Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016, Az. StB 10/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 11435

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[X.]:[X.]:BG[X.]:2016:120516BSTB9.16.0

BUN[X.]SGERIC[X.]TS[X.]OF

BESC[X.]LUSS

[X.]B 9 und 10/16
vom
12. Mai 2016
in dem [X.]rafverfahren
gegen

1.

2.
3.

4.

wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung u.a.
hier:
Beschwerde der Verteidiger Dr.

[X.]e.

aus

,

[X.].

aus

und

R.

aus

-
2
-
Der 3.
[X.]rafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie der Beschwerdeführer und ihrer Verteidiger am 12.
Mai 2016 gemäß § 304 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.]PO beschlossen:
Die
Beschwerden der Verteidiger Dr.

[X.]e.

,

[X.].

und

R.

gegen die sitzungspolizeilichen
Anordnungen des Vorsitzenden [X.] am Oberlandesgericht München
vom 8.
März 2016 (8 [X.] 3/15 [2]) werden verworfen.
Die Beschwerdeführer tragen die Kosten der Rechtsmittel.

Gründe:
I.
Seit dem 27. April 2016 findet vor dem 8. [X.]rafsenat des [X.] gegen mehrere Angeklagte die [X.]uptverhandlung unter ande-rem wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung statt. Vor Beginn der Sitzung hat der Vorsitzende des [X.]rafsenats am 8. März 2015 eine sitzungspolizeiliche Anordnung getroffen. Darin hat er unter anderem die Durchsuchung der Verteidiger der Angeklagten und die Durchsicht mitge-führter Behältnisse verfügt (Ziff. 8 der Verfügung) und dies nach Widersprüchen der Verteidiger in einem Vermerk vom 29.
März 2016 begründet. Gegen die sitzungspolizeiliche Anordnung wenden sich die Verteidiger des Angeklagten [X.].

, die Rechtsanwälte [X.].

und R.

, sowie einer der
Verteidiger der Angeklagten [X.]

, Rechtsanwalt [X.].

. Der [X.]rafsenat
hat der Beschwerde mit Beschluss vom 19. April 2016 nicht abgeholfen.
1
-
3
-

