni 1990in eine Aktiengesellschaft mit der Firma [X.]AG umgewandelt. Die Klägerin, vormals [X.], wurde Inhaberin der [X.] -tien. Mit notariellem Vertrag vom 25. Mai 1992 verkaufte die [X.]diese Aktien an eine Investorengruppe, bestehend aus den Herren [X.]undN. und der Firma [X.]Unternehmensverwaltung GmbH. In dem Kaufvertragverpflichtete sich die [X.] unter anderem, die [X.] AG sowie ihre Tochtergesellschaften von sämtlichen in den [X.]-Eröffnungsbilanzen ausgewiesenen Altverbindlichkeiten gegenüber Kreditin-stituten, die seinerzeit in Höhe eines Betrags von 64.609.049,78 [X.] valutier-ten, freizustellen. Alle übrigen Verbindlichkeiten sollten nach § 5 Abs. 1 Satz 3des Kaufvertrages bei der [X.]AG und ihren [X.] verbleiben. Die dem Kaufvertrag vom 25. Mai 1992 zugrundeliegende,am 13. Juni 1991 testierte, jedoch von der [X.] nicht festgestellte[X.]-Eröffnungsbilanz per 1. Juli 1990 wies [X.] in [X.] insgesamt 30.229.310,14 [X.] aus. In einer von der [X.] unterdem 20. Mai 1992 erstellten Beschlußvorlage für eine korrigierte[X.]-Eröffnungsbilanz war eine Ausgleichsverbindlichkeit von 8.412.748,69 [X.]eingestellt. Zur Feststellung dieser Bilanz kam es aufgrund der [X.] mehr. Auf ein Anforderungsschreiben der [X.] vom 19. [X.], mit welchem sie eine Abschlagszahlung auf die [X.] forderte, die die [X.] auf insgesamt 8.412.748,69 [X.] beziffer-te, zahlte die Beklagte 1.000.000 [X.].Am 17. Dezember 1992 hielt die Beklagte, die inzwischen Rechtsnach-folgerin der [X.]AG geworden war, eine Gesellschafterver-sammlung ab, bei der eine Eröffnungsbilanz festgestellt wurde, wonach sichdie [X.] nur noch auf 1.000.000 [X.] belaufen sollten.Der [X.] wurde damit begründet, daß die Klägerin auf wei-tergehende [X.] verzichtet habe. Die von der [X.] festgestellte [X.]-Eröffnungsbilanz erhielt bei der Überprüfung nur einen [X.] -geschränkten Bestätigungsvermerk, da die [X.] um7.412.748,69 [X.] zu niedrig ausgewiesen seien.Das [X.] hat über den von der Beklagten behaupteten [X.] Klägerin auf die [X.] Beweis erhoben durch [X.] , [X.] und [X.]. Es hat sodann die [X.] mit der Begründung, es könne dahinstehen, ob und in [X.] eine Ausgleichsverbindlichkeit der Klägerin gemäß § 25 [X.]-Bilanzgesetzbestanden habe, jedenfalls hätten die Parteien die Verzinslichkeit der Aus-gleichsverbindlichkeit nicht vereinbart. Die dagegen gerichtete Berufung derKlägerin blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegeh-ren weiter.Im Senatstermin vom 11. Oktober 2000, zu dem die Beklagte ordnungs-gemäß geladen worden ist, hat diese sich nicht durch einen beim Revisionsge-richt zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten lassen. Die Klägerin hatden Erlaß eines Versäumnisurteils beantragt.Entscheidungsgründe:Die Revision, über die durch Versäumnisurteil zu entscheiden war, [X.]. Die Entscheidung beruht jedoch auf sachlicher Prüfung und nicht aufder Säumnis der Beklagten ([X.], 79, 81 f).I. Das Berufungsgericht hat [X.] -Ein Zinsanspruch der Klägerin gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 [X.]-Bilanz-gesetz in Verbindung mit § 24 Abs. 2 Satz 3 [X.]