II.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Der [X.] kann es (erneut) offenlassen, ob sitzungspolizeiliche Maß-nahmen im Sinne des § 176 [X.] überhaupt der Anfechtung unterliegen oder der Beschwerde entzogen sind (vgl. zum Ganzen BG[X.], Beschlüsse vom 13.
Oktober 2015 -
[X.]B 10 und 11/15, NJW 2015, 3671 mwN; vom 10. März 2016 -
[X.]B 3/16). Denn auch bei Annahme der grundsätzlichen Anfechtbarkeit sitzungspolizeilicher Maßnahmen würde sich diese nach den [X.] über die Beschwerde gemäß §
304 Abs. 1 [X.]PO richten, mit der alle richterlichen Entscheidungen angegriffen werden können, sofern sie nicht aus-drücklich von der Anfechtbarkeit ausgenommen sind. Eine solche generelle Ausnahme beinhaltet § 304 Abs.
4 Satz
2 [X.]PO. Danach ist ein Rechtsmittel gegen Verfügungen und Beschlüsse der Oberlandesgerichte in Fällen, in denen diese -
wie vorliegend -
erstinstanzlich tätig werden, nur in den in § 304 Abs.
4 Satz
2 [X.]lbsatz 2 [X.]PO
ausdrücklich aufgeführten Fällen statthaft. Diesem Ka-talog unterfällt die angegriffene Verfügung nicht.
Zwar nennt der Ausnahmekatalog des § 304 Abs. 4 Satz 2 [X.]lbsatz 2 [X.]PO in Nr. 1 auch Durchsuchungen. Indes ergibt sich bereits aus der Aufzäh-lung der in § 304 Abs. 4 Satz 2 [X.]lbsatz 2 Nr. 1 [X.]PO genannten Eingriffe, die
sich auf Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren nach dem 8. Abschnitt des ersten Buches der [X.]rafprozessordnung und [X.]ftentscheidungen nach dessen 9. Abschnitt beziehen, dass mit dem Begriff der Durchsuchung im Sinne der Vorschrift die "klassische Durchsuchung"
nach Beweismitteln im Sinne der §§ 102 ff. [X.]PO gemeint ist (vgl. [X.], [X.]PO, 26. Aufl., § 304 Rn. 77). Einer 2
3
4
-
4
-
Ausdehnung der Vorschrift des § 304 Abs. 4 Satz 2 [X.]lbsatz 2 Nr. 1 [X.]PO auf sitzungspolizeilich angeordnete Durchsuchungen von Personen
und Sachen steht der -
auch im Gesetzgebungsverfahren hervorgehobene (vgl. BT-Drucks. 5/4086 S. 11, 5/4269 [X.]) -
Ausnahmecharakter dieser Norm entgegen, die nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s eng auszulegen ist (vgl. nur BG[X.], Beschlüsse vom 3.
Juli 1981 -
[X.]B 31/81, BG[X.][X.] 30, 168, 170; vom 19. März 1986 -
[X.]B 2 und 3/86, BG[X.][X.] 34, 34, 35; vom 20. März 1991
-
[X.]B 3/91, BG[X.][X.] 37, 347, 348). Der [X.] hat es deshalb bisher auch [X.], Beschwerden gegen Entscheidungen, die lediglich die Art und Weise des Vollzugs einer Durchsuchung zum Gegenstand haben, in erweiternder Ausle-gung des Begriffs der "Durchsuchung" im Sinne des § 304 Abs. 4 Satz 2 [X.]lb-satz 2 Nr. 1 [X.]PO
als statthaft anzusehen (BG[X.], Beschlüsse vom 14. Oktober 1998 -
3 ARs 10/98, BG[X.]R
[X.]PO § 304 Abs. 5 Durchsuchung 2; vom 13.
Oktober 1999 -
[X.]B 7 und 8/99, [X.], 84, 86). Nichts anderes kann für eine sitzungspolizeilich angeordnete Durchsuchung
gelten, die -
letztlich im [X.] -
lediglich den ungestörten äußeren Verlauf der Sitzung sichern soll (vgl. [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 176 Rn.
1; [X.]/[X.], 59. Aufl., § 176 [X.] Rn. 4).
Auch mit Blick auf die möglicherweise tangierte Grundrechtsposition der Beschwerdeführer aus Art. 12 Abs. 1 GG ist es nicht gerechtfertigt, diesen [X.] dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers ein Beschwerderecht [X.]. Der Gesetzgeber hat in § 304 Abs. 4 Satz 2 [X.]PO Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte -
mit Ausnahme der im Katalog enumera-tiv aufgeführten Eingriffe -
einer Beschwerde entzogen und es damit in Kauf genommen, dass in anderen Fällen mit [X.] ein Rechtsmittel nicht gegeben ist. Dies spricht gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe bei Verfügungen und Beschlüssen eines Oberlandesgerichts, die in ein Grundrecht eingreifen, generell eine Rechtsmittelmöglichkeit vorsehen wollen
(BG[X.], [X.]
-
5
-
schluss vom 13.
Oktober 2015 -
[X.]B 10 und 11/15, NJW 2015, 3671). Vor [X.] [X.]intergrund ist es nicht Sache der Fachgerichte, unter Missachtung dieses gesetzgeberischen Willens den Katalog der ausnahmsweise anfechtbaren [X.] Entscheidungen im [X.]inblick auf die Vielgestaltigkeit möglicher in [X.] kommender Grundrechtsbeeinträchtigungen beliebig zu erweitern.

VRiBG[X.] [X.] befindet sich

[X.] Spaniol
im Urlaub und ist deshalb
gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Meta

StB 10/16

12.05.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016, Az. StB 10/16 (REWIS RS 2016, 11435)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11435

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