-Bilanzgesetz sei mangels Be-stehens einer Ausgleichsverbindlichkeit als Hauptanspruch nicht begründet.Die Beklagte habe bewiesen, daß sich die Parteien bei Abschluß des [X.] vom 25. Mai 1992 darüber einig gewesen seien, daß derKlägerin über die am 20. Mai 1992 bereits gezahlten 1.000.000 [X.] hinausweitere Ansprüche hinsichtlich der [X.] nicht zustehensollten. Hiervon sei der Senat aufgrund des Ergebnisses der erstinstanzlichenBeweisaufnahme sowie der von den Parteien vorgelegten Unterlagen, insbe-sondere der Beschlußvorlage der Klägerin, aufgrund deren der [X.] der Klägerin genehmigt worden sei, überzeugt.Der Kaufvertrag vom 25. Mai 1992 enthalte keine Regelung zu einer [X.] Ausgleichsverbindlichkeit. Hierzu hätte aber Veranlassung bestanden,wenn die Klägerin nicht auf die Ausgleichsverbindlichkeit verzichtet hätte. An-gesichts der wirtschaftlichen Interessen der Parteien sei die unterlassene [X.] nur nachvollziehbar, wenn entsprechend dem Vorbringen der [X.] hierauf nicht mehr erfolgen sollten, die Klägerin mithin auf ihren An-spruch verzichtet habe. Daß dies der Fall gewesen sei, ergebe sich aus [X.] der erstinstanzlich vernommenen Zeugen [X.]und [X.].Der Zeuge [X.]habe glaubhaft bekundet, daß auch über [X.]en bei den Vertragsverhandlungen gesprochen worden sei und derZeuge [X.] ihm zugesichert habe, daß das Unternehmen frei von [X.] verkauft werden sollte, was nur so zu verstehen sei, daß dieKlägerin auf die [X.] verzichtet habe. Auch der Zeuge[X.] habe bekundet, daß die volle Entschuldung vereinbart worden sei.- 6 -Daß über einen Verzicht der Ausgleichsverbindlichkeit verhandelt [X.] sei, ergebe sich zudem aus der Beschlußvorlage der Klägerin, aufgrundderer der Vorstand der Klägerin den Kaufvertrag der Parteien genehmigt habe.Diese Beschlußvorlage gehe von einem Verzicht auf die [X.] aus. Die Aufnahme eines Verzichts in der Beschlußvorlage wäre si-cherlich nicht erfolgt, falls nicht auch eine entsprechende Vereinbarung ge-troffen worden wäre. Bei der Zahlung von 1.000.000 [X.] habe es sich nicht umeine Zahlung auf eine bestehende Ausgleichsverbindlichkeit gehandelt, son-dern um die Zahlung des Kaufpreises für die zusätzlich erworbene [X.]GmbH in [X.].II. Das angegriffene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung indem entscheidenden Punkt nicht stand. Zu der Feststellung, daß sich die [X.] des notariellen Kaufvertrages vom 25. Mai 1992 darübereinig gewesen seien, daß der Klägerin über die am 20. Mai 1992 bereits ge-zahlten 1.000.000 [X.] hinaus weitere Ansprüche hinsichtlich der [X.] nicht zustehen sollten, ist das Berufungsgericht unter Verlet-zung von Verfahrensvorschriften gelangt.1. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision mit Recht rügt, gegen§ 398 Abs. 1 ZPO verstoßen, indem es die Aussagen der Zeugen [X.] ,[X.] und [X.] ohne erneute Vernehmung anders würdigte als das[X.]. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht zwar nach seinem Er-messen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen. Diesem Ermes-sen sind aber Grenzen gesetzt. Unter gewissen Umständen kann eine erneuteVernehmung rechtlich geboten sein. Das ist nach der gefestigten Rechtspre-chung des [X.] unter anderem dann der Fall, wenn das [X.] -fungsgericht die protokollierte Aussage anders verstehen oder ihr ein anderesGewicht beimessen will als die Vorinstanz (Senat, Urteil vom 2. Juni 1999- [X.], NJW 1999, 2972 unter [X.]; [X.], Urteil vom 29. [X.] - [X.], NJW-RR 1991, 829 unter [X.]).Diese Grundsätze sind hier verletzt worden. Das [X.] hat auf-grund der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, daß die Ausgleichs-verbindlichkeit nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen gewesen sei. [X.] entnimmt demgegenüber den Zeugenaussagen, daß bei [X.] über die Ausgleichsverbindlichkeit gesprochen [X.] und die Klägerin auf ihren Anspruch verzichtet habe. Das [X.] zu seiner von der Auffassung des [X.]s abweichenden Beurtei-lung der Kaufvertragsvereinbarung und des Verzichts der Klägerin auf die Aus-gleichsverbindlichkeit nicht gelangen dürfen, ohne die Zeugen [X.] ,[X.] und [X.] nochmals zu vernehmen.2. Die Beweiswürdigung des [X.] hält auch ihrem [X.] den [X.] der Revision nicht stand, weil sie nicht den gesamten [X.] und des Beweisergebnisses berücksichtigt (§ 286 ZPO).a) Das Berufungsgericht meint, aus der Beschlußvorlage vom 29. Mai1995 an den Vorstand, insbesondere Nr. 44 der Checkliste ergebe sich, daßdie Parteien einen Verzicht auf die Ausgleichsverbindlichkeit vereinbart hätten.Das Berufungsgericht berücksichtigt dabei aber nicht, daß die [X.] worauf die Revision zu Recht hinweist - ausweislich ihres Deckblatts bereitsam 14. Mai 1992 erstellt worden ist. Da nach dem Vortrag der Beklagten [X.] erst am 20. Mai 1992 getroffen worden sein soll, kanndie Checkliste keine sicheren Hinweise auf Abreden enthalten, die erst später- 8 -getroffen worden sein sollen. Das gilt auch für Nr. 77 der Checkliste, die nachAuffassung des [X.] ebenfalls für einen Verzicht sprechen soll.b) Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Aussage des Zeugen[X.] stehe der Annahme eines Verzichts nicht entgegen, da dieser ledig-lich bekundet habe, er könne sich nicht daran erinnern, daß über die Aus-gleichsverbindlichkeit und einen Verzicht verhandelt worden sei. Das [X.] berücksichtigt dabei nicht, daß der Zeuge ausgesagt hat, ein Er-laß der Ausgleichsverbindlichkeit wäre für ihn "völlig ungewöhnlich" gewesen,daß die [X.] auf Ansprüche aus einer Ausgleichsverbindlichkeitverzichtet habe, könne er nur als "Schmarrn" und "bloßes Wunschdenken [X.]" bezeichnen. Dies spricht dafür, daß sich der Zeuge sicher war, daßein Verzicht nicht erklärt wurde. Dies hätte das Berufungsgericht bei einer voll-ständigen Würdigung der Bekundungen des Zeugen berücksichtigen müssen.c) Für unstreitig hält das Berufungsgericht, daß die Zahlung [X.] [X.] im Zusammenhang mit dem zusätzlichen Erwerb der [X.] in [X.] unmittelbar vor Abschluß des [X.] sei. Das Berufungsgericht übersieht, daß die Klägerin dieses Vorbringender Beklagten bestritten hat. Auch läßt das Berufungsgericht außer acht, daßes sich bei der [X.] um ein Tochterunternehmen der Beklagtenhandelte, welches vom Kaufvertrag ohnehin erfaßt war. Das ist mit der Annah-me eines "zusätzlichen Erwerbs" nicht zu [X.] Zu Recht weist die Revision schließlich auch darauf hin, daß an [X.] eines Verzichtswillens und die Annahme eines, insbesondere ei-nes stillschweigend geschlossenen [X.] strenge Anforderungen zustellen sind (Senat, Urteil vom 29. November 1995 - [X.], NJW 1996,588 unter [X.]). Dieser Grundsatz ist hier in besonderem Maße zu berücksichti-- 9 -gen, weil die Vertragsparteien in § 5 Abs. 1 letzter Satz des [X.] vereinbart haben, daß - abgesehen von den ausdrücklich ge-nannten Krediten, den Altverbindlichkeiten - alle übrigen Verbindlichkeiten [X.], nämlich der Beklagten und deren Tochtergesellschaften, [X.] verbleiben sollten. Diese Bestimmung erfaßt auch die streitige Aus-gleichsverbindlichkeit.III. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. [X.] ist nicht zur Endentscheidung reif, da es erneuter, fehlerfrei zutreffender Feststellungen bedarf. Das Berufungsurteil war daher [X.] die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Bei der Zurückverweisung hat der Senat vonder Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.[X.] [X.] [X.][X.] Dr. Leimert

Meta

VIII ZR 276/99

11.10.2000

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2000, Az. VIII ZR 276/99 (REWIS RS 2000, 927)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 927